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World Affairs Online
Die Eule der Minerva beginnt ihren Flug in der Dämmerung. Wenn die Schatten lang werden, ist die Zeit des Begriffs gekommen, der nach Weisheit strebt. Im Grauen des Morgens hingegen ringt das erwachende Bewusstsein um Zuversicht. Noch hat nichts wirklich begonnen und doch ist alles schon im Laufen. Und ist nicht dies die Zeit der Philosophie? Ein Philosoph baut Morgen für Morgen an seinem papierenen Haus des Seins: an seinem Journal zum philosophischen Hausgebrauch. Dem Philosophen graut vorm täglichen Weltuntergang. Dagegen schreibt er an, wobei er nicht verabsäumt, seinen Lieben das Frühstück zu bereiten. Während draußen die Fakten »Fakten schaffen«, kultiviert er seine Häuslichkeit, seine kleine Welt, in der die große schon immer klirrend Einzug gehalten hat. Die Völker fliehen vor Hunger, Krieg und Tod; im Morgengrauen brechen sie auf, einem Abendland voller Stacheldraht entgegen. »Es ist, wie es ist, und es ist gut«. Darauf, auf diese Vergeblichkeit hin, ohne die kein Menschsein möglich wäre, schreibt er Morgen für Morgen zu.
Ob die Krise akut ist oder nicht, wir leben mit ihr. Darauf wurde politisch reagiert, indem sich die Partei der »Piraten« als ratlos präsentierte. Das brachte ihr anfänglich keine Zurückweisung, sondern im Gegenteil Sympathie. Ein Paradox? Nein, vorausgesetzt, der einbekannten Ratlosigkeit eignet eine Tiefensymbolik. Strassers Stimmungsbericht entschlüsselt diese Symbolik, nahe Heideggers »Stimmung«, als typische Erlebnisform der Spätmoderne. Die Klage dahinter ist nicht neu. Nach dem Zusammenbruch der Heilsgeschichte und dem Triumph des Naturalismus sind wir - allesamt dekonstruierte Abendländer - außerstande, uns selbst noch als »beseelt« zu erfahren: als Träger eines Schicksals und Hüter eines Wegs. Neu hingegen ist die Utopie der Ratlosigkeit. Wo es nichts mehr zu retten, nichts zu erobern gibt (höchstens die Eiswüsten des Mars), dort beginnt man innezuhalten. Man beginnt, dem Gemurmel aus der Tiefe der Zeiten nachzulauschen. Dem Bewusstsein des Verlusts mag Neues entspringen, weniger besitzergreifend, weniger fortschrittsbesessen, weniger ausgebrannt. So wird die Ratlosigkeit zum Seelentrost in der entseelten Welt
Strasser unternimmt es, den Zusammenhang zwischen Glück und Lebendigkeit zu erkunden. Seine These lautet: Glück ist das Gefühl, lebendig zu sein. Und er spürt den Wurzeln dieses Gefühls in einer Kultur der Schöpfung nach, die seit jeher darauf vertraut, dass alles, was ist, auch lebt - auch die Schneeflocke, die auf deiner Hand zerschmilzt.Nein, wir haben das Glück nicht erfunden, wir haben es demokratisiert. "Das größte Glück für die größte Zahl", lautet die Devise seit den Tagen des Utilitarismus. Heute sollen jene unter uns, die tüchtig etwas leisten, das Recht haben, glücklich zu sein. Wir leben im Zeitalter des Hedonismus. Wir haben keine Utopien mehr, denn unser Utopia kommt aus der Hotellerie: Wohlfühlkultur.Seltsam nur, dass seit Nietzsches "letztem Menschen" die Klage nicht verstummt: Aus unserer Kultur habe sich das Leben zurückgezogen. Unser Spaß, unsere Wellness, unser Glück seien leblos. Krieg sei besser als ein gewöhnlicher Montagmorgen, an dem der Friede wieder eine Woche lang von Neuem beginnt. Woher kommt die Misere des leblosen Glücks?
In: Campus-Bibliothek