Säulen der Ordnung: Werte, Normen und Institutionen
In: Die europäische Seele: Leben und Glauben in Europa, S. 65-93
Ingleharts These des Wertewandels geht von einer allmählichen intergenerationellen Verschiebung von materialistischen zu postmaterialistischen Werten aus und für das Jahr 2000 wird ein deutlicher Anstieg von Postmaterialisten in den meisten europäischen Ländern prognostiziert. Inwieweit diese These zutrifft, wird im vorliegenden Beitrag anhand der Ergebnisse der Europäischen Wertestudie von 1990 und 1999 näher untersucht, wobei Materialismus den Wunsch nach Sicherheit und Stabilität und Postmaterialismus den Wunsch nach Partizipation, Freiheit und Selbstverwirklichung bezeichnen. Im Vergleichszeitraum 1990 und 1999 nahmen die Postmaterialisten gesamteuropäisch im Zeitverlauf ab. Im Gegenzug dazu stieg der Anteil der Materialisten und der gemäßigten Materialisten leicht an, während die Gruppe der gemäßigten Postmaterialisten unverändert blieb. Um die Frage zu klären, in welchem Zusammenhang die Materialismus-Postmaterialismus-Tendenzen mit konkreten gesellschaftlichen Zielen stehen, untersucht die Autorin ferner die Beziehungen zwischen Werten, Normen und Institutionen. Hierbei wird deutlich, dass ein Misstrauen gegenüber der institutionalisierten Ordnung dort festgestellt werden kann, wo der Wertewandel mit den Bedingungen des hoch entwickelten Sozialstaats zusammenfällt. (ICI)