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In Russland hatten in den 1990er Jahren Straßengangs großen Einfluss auf Wirtschaft und lokale Politik. Entstanden waren sie in der späten Sowjetunion. Viele ihrer Mitglieder (pacany) machten später Karriere in Politik, Wirtschaft und staatlichen Institutionen. Ihre Ehrvorstellungen und Verhaltensregeln (ponjatija) bleiben auch über solche persönliche Verbindungen hinaus prägend. Die Gangs funktionieren wie patrimoniale Clans, ihre zentralen Werte sind Stärke und bedingungslose Gruppenloyalität. Russlands Politikstil der 2010er Jahre lässt sich als Umsetzung dieses Kodex lesen. Zwischen Staat und krimineller Welt herrscht kein Antagonismus, sondern unausgesprochene Komplizenschaft. (Osteuropa (Berlin) / SWP)

Die Verfasser diskutieren zunächst mögliche Determinanten des Wahlverhaltens in Russland, zu denen das normative Engagement für die Marktwirtschaft, die Bewertung der realen Marktwirtschaft in Russland, die eigene wirtschaftliche Lage im Transformationsprozess und die Bewertung des politischen Systems zählen. Die Dynamik in der Bedeutung dieser einzelnen Determinanten wird anhand von Umfragedaten des Russischen Zentrums für Meinungsforschung aus den Jahren 1991 und 1996 illustriert. Es schließt sich eine Querschnittstudie an, bei der nach dem beabsichtigten Wahlverhalten (Jelzin oder Zjuganow) bei der Präsidentschaftswahl 1996 gefragt wird. Die individuelle wirtschaftliche Lage in den vergangenen Jahren und das normative Engagement für die Marktwirtschaft erweisen sich hier als die ausschlaggebenden Faktoren, wobei der erstgenannte Faktor in seiner Ausprägung als Verlusterfahrung vor allem für eine Wahlentscheidung zugunsten Zjuganows ausschlaggebend war. Wer sich als "Gewinner" des Transformationsprozesses fühlte, bekannte sich eher zur Marktwirtschaft, während die "Verlierer" des wirtschaftlichen Wandels eher zum Sozialismus tendierten. (BIOst-Wpt)

Between 1991 and 1996 Russia underwent a precipitous economic and social decline with decreases in production, gross national product, and wages, and increases in inequality, crime, and corruption. Most people experienced a decline in their standard of living, and many fondly recalled the security and stability of the communist era. Nevertheless, in the two main cases when the Russian electorate was confronted with a choice of directions in economic policy–the referendum of 1993 and the presidential elections of 1996–the majority chose reform. Writing about Boris Yeltsin's surprising victory in the 1996 presidential elections, aPravdacommentator mused: "Logically, he should have lost, since he was unable to fully solve any of the problems that have piled up: the stagnation of production, the impoverishment of a majority of the people, growing unemployment, the chronic nonpayment of wages, the decline in science, culture and education, the continuing conflict in Chechnya, etc. Nevertheless, Yeltsin received a majority of the electorate's votes."

Trotz gewisser Erfolge der Wirtschaftsreformen in zahlreichen postkommunistischen Ländern sind wachsende Teile der Bevölkerung vom Abstieg aus der Mittelklasse in die Armut bedroht. Auf der Basis von im Rahmen des "International Social Justice Project" durchgeführten empirischen Erhebungen kommen die an diesem Projekt beteiligten Autoren zu dem Ergebnis, daß sich die Bevölkerung in Rußland, Estland, Ungarn und Bulgarien zunehmend in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage sieht und dies vor allem auf die Wirtschaftsreformen zurückführt. Ein Vergleich mit früheren Befragungsergebnissen zeigt, daß die Menschen in diesen Ländern ihre frühere Lage heute im nachhinein in einem sehr viel positiveren Licht sehen als bei den damaligen Umfragen. (BIOst-Mrk)