Politische, religiöse und wissenschaftliche Auseinandersetzungen um den Pädagogen Friedrich Dittes in Wien zwischen 1867 und 1896 : eine historische Diskursanalyse
Die Dissertation ist im Feld der historischen Bildungsforschung zu verorten und versteht sich als ein wissenschaftshistorischer Beitrag. Topographisch auf Wien beschränkt, fokussiert sie inhaltlich auf die Anfänge des modernen Pflichtschulwesens in Österreich. Im Speziellen beschäftigt sich die Arbeit mit den Druckschriften des sächsischen Pädagogen Friedrich Dittes (1829-1896), der 1868 als erster Direktor an das "Pädagogium der Stadt Wien" berufen wurde. Dabei handelt es sich um die erste Fortbildungsanstalt für Pflichtschullehrer in der Habsburgermonarchie.Ausgehend vom Forschungsstand in Deutschland und Österreich zeigen sich große Unterschiede in der Aufarbeitung des Werkes von Dittes. Während seine politischen und religiösen Auffassungen besser beleuchtet sind, wird auf sein wissenschaftliches Oeuvre nur marginal eingegangen. Speziell hinsichtlich seiner Rolle als Kritiker des Herbartianismus beschränkt sich die Beschäftigung gängiger Sekundärliteratur auf wenige Artikel. Diese wissenschaftshistorische Forschungslücke wird in der Dissertation anhand der damals publizierten Debatten geschlossen, die politischen und religiösen Auseinandersetzungen werden vorab einer erneuten Analyse unterzogen. Ebenso wird am Beginn die Entstehungsgeschichte der Institution Pädagogium erneut nachvollzogen. Methodisch wird dabei auf die historische Diskursanalyse in der Lesart Achim Landwehrs zurückgegriffen. Anhand dreier Diskursstränge (Politik, Religion, Wissenschaft) werden die Auseinandersetzungen, in die Dittes direkt involviert war, in den einzelnen Kapiteln nachgezeichnet. Im Hinblick auf die politischen Aktivitäten von Dittes als Reichsratsabgeordneter zwischen 1873 und 1879 für die Demokratische Partei kann gezeigt werden, dass diese ursächlich für seine vorzeitige Pensionierung als Direktor waren. Nicht, wie bis dato postuliert, wegen der daraus resultierenden Vernachlässigung seiner Pflichten am Pädagogium, sondern aufgrund der sich dadurch ergebenden Frontstellung zum Wiener Gemeinderat, der mehrheitlich der ...