Die "arrangierte Partnerwahl" von jungen Türkinnen wird im Mainstream-Diskurs von Politik, Öffentlichkeit und auch Wissenschaft in den Bereich des rückwärts gewandten, patriarchal dominierten Fremden verwiesen, während die sogenannte freie Partnerwahl als Eigenschaft des fortschrittlichen, emanzipierten Westens gilt. Bereits die Bezeichnung der selbst organisierten Eheschließung als "freie" Partnerwahl signalisiert unterschwellig, ihr Pendant, die arrangierte Ehe, wäre unfrei und würde durch Druck, wenn nicht gar durch Zwang zustande kommen. Ein anderer Begriff, der für selbst organisierte Ehen Verwendung findet, ist "Liebesheirat". Auch er impliziert eine negative Zuschreibung an die arrangierte Partnerwahl, bei der Gefühle scheinbar keine Rolle spielen. Der Diskurs basiert für die Autorin auf einem bipolaren Denkschema, dem die Vorstellung fremd ist, eine Ehe könne mit Einverständnis der Frau, ja mitunter sogar auf deren ausdrücklichen Wunsch arrangiert und zudem mit gegenseitiger Zuneigung der Ehepartner verbunden sein. Durch das Herausarbeiten der inneren Logik, die dem idealtypischen Handlungsschema der arrangierten Eheschließung zugrunde liegt, zeigt der Beitrag insgesamt, dass bei der "arrangierten Ehe" familiäre Interessen nicht über individuellen stehen, sondern dass es darum geht, Selbstbestimmung und Familienorientierung auszubalancieren. (ICA2)