Das Zeitverhalten von Arbeiterbauern: Beobachtungen in der Weser-Solling-Region
In: Sozialwissenschaftliche Informationen: Sowi, Band 23, Heft 3, S. 179-186
ISSN: 0932-3244
Typisch für die im vorliegenden Beitrag untersuchte Region zwischen Leine und Weser ist, daß nach dem Beginn der Industrialisierung im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts viele Industriearbeiter im Nebenberuf Kleinlandwirt blieben. Dieser agrarisch-industrielle Doppelerwerb bedeutete für die Arbeiterbauern-Familien große Arbeitsbelastungen für einen Teil des Jahres. Als Ausgleich hierfür dienten eine intensive Kommunikation bei der Feldarbeit und vielfältige Formen der Arbeitsgeselligkeit, wobei der Konsum von Alkohol von großer Bedeutung war. Während die Frauen aufgrund der häuslichen Belastungen und der Feldarbeit kaum Freizeit hatten, trafen sich die Männer abends öfter im Wirtshaus. Der arbeiter-bäuerliche Zeitrythmus bestimmte bis weit in die fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts hinein die Lebens- und Arbeitsverhältnisse in der Weser-Solling-Region. "Der Abschied von der Langsamkeit" vollzog sich in den letzten dreißig Jahren. Ursache ist die Umstrukturierung des dörflich-ländlichen Lebenszusammenhangs. Die meisten Arbeiter gaben ihren Nebenerwerb in der Landwirtschaft auf. Hiermit wurden auch die intensiven Kommunikations- und Kooperationszusammenhänge sowie die Arbeitsgeselligkeit aufgelöst. (psz)