Reform und Harmonisierung der unternehmensbezogenen Ausnahmeregelungen im Energiebereich
In: Texte 2019, 23
In: Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Das Projekt "Ansätze für eine ökologische Fortentwicklung der öffentlichen Finanzen" widmet sich der Frage, wie der Hebel der staatlichen Einnahmen- und Ausgabenpolitik (inkl. Gestaltung von Kostenumlagen) genutzt werden kann, um die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften zu verbessern. Ein Teilaspekt dieser Rahmenbedingungen betrifft die politische Gestaltung von Energiepreisen. Durch diverse Ausnahmeregelungen bei Steuern, Abgaben, Entgelten und Umlagen sinken die Energiepreise insbesondere für Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Dies verringert Anreize für Investitionen in Energieeffizienz und verbilligt Produkte, die mithilfe eines großen Energieverbrauchs hergestellt werden. Im Rahmen des Projekts wurde ein konkretes Konzept zur Reform und Harmonisierung bestehender Ausnahmeregelungen erarbeitet. Dies verfolgt u. a. das Ziel, existierende Fehlanreize zu vermeiden. Das Konzept beinhaltet eine Abstufung der Begünstigungen, wodurch die unterschiedliche Wettbewerbsgefährdung von einzelnen Branchen und Unternehmen abgebildet wird. Das gelingt durch eine Kombination aus Branchenkriterien (-listen) und Unternehmenskriterien. Durch das Branchenkriterium kann insbesondere das Maß des internationalen Wettbewerbes abgebildet werden, während das Unternehmenskriterium das Ausmaß der finanziellen Auswirkung von höheren Strompreisen auf das spezifische Unternehmen darstellt. Das Konzept sieht drei Begünstigungsstufen (Branchenlisten) vor, die sich jeweils an unterschiedlichen Anforderungen orientieren. Das Entlastungsvolumen für das einzelne Unternehmen kann je nach individueller Stromintensität in jeder Begünstigungsstufe unterschiedlich hoch sein. Die Begünstigung erfolgt in Form einer Rückerstattung anhand von Produktbenchmarks. Im Gegenzug für die gewährten Vergünstigungen werden Unternehmen dazu verpflichtet, zertifizierte Energiemanagementsysteme einzuführen und wirtschaftliche Effizienzmaßnahmen umzusetzen. Das Reformkonzept grenzt die begünstigte Strommenge im Vergleich zu bestehenden Ausnahmen deutlich ein und fokussiert die umfangreichsten Begünstigungen auf einige stromintensive Branchen, die im vergleichsweise intensiveren internationalen Wettbewerb stehen. Die EEG-Umlage der nicht begünstigten Verbraucher_innen kann mit dieser Reform um bis zu 22 % sinken und die Staatseinnahmen aus der Stromsteuer des produzierenden Gewerbes können sich verdreifachen. Die Effekte auf die Strompreise einzelner Sektoren variieren stark und beinhalten sowohl ein Ansteigen durch weniger Ausnahmeregelungen, als auch ein Absinken durch eine Verteilung der Kosten auf "breitere Schultern". Zu den gesamtwirtschaftlichen Effekten der Reform lassen sich drei Kernaussagen treffen: 1. Die Reform hat leicht positive Auswirkungen für das Wirtschaftswachstum bzw. ist im Vergleich zur Referenz annähernd unverändert. 2. Die Reform hat positive Effekte auf Konsum und Erwerbstätigkeit. 3. Die Reform hat eine positive Wirkung auf die Umwelt, d. h. Materialverbrauch und THG- sowie Luftschadstoffemissionen sind niedriger als im Referenzszenario.