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Figurationen von Solidarität: Algerien, das Kino und die Rhythmen des anti-kolonialen Internationalismus
Spätestens ab 1962, dem Jahr seiner offiziellen Unabhängigkeit, positioniert sich Algerien eindrücklich in einer Matrix anti-kolonialer Solidaritätspolitik. Das Kino, das schon während der Revolution (1957–1962) vom Herrschaftsinstrument zur widerständigen Waffe im Dienste der Dekolonisierung angeeignet und transformiert wurde, bleibt innerhalb dieser Netzwerke eine mobile Taktik, die den bewaffneten Kampf vertritt und mit einer radikal neuen Ästhetik begleitet. Diese Bewegungen des sogenannten »Dritten Kinos« zeichnen Figurationen der Grenzüberschreitung, von Algerien ausgehend zu anderen Nationen [u.a. Angola, Guinea-Bissau, Mozambique, Südafrika, Simbabwe], der radikalen »Dritten Welt« jenseits bloßer Rhetorik und My-stifizierung auf. In der vielschichtigen Gegenwart der Filmbilder hält sich die Notwendigkeit der darin gemachten Forderungen wach.
Konversionen: Erzählungen der Umkehr und des Wandels
In: Mosse-Lectures an der Humboldt-Universität zu Berlin
Ferngespräche: über Eisenstein, Marx, das Kapital, die Liebe und die Macht der zärtlichen Kraft
Angesichts der digitalen Revolution mit Internet-Fernsehen und Smartphone scheint es Äonen her, als Gasthäuser mit der Aufschrift "Fremdenzimmer" und die öffentlichen Telefonzellen mit "Fernsprecher" beschildert waren. Die Telefonie, die unter Ausschluss der anderen Sinne Mund und Ohr zweier Gesprächspartner eng aneinander rückt, ermöglicht eine ganz andere Konzentration als das Gespräch tête à tête oder per Skype. Die Form des "Ferninterviews" haben Kluge und Stollmann gewählt, um Tiefensonden in die Geschichten und Filme von Kluge zu senken, die über Fragen, Kommentare, Rück- oder Querverweise etc. die allen literarischen Texten eigene Hermetik aufbrechen und auf eine Weise plastisch werden lassen, wie diese selbst es so nicht können. Das Buch geht Fragen nach wie etwa "Kann man Das Kapital verfilmen", "Was ist eine Metapher?" oder fragt nach jenen Elementen der Katastrophen von Titanic und Costa Concordia, die "getrennt marschierend, zum gleichen Desaster führen". Den Mittelpunkt bildet "Ein Fall von Internet-Telefonie über den Himalaya hinweg", nämlich ein Skype-Gespräch zwischen Alexander Kluge und dem Soziologen Wang Hui, der Literatin Wang Ge und dem Publikum in Peking. Es gibt mehrere rote Fäden, die alle 12 Gespräche durchziehen stets ist die Frage virulent, wie ein gesellschaftliches Ereignis erzählbar gemacht werden kann, wenn es als fertiges die Elemente nicht preisgibt, die dazu geführt haben daraus leitet Kluge die Heterotypie und Polyphonie als zentrale Kategorien seiner Erzählformen ab. Die Senkbleie, hineingehalten und pendelnd in Kluges Geschichten, an denen sich seine speziellen Erzähltechniken kristallisieren, sind Begriffe wie Montage und Metapher, das Allgemeine / Einzelne / Besondere, Information und Narration, das Poetische und: die zärtliche Kraft.