Studierende und Pädagog*innen 'mit Migrationsgeschichte' sind seit einiger Zeit in den Fokus hochschulischer und bildungspolitischer Diskurse gerückt. Auf der Basis erzählter Lebensgeschichten untersucht Dorothee Schwendowius die Bildungswege und biographischen Erfahrungen von Studierenden im Kontext migrationsgesellschaftlicher Differenzverhältnisse. Sie rekonstruiert Prozesse der Bildungsteilhabe und Selbstverortung von Lehramts- und Pädagogikstudierenden aus einer biographie- und zugehörigkeitstheoretischen Sicht. Mit der Fokussierung der Universität als Raum für Bildungs- und Zugehörigkeitserfahrungen liefert die Studie einen differenzierten Beitrag zu einem bislang wenig beachteten Aspekt biographie- und migrationswissenschaftlicher Forschung.
Access options:
The following links lead to the full text from the respective local libraries:
"Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Adressierung von Studierenden in der hochschulischen Praxis in Migrationsgesellschaften und geht der Frage nach, welche Wissensformen der Adressierung von Studierenden 'mit Migrationshintergrund' zugrunde liegen. Am Beispiel von kompensatorischen Förder- und Unterstützungsangeboten sowie Interaktionssituationen in Lehrveranstaltungen werden Praktiken der Besonderung im universitären Alltag analysiert. Auf der Basis zweier empirischer Forschungsprojekte werden Erkenntnismöglichkeiten eines biographieorientierten Zugangs in der Studierendenforschung sowie mögliche Konsequenzen für die pädagogische Praxis des Umgangs mit 'Differenz' an Hochschulen diskutiert." (Autorenreferat)
In demokratischen Gesellschaften hat das Bildungssystem den Auftrag, soziale Ungleichheit zu kompensieren und gleiche Teilhabechancen zu ermöglichen. Empirische Forschungen belegen jedoch, dass Ungleichheitsstrukturen durch das Bildungssystem reproduziert werden. Dieser Band untersucht das Spannungsfeld zwischen Ausgrenzung und Teilhabe aus biographiewissenschaftlicher Perspektive. Bettina Dausien ist Professorin für Pädagogik der Lebensalter an der Universität Wien. Daniela Rothe ist Professorin für Erwachsenen- und Berufsbildung an der Universität Klagenfurt. Dorothee Schwendowius ist Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Flensburg.
Access options:
The following links lead to the full text from the respective local libraries:
Seit einiger Zeit haben bildungspolitische Forderungen nach gesamtschulischen Strategien des Um-gangs mit Heterogenität, Differenz und Diskriminierung erheblich an Bedeutung gewonnen. 'Interkulturelle Öffnung' oder 'Interkulturelle Schulentwicklung' ist dabei nicht mit der bloßen Anwesenheit von Kindern mit unterschiedlichen Sprachen, Identitäten, Lebenshintergründen oder Religionen zu verwechseln. Eine heterogene soziale Zusammensetzung von Lerngruppen führt nicht automatisch zu einer Praxis, in der die Potentiale aller gefördert und Bildungsungleichheiten minimiert werden können. Eine differenzsensible und inklusive Bildungsqualität will vielmehr bewusst erarbeitet und gestaltet sein. Um eine für alle Kinder und Jugendlichen förderliche Lernumgebung zu schaffen, muss Heterogenität – im Sinne eines Mainstreaming – in sämtlichen konventionellen schulischen Arbeitsbereichen angemessen berücksichtigt werden. Erforderlich sind Gesamtstrategien, die Maßnahmen im Unterricht mit den nötigen Veränderungen der Organisationen und der pädagogischen Inhalte und Arbeitskulturen, wie im breiteren institutionellen und sozialen Umfeld der Schulen verbinden. Die ganze Schule muss sich entwickeln. Es kommt darauf an, die Lehrpersonen zu befähigen, ihre eigenen Routinen und Handlungskontexte zu reflektieren und lokal passende Veränderungen planen und umsetzen zu können. Gerade die Verbindung von Fortbildungen und konkreten Praxisveränderungen in den Schulen unterstützen diesen Prozess. An diesem Punkt setzt die vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) Hamburg sowie dem Projekt "BQM Beratung Qualifizierung Migration" der Koordinierungsstelle Weiterbildung und Beschäftigung e.V. in Hamburg konzipierte Fortbildung "Qualitätsentwicklung von Schulen in der Einwanderungsgesellschaft: Qualifizierung zur interkulturellen Koordination" an, die erstmals in den Schuljahren 2012-2014 durchgeführt wurde. Ziel der zweijährigen Fortbildung ist es, Lehrkräfte dafür auszubilden, als Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren eine diskriminierungskritische Schulentwicklung an ihrer Schule zu initiieren und zu begleiten. Die formative Evaluation der Qualifizierung erfolg-te auf zwei Beobachtungsebenen: (1.) wurden das Programm und der Prozess der Qualifizierung aus der Perspektive der teilnehmenden Lehrkräfte und beteiligter Schulleitungen analysiert; (2.) wurden die Herangehensweisen und Erfahrungen bei der Umsetzung der Interkulturellen Koordination in den beteiligten Schulen ausgewertet sowie erste Veränderungen auf den Ebenen der Organisation, des Kollegiums und der pädagogischen Prozesse, die sich zum Erhebungszeitpunkt bereits benennen ließen, rekonstruiert. Dafür wurden fortbildungsbegleitend zu drei Erhebungszeitpunkten qualitative Leitfadeninterviews mit den teilnehmenden Lehr-kräften sowie exemplarische Interviews mit einzelnen Schulleitungen durchgeführt. Darüber hinaus wurden Recherchen zu den bildungspolitischen Rahmenbedingungen durchgeführt, die einen wichtigen Kontext für die Fortbildung darstellen.
Biographical note: Daniela Rothe, Dr. phil., ist Erziehungswissenschaftlerin und Leiterin des Schreibzentrums an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck. Dorothee Schwendowius ist Professorin für Internationale und Interkulturelle Bildungsforschung an der Universität Magdeburg. Nadja Thoma, Dr. phil., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien. Christine Thon ist Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung an der Universität Flensburg.
Access options:
The following links lead to the full text from the respective local libraries:
Massenvergewaltigungen sind Sexualterror und Ausdruck von Gewalt im Geschlechterverhältnis. Im Kontext von Krieg und kriegerischen Konflikten werden sie als strategische Kriegswaffen eingesetzt. Sie haben eine kommunikative Funktion zwischen Kriegsgegnerinnen und sind systematische Menschenrechtsverletzungen. In Deutschland wurden Massenvergewaltigungen durch alliierte Besatzer im Verlauf der Nachkriegszeit für die Remaskulinierung der Gesellschaft instrumentalisiert und letztendlich beschwiegen. Sie sind somit kein isoliertes historisches Ereignis und ihre Folgen und der soziale Umgang mit ihnen können nur unter Prozessperspektive hinreichend verstanden werden. Die vorliegende Studie untersucht, wie sich der soziale Umgang mit Massenvergewaltigungen aus Subjektperspektive darstellt und rekonstruiert auf der Grundlage lebensgeschichtlicher Interviews mit überlebenden Frauen die wechselseitige Beeinflussung individueller und kollektiver Prozesse. Dabei geben die Studienerebnisse Aufschluss über die Strukturreproduktion und Transformation von Sexualterror und die Beständigkeit hierarchischer Geschlechterverhältnisse. Als ursächlich für die stete Reproduktion und den stets schwierigen Umgang mit Sexualterror werden latente Strukturzusammenhänge angesehen, die Interaktionsprozesse bedingen und Sexualterror zum generellen Modus sozialer Klassifikation machen. Diese latenten Stigmastrukturen von Sexualterror prägen als ungewusstes routiniertes Handeln soziale Interaktionen und Identitätsbildung trotz der kritischen Diskussion und Transformation gesellschaftlicher Normen und Werte. Das Aufdecken dieser objektiven Strukturzusammenhänge in Folge von Sexualterror ermöglicht ein Verständnis für die Langlebigkeit und Stabilität von Geschlechterhierarchien in modernen Gesellschaften und wird hiermit erstmals zur Diskussion gestellt.