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Lange Zeit hat Deutschland den Mittelmeerraum außenpolitisch vernachlässigt. Doch seit der deutsch-französischen Auseinandersetzung um die Mittelmeerunion und vor allem seit dem "Arabischen Frühling" begreift Deutschland sich zunehmend als eigenständiger Akteur in Europas südlicher Nachbarschaft. Die Studie analysiert die deutsche Außenpolitik gegenüber dieser Region und arbeitet deren Selbstverständnis, Interessen und Strategien heraus. Ein aus der Europäisierungs- und Außenpolitikforschung entwickeltes Modell untersucht die Interaktion der nationalen und europäischen Ebene bei der Formulierung und Umsetzung von Außenpolitik. Während die Bundesrepublik anlässlich der Gründung der Mittelmeerunion noch eine gemeinsame EU-Politik erzwang, schritt sie in Reaktion auf die Umbrüche in Tunesien und Ägypten auch alleine voran. Bei der Libyen-Intervention beharrte sie auf ihrer nationalen Position. Es zeigt sich eine selektive Europäisierung, bei der die EU zuvorderst als optionale Projektionsfläche dient. ReiheMünchner Beiträge zur europäischen Einigung - Band 25.

Lange Zeit hat Deutschland den Mittelmeerraum außenpolitisch vernachlässigt. Doch seit der deutsch-französischen Auseinandersetzung um die Mittelmeerunion und vor allem seit dem "Arabischen Frühling" begreift Deutschland sich zunehmend als eigenständiger Akteur in Europas südlicher Nachbarschaft. Die Studie analysiert die deutsche Außenpolitik gegenüber dieser Region und arbeitet deren Selbstverständnis, Interessen und Strategien heraus. Ein aus der Europäisierungs- und Außenpolitikforschung entwickeltes Modell untersucht die Interaktion der nationalen und europäischen Ebene bei der F.

Lange Zeit hat Deutschland den Mittelmeerraum außenpolitisch vernachlässigt. Doch seit der deutsch-französischen Auseinandersetzung um die Mittelmeerunion und vor allem seit dem "Arabischen Frühling" begreift Deutschland sich zunehmend als eigenständiger Akteur in Europas südlicher Nachbarschaft. Die Studie analysiert die deutsche Außenpolitik gegenüber dieser Region und arbeitet deren Selbstverständnis, Interessen und Strategien heraus. Ein aus der Europäisierungs- und Außenpolitikforschung entwickeltes Modell untersucht die Interaktion der nationalen und europäischen Ebene bei der Formulierung und Umsetzung von Außenpolitik. Während die Bundesrepublik anlässlich der Gründung der Mittelmeerunion noch eine gemeinsame EU-Politik erzwang, schritt sie in Reaktion auf die Umbrüche in Tunesien und Ägypten auch alleine voran. Bei der Libyen-Intervention beharrte sie auf ihrer nationalen Position. Es zeigt sich eine selektive Europäisierung, bei der die EU zuvorderst als optionale Projektionsfläche dient

Lange Zeit hat Deutschland den Mittelmeerraum außenpolitisch vernachlässigt. Doch seit der deutsch-französischen Auseinandersetzung um die Mittelmeerunion und vor allem seit dem "Arabischen Frühling" begreift Deutschland sich zunehmend als eigenständiger Akteur in Europas südlicher Nachbarschaft. Die Studie analysiert die deutsche Außenpolitik gegenüber dieser Region und arbeitet deren Selbstverständnis, Interessen und Strategien heraus. Ein aus der Europäisierungs- und Außenpolitikforschung entwickeltes Modell untersucht die Interaktion der nationalen und europäischen Ebene bei der Formulierung und Umsetzung von Außenpolitik. Während die Bundesrepublik anlässlich der Gründung der Mittelmeerunion noch eine gemeinsame EU-Politik erzwang, schritt sie in Reaktion auf die Umbrüche in Tunesien und Ägypten auch alleine voran. Bei der Libyen-Intervention beharrte sie auf ihrer nationalen Position. Es zeigt sich eine selektive Europäisierung, bei der die EU zuvorderst als optionale Projektionsfläche dient

In the midst of the European Union's (EU) unprecedented crisis and arapidly changing international environment, Germany is redefining itsplace in Europe and in the world. Long-cherished certainties such as astaunch commitment to European integration and to its Western allies ingeneral seem being called into question. Critics like the former ChancellorHelmut Kohl or the historian Heinrich August Winkler deplore a missingcompass and "politics without a project."1 Against this background, thisarticle analyses the German policy toward an issue that forcefully markedthe year 2011 and continues to transform North Africa and the MiddleEast—the so-called "Arab Spring".

Das Jahr 2011 bedeutet eine Zeitenwende in der arabischen Welt, denn fast alle Länder in Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten wurden - wenn auch in sehr unterschiedlicher Weise - von einer Protestbewegung erfasst, die nicht nur wirtschaftliche Teilhabe, sondern auch politische Freiheit und Rechtsstaatlichkeit einfordert. Trotz des hohen Blutzolls in manchen Ländern und großer Unwägbarkeiten kann die demokratische Transformation dieser bislang von autoritären Regimen geprägten Region nach Einschätzung des Autors gelingen. Er diskutiert in seinem Beitrag die sozioökonomischen und politischen Ursachen des Wandels, das tunesische, libysche, marokkanische und Golfstaaten-Modell, die Rolle Deutschlands und Europas sowie die Perspektiven des demokratischen Aufbruchs in der arabischen Welt. Die Transformation ist seines Erachtens ein offener Prozess und da die Entwicklungen stark von der regionalen Dynamik abhängig sind, lassen sie sich im Einzelnen nur schwer vorhersagen. Schon jetzt zeigt sich aber, dass der Weg zu freiheitlichen und rechtsstaatlichen Systemen in der arabischen Welt langwieriger und stärker von Gewalt begleitet sein wird als in Mittel- und Osteuropa. In den Staaten mit einem Regimesturz, zu denen neben Tunesien, Ägypten und Libyen früher oder später auch Syrien gehören wird, werden konservative und religiöse Kräfte einen legitimen Platz haben müssen, ob es dem Westen gefällt oder nicht. (ICI2)