Fragen der Kategorienbildung bei der statistischen Analyse des Zeitungsmarktes: Bulgarien
In: Europäische Pressemärkte: Annäherungen an eine länderübergreifende Zeitungsstatistik, S. 181-193
Gleichzeitig mit der radikalen Transformation des politischen wie des wirtschaftlichen Lebens hat auch im Mediensystem ein demokratischer und Liberalisierungsprozess in Bulgarien begonnen. Nach einem Boom von neuen Zeitungstiteln zwischen 1992 und 1995 hat sich der Pressemarkt mittlerweile konsolidiert und große Veränderungen sind kaum noch zu erwarten. Das Segment der Tageszeitungen hat einen erheblichen Anteil an der Gesamtauflage aller bulgarischen Periodika und erreicht damit eine hohe Reichweite in der Bevölkerung. Nach der amtlichen Pressestatistik erschienen im Jahr 2000 24 zentrale und 34 regionale Tageszeitungen. Der Auflagenanteil an der gesamten Zeitungsauflage beträgt bei den zentralen Zeitungen 66%. Alle in die bulgarische Pressestatistik aufgenommen Zeitungen verfügen jeweils über eine eigene Kernredaktion. Zeitungen ohne Kernredaktion, die ihren Zeitungsmantel von anderen Zeitungen übernehmen, gibt es nicht. Das führende Zeitungsunternehmen Bulgariens ist die WAZ-Gruppe, zu der die beiden auflagenstärksten zentralen Tageszeitungen gehören. Sie erscheinen in zwei Verlagen mit jeweils getrennten Redaktionen und bringen bis zu 19 regionale Ausgaben heraus. Zum einen hat die WAZ-Gruppe die bulgarische Medienlandschaft mit effizienten Geschäftsmodellen und neuer Technologie bereichert, zum anderen zeichnet sie für die gewichtige Medienkonzentration verantwortlich. Die bulgarische Pressestatistik ist aufs engste mit den Anfängen der Zeitungswissenschaft und der akademischen Journalistenausbildung in Europa verbunden. Seit 1962 gibt die Nationalbibliothek jährlich eine Publikation mit Daten zu einzelnen Pressekategorien heraus, die die Empfehlungen der UNESCO erfüllt. Die Statistik liefert noch nicht genügend Daten, um den Zeitungsmarkt in allen Einzelheiten zu beschreiben und es fehlt die Tradition eines offenen Informationsmarktes. Professionelle Selbstregulierung kann sich schließlich kaum entwickeln, wenn auflagenstarke Zeitungen in Alleinanbieterpositionen dominieren. (RG)