Das Potenzial der Utopie - Flüchtlingslager und Zivilgesellschaft
In: Zivilgesellschaft auf dem Prüfstand: Argumente, Modelle, Anwendungsfelder, S. 108-116
Der Autor untersucht Zivilgesellschaften im Zusammenhang mit Transformationstheorien aus einer entwicklungssoziologischen Perspektive. Hierbei ergeben sich seiner Ansicht nach einige Ambivalenzen. Zunächst besteht eine grundsätzliche Spannung darin, dass der Begriff Zivilgesellschaft nicht rein deskriptiv verwendet werden kann, sondern immer auch normative und politische Aspekte impliziert. Daran anknüpfend muss angefragt werden, inwieweit das Konzept zu stark an Europa gebunden ist und deshalb nur schwer auf andere Transformationsprozesse übertragen werden kann. Eine weitere Spannung besteht zum Konzept der Selbstorganisation, das viele Ähnlichkeiten aufweist, jedoch nicht notwendig ein normatives Element beinhaltet. Eingedenk dieser Ambivalenzen erscheint es für Schöpf am sinnvollsten, das Konzept Zivilgesellschaft als Frage gesellschaftlicher Transformation nach einem utopische Ideal zu interpretieren. Im zweiten Teil seiner Überlegungen stellt er empirische Ergebnisse von Feldforschungen zu strukturierender Herrschaft in den Flüchtlingslagern Tansanias dar und reflektiert diese vor dem entwickelten Zivilgesellschaftskonzept. Diese Überlegungen lassen Schöpf noch einmal dafür plädieren, Zivilgesellschaften als ein offenes Konzept zu verstehen, das durch sein utopisches Element eine kritische Funktion gegenüber der Gegenwart begründen und Transformationsprozesse in ihrer komplexen Vielfalt erfassen kann. (ICB2)