Klappentext: Das zentrale Erkenntnisinteresse dieser Studie bezieht sich auf die Frage, wie Nachhaltigkeit in Form einer Bildung für nachhaltige Entwicklung Einzug in das Bildungssystem findet und im Schulalltag von Lehrkräften wahrgenommen, thematisiert und praktiziert wird. Für die Beantwortung der Frage wurde eine qualitativ-rekonstruktive Untersuchung mithilfe der dokumentarischen Methode durchgeführt. Bildung für nachhaltige Entwicklung aus soziologischer Perspektive zu betrachten, ermöglicht eine kritische Auseinandersetzung mit der politischen Forderung, durch vermehrte Bildung zu einer nachhaltigeren Entwicklung beizutragen. Die Autorin Johanna Weselek hat in Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg promoviert. Ihr Forschungsschwerpunkt ist kritische Bildung für nachhaltige Entwicklung, in Verbindung mit bildungssoziologischen und umweltsoziologischen Perspektiven.
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Bildung wird im Zuge des aktuellen gesellschaftlichen Diskurses über die Notwendigkeit einer nachhaltigeren Entwicklung als Bedingung für die politisch gewünschte sozial-ökologische gesellschaftliche Transformation angesehen. Die Bildungskonzepte Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen stehen dafür im Fokus. Anhand einer empirischen, explorativen Studie liefert der folgende Beitrag einen Einblick, wie sich Jugendliche mit geringen thematischen Vorkenntnissen an einem außerschulischen (politischen) Bildungsort mit verschiedenen Themenbereichen des Globalen Lernens auseinandersetzen. Die zentrale Frage der Studie ist, wie bestehende soziale Deutungsmuster und gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen für die Jugendlichen bei der Behandlung der Themen relevant werden. Die qualitativ-rekonstruktive Vorgehensweise basiert auf der Dokumentarischen Methode. Die Analysen zeigen eine marktorientierte gesellschaftliche Ordnungsvorstellung der Jugendlichen, die sich in Form von Diskrepanzen zwischen moralischen Ansprüchen und Handlungsmöglichkeiten sowie einer Dominanz der kapitalistischen Wirtschaftslogik äußert. Dabei nehmen Schülerinnen und Schüler Marktgesetze als vermeintlich unveränderliche Struktur wahr. Abschließend diskutiert der Beitrag den Mehrwert von soziologischem bzw. sozialwissenschaftlichem Wissen über soziale Deutungsmuster für die genannten Bildungskonzepte. ; In the current debate on sustainable development, education is seen as a necessary condition for the politically desired social-ecological transformation. The educational concepts of Education for Sustainable Development and Global Learning are at the centre of this debate. Based on an empirical, explorative study, the following article provides an insight into how young people with little prior knowledge of the subject deal with various areas of global learning in an extracurricular (political) educational setting. How do existing social patterns of interpretation and ideas of social order become relevant for young people when dealing with these topics? The qualitative-reconstructive approach in this paper is based on the documentary method. The analyses show a market-oriented conception of social order on the part of young people, which finds expression in discrepancies between moral claims and possibilities for action as well as in a dominance of capitalist economic logic thinking that posits market laws as a supposedly unchangeable structure. Finally, this paper discusses the added value of sociological or social science knowledge about social interpretation patterns for the educational concepts mentioned above.
Bildung für nachhaltige Entwicklung und insbesondere Globales Lernen als politische Bildung bieten vielfältige thematische Möglichkeiten, um politische Lern- und Bildungsprozesse gestalten und anregen zu können. In der schulischen Praxis bleibt das Potenzial teilweise ungenutzt, da bei Lehrpersonen eine große Unsicherheit herrscht, ab wann die Auseinandersetzung mit Themen des Globalen Lernens "politisch" wird und damit vermeintlich als nicht "neutral", sondern unter Umständen als überwältigend gelten kann. Die Forderung nach Neutralität, die an Lehrpersonen herangetragen, aber auch von (angehenden) Lehrpersonen selbst als Teil ihrer pädagogischen Professionalität übernommen wird, führt dazu, dass der Fokus in der Vorbereitung auf die Bildungspraxis auf "nicht kontroverse" ökologische Gegebenheiten gelegt wird. Der Anspruch eine professionelle, d. h. "neutrale" Lehrkraft zu sein, scheint mit der Thematisierung politisch gewachsener Strukturen und globaler Ungerechtigkeiten in Konflikt zu stehen, die für Globales Lernen zentral sind. Dabei spielt es eine Rolle, dass die Frage nach der Normativität der Konzepte wenig reflektiert wird. Der Beitrag geht mithilfe eines empirischen Forschungssettings der Frage nach, wie sich das professionelle Selbstbild (angehender) Lehrkräfte im Kontext der Debatte um das Politische und die Normativität im Globalen Lernen und deren Bearbeitung in Bezug auf das vermeintliche Neutralitätsgebot gestaltet und welche Herausforderungen dabei für das Feld entstehen. (DIPF/Orig.) ; Education for Sustainable Development and in particular Global Learning as political education fundamentally offer a wide range of thematic possibilities for shaping and stimulating political learning and education processes. In school practice, this potential often remains untapped as there is a great deal of uncertainty among teachers as to when the discussion of these topics will become "political" and thus, supposedly, not "neutral" but, under certain circumstances, overwhelming. The demand for neutrality, which is addressed to teachers, but which is also adopted by (prospective) teachers themselves as part of their pedagogical professionalism, leads to a focus in educational practice or in the preparation for this, on "non-controversial" ecological conditions. Addressing politically evolved structures and global injustices, which are central to Global Learning, seems to be in conflict with the claim to be a professional, i.e. "neutral" teacher. Thereby it plays a role that the question of the normativity of the concepts is little reflected. With the help of an empirical research setting, this article explores the question of how the professional self-image of (prospective) teachers is shaped in the context of the debate about the political element and normativity in Global Learning and their treatment in relation to the supposed requirement of neutrality, and which challenges this poses for the area. (DIPF/Orig.)
In: Zeitschrift für Didaktik der Gesellschaftswissenschaften: zdg : Geographie, Geschichte, Politik, Wirtschaft = Journal for didactics of social sciences, Band 11, Heft 2, S. 72-90