A review of ambassador Lars Bergquist´s full scale biography of Emmanuel Swedenborg, being the first in its kind ; For further information see Thure Stenström, Bibliografi 1940-2001 (Svenska Litteratursällskapet, skriftserie nr 44), Uppsala 2002 /ISSN 0348-0283 and ISBN 91 - 87666-30-8/ p.78
Ludwig Rosenberg (1903 bis 1977) amtierte in den Jahren 1962 bis 1969 als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Er zählt zu den ungewöhnlichsten Gewerkschaftsführern in Deutschland. Vieles sprach gegen eine Karriere in der Arbeiterbewegung: bürgerliche Herkunft, liberale Organisationsvergangenheit, Angestelltenberuf, Exilantenschicksal, wohl auch sein jüdisches Elternhaus und der fehlende proletarische Stallgeruch. Die Biografie fokussiert auf die deutsch-jüdische Sozialisation Rosenbergs in den letzten Jahren des Kaiserreichs, auf seine politische Sozialisation in den Krisenjahren zwischen Weltkrieg und dem Krisenjahr 1923. Sie umfasst im Wesentlichen Rosenbergs Wirkungsjahre bis zur Rückkehr aus dem Londoner Exil, umgreift auch die ersten Jahre im zerstörten Nachkriegsdeutschland, seine Rolle bei der Wiedererrichtung demokratischer Gewerkschaften und seinen raschen und zielstrebigen Aufstieg in den Bundesvorstand des DGB.
Die sozialpädagogischen Diskussionen im Kaiserreich und der Weimarer Republik wurden disziplinübergreifend geführt, waren nicht auf den akademischen diskursiven Zusammenhang beschränkt und wurden im Kontext der Lösung der sozialen Frage gesehen. Dies wurde bisher in der sozialpädagogischen Geschichtsschreibung weitgehend ausgeblendet. Mit den hier vorliegenden Darstellungen zur Biografie und den sozialpädagogischen Anteilen im Schrifttum von Otto Rühle (1874-1943) soll deshalb die enge Verbindung von zeitgenössischer Sozialpädagogik, Sozialpolitik und sozialer Frage aufgezeigt werden. Die vorliegenden Erarbeitungen beziehen sich thematisch auf seine materialistisch-pragmatische Erziehungskonzeption, die er sie im Kaiserreich entworfen hat sowie deren Verbindung mit der Individualpsychologie von Alfred Adler in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Rezension zu Frank Foerster: Christian Carl Josias Bunsen. Diplomat, Mäzen und Vordenker in Wissenschaft, Kirche und Politik. Waldeckische Forschungen. Wissenschaftliche Reihe des Waldeckischen Geschichtsvereins, Bd. 10. Bad Arolsen, 2001
Andreas Feuchte: Hermann Franck (1802-1855). Persönlichkeit zwischen Philosophie, Politik und Kunst im Vormärz.(Forschungen zum Junghegelianismus. Quellenkunde, Umkreisforschung, Theorie, Wirkungsgeschichte. Herausgegeben von Konrad Feilchenfeldt und Lars Lambrecht). Frankfurt am Main, Berlin, Bern: Peter Lang, 1998.
Die Bewegungsforschung ist durch die strikte Trennung von Biografie und Politik an ihre Grenzen gestoßen. Eine produktive Verbindung von Biografie und Politik, Privat und Öffentlichkeit lässt sich durch die biografische Perspektive in die Bewegungsforschung einbringen. Individueller und kollektiver Wandel sind immer in Bezug zueinander zu sehen. Nur so können Bedingungen politischen Handelns adäquat dargestellt werden. Die wissenschaftliche Vielfältigkeit und Notwendigkeit dieses Forschungsansatzes wird in diesem Band anhand von Fallstudien zu Transformationsprozessen in Deutschland, Polen, Russland, China und den USA dargestellt. Die Fallstudien umfassen Friedens-, Frauen-, Bürgerrechts-, Exil-, Gewerkschafts- und rechtsextreme Bewegungen. Thematisiert werden das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit im Kontext politischer Aktivität, Zusammenhänge von sozialem und familialem Wandel, politische Generationenverhältnisse sowie Motivationsprozesse für die Teilnahme an sozialen Bewegungen. Der Band will damit zu einem Paradigmenwechsel in der Bewegungsforschung beitragen. Ingrid MIETHE und Silke ROTH gelingt dies durch die gut ausgewählte Kombination theoretischer und empirischer Beiträge in diesem Band, mit denen die Grenzen bisheriger Bewegungsforschung überschritten werden. URN: urn:nbn:de:0114-fqs0204488 ; Because of the strict separation between biography and politics, the research of social movements has reached its limits. The biographical perspective can introduce a productive combination of biography and politics, private and public space into the research of social movements. Individual and collective change always have to be seen in correlation with each other. The volume describes scientific flexibility and the need for this scientific approach, presenting case studies of transformation processes in Germany, Poland, Russia, China and the USA. The case studies include a variety of pressure groups such as the peace movement, women's rights, exiles, trade unions and right-wing extremists. The issues ...
Was ist von einer Künstlerbiografie über Heinrich George zu erwarten, deren letzte Umschlagseite die lobende Stellungnahme des jüngeren Sohnes Götz ziert? Was ist weiters davon zu halten, wenn der Autor der vorliegenden Biografie dem älteren Sohn ein "besonderes Dankeschön" für die Kooperationsbereitschaft schuldet? Man erwartet nichts weniger als eine unkritische, lobhudelnde Studie. Kurt Frickes vorliegende George-Biografie ist die überarbeitete Version seiner ausführlich recherchierten, zahlreiche Quellen erschließenden Dissertation. Die Arbeit ist weder lobhudelnd, noch anbiedernd - aber sie ist, wie wäre es anders möglich, auf sehr diffizile Weise tendenziös. Es gehört wohl zum Schwierigsten jeder wissenschaftlichen Beschäftigung, eine Biografie zu verfassen. Wie kann es gelingen, das Leben eines Menschen zu beschreiben, ohne "Geschichtsfälschung" zu betreiben? Worauf kann man sich für eine Lebensschilderung stützen, welche Quellen mit welcher Aussagekraft zieht man heran? Wie bekommt man eine Biografie in den Griff, wissend, dass man die Geschichte eines Lebens neu erzeugt, indem man sie schreibt? Kurt Fricke hat versucht, Heinrich Georges Lebensgeschichte als "politische Biographie" zu gestalten. Streng chronologisch wird das Leben des 1946 im sowjetischen Speziallager Nr. 7, dem ehemaligen KZ Oranienburg, verstorbenen 52-jährigen Schauspielers Heinrich George erzählt: beginnend mit einer kurzen Schilderung der "normal" [!] (S. 13) verlaufenen Kindheit, über die Erlebnisse während des Ersten Weltkrieges (der junge Schauspieler meldet sich 1914 als Freiwilliger), die als "Neuanfang" titulierte Etablierung als Schauspieler während der Zwanzigerjahre in Berlin, bis hin zu Georges Schauspiel- und Intendantentätigkeit während der Nazi-Zeit. Sehr positiv zu bewerten ist Frickes Anliegen, die politischen Umstände, die Georges Laufbahn geprägt haben, in der vorliegenden Biografie ausführlich darzustellen. Georges künstlerische Tätigkeiten sind nur in engster Verbindung mit der politischen Situation Deutschlands zu verstehen. Während der Zwanzigerjahre tritt er auf den Berliner Bühnen Reinhardts und Piscators auf, für kurze Zeit engagiert er sich als einer der Initiatoren des 1923 aus Protest gegen die führenden Theatermacher Berlins gegründeten Schauspielertheaters und ab 1933 zählt er zu den wesentlichsten und populärsten Künstlern des Nationalsozialismus. Sowohl Georges Theater- als auch Filmtätigkeit, seine zahlreichen Gastspielreisen und vor allen Dingen Heinrich Georges Zeit als Intendant des Berliner Schiller-Theaters von 1938 bis 1945 werden ausführlichst und mit genügend historischen Hintergrundinformationen dargestellt. Auf diese Art und Weise erhält man eine komprimierte Einführung in die Wechselwirkungen von Politik und Kunst. Fricke ist es durch sorgfältige Recherchen gelungen, den älteren Arbeiten zu und über Heinrich George nicht nur Neues hinzuzufügen, sondern diese auch mehrfach zu korrigieren. Dafür hat er, abgesehen von einschlägiger Sekundärliteratur sowie Auto- und Biografien, zahllose Akten, Rezensionen, Korrespondenzen durchforstet und nicht zuletzt auch Zeitzeugengespräche in seine Untersuchung einbezogen. Der vorbildliche Anmerkungsteil mit der Unzahl an Hinweisen auf zahlreiche verstreute Dokumente wiederum kann als wahre Fundgrube für vielfältige Forschungen dienen, so zum Beispiel, wenn Fricke Heinrich Georges Lebensweg stets in Beziehung zu Biografien anderer Künstlerinnen und Künstler setzt und diese mit weiterführenden Hinweisen versieht. Fleiß und Mühe des Zusammentragens sind deutlich sichtbar. Wer nicht eingearbeitet ist, kann nicht wirklich beurteilen, ob es (was kaum zu vermuten ist) Unterlassungen der Recherche gab. Allerdings leidet die Benutzerfreundlichkeit der Biografie unter der ausführlichen Verbalisierung aller Theater- und Filmrollen, wo doch ein Rollenverzeichnis im Anhang Frickes Recherchen zu einem fundierten und gut zugänglichen Nachschlagewerk gemacht hätte. Dankenswerterweise verfügt die Studie über ein Personenregister. Nicht weniger lobenswert erscheint mir Frickes Bekenntnis zur Lücke. Statt sich, wie leider nur allzu oft anderweitig üblich, in wilde Spekulationen zu verlieren, benennt er nicht beantwortbare Fragen: so zum Beispiel die Ungewissheit, ob Heinrich George als "Beisitzer der Filmoberprüfstelle Berlin" tatsächlich tätig gewesen ist (S. 98). Leider verfügt die Studie aber auch über einige nicht unwesentliche Schwächen. Dazu zählt am auffallendsten die nur allzu oft in geradezu peinliches Pathos abgleitende Sprache Frickes. Als hätten sich Heinrich Georges im Übermaß vorhandenen sprachlichen Entgleisungen und Anbiederungen auf fatale Weise auch des Wissenschaftlers Fricke hin und wieder bemächtigt. So leitet Fricke seine Untersuchung mit Reflexionen zur Problematik "einer Biographie über einen so vielschichtigen und gegensätzlichen Charakter wie Heinrich George" (S. 11) ein, um, im Wissen, "kein annähernd vollständiges Bild seiner Persönlichkeit geben" (S. 12) zu können, dennoch zu behaupten: "Es werden aber zumindest Schwächen und Stärken Georges sichtbar, sein Verhältnis zum NS-Staat deutlicher und letztlich klar, daß George, trotz mancher Selbsttäuschung über die Zeit, in der er lebte, das blieb, was er auch in anderen suchte: ein Mensch." (S. 12) Es menschelte also häufig in Georges Leben und nicht weniger in Frickes Studie. Aber wieso sollte es Aufgabe und Ziel einer wissenschaftlichen Beschäftigung sein, nach "Entschuldigungen" für Taten des Porträtierten zu suchen? Frickes Argumentationen ufern daher häufig aus, übrig bleiben reinste Zynismen: "Bis heute wird der tragische Tod Hans Ottos dazu benutzt, seinem Kollegen Heinrich George moralisches Fehlverhalten anzulasten, weil er nicht freudig ins Messer der Gestapo lief, um zu retten, was nicht mehr zu retten war: Hans Ottos Leben." (S. 64) Sprachliches Pathos und obsolete Wendungen wie "die junge Liebe zeitigt Früchte" (S. 37), "hier vollendet sich sein Schicksal" (S. 261) oder "Für George ist dieser Tag der letzte auf Erden, mittags richtet er sich noch einmal auf und ruft den Namen Götz." (S. 278) [Eine Fußnote erläutert:" So ruft er gleichnishaft seine beiden Söhne und zugleich sein alter ego, den historischen Reichsritter." (S. 337)] können eben nicht nur isoliert betrachtet oder als Geschmacksdifferenzen abgetan werden. Vor allem dann nicht, wenn Fricke für die politischen Unruhen während der Weimarer Republik nur das Bild der "sich am politischen Himmel" verdüsternden Wolken (S. 39) findet, das Jahr 1933 in einer Kapitelüberschrift mit "Schicksalsjahr" (S. 5 bzw. 52) tituliert, die Zusammenarbeit von Künstlern mit führenden Nationalsozialisten als "Pakt mit dem Teufel" (S. 54) bezeichnet oder über den nationalsozialistischen Propagandafilm Jud Süß (uraufgeführt 1940) allen Ernstes schreibt: "George spielt, wie seine Kollegen auch, nur widerwillig in dem Auftragswerk von Goebbels, aber die Schauspieler sind zu gut, um den Film zu sabotieren." (S. 237) Derartiges weist nicht nur auf sprachliche Unsensibilität und Ungeschicklichkeit hin, sondern entlarvt darüber hinaus auch mangelnde ideologiekritische Kompetenz. Die Beurteilung der vorliegenden Arbeit gestaltet sich somit schwierig: Anerkennung für die Menge an angehäuftem Material, aber größte Bedenken gegen die sprachliche und auch methodische Präsentation. Die Sprache verrät die Tendenz, auch wenn der Autor meint, durch wissenschaftliche Objektivität zu glänzen, und macht die methodischen Schwächen doppelt sichtbar: zuallererst in der Bewertung der vorliegenden Materialien. Fricke arbeitet nur äußerst bedingt quellenkritisch. So werden Rezensionen wie "Kunstbetrachtungen" unreflektiert als Dokumentationen der Theater- und Filmpremieren interpretiert und ausgewertet. Wiederholt werden die von Heinrich Georges Ehefrau Berta Drews behaupteten Fakten - fast mit Genuss - widerlegt, ohne dass Fricke jedoch bemerkt, dass Berta Drews' Darstellung nicht im Mindesten wissenschaftlichen Kriterien genügen kann oder will. Die Aufzeichnungen der Witwe Georges aus dem Jahr 1959 können weder als Textsorte, noch in ihrem Anliegen mit theater- oder filmwissenschaftlichen Abhandlungen verglichen werden. Auch Frickes Vorwurf, seine Wissenschaftskollegen hätten einseitiges Quellenstudium betrieben (vgl. S. 11), entlarvt vor allen Dingen eines: eine fatale und irrtümliche Objektivitätsgläubigkeit in geisteswissenschaftlichen Bereichen, die ihr Heil in Aktenzahlen zu finden meint. Der anfängliche Hinweis Frickes, wonach die Darstellungen der Zeitzeugen "subjektiv" (S. 10) zu bewerten sind, gilt ja um nichts weniger auch für wissenschaftliche Arbeiten. Fricke reiht in seiner Studie unterschiedlichste Textsorten (Korrespondenzen, Verordnungen, Interviews, Autobiografien etc.) endlos aneinander, vorgeblich wohl, um seinem Objektivitätsanspruch zu genügen, und bezieht selbstverständlich mit jedem selbst verfassten oder zitierten Satz, allein durch die getroffene Auswahl, bereits Stellung. Besonders auffallend ist dies, wenn man die im Haupttext präsentierten Quellen mit den im Anmerkungsteil "versteckten" vergleicht. Während im laufenden Text das Bild des hilfreichen Heinrich George zum wiederholten Male vorgeführt wird, entdeckt man in den Fußnoten - wohl um dem Objektivitätsdiktum zu genügen - durchaus kritischere Stellungnahmen zur Person Heinrich Georges. Doch gerade die permanente bewusste Konfrontation diametraler Einschätzungen und Aussagen im Haupttext hätte den Diskurs um einen während der Nazi-Zeit derart exponierten Künstler sichtbar und nachvollziehbar gemacht. Fricke hat sich für ermüdend ausführliche Aufzählungen und Aneinanderreihungen entschieden, statt exemplarisch und damit analytisch vorzugehen. So präsentiert er beispielsweise zahllose Dankesschreiben von Kolleginnen und Kollegen sowie Freundinnen und Freunden Georges, reiht einen Brief an den anderen, bis man sich fragt: Wo bleibt die Verhältnismäßigkeit? Soll durch die Auflistung der Anzahl des Geleisteten das Versäumte getilgt oder entschuldigt werden? Wie sind diese Schriften zu bewerten? Warum half George dem einen, während der dem anderen seine Hilfe versagte oder versagen musste? Frickes Kommentar dazu: "Aber George verwendet sich auch für Personen, die nicht in Deutschland verfolgt werden. Wichtig ist ihm nicht die Rassenzugehörigkeit oder die politische Überzeugung, sondern der einzelne Mensch." (S. 74) Alles läuft in Frickes Biografie darauf hinaus, Heinrich George als "unpolitischen", ja geradezu naiven Menschen auszuweisen, der sich "fern von politischen Absichten, aus rein menschlichen Gründen für seine Freunde und Bekannten" eingesetzt habe. "Daß er sich auch in Fällen politischer oder rassegesetzlicher Verfolgung - trotz eigener Gefährdung, die man nicht unterschätzen darf - nicht zurückhält, spricht unbestritten für ihn." (S. 75) Allerdings fehlen die Argumente der nationalsozialistischen Machthaber, mit denen Georges Interventionen zu bestimmen Zeiten des NS-Regimes erfüllt bzw. abgelehnt wurden. Nur im Vergleich damit wären Georges tatsächlicher Einfluss, seine Hilfsbereitschaft, seine Gefährdung und sein Einsatz für Verfolgte auswertbar. Durch die mangelnde analytische Betrachtung und durch die sprachlichen Fehlleistungen wird weiters sichtbar, dass Fricke offenbar für sich selbst keine ausgewiesene, reflektierte Haltung zur NS-Zeit gefunden hat. Wer sich jedoch mit einem derart sensiblen Thema befasst, so meine ich, muss sich der Thematik stellen, muss zu einer Sprache kommen. Mit Begriffen wie "Schicksalsjahr" oder "Pakt mit dem Teufel" dürfte am Ende des 20. Jahrhunderts in einer wissenschaftlichen Abhandlung wohl nicht mehr ernsthaft hantiert werden. Die sprachliche Nichtreflexion bewirkt darüber hinaus auch eine geradezu bagatellisierende Haltung Frickes gegenüber Georges schriftlichen Äußerungen für den NS-Staat. Während Fricke die (nachträglichen) Selbststilisierungen anderer Künstler sehr wohl erkennt und benennt, sucht man vergleichbare kritische Äußerungen über Heinrich Georges Selbstinszenierungen vergeblich. Heinrich Georges offizielle Stellungnahmen während der NS-Zeit sind, daran ist einfach nicht zu rütteln, belastendes Material. Selbstverständlich ist ein Künstler, der während der NS-Zeit zu den bestbezahlten und meistbeschäftigten Schauspielern des Regimes gezählt, der in mehreren Propagandafilmen (Hitlerjunge Quex, Jud Süß, Wien 1910, Die Degenhardts, Kolberg, Das Leben geht weiter) mitgewirkt hat, der bis Kriegsende Intendant eines der wesentlichen Berliner Theater gewesen ist und der wiederholt und an exponierter Stelle seine Verbundenheit mit dem nationalsozialistischen Terrorregime verschriftlicht hat, nicht einfach nur als vielschichtiger und gegensätzlicher Charakter abzutun, und seine ideologischen Texte können nicht nur als bloße Produkte von "Erpressung" (S. 261) oder in ihrem Duktus als dem "Geist der Zeit" (S. 261) entsprechend interpretiert werden. Das ist denn wohl zu schlicht gedacht. An einer Stelle des Buches zeigt sich, was aus dieser schwierigen Arbeit hätte werden können. Als Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast vor ausgesuchtem Publikum die "Notwendigkeit des Totalen Krieges" propagiert, waren auch Heinrich George und dessen Ehefrau, die Schauspielerin Berta Drews, anwesend. "Die Wochenschau bringt Bilder von der Veranstaltung, u.a. die Beifall klatschenden Heinrich George und Berta Drews. (Erst neuere Analysen des historischen Bildmaterials konnten belegen, daß das Händeklatschen von George und seiner Frau gefälscht ist, es wurde nachträglich eingearbeitet.)" (S. 170f.) Entgegen der sonstigen Akribie Frickes fehlt hier der Verweis auf die verwendete Literatur, wodurch die gesamte Beweisführung an Glaubwürdigkeit einbüßt. Gerade das Aufzeigen derartiger Vorgangsweisen und Manipulationen durch die NS-Medien hätten das von George überlieferte Bild tatsächlich verändern können, hätten eine differenziertere Sicht auf den 1937 von Hitler mit dem Titel "Staatsschauspieler" ausgezeichneten Künstler ermöglicht. Selten trägt schon der Titel eines Buches Stärken und Schwächen derart offensichtlich zur Schau: "Spiel am Abgrund" verweist auf die sich in unhaltbare Pathetik verlierende Sprache, während der Untertitel "Eine politische Biographie" andeutet, wozu man das beeindruckende Material hätte nützen können.
Der Band versammelt 16 Aufsätze, die aus den Referaten zur Jahrestagung 2000 des AMPF, die unter dem Thema 'Vom Umgang des Faches Musikpädagogik mit seiner Geschichte' stand, hervorgegangen sind. Die Beiträge zur historischen Forschung reichen von Studien zu weit zurückliegenden Epochen (Mesopotamien, Renaissance) über die 20er bis 40er Jahre des 20. Jahrhunderts bis hin zur Geschichte der Gesamtschule aus musikpädagogischer Perspektive. Der jahrzehntelange Streit um Tonwort-Methoden und seine politischen Hintergründe wird ebenso detailliert aufgefächert wie die Biografien von Musiklehrern oder die fachspezifische Leistung des bisher kaum gewürdigten Ernst Heywang. Autobiografische Reflexionen thematisieren die NS-Zeit und die Musikpädagogik der DDR. Auch geschichtstheoretischen und methodenkritischen Aspekten sind Beiträge gewidmet. Einige freie Forschungsbeiträge zur Musikpädagogik der Gegenwart runden das Themenspektrum ab. (DIPF/Orig.)
Der Artikel befasst sich mit dem ersten und dem zweiten nationalen Deutschen Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte in Berlin im Dezember 1918 und April 1919. Dabei werden Erkenntnisse aus der kollektiven Biografie der Delegierten in Beziehung gesetzt zu den parlamentarisch-politischen Entscheidungen, die von den Kongressen getroffen worden sind. Näher untersucht wird die Einschätzung, dass während der deutschen Revolution 1918/1919 die SPD um Friedrich Ebert versäumt hat, den totalen Wechsel in Wirtschaft, Gesellschaft und Militärwesen zu vollenden, und dass die Ursache dafür gefunden werden könnte in der Struktur der Partei und in der Disziplin ihrer Mitglieder. Eine Analyse der Biografien der annähernd 700 Delegierten des Nationalkongresses der Arbeiter- und Soldatenräte mit der Methode der 'Kollektiven Biografik' zeigt indes, dass es nicht nur eine Frage der Parteidisziplin war, sondern auch der Sozialisation, der Bildung und der Arbeitslebens-Situation jener Gruppe von Leuten, die die Räte-Bewegung führten und für bestimmte Entwicklungen verantwortlich waren. ; This article deals with the first and second national German congresses of the workers' and soldiers' councils in Berlin in December 1918 and April 1919. It has commonly been stated that during the German revolution 1918/19 the social democratic party around Friedrich Ebert has failed to complete a total change in economy, society and military life and that the reason for this may be found in the party's structure and the discipline of its members. An analysis of the biographies of the approximately 700 delegates to the national congresses of the workers' and soldiers' councils with the method of the 'Kollektive Biographik', however, shows that it was not only a question of party-discipline but also of socialisation, education and working live situation of the group of people, which guided the council movement and was responsible for certain developments.
Dieser Beitrag geht zurück auf eine Expertise zur sozialen und psychischen Situation lesbischer Mädchen und schwuler Jungen in Nordrhein-Westfalen, die im Rahmen des Siebten Kinder- und Jugendberichts der nordrhein-westfälischen Landesregierung angefertigt wurde. Die Expertise hatte zum Ziel, Hypothesen und Fragen zu den Lebenslagen lesbischer und schwuler Jugendlicher zu generieren. Es liegen bisher keine größeren empirischen Studien zu den spezifischen Lebenslagen lesbischer Mädchen und schwuler Jungen vor. Junge Lesben und Schwule sind in der sozialwissenschaftlichen Jugendforschung, in der Sozialarbeit, Sozialpädagogik und in der Jugendhilfeplanung "unbekannte Wesen": Homosexualität scheint eine erwachsene Erfahrung zu sein. Die Frage, wie normative Heterosexualität in unsere gesellschaftlichen Institutionen und in soziales Handeln, in Identitäten und Biografien, aber auch in die sozialwissenschaftlichen Konstruktionen von Realität eingeschrieben ist und welche Implikationen dies für die Lebenslagen lesbischer und schwuler Jugendlicher hat, steht im Zentrum dieses Beitrags. (DIPF/Orig.)
Im 19. Jahrhundert, der Epoche der technologischen Umwälzungen, wurden vielerorts Flüsse begradigt und Strassen neu angelegt. Im Kanton Luzern lag diese Aufgabe zwischen 1814 und 1860 fast ausschliesslich in den Händen von Anton Weingartner. Der Ingenieur, der nebenbei die Luzerner Kunstgesellschaft mitbegründete und eine lithographische Anstalt besass, projektierte in dieser Zeit neben sämtlichen Kantonsstrassen auch zahlreiche weitere Strassen; er gestaltete somit das übergeordnete luzernische Strassennetz, wie es in seinen Grundzügen noch heute besteht. Trotz seiner hohen Verdienste in der Strassenführung wurde er als Liberaler nach der Machtübernahme der Konservativen von 1843 bis 1848 entlassen; 1848 wurde er von der neuen Regierung wieder zum Kantonsingenieur gewählt und blieb bis 1863 auf diesem Posten. Bis zu seinem Tod arbeitete er aufgrund seiner grossen Erfahrung, aber auch aus finanziellen Nöten, als Gehilfe seines Nachfolgers weiter. Über 200 von Weingartners Strassen- und Flussbauplänen sind im Staatsarchiv Luzern erhalten. Anhand zweier ausgewählter geometrischer Entwürfe stellen die Autoren Weingartners Arbeit vor und weisen auf die kulturhistorische Bedeutung solcher Pläne hin. ; + Sprache: ger + Reihe: Ins Licht gerückt
Rezension von: Burkhard Dietz (Hrsg.): Fritz Helling, Aufklärer und "politischer Pädagoge" im 20. Jahrhundert. Interdisziplinäre Beiträge zur intellektuellen Biographie, Wissenschaftsgeschichte und Pädagogik. Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang 2003 (487 S.; ISBN 3-631-51546-4; 69,00 EUR).
Ejemplar dedicado a: Ejércitos en la Edad Moderna ; [ES] Este artículo realiza un estudio biográfi co del militar español don Sancho de Londoño, célebre tratadista que llegó a ser maestre de campo del tercio de Lombardía. A través de los diversos fondos archivísticos, especialmente del Archivo General de Simancas y del Archivo del Duque de Alba, el autor traza el curso vital de Londoño. Su carrera empieza como piquero y participa en diversas campañas, como las de Metz, Siena, Malta. Felipe II le encomienda una misión diplomática ante los grisones. Finalmente formó parte del ejército que condujo el duque de Alba a los Países Bajos en 1567. Murió en 1569, dejando entre sus contemporáneo una leyenda de perfecto soldado. ; [EN] This article intends to draw a biographical study of don Sancho de Londoño, an Spanish soldier, famous commentator that became fi eld marshal of the Tercio of Lombardy. Through some documents of archive, especially of Simancas (Valladolid) and Duque de Alba (Madrid), the author traces the vital course of Londoño. His career begins as pikeman, fi ghting in some campaigns, as those of Metz, Siena, Malta. Philip II gave him a diplomatic mission in Switzerland. Finally he formed part of the army that drove the duke of Alba to the Netherlands in 1567. Died in 1569, letting among their contemporaries a perfect soldier legend. ; Peer reviewed