Wirtschaftsethik als Brücke zwischen westlicher Vernunftethik und islamischem Denken
In: Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften Bd. 4
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In: Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften Bd. 4
In: Ethik und Ökonomie 15
In: Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg 4
In: Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften 4
Die Arbeit zeigt auf, dass die sich auf die Vernunft beziehende Ethik und die auf der Offenbarung des Islam gründende Ethik einen gemeinsamen, unbedingt und universal gültigen normativen Gehalt hinsichtlich einer Ethik des Wirtschaftens haben, der in krassem Gegensatz zu der sich in der gegenwärtigen Praxis des kapitalistischen Wirtschaftssystems äußernden normativen Logik des Marktes steht. Eine kritische Reflexion der verbreiteten ökonomischen Denk- und Handlungsweisen deckt die hinter der behaupteten reinen Sachlogik des Marktes normativ wirkenden Überzeugungen auf. Dabei erweisen sich die in der Konkurrenz des Marktes angeblich wirkenden Sachzwänge als ein selbst auferlegter Denkzwang und die die Marktwirtschaft rechtfertigende Gemeinwohlthese als eine Ideologie. Beide bewirken eine moralische Enthemmung des Agierens im Markt. Hingegen erweist sich moralisch vertretbares Wirtschaften als legitimes, die moralischen Rechte anderer Menschen berücksichtigendes Handeln, das konkreten Grundsätzen genügt, die ihnen folgendes Handeln als praktisch richtig ausweisen, unbedingt gelten und als objektiv verstanden werden können. Eine praktische Verwirklichung legitimen ökonomischen Handelns wird entscheidend behindert von den vorwiegend ökonomistisch geprägten Einstellungen der Menschen und der gesetzlichen Rahmenordnung der Wirtschaft, die sich wechselseitig bedingen. Beide sind das Ergebnis einer historischen Entwicklung und daher grundsätzlich änderbar. Diese Entwicklung wird anhand der Auffassungen von Eigentum und Kapitalzinsen sowie deren jeweiliger Begründungen nachgezeichnet, um Aufschluss darüber zu gewinnen, welche Elemente und Motivationen für die Herausbildung der gegenwärtigen Auffassungen dieser Begriffe maßgeblich waren und welche Richtung die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft nehmen müsste, um den moralischen Defiziten ökonomischen Handelns entgegen zu wirken. Im islamischen Denken wurden im Gegensatz zur westlichen Welt die Prinzipien für ökonomisches Handeln und für Handeln schlechthin nie getrennt. Aus dem islamischem Recht und der islamischen Ethik sowie daraus folgenden Auffassungen von Eigentum und Zinsen wird der normative Gehalt des Islams hinsichtlich ökonomischen Handelns in konkrete, objektiv geltende Grundsätze expliziert. Es zeigt sich, dass die Normativität des Islam für vernunftethisches Denken westlicher Tradition zugänglich ist und beide aneinander anschlussfähig sind. Der Vergleich der aus Vernunftethik und Islam abgeleiteten Grundsätze für ökonomisches Handeln zeigt Übereinstimmung. Damit sind die Ansprüche von Vernunftethik und Islam auf universale Geltung – hier beschränkt auf ökonomisches Handeln – nicht nur in jeweils zentrischer Perspektive der je eigenen Denktradition begründbar, sondern können ihre Geltung auch in einer anderen Denktradition nachweisen und damit zu Recht universale Geltung beanspruchen. Die aus dieser Einsicht für die Vernunftethik und den Islam resultierenden Konsequenzen hinsichtlich der Bemühungen um eine humanere Ökonomie werden aufgezeigt. Sie umfassen vor allem eine gegenseitige Vertiefung dieser Einsicht und den Entschluss zu einem gemeinsamen Vorgehen. Als vordringlich festgestellt werden für die Vernunftethik die Strukturierung eines übergreifenden, moralischen Ansprüchen genügenden Rechtssystems und ein Anknüpfen der Philosophie an die Tradition der Aufklärung, um den der gegenwärtigen ökonomischen Praxis zugrunde liegenden Täuschungen wirksam begegnen zu können. Für den Islam folgen die Aufgaben, seine noch immer vorwiegend apologetisch abgrenzende Haltung abzulegen und selbstbewusst als aufklärender Islam seinen objektiv geltenden normativen Gehalt über den Kreis der Muslime hinaus wirkungsvoll zu verfechten. Strategische Gedanken zu einem gemeinsamen Bemühen von Vernunftethik und Islam um eine Humanisierung der Ökonomie belegen deren grundsätzliche praktische Realisierbarkeit. Das islamische Prinzip der Einheit in der Vielfalt, welches unterschiedliche historische, soziale, örtliche und kulturelle Ausformungen unter den grundlegenden islamischen Normen vereinen kann, ohne die Einheit des Islam zu sprengen, wird am Beispiel Indonesiens mit seiner überwiegend muslimischen Bevölkerung dargelegt. Die dort gewonnenen reichen Erfahrungen verdienen Beachtung für ein friedliches Zusammenwachsen verschiedener Kulturen in einen legitimen Pluralismus im Zeitalter der Globalisierung.