Das Unverständnis der Kulturen: der Fall Persien
In: Brauchen die Europäer eine Identität?: politische und kulturelle Aspekte, S. 229-248
Der Autor stellt auf der historischen Ebene fest, dass die Perser seit der Gründung des Perserreiches mit der kulturellen und politischen Identität der Griechen konfrontiert waren. Diese erste Konfrontation mit Europa kann als eines der entscheidenden Elemente der persischen kulturellen und politischen Identität angesehen werden, wie dies auch für die Griechen in der Antike der Fall war. Während allerdings die Griechen ihre kulturelle und politische Identität im Verhältnis zu derjenigen der Perser, genauer gesagt im Gegensatz zu jener definiert haben, gibt es keine persische Reflexion über die kulturelle und politische Identität der Griechen. Dieses Fehlen einer Reflexion über den "Anderen", oder besser ihre Unmöglichkeit für die Perser und allgemeiner für die islamische Welt insgesamt, und umgekehrt ihre Möglichkeit bei den Griechen und allgemeiner bei den Europäern, verdient eine nähere Betrachtung, da hier nach Meinung des Autors einer der Unterschiede zwischen Europa und der islamischen Welt zu liegen scheint. Er thematisiert die Tatsache, dass nach der Ausbreitung des Islams und im Anschluss an das Übergehen der griechischen Philosophie eine Selbst-Bewusstwerdung in der islamischen Welt festzustellen ist, die zu einer Reflexion über das führte, was als die kulturelle Identität der Griechen bezeichnet werden kann. Die Essenz dessen, was mangels eines besseren Ausdrucks die "Renaissance des Islams" oder der "Humanismus des Islams" genannt wurde, ist genau dieses doppelte Sich-Bewusstwerden, seiner selbst und des anderen. (ICI2)