Die Tschechische Republik zwischen nationaler Identität und europäischer Integration
In: Quo vadis EU?: Osteuropa und die EU-Erweiterung, S. 145-177
Die Tschechische Republik hat, so die Verfasserin, seit 1989 einen umfassenden Transformationsprozess durchschritten und erreichte fünfzehn Jahre nach der Wende bei im Einzelnen unterschiedlichen Auffassungen, aber dem Grundkonsens der Zugehörigkeit zu Europa, das angestrebte Ziel der EU-Mitgliedschaft und wird nach weiteren fünf Jahren den Vorsitz in der EU führen. Das Ringen um die eigene Identität und die gleichzeitige Stellung in Europa standen auch im Vordergrund der Überlegungen, mit denen sich der spätere Mitbegründer und erste Präsident der Tschechoslowakei, Tomas G. Masaryk, auseinander setzte. Im 20. Jahrhundert war der Aufbau des Staates nach zwei Jahrzehnten durch das "Münchner Abkommen" jäh beendet, gefolgt von sechs Jahren "Protektorat Böhmen und Mähren". Die Weichen zur politischen Linksorientierung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren gestellt. Nach der Errichtung der "Volksdemokratie" 1948 folgten vier Jahrzehnte totalitären Systems. Reformversuche wie der "Prager Frühling 1968" wurden niedergeschlagen. Mit der Wende 1989 wurde der Zerfall des kommunistischen Regimes besiegelt und der Weg zum Aufbau eines unabhängigen und demokratischen Staates frei. Durch die Verselbständigung der Slowakischen Republik war die Situation der Tschechischen Republik eine neuerlich andere geworden. Die Suche nach nationaler Identität bei gleichzeitiger europäischen Integration ist, so die These, eine große Herausforderung an die Politik, da noch immer Ängste und Vorbehalte, die nur aus der historischen Entwicklung zu verstehen sind, bestehen. Neue Chancen eröffnen sich für die im 21. Jahrhundert heranwachsende Generation, die frei von traumatischen Erfahrungen und Deformationen ihrer Vorfahren ein Leben als selbstbewusste TschechInnen und EuropäerInnen mit einer erweiterten Identität führen kann. (ICF2)