Mit den "Regimen urbaner Resilienz" wird eine empirische Forschungsperspektive vorgestellt, die die Auswirkungen verschiedener sozialräumlicher Krisen in belasteten Stadtbezirken untersucht und sie als relationale, vielschichtige und flüchtige Formen der Dominanz beschreibbar macht. Als Fallbeispiel dient in diesem Beitrag der Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf.
Die Dissertationsschrift befasst sich mit den Auswirkungen von Stressfaktoren, die durch sozialen, politischen und kulturellen Wandel in Form langsamer, gradueller Störungen als auch kurzfristiger Schocks in belasteten Stadträumen entstehen. Als Fallbeispiel dienen die Großwohnsiedlungen des Berliner Stadtbezirks Marzahn-Hellersdorf. Sie werden seit Jahren mit sich verschärfender Armut und zunehmender Segregation in Verbindung gebracht sowie mit rupturartig auftretenden Tumulten im Zuge der Ansiedlung von Menschen mit Fluchtgeschichte. Um an die jeweiligen Bedrohungslagen anzuschließen und die dabei entstehenden Dynamiken über die Zeit zu erforschen, wird mit den Regimen urbaner Resilienz ein neues analytisches Konzept erarbeitet. Dieses stellt eine strukturierende Perspektive auf die sozialräumlichen Prozesse und Kräfteverhältnisse in belasteten Stadtraumsystemen dar und gibt Einblick in die dort herrschenden Vulnerabilitäts- und Resilienzkonstruktionen. Unter Entwicklung und Anwendung dieser Perspektive fragt die Arbeit nach den relevanten Themenfeldern, die im Bezirk vor dem Hintergrund sozialräumlichen Wandels auftreten; welche Regime urbaner Resilienz sich konstituieren; sowie nach ihrer Struktur und Wechselwirkung im Kontext der jeweiligen Stressfaktoren. Das multi-methodale Forschungsvorgehen im Rahmen der Grounded Theory besteht aus der quantitativen, lexikometrischen Diskursanalyse eines Zeitungskorpus zu Marzahn-Hellersdorf, dessen qualitativer Durchdringung in ausgewählten Zeiträumen sowie dem Einbezug auto- und paraethnographischer Wissenselemente der Autorin. Die Analyse zeigt, dass Regime der Benachteiligung, Fremdenfeindlichkeit, Spaltung, Handlungsmacht, aber auch Innovation und Solidarität im Diskurs besonders heraustreten. Vor dem Hintergrund der jeweiligen Störeinflüsse unterscheiden sie sich in ihrer Dominanz, inneren Struktur und Wechselwirkung untereinander. Die Beziehungen zwischen den Regimen geben Hinweise darauf, welche Interessenslagen, Konflikte, Macht- und Deutungsverhältnisse sich unter Einfluss sozialräumlicher Krisen entwickeln und transformieren. Umgekehrt lassen die Regime Rückschlüsse auf die Art der vor Ort wirkenden Störeinflüsse zu. Sie können so erheblich zu einem erweiterten Verständnis von Stadtentwicklungsprozessen in Krisensituationen beitragen. ; The dissertation deals with the effects of slow, gradual long-burn disorders and rapid short-term shocks in disadvantaged urban districts during times of social, political and cultural change. The case study focuses on the high-rise settlements of Berlin's city district Marzahn-Hellersdorf. For years, they have been associated with worsening poverty and increasing segregation, as well as with rupture-like tumults in the course of the settlement of refugees. To address the particular threats to living conditions and to explore the upcoming dynamics over time, the Regimes of Urban Resilience are developed as a new analytical concept to frame the research process. The concept is meant to serve as a structuring perspective to socio-spatial processes in underprivileged urban districts by revealing insights into its predominant contructions of vulnerability and resilience. Following and applying this new perspective, the dissertation explores the distinct issues arising in the district over time. Furthermore, it aims to identify the predominant Regimes of Urban Resilience and to analyse the regime's structures and relational patterns against the background of long-burn disruptions and short-term shocks. The multi-methodological research design includes: a quantitative, lexicometric discourse analysis of newspaper articles dealing with Marzahn-Hellersdorf; a qualitative, theory-led coding procedure of the newspaper corpus in selected periods; the author's auto- and para-ethnographic knowledge in the research and evaluation processes. The analysis shows that regimes of disadvantage, xenophobia, division, agency, but also innovation and solidarity are particularly prominent in the discourse. Against the background of the respective disruptive influences, they differ in their dominance, internal structure and interaction with each other. The regimes' interactions indicate which interests, conflicts, power relations and scopes of interpretation develop and transform under the influence of socio-spatial crises. Conversely, the regimes allow conclusions to be drawn about the type of disruptive influences acting on site. Therefore, they can contribute significantly to a broader understanding of urban development processes in crisis situations.
Anhand von Berlin-Neukölln zeigt dieser Beitrag, dass "soziale Brückenbauer_innen" mitwirken können, urbane Quartiere mit verstärkten sozialen Problemlagen vom Zwangs- zum Möglichkeitsraum zu wandeln. Um "Brückenbauer_innen" besser zu charakterisieren, wird eine Forschungsperspektive entwickelt.
In: kommunikation[at]gesellschaft: Journal für alte und neue Medien aus soziologischer, kulturanthropologischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive, Volume 19, Issue 3
Der Beitrag befasst sich mit dem Einfluss des Internets auf Meinungsbildungsprozesse in Gestalt von Radikalisierung Jugendlicher in Deutschland. Dafür wird in einer metaanalytischen Vorgehensweise das Forschungsfeld zu Online-Radikalisierung im deutschen Forschungsdiskurs, ergänzt durch relevante internationale Befunde, genau sondiert und aufgeschlüsselt. Wie sich zeigt, ist das bestehende Wissen dazu äußerst bruchstückhaft; lediglich einzelne Facetten wurden im komplexen Zusammenwirken vieler Faktoren eines Radikalisierungsverlaufs bisher untersucht. Um mehr über die Hintergründe zu Online-Radikalisierung Jugendlicher zu erfahren, besteht die Notwendigkeit eines interdisziplinären und multimethodischen Vorgehens, zu dem insbesondere die Kulturanthropologie mit ihren Methoden und emischen Perspektiven auf lebensweltliche Zusammenhänge einen wichtigen Beitrag leisten kann. Die vorliegende Metaanalyse bietet neben einer theoretischen Fundierung und begrifflichen Einordnung eine strukturierte Statusaufnahme und Auswertung der aktuellen Forschungslandschaft zu der Rolle des Internets auf die Radikalisierung von jungen Menschen. Die Arbeit identifiziert Erkenntnisse und zeigt aktuelle Forschungsdesiderata auf. Die vorliegende Studie bietet somit einen systematischen Überblick über die deutsche Forschungslandschaft und kann als Grundlage für weitere Forschung auf diesem Bereich genutzt werden.
Der Beitrag befasst sich mit dem Einfluss des Internets auf Meinungsbildungsprozesse in Gestalt von Radikalisierung Jugendlicher in Deutschland. Dafür wird in einer metaanalytischen Vorgehensweise das Forschungsfeld zu Online-Radikalisierung im deutschen Forschungsdiskurs, ergänzt durch relevante internationale Befunde, genau sondiert und aufgeschlüsselt. Wie sich zeigt, ist das bestehende Wissen dazu äußerst bruchstückhaft; lediglich einzelne Facetten wurden im komplexen Zusammenwirken vieler Faktoren eines Radikalisierungsverlaufs bisher untersucht. Um mehr über die Hintergründe zu Online-Radikalisierung Jugendlicher zu erfahren, besteht die Notwendigkeit eines interdisziplinären und multimethodischen Vorgehens, zu dem insbesondere die Kulturanthropologie mit ihren Methoden und emischen Perspektiven auf lebensweltliche Zusammenhänge einen wichtigen Beitrag leisten kann. Die vorliegende Metaanalyse bietet neben einer theoretischen Fundierung und begrifflichen Einordnung eine strukturierte Statusaufnahme und Auswertung der aktuellen Forschungslandschaft zu der Rolle des Internets auf die Radikalisierung von jungen Menschen. Die Arbeit identifiziert Erkenntnisse und zeigt aktuelle Forschungsdesiderata auf. Die vorliegende Studie bietet somit einen systematischen Überblick über die deutsche Forschungslandschaft und kann als Grundlage für weitere Forschung auf diesem Bereich genutzt werden.
Der Mensch lebt in Räumen – von den Höhlen der Steinzeit über gebaute Architekturen bis hin zu digitalen Welten der Gegenwart. Daraus entstehen auch immer Zustände eines Dazwischen-Seins. Wie und wo manifestieren sich diese im architektonischen Raum? Wie gehen Menschen mit den Zwischenräumen um, in denen sie sich befinden? Und wie setzen Künstler_innen ihre Vorstellungen davon im Bild um? Die Autor*innen des Bandes beschäftigen sich mit verschiedenen Formen von Zwischenräumen: mit den Strategien nigerianischer Migrantinnen auf dem Weg nach Europa, mit Raumstrukturen in Pfarrkirchen des südöstlichen England im 15. und 16. Jahrhundert oder dem Suburbanen in Werken Camille Pissarros u. v. m.
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Die Autorinnen (Kulturanthropologinnen) erläutern die Produktivität des Zusammenspiels unterschiedlicher Wissenshorizonte und Kompetenzen in der Wissensproduktion im Rahmen von 'Studios'. Das wichtigste Prinzip ist der Austausch über die Erkenntnisse und Vorgehensweisen; im Diskurs werden Ideen formuliert, weiterentwickelt und überprüft. Die Autor*innen führen einige konkrete, erfolgreiche Projekte des Instituts auf, in denen Studierende, Nachwuchswissenschaftler*innen und Hochschullehrer*innen gemeinsam Themen erarbeitet haben. Es wird deutlich, dass sich aus dem Gesprächsbedarf und den sich daraus entwickelnden Auseinandersetzungen eine Dynamik entwickelt. Sie zeigen, dass über die Multiperspektivität die Komplexität der Forschungsgegenstände Berücksichtigung findet.