Die Formierung des russisch-japanischen Grenzraums und die Entwicklung eines frühen nationalen Narrativs bei intellektuellen Akteuren in Tokugawa-Japan um 1800 ; Russo-Japanese Borderlands and the Narration of Nation in Tokugawa Japan
Die Geschichte der "Öffnung Japans" (1853/54) wird oft als unumkehrbare Einbindung des Landes in die Globalisierung und die darauffolgende Meiji- Restauration als Epochenmarke der Modernisierung verstanden. Diese Perspektive ignoriert aber andere frühere globale Verflechtungen und ihre Effekte. Hier setzt diese Arbeit an und möchte eine andere Perspektive auf die Einbindung Japans in globale Netzwerke im 19. Jahrhundert bieten. Dazu untersucht diese Arbeit die Effekte der russisch-japanischen Begegnungen seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Das Russische Reich erschloss im Laufe des 18. Jahrhunderts den Nordpazifik, baute erste Siedlungen und integrierte die indigene Bevölkerung. Gleichzeitig drangen vermehrt japanische Kaufleute in den Norden des heutigen Hokkaidos vor, um Zugang zu den Fischgründen zu erreichen und Handel mit der indigenen Bevölkerung zu treiben. Diese beidseitige Durchdringung führte seit der Mitte des 18. Jahrhundert dazu, dass der Nordpazifik zu einem Grenzraum wurde, gekennzeichnet von Austausch und Abgrenzung zwischen zwei Machtzentren. Diese Arbeit fragt nach den Folgen der Begegnungen zwischen japanischen und russischen Akteuren seit dem Ende des 18. Jahrhunderts. Die russisch- japanischen Interaktionen beflügelten den Austausch von Wissen, Normen und Institutionen, führten aber auch zu Reibungen und Unverträglichkeiten. Die These dieser Arbeit ist daher, dass sich wegen den kulturellen Begegnungen im Nordpazifik um 1800 ein diskursiver Wandel über "Japan" und seiner Verortung in der Welt bei intellektuellen und politischen Akteuren Tokugawa-Japans nachzeichnen lässt. Konkret heißt das, dass intellektuelle Akteure wegen den Interaktionen mit Russland um 1800 im Spannungsfeld von lokaler und globaler Verortung ein frühes nationales Narrativ entwickelten. Die Arbeit positioniert sich daher bei Ansätzen der Globalgeschichte, die die Nation nicht als Ausgangspunkt der Globalisierung, sondern Nationalisierung und Globalisierung als sich gegenseitig bedingende Prozesse verstehen. Zur ...