Zwischen Allmende und Anti-Allmende : eine Untersuchung zur Struktur und Strukturentwicklung des kleinflächigen privaten Waldeigentums unter den Bedingungen der gesellschaftlichen Transformation am Beispiel des Freistaates Sachsen ; Between commons and anti-commons : a study on the structure and str...
In: https://freidok.uni-freiburg.de/data/2869
Die Arbeit untersucht Rahmenbedingungen, Kriterien und Restriktionen für ökonomisch und sozial funktionsfähiges Kleinprivatwaldeigentum vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Transformation von Sozialismus zu Demokratie und Marktwirtschaft. Da kleineres Eigentum vieler Bürger aufgrund seiner positiven sozialen Folgen erwünscht, ökonomisch aber oft benachteiligt ist, bedarf es notwendigerweise der Ergänzung durch autonome Kooperation seiner Eigentümer. Aus der Eigentums- und Kooperationstheorie abgeleitete Kriterien für die Funktionsfähigkeit von Privateigentum und von Kooperation in komplexen Ressourcensystemen werden für die Bewertung der naturalen, ökonomischen, sozialen und rechtlichen Strukturen des Privatwaldes im Freistaat Sachsen und seiner Eigentümer verwendet. Gleichzeitig werden den Kleinprivatwald beeinflussende historische und aktuelle Prozesse hinsichtlich ihrer Wirkungen auf dessen Strukturen bewertet. Dabei zeigt sich eine extreme räumliche und rechtliche Fragmentierung des kleinen privaten Waldeigentums, das über weite Strecken weder ökonomisch noch sozial funktionsfähig ist. Neben einer geringen räumlichen Erstreckung der Eigentumseinheiten läßt sich eine starke Schrumpfung des rechtlichen Eigentumskerns feststellen. Viele Eigentumsrechte an Ressourcennutzungen sind davon entkoppelt und stehen dem Staat oder speziellen Interessengruppen zu. Verbreitet liegen räumliche und rechtliche Anti-Allmendestrukturen vor. Die Kooperation der Eigentümer kleiner Waldflächen ist in Sachsen nur gering entwickelt. Die Ursachen für diesen Zustand sind vielfältig. Die Eigentumspolitik der DDR hinterließ eine extreme Zersplitterung des privaten Waldeigentums. Die Forstpolitik des 20. Jhdts. in Deutschland, geleitet von drei Denkschemata (Präferenz für Großbetriebe, Überlegenheit professioneller forstlicher Sachkunde bei der Waldbewirtschaftung, Deutungshoheit über die Gemeinwohlfunktionen des Waldes), trug zur rechtlichen Entkernung des kleinen Waldeigentums maßgeblich bei. Die meisten forstpolitischen Handlungskonzepte im Kleinprivatwald stellen die materielle Ressourcennutzung (insbesondere Holz) in den Mittelpunkt und vernachlässigen seine Bedeutung als soziale Ressource. Die spezifischen Bedingungen der gesellschaftlichen Transformation und der sächsischen Forstpolitik nach der politischen Wende 1990 haben diese Entwicklungen fortgesetzt und insbesondere die Bildung von Zusammenschlüssen der Waldeigentümer als Selbsthilfeorganisationen behindert. Die drei in der Strukturanalyse festgestellten strukturellen Kernprobleme des kleinen privaten Waldeigentums (mangelnde Funktionsfähigkeit als Privateigentum, geringe Kooperation der Eigentümer und Unternutzung der Ressource) sind eng gekoppelt. Zur Überwindung dieser Probleme ist die räumliche oder rechtliche Bündelung von Eigentumsrechten von großer Bedeutung. In einer auf der Strukturanalyse aufbauenden Modellüberlegung für ein kleinparzelliertes Privatwaldgebiet werden Kosten und Nutzen von Veränderungen der Eigentums- und Kooperationsstrukturen gegenübergestellt. Daraus werden aussichtsreiche Lösungsansätze zur Eigentumsbündelung abgeleitet (Zuerwerb, starke Kooperationsanreize, verbesserte Rahmenbedingungen für die Bildung forstwirtschaftlicher Zusammenschlüsse), die in Expertengesprächen einer Bewertung durch wichtige Akteure im Politikfeld Kleinprivatwald unterzogen werden. Hierbei schälen sich zwei Entwicklungspfade zur Strukturanpassung heraus: als Hauptpfad eine Vergrößerung individuellen kleinen Waldeigentums, als Nebenpfad die Neubildung gemeinschaftlichen Eigentums. Beide bedürfen der Ergänzung durch verstärkte Kooperation. Die Entwicklungspfade werden durch Vorschläge für eine Strukturentwicklungspolitik konkretisiert. Diese wird als eine ordnungskonforme Politik zur Strukturanpassung, in den Randbereichen funktionsfähigen Eigentums um Mechanismen zur Eigentumsbündelung ergänzt, definiert. Die Vorschläge umfassen insbesondere Deregulierungen im Grundstücksverkehr sowie eine verbesserte Informationsbereitstellung über verfügbare Waldflächen. Zur Überwindung hoher Hürden bei der Neubildung gemeinschaftlichen Eigentums werden Lösungsansätze mittels eines Waldgenossenschaftsgesetzes bzw. über die Flurneuordnung ausgearbeitet. Für die Verstärkung von Kooperation sind insbesondere die Rückführung staatlicher Angebote zur Leistungsübernahme und die Bereitstellung forstbetrieblicher Anlagerungskerne für Zusammenschlüsse sinnvoll; ferner erscheinen als Anreiz Zugriffsmöglichkeiten auf staatliche Eigentumsrechte geeignet, die an eine Kooperation der Eigentümer kleiner Waldflächen gebunden sind. Insgesamt wird eine deutliche Rückübertragung von Verantwortung im Kleinprivatwald auf dessen Eigentümer empfohlen. Staatliches Handeln sollte sich auf die Bereitstellung von Information und Regeln konzentrieren, die die Selbstverantwortung und Handlungsfähigkeit der Eigentümer kleiner Waldflächen stärken. ; The study aims at finding general conditions, criteria and restrictions for functional small scale private forest property under the conditions of societal transformation from a socialist to a democratic society and market economy. Due to its social benefits smaller property of many citizens is societally desirable, but often economically disadvantageous. Therefore small scale property needs to be complemented by autonomous co-operation of its owners. Deducted from property and collective action theories eight criteria for the economic and social operability of property in a complex resource system are set and used to evaluate the natural, economic, social and legal structures of private forests and their owners in the Free State of Saxony. Also past and present processes which influence forest property structures are evaluated. An extreme degree of spatial and legal fragmentation of small private forest property can be shown; to a large extent it is neither economically nor socially viable. Not only are ownership units small, but the legal core of property has shrunk as well. It has been de-coupled from many property rights in resource utilization, which in turn have been appropriated by government and special interest groups. Frequently, commons as well as spatial and legal anti-commons can be found. Co-operation of small scale forest owners in Saxony is only weak. There are many causes for this weak state of small private forest property. The property policy of the former GDR left private forest property extremely fragmented. Characterized by three conceptual patterns (large holding paradigm; paradigms of superiority of scientifically based forest management knowledge and superior ability of professional foresters to recognize and realize the public welfare in small scale private forest management), public forest policy in Germany in the 20th century widely supported this gutting of the property core. Most concepts for action towards small scale private forest property focus on harvesting raw materials, particularly timber, while they neglect the importance of small scale private forests as a social resource. The specific rules of the societal transformation after 1990 and Saxonian forest politics since then have continued this weakening of small private forest property and impeded the development of forest owner co-operatives as self–help organizations. The three main problems of small private forest property shown by the structural analysis (lacking viability as private property, low degree of co-operation between owners and underutilization of the resource) are closely interconnected. Spatial or legal bundling of property rights is essential for overcoming these problems. The cost and benefit of change of property and co-operative structures are then compared in a model of a parcellized private forest area, giving the opportunity to deduct several approaches for successfully bundling property (bundling by acquisition, stronger incentives for co-operation, improvement of the general conditions for founding of co-operations). These approaches are then evaluated by experts representing important groups in the field of forest policy for small private forests. The individual enlargement of small forest property appears as the main path of structural adjustment. A second path of development considered to be suitable is the establishment of shared private property. Both paths need to be supplemented by stronger co-operation. These two paths for development are completed by proposing a policy to develop property structures of small forests. This policy is defined as a regulatory policy enhancing structural adjustment which is supplemented on the edges of viable small private property by incentives for bundling of property. Proposals aim at deregulating property markets and better information about available forest parcels. Solutions for founding new associations of shared private property are proposed by means of a forestry association act or by action under the land consolidation procedure. For the reinforcement of co-operation reducing excessive management services of the state forest administration to private forest owners and provision of agglomeration cores for co-operation building seem to be necessary. Furthermore, giving forest owners collectively a right to take over property rights for uses of forests so far held by the state may be useful. The main recommendation of the thesis is giving back responsibility to small forest owners, while government action in small private forests should be limited to the provision of information and of rules that are apt to strengthen self-responsibility and the capacity of small forest owners to act by themselves.