Gunter A. Pilz ist der vermutlich profilierteste und bekannteste deutsche Fan- und Gewaltforscher. Seit vielen Jahren berät er das Bundesinnenministerium, den Deutschen Fussballbund (DFB) und den europäischen Dachverband (UEFA) in Fragen von Fankultur und Fangewalt. Dieser Band beinhaltet seine einschlägigen Aufsätze zu Fairplay, Gewaltprävention, Rechtsextremismus und Sozialer Arbeit im Sport
Der Autor berichtet aus seiner empirischen Studie "Wandlungen des Zuschauerverhaltens im Profifußball" (2006) und zeigt die aktuellen Entwicklungen und unterschiedlichen Aktionsfelder des Rechtsextremismus im Fußball auf, der seines Erachtens immer eine latente Gefahr für den Sport und die politische Kultur in Deutschland bleiben wird. Seine Ausführungen beziehen sich auf Rassismus/Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus im Zuschauerverhalten sowie auf das Verhalten von Fußballfans im Internet. Er diskutiert ferner die Folgerungen und Herausforderungen für die Prävention, wobei er z.B. folgende Handlungsfelder hervorhebt: (1) Entwicklung eines Fortbildungskonzeptes "Arbeit für Respekt und Toleranz" für die Fanprojekte und regelmäßige Durchführung von Fortbildungen und Workshops für Fanprojektmitarbeiter/innen, (2) Trainings mit Multiplikatoren bzw. Schlüsselpersonen aus der Fanszene durch die Fanprojekte, (3) regelmäßige Schulungen von Ordner/innen, Sicherheitsbeauftragten und Fanbetreuer/innen speziell zu neueren Entwicklungen im Rechtsextremismus, (4) Durchführung eines Aktionstages für Respekt und Toleranz gegen Fremdenfeindlichkeit, Sexismus und Homophobie in der Bundesliga, (5) Entwicklung einer Wanderausstellung zum Thema "Frauen, Fußball und Sexismus", (6) Einrichtung eines/r Referent/in zum Thema "Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus" bei der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS), (7) Implementierung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe für Respekt und Toleranz auf Bundesebene. (ICI2)
"Der Fußball zieht seit jeher Millionen in seinen Bann unabhängig vom Alter, Bildungsstand und sozialer Herkunft. Dennoch hat sich im Laufe der Zeit die Fußballfanszene ausdifferenziert und das Verhalten der Fans gewandelt. Entscheidender Motor für diese Wandlungsprozesse sind Kommerzialisierung und zunehmende Eventisierung des Fußballsports. Hooligans sind ein typisches Produkt der wachsenden Distanz zwischen Vereinen, Spielern und Fans, Ultras die Antwort auf Kommerz und Event." (Autorenreferat)
In: International review for the sociology of sport: irss ; a quarterly edited on behalf of the International Sociology of Sport Association (ISSA), Band 31, Heft 1, S. 49-66
On the basis of the discussion of the everyday lives, violent behavior of hooligans is interpreted as young people's cries for help to society to provide meaning and a future, as survival strategies, a way of getting by in a society which provides scarcely any scope for self-affirmation. Young people's bizarre or violent behavior is a pointer to underlying inequalities, forms of coercion and exaggerated discipline, and its 'positive function' as information must be decodes, taken seriously and, where possible, translated into action by (local) authorities, before these is a rush to treat this behavior exclusively as law-and-order problem. Repressive as well as socio-pedagogical measures do not solve the problem of Hooligans if they aren't imbedded into structural measures improving the everyday lives of young people effectively. Thus Hooligan behavior can be interpreted as "normal" and Hooligans as the "avantgarde" of a new type of identity. As long there are no real changes at the structural level, the possibilities for reducing violence are limited. Hooliganism seem to be the risk of modernization, commercialization and professionalization of sport and society.
In: International review for the sociology of sport: irss ; a quarterly edited on behalf of the International Sociology of Sport Association (ISSA), Band 30, Heft 3-4, S. 391-418
In this report the question of education in fair play in football clubs is critically discussed. The results of a representative study of the attitudes of juvenile football players, football coaches and 12-14 year-old pupils towards fair play and violence verify that violence and unfairness are the logical consequences of the comprehension of a sport that is solely or primarily oriented towards success. The longer 12-14 year old juveniles play soccer in a soccer club, the more they are willing to see intentional fouls as fair; thus the more they internalize the moral of "fair foul". On the basis of these results, the efforts to promote fair play and the chances of an education in fair play are discussed critically.
In dem Beitrag wird der Frage nach den Problemen nachgegangen, die Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeitbei Jugendlichen schüren. Anhand von Zitaten der Jugendlichen selbst werden deren problembeladene Lebenswelten vorgestellt, um daraus dann Konsequenzen für Prävention und Kontrolle von Gewalt und Rassismus abzuleiten. Widersprüche in den Lebenswelten der Jugendlichen, die zugleich die negativen Folgen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verschärfen, werden aufgezeigt. Es wird deutlich, daß die Sinnkrise, in der viele Jugendliche stecken, das Produkt einer Arbeitsmarktkrise ist. Ein Zusammenhang wird auch zwischen der immer gravierender werdenden Erlebnisarmut der Jugendlichen und der Gewalt festgestellt. Der Bedeutungsverlust traditioneller Sozialisationsinstanzen wird ebenfalls als Ursache für die zunehmende Gewaltbereitschaft gesehen, so daß Gewalt und Fremdenfeindlichkeit letztlich als Hilferuf und Ausdruck von Unsicherheit und Angst gewertet werden. Ansatzpunkte für Prävention und Kontrolle werden bei den speziellen Jugendkulturen der rechtsextremen Jugendlichen gesehen. (ICA)