Sex und Gender in der Krise?!: zur Rolle des Geschlechts bei der sozialen Konstruktion von Krisenbewältigung
In: Akademische Abhandlungen zur Psychologie
"Sind Frauen tatsächlich das "schwache" Geschlecht? Denken nur Männer so oder sind es auch Frauen, die sich und ihre Geschlechtsgenossinnen so einschätzen? Und wie wirken sich diese Konstruktionen auf Bewältigungsprozesse, z. B. im Rahmen von Psychotherapie aus? Diesen zentralen Fragen geht die Autorin in ihrem soeben erschienenen, umfangreichen Band auf der Grundlage einer umfassenden Analyse epidemiologischer Daten, biologischer und konstruktivistischer Konzeptionen nach.Die empirische Umsetzung dieser theoretischen Vorüberlegungen zeichnet sich durch eine sehr aufwändige, originelle und gelungene Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden ein. Die Autorin stellt Daten aus 222 (!) offenen Fortsetzungsgeschichten zum Thema "Bewältigung", 39 Interviews mit verhaltenstherapeutisch orientierten PsychotherapeutInnen und 32 Interviews mit psychisch Belasteten" bzw. "Gesunden" gegenüber. Die Fülle an Ergebnissen, die damit zur Verfügung steht, weist auf die Bedeutung des Faktors "Geschlecht" bei Konstruktion der Krisenbewältigung hin und lassen hilfreiche Schlussfolgerungen (z. B. in Form von Check-listen) für die therapeutische Arbeit zu. Fazit: Ein mit viel Engagement geschriebener Band aus einer konsequent konstrukti-vistischen Position heraus, der die Bedeutung des Themas "gender" im therapeutischen Veränderungsprozess kritisch reflektiert. Die Autorin liefert damit sowohl einen fundierten, akribisch recherchierten theoretischen als auch durchaus provozierenden praktischen Beitrag für den Bereich der psychosozialen Versorgung und kann allen denjenigen nur empfohlen werden, die an einer grundlegenden Reflexion und damit Qualitätssicherung ihrer Arbeit auf hohem Niveau bemüht sind. Darüber hinaus sind in dem Buch auch wertvolle Anstöße für eine konstruktivistische Einbettung der "gender"-Diskussion und methodische Anregungen für eine praxisnahe Umsetzung erkenntnistheoretischer Überlegungen im psychosozialen Kontext zu entnehmen. Verfasser: Dr. Johannes Schaller, Technische Universität Chemnitz"