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Von den großen Mobilisierungsideologien zur ideologischen Verdeckung: Reflexionen zu einer Diskussion zu Ehren von Kurt Lenk
In: Kritik und Leidenschaft: vom Umgang mit politischen Ideen, S. 277-295
Der Verfasser thematisiert Veränderungen in der Ideologiekritik. Die Arbeiten Kurt Lenks sind noch dem Projekt der kritischen Aufklärung zuzurechnen und der Beschäftigung mit den intellektuellen Vertretern jener Großideologeme gewidmet, die die Konflikte und Katastrophen des 20. Jahrhunderts prägen. Der Verfasser sieht die ideologiekritischen Anstrengungen der Nachkriegsbundesrepublik getragen von einem Misstrauen in die Festigkeit der deutschen Demokratie und einer latenten Furcht vor dem Verlust der formal verbrieften Freiheit. Für die heutige Situation ist ein Wandel von Mobilisierungs- zu Verdeckungsideologien zu konstatieren, für die sich nicht mehr die großen Erzählungen finden lassen, mit denen sich die Auseinandersetzung auf hohem hermeneutischen Wert lohnt. Der Verfasser würdigt Lenk als beispielgebend für eine Sozialwissenschaft, die kritische und unbequeme Antworten geben will. (ICE2)
"Neue Bürgerlichkeit" zwischen Kanonsehnsucht und Unterschichten-Abwehr
In: Bürgerlichkeit ohne Bürgertum: in welchem Land leben wir?, S. 56-70
Der Autor setzt sich mit der diskursiven Wiederkehr des Bürgerlichen kritisch auseinander, wobei er auf den "langen Abschied" vom Bürgertum in der Bundesrepublik Deutschland und auf das "Refugiumsbürgertum" in der DDR eingeht. Entgegen einem weit verbreiten Eindruck verlor der Kern der wirtschaftsbürgerlichen Kreise im Westen seine privilegierte Stellung nach Meinung des Autors nicht, weil der Kapitalbesitz in wenigen Händen von der Mehrheit der Menschen zunehmend als irrelevant für die Verteilung ihrer eigenen Lebenschancen empfunden wurde. Durchgängig gibt es die mit Macht und Reichtum verbundenen Bürgertumsgruppen, zu denen Firmeneigner, Spitzenmanager, Vermögenserben und Großverdiener sowie die Mitglieder unterschiedlichster Positionseliten gehören, wenngleich diese oftmals abgeschirmt von der Öffentlichkeit leben. Der "diskrete Charme der Bourgeoisie" ließ den Eindruck entstehen, dass es ihre sinnlich-reale Existenz nicht mehr gäbe. Massenwirksam wurden "die Reichen" durch die stellvertretenden Mitglieder des Jetset in Boulevardmagazinen und Sensationsblättern im Bewusstsein gehalten. Aber gerade diese, mit Figuren aus Adelskreisen drapierten Repräsentanten verhielten sich oftmals gerade nicht sehr "bürgerlich". Daraus lässt sich ableiten, dass bürgerliche Existenzinseln in den Gesellschaften des Massenkonsums und eines auf ihn gestützten Kapitalismus geblieben sind. Prekäre Flexibilisierungen dringen zunehmend in die Mittelschichten ein, während zugleich die Inszenierung einer schützenden Bürgerlichkeit kompensatorisch wirken soll. (ICI2)
Parlament und Kunst – Bernhard Heisig in der Volkskammer und im Deutschen Bundestag
In: Analyse demokratischer Regierungssysteme, S. 273-285
"Neue Bürgerlichkeit" zwischen Kanonsehnsucht und Unterschichten-Abwehr
In: Bürgerlichkeit ohne Bürgertum. In welchem Land leben wir?, S. 56-70
Der Autor setzt sich mit der diskursiven Wiederkehr des Bürgerlichen kritisch auseinander, wobei er auf den "langen Abschied" vom Bürgertum in der Bundesrepublik Deutschland und auf das "Refugiumsbürgertum" in der DDR eingeht. Entgegen einem weit verbreiten Eindruck verlor der Kern der wirtschaftsbürgerlichen Kreise im Westen seine privilegierte Stellung nach Meinung des Autors nicht, weil der Kapitalbesitz in wenigen Händen von der Mehrheit der Menschen zunehmend als irrelevant für die Verteilung ihrer eigenen Lebenschancen empfunden wurde. Durchgängig gibt es die mit Macht und Reichtum verbundenen Bürgertumsgruppen, zu denen Firmeneigner, Spitzenmanager, Vermögenserben und Großverdiener sowie die Mitglieder unterschiedlichster Positionseliten gehören, wenngleich diese oftmals abgeschirmt von der Öffentlichkeit leben. Der "diskrete Charme der Bourgeoisie" ließ den Eindruck entstehen, dass es ihre sinnlich-reale Existenz nicht mehr gäbe. Massenwirksam wurden "die Reichen" durch die stellvertretenden Mitglieder des Jetset in Boulevardmagazinen und Sensationsblättern im Bewusstsein gehalten. Aber gerade diese, mit Figuren aus Adelskreisen drapierten Repräsentanten verhielten sich oftmals gerade nicht sehr "bürgerlich". Daraus lässt sich ableiten, dass bürgerliche Existenzinseln in den Gesellschaften des Massenkonsums und eines auf ihn gestützten Kapitalismus geblieben sind. Prekäre Flexibilisierungen dringen zunehmend in die Mittelschichten ein, während zugleich die Inszenierung einer schützenden Bürgerlichkeit kompensatorisch wirken soll. (ICI2).
Gesellschaft ohne Klassen? Vorstellungsbilder der deutschen Sozialstruktur
Die Schlüsselbegriffe sozialer Ungleichheit (z. B. Stand, Kaste, Klasse, Schicht) sind immer auch gesellschaftspolitische Legitimations- und Kampfformeln gewesen und können zugleich doch analytisch-theoretisch verwendet werden. Das wird am Beispiel des Klassenbegriffs gezeigt. Nach 1945 wurden in der deutschen Soziologie die tiefgreifenden Veränderungen der Sozialstruktur als Entwicklung zur "nivellierten Mittelstandsgesellschaft" (Helmut Schelsky), später als Sozialstruktur "jenseits von Klasse und Schicht" (Ulrich Beck) interpretiert. Der Beitrag zeigt, wie sich – entgegen weit verbreiteten Annahmen – Klassengesellschaften zwar verändert haben, "Klassengesellschaftlichkeit" (auch im globalen Maßstab) jedoch nach wie vor strukturbestimmend geblieben ist. ; The key terms of social inequality (e. g. status, class, caste, stratum) have always been used for the legitimation of socio-political action. At the same time, they can also be employed as analytical and theoretical tools, as this paper aims to show exemplarily with the term 'class'. The changes in social structure after 1945 have been interpreted in various ways by German sociologists, for instance in Helmut Schlesky's concept of the "levelled middle-class society", or as a social structure "beyond class and stratum" (Ulrich Beck). It is here to be pointed out that, while 'class societies' have changed (locally as well as globally), 'class sociability' has remained determinative for the social structure.
BASE
"Insula helvetica" als Gleichgewichtsgesellschaft: Mythisierung als schweizerische Krisenbewältigung
In: Sonderfall Schweiz, S. 56-81
In kultursoziologischer Perspektive beschreibt der Verfasser die 'Insel Schweiz' als Gleichgewichtsgesellschaft und die Mythisierung als schweizerische Krisenbewältigung. Es wird gezeigt, dass die Schweiz tatsächlich einen Sonderfall mit einer eigenständigen Gesellschaft und Geschichte bildet, indem sie sich durch auffallende Differenzsetzungen zur Umgebung auszeichnet: als freiheitlicher Bundesstaat im 19. Jahrhundert inmitten von Monarchien und im Zweiten Weltkrieg von den Achsenmächten eingekreist. Bewaffnete Neutralität und geistige Landesverteidigung wurden zur Grundlage einer Überlebenspolitik, das Reduit zum Symbol eines absoluten Willens zum Widerstand. Freiheitswillen und Alpenmythologie verbanden sich zu einer interessanten institutionellen 'Eigengeschichte' oder 'imagologischen Bricolage'. Das Mythenmaterial schweizerischer Selbst- und Fremddeutungen findet sich im Zweiten Weltkrieg wie in einem Brennglas gebündelt, z.B. der Mythos der Unbeteiligtheit, der eine Vergangenheitsbewältigung überflüssig machte. Es wird der Frage nachgegangen, ob sich der Sonderfall im neuen Europa veralltäglicht. Die Neutralität wird nach der Wende nicht mehr gebraucht, und im Kampf gegen den Terror hat sie sich sogar als fragwürdig erwiesen. Zunehmend wird die Selbstisolation der Schweiz auch im Ausland als anachronistisch empfunden. Die Sonderfallrhetorik ist nach rechts gerückt, als Gegenmodell zur Integration in die EU. Der Autor argumentiert, dass die Schweiz ein aus vielen kulturellen Bestandteilen zusammengefügtes Gleichgewichtssystem ist, eine Gesellschaft ohne Geschichte und ohne Politik. Das wird begründet, indem im Zusammenhang mit der Konkordanzdemokratie die verschiedenen Formen von Konsens erörtert werden, und es wird gezeigt, dass die "Insel der Glückseligen" etwas ins Wanken gekommen ist, aber von den Ausländern nach wie vor bewundert wird. (ICG2)
"Images of mankind" and the notion of order in philosophical anthropology and national socialism: Arnold Gehlen.
In: Nazi Germany and the humanities., S. 201-206
Erfahrung und Macht: zu einer Historiographie und Politischen Wissenschaft "von oben" bei Arnold Gehlen
In: Erfahrung als Argument: zur Renaissance eines ideengeschichtlichen Grundbegriffs, S. 43-55
Für die moderne Massengesellschaften hat Arnold Gehlen parallel zur Wissenserweiterung einen "Erfahrungsverlust" unterstellt. Danach leben wir heute, abgefiltert von primären Realitäten, nur noch aus einer medial vermittelten "Erfahrung zweiter Hand". Durch die postmoderne Heraushebung von Virtualität, Kontingenz und dem Wuchern hybrider Wissens- und Lebensstile wird Erfahrungsverlust geradezu radikalisiert. Mit dieser Problemstellung sind die Hauptkomponenten des vorliegende Beitrag benannt: erstens der Zusammenhang von Herrschaft und Wissen, zweitens das der Naturbeherrschung folgende Modell des Erfahrungswissens, drittens schließlich die These vom modernen Erfahrungsverlust, den manche unvermittelt auf die Akteure des "politischen Systems" übertragen: Herrschaft und politische Macht scheinen dann ebenso zu verschwinden (Luhmann) wie die Primärerfahrungen, einzelne Akteure ebenso wie Trägergruppen. Die Ausführungen zeigen, dass Erfahrung eine Machtquelle ist und zugleich die Macht der Erfahrung bedarf. Machterwerb und Machterhalt sind in besonderer Weise an Aufmerksamkeit und gezielte Erfahrungsakkumulation gebunden. Es wird eine Wachheit verlangt, die kognitiv und psychisch unbekannte Situationen bewältigbar macht - eben aus der Fülle des bereits Durchlebten. Gehlens "Projektionsfiguren" verweisen auf eine spezielle Traditionslinie des Zusammenhangs von Erfahrung und Macht: Die Geheimnisse der Herrschaft sind nur aus dem Wissen der betroffenen und beteiligten Akteure zu erahnen. Oft tragen zu deren Entschlüsselung Beobachter aus der zweiten Reihe bei, welche dem Zentrum nahe stehen. Nur so können wird aus der Geschichte lernen. (ICA2)
Europäische Vielfalt als Schicksal und Chance: institutionelle Spannungen und Rationalitätszwänge
In: Die europäische Gesellschaft, S. 131-153
Der Beitrag versucht, folgende These zu belegen: Identifizierungsprozesse und die Herausbildung kollektiver Identitäten setzen mehr voraus als organisatorisches Funktionieren, nämlich institutionelle Formen der normativen und symbolischen Repräsentanz. Die Theorie und Analyse institutioneller Mechanismen geht deshalb davon aus, dass jede soziale Beziehung - erst recht jede formale Organisation - stabilisiert wird durch institutionelle Prozesse, besonders durch eine symbolische Selbstdarstellung von Ordnungsprinzipien, durch fiktionale, aber wirksame Einheitsbehauptungen und Geltungsansprüche. Für jede institutionelle Stabilisierung von Ordnungen sind "Leitideen" und -differenzen wichtig. Der Beitrag fragt vor diesen theoretischen Hintergrund nach diesen "Bildern" von Europa und danach, welche der zahlreichen Leitideen sich im europäischen Einigungsprozess durchsetzen. Die Ausführungen zeigen, dass Europa komplexere Identitätsmuster hervorbringen wird, als dies für die ihm vorangehenden und weiter in seinem Rahmen existierenden Nationalstaaten gegolten hat. Dazu bedarf es allerdings der Bereitschaft, in (auch universitären) Bildungsprozessen an einem kulturellen und geschichtlichen Bewusstsein festzuhalten, das die Vielgestaltigkeit der Kulturen, auch der europäischen, als Reichtum zeigt und nicht als Provinzialisierung abwertet. (ICA2)
Bilder institutioneller und anti-institutioneller Gewalt: Reflexionen zu Gerhard Richters Stammheim-Zyklus als Spurensuche
In: Politik der Integration: Symbole, Repräsentation, Institution ; Festschrift für Gerhard Göhler zum 65. Geburtstag, S. 423-443
Der Beitrag zeigt, wie durch eine Analyse des "Stammheim-Zyklus" des deutschen Malers Gerhard Richter das Medium ästhetischer Kritik mobilisiert werden kann. Der Autor will auf diesem Wege zugleich darauf aufmerksam machen, dass das Unterfangen einer Theorie politischer Institutionen einen begrifflichen Schatten wirft, in dem die Blindstellen eines solchen Ansatzes politischer Theorie leicht übersehen werden.Künste stehen demgegenüber häufig im Mittelpunkt institutioneller Kämpfe, weil sie ein besonderes Sensorium für organisierte Gewalt ausbilden, die sich in, durch und gegen Institutionen artikuliert. Die Arbeiten des "Photorealisten Richter" demonstrieren besonders deutlich, in welchem Maße Künste im Mittelpunkt institutioneller Kämpfe und politischer Entwicklungen stehen können. Die abgebildeten Arbeiten beziehen sich auf den "Deutschen Herbst" des Jahres 1977 und den Terrorismus der RAF um Baader/Meinhof. (ICA2)
Bilder institutioneller und anti-institutioneller Gewalt: Reflexionen zu Gerhard Richters Stammheim-Zyklus als Spurensuche.
In: Politik der Integration. Symbole, Repräsentation, Institution; Festschrift für Gerhard Göhler zum 65. Geburtstag., S. 423-443
Der Beitrag zeigt, wie durch eine Analyse des "Stammheim-Zyklus" des deutschen Malers Gerhard Richter das Medium ästhetischer Kritik mobilisiert werden kann. Der Autor will auf diesem Wege zugleich darauf aufmerksam machen, dass das Unterfangen einer Theorie politischer Institutionen einen begrifflichen Schatten wirft, in dem die Blindstellen eines solchen Ansatzes politischer Theorie leicht übersehen werden.Künste stehen demgegenüber häufig im Mittelpunkt institutioneller Kämpfe, weil sie ein besonderes Sensorium für organisierte Gewalt ausbilden, die sich in, durch und gegen Institutionen artikuliert. Die Arbeiten des "Photorealisten Richter" demonstrieren besonders deutlich, in welchem Maße Künste im Mittelpunkt institutioneller Kämpfe und politischer Entwicklungen stehen können. Die abgebildeten Arbeiten beziehen sich auf den "Deutschen Herbst" des Jahres 1977 und den Terrorismus der RAF um Baader/Meinhof. (ICA2).
Ost - West
In: Deutschland - eine gespaltene Gesellschaft, S. 209-233
Ost-Westdeutsche Spaltungen im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung werden angesprochen. Dabei kommen Aspekte der unterschiedlichen wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung sowie der mentalen Orientierung zur Sprache. Zusammenfassend wird festgehalten, dass sich der Vereinigungsprozess, gemessen an den Umstrukturierungen Westdeutschlands nach 1945, zügig und ohne unüberwindliche Konflikte vollzogen hat. Allerdings ist eine Lösung der wirtschaftlichen Probleme nicht in Sicht. Wenn man mit einer langfristigen strukturellen Arbeitslosigkeit in allen alten Industrieländern rechnen muss, wird Ostdeutschland im Ganzen eine zuschussbedürftige Region bleiben. (GB)
Sichtbarkeit und Invisibilisierung der Macht durch die Künste: die DDR-"Konsensdiktatur" als Exemplum
In: Das Sichtbare und das Unsichtbare der Macht: institutionelle Prozesse in Antike, Mittelalter und Neuzeit, S. 355-382
Der Beitrag beleuchtet im Kontext einer Gesellschaftsanalyse die bildenden Künste als politisches bzw. gesellschaftliches Herrschaftsinstrument und damit die Kulturpolitik in der DDR. In diesem Zusammenhang wird die DDR als (post-totalitäre) Konsensdiktatur dargestellt, in der Konsens als Herrschaftsmittel fungiert. Ferner wird die Konsenssehnsucht als Kampfideologie und Selbstlegitimation der politischen Klasse in der DDR beschrieben. Auf dieser Grundlage wird sodann die künstlerische 'Vielfalt' im konsensuell gesicherten Rahmen während der Honecker-Ära veranschaulicht, in der die bildenden Künste mit einem Konsenszwang behaftet sind. Verdeutlicht wird dies an dem Werte-Kampf um die Einheitlichkeit des Weltbildes, der Stilfragen entscheidend werden lässt, wie sie die staatlich veranstalteten Kunstdiskurse in der DDR durchgängig von Anfang an bestimmt haben. In solchen Prozessen der Homogenisierung kultureller Praktiken ist die Bildung eines Kanons wahrscheinlich, der in seinen Grenzziehungen allerdings fast unvermeidbar umstritten bleibt und zudem mit anderen kanonischen Festlegungen konkurrieren muss. Abschließend wird der zerbrochene Konsens in der Kulturpolitik im Zuge des Zusammenbruchs der DDR bzw. der deutschen Wiedervereinigung skizziert. (ICG2)
"Konsensdiktatur": zu Wandlungen der DDR-(Kultur-)Politik in der Honecker-Ära
In: Vernunft - Entwicklung - Leben: Schlüsselbegriffe der Moderne ; Festschrift für Wolfgang Eßbach, S. 139-164
Der Beitrag versucht den in der DDR entwickelten Gesellschaftstypus ebenso wie das Herrschaftssystem über die Kunstpolitik und die Bildenden Künste als Schlüssel für ein Verständnis der gesellschaftlichen Zusammenhänge zu analysieren. Den Grund sieht der Autor darin, dass die DDR ein "Kunststaat" war, dass die Bedeutung der bildenden Künste für das Projekt der Gesellschaftsentwicklung - bei allen Änderungen der konkreten Kunstpolitik und der künstlerischen Ausdrucksformen während der vierzig Jahre des Bestehens der DDR - unvermindert groß war. Die herausgehobene Bedeutung, welche der Literatur, den darstellenden und den bildenden Künsten eingeräumt wurde, wird nach drei Phasen unterschieden und analysiert: Am Anfang sollte die Kunst ein Medium der Erzeugung normativer Bilder des Zukünftigen sein, hatte sie eine utopisch-motivierende Aufgabe. Dann wurde sie im Prozess der Verfestigung des spezifischen DDR-"Kulturfeudalismus" vor allem zum Mittel der Repräsentation der bestehenden "realsozialistischen" Staatlichkeit. Schließlich jedoch wurden die Künste zunehmend zum Integrationsmittel einer gesellschaftlich-politischen Ordnung, deren prekäre Lage und Legitimationsschwächen zu einer Vermehrung der Autonomiechancen in vielen gesellschaftlichen Bereichen und zu einer Ausweitung produktiver Freiheitsgrade beitrug. Diese Entwicklung kann rekonstruiert werden, wenn man die spezifischen Beziehungen zwischen Herrschaftssicherung und Konsenssuche (bzw. -erzwingung) in den Mittelpunkt des Interesses rückt. (ICA2)