Figuren einer intellektuellen Bewegung - Irving Kristol, Daniel Bell, Leo Strauss und der Neokonservatismus
In: Die Intellektuellen und der Weltlauf: Schöpfer und Missionare politischer Ideen in den USA, Asien und Europa nach 1945, S. 41-61
Der Beitrag rekonstruiert und beschreibt, wie der Neokonservatismus von den Protagonisten dreier Rollenmodelle, nämlich dem Ideologen Irving Kristol, dem Experten Daniel Bell und dem Philosophen Leo Strauss ausgeformt wurde. Alle drei waren ursprünglich Außenseiter der akademisch-politischen Welt, deren Weitsicht wie Engagement von starken moralischen Wertbindungen geprägt war. Im Rückgriff auf Albert Hirschmans "Rhetorik der Reaktion" arbeitet der Autor die tragenden Denkfiguren dieser drei Autoren heraus. Charakteristisch für Kristol ist die publizistisch propagandistische Selbstkommentierung seiner eigenen linken Denkgeschichte und die Herausarbeitung der ungewollten Nebenwirkungen allerbester Intentionen, vor allem in Fragen der Sozialpolitik. Daniel Bell vermag durch die Dreiteilung der Sphären Politik, Wirtschaft und Kultur komplexe Positionsbestimmungen jenseits der gängigen politischen Frontlinien zu entwickeln. Prägend für die gegenwärtige US-amerikanische Politik ist der radikale Denkgestus von Leo Strauss, seine Bereitschaft, vom "Bösen" zu sprechen, sowie auf das Naturrecht und die Religion zurückzugreifen. Enttäuschte Liberale wie religiöse Rechte konnten hier Orientierungspunkte einer Modernismus-, Bürokratisierungs- und Verfallskritik finden. Aus der Sicht des Autors scheint der Neokonservatismus hier an sein (vorläufiges) Ende gekommen zu sein. (ICA2)