Seit 1982, mit dem Anstieg der Massenarbeitslosigkeit, formierte sich zunehmend gemeinsamer Protest. In 20 Beiträgen über Organisationen und kleinere regionale Zusammenschlüsse berichten ihre Vertreter - auch Gewerkschafter und Wissenschaftler verschiedener politischer Richtungen - von Demos, Kampagnen und Aktionsformen und den jeweiligen Anlässen dafür. Über die Situation in der Schweiz und in Österreich gibt es 3 Beiträge. Der Herausgeber hat eine Chronologie erstellt und bringt mehrere fundierte, bilanzierende Beiträge über gesellschaftliche Verhältnisse und Protestentwicklung seit dem Ende des 1.Weltkriegs, über neue Strategien, über Probleme und die Notwendigkeit gemeinsamen Widerstands, um Beachtung zu finden, Ungerechtigkeiten bekannt zu machen und Rechtsansprüche durchzusetzen. - Wichtig als Beitrag zur Zeitgeschichte. (2)
Innerhalb der letzten zwanzig Jahre ist ein breites Initiativenspektrum von Arbeitslosen, Obdachlosen und Sozialhilfebeziehern zusammen mit immer wieder neuen sozialen Bündnissen gegen Sozialabbau auf kommunaler Ebene und meist kurzfristigen Widerstandsaktionen (Innenstadtaktionen, Hausbesetzungen, Stromklau usw.) in Deutschland entstanden. Eine sozialpolitisch mobilisierende Erfolgsspur ist allerdings nur schwer erkennbar. Eine Perspektivenbestimmung des bundesdeutschen Erwerbslosenprotestes ist, so der Verfasser, kaum möglich. Zu viele objektive Barrieren und unterschiedliche subjektive Beweggründe spielen eine Rolle. Verschiedene Lebenswirklichkeiten der Arbeitslosen erzeugen vielfältige Reaktionsweisen auf das Faktum Arbeitslosigkeit. Sie können zu Resignation bzw. Lethargie aber auch zu Resistenz führen, die häufig individuell auf den Ämtern oder in alltäglichen Überlebensstrategien Ausdruck findet. Der Umschlag in kollektiven Widerstand ist nicht voraussehbar: Er kann forciert oder beschränkt werden durch Solidarität von und mit anderen, er hängt ab vom Zugang zu den Medien, er steht im Zusammenhang mit der Möglichkeit zu spektakulären Aktionen, er kann gefördert werden durch Informationen über Aktivitäten aus dem nahen Ausland und er kann durch öffentliche Diffamierungskampagnen oder durch ungerecht erscheinende Sozialleistungskürzungen beschleunigt werden. Der erzwungene Übergang von bisher Festangestellten oder Arbeitslosen in prekäre Beschäftigungsfelder mit unsicherem rechtlichen Status (befristete Verträge, Zeitarbeitsfirmen, erzwungene Tätigkeiten durch Arbeits- und Sozialämter usw.) hat unter Umständen Auswirkungen auf die soziale Struktur der Aktiven in den Initiativen und kann zu neuen Bündnisnotwendigkeiten für kommende Auseinandersetzungen führen. Politische Impulse kommen auch aus der globalisierungskritischen Bewegung. Zum einen werden dort vermehrt Positionen der Erwerbslosengruppen (z. B. Existenzgeld) diskutiert, und zum anderen bekommt die soziale Frage in einigen der Organisationen einen immer größeren Stellenwert. (ICF2)
Examines efforts to organize the unemployed in the Federal Republic of Germany. Although it is allowed that a mass movement does not exist, a high level of mobilization potential is detected in the 500 groups that have formed around the issue. Analysis of coalition building, including the emergence of a national network of anti-unemployment & antipoverty initiatives, concludes that the political action of the unemployed conforms to neither a traditional lobbying nor a mass protest model. Rather, multiple patterns of resistance -- many of them rooted in daily life practices -- are apparent. Issue is taken with Friedhelm Wolski-Prenger's (1996) more pessimistic analysis of the political potential of unemployment work in the Federal Republic of Germany. 8 References. Adapted from the source document.
Berichtet wird über die etwa 500 Erwerbslosengruppen in Deutschland, die koordiniert werden durch die "Bundesarbeitsgruppen der Initiativen gegen Arbeitslosigkeit und Armut", die "Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen" sowie den "Arbeitslosenverband". Erwerbslose lassen sich nur schwer im traditionellen Sinne organisieren; trotzdem können Erwerbslose den Verlust von Lohnarbeit nicht nur als Apathie, Resignation oder Krankheit erleben, sondern auch als politischen und persönlichen Selbstfindungsprozeß, sowie als Möglichkeit, vorhandene Aktivitäten zu intensivieren. Der in letzter Zeit eingebrachte Vorschlag einer Arbeitslosenarbeit wird als problematisch eingeschätzt: "Wo Hilfe zur Kontrolle wird, ist dann kaum noch zu unterscheiden." (pra)