ZusammenfassungDie in den letzten Jahren virulente Diskussion über am Ideal partizipativen Regierens entbundene Vorschläge demokratischer Innovationen hat durchaus dazu beigetragen, weitreichende Aspirationen auf die Transformation der liberalen, repräsentativen Demokratie in Richtung auf inklusivere Formen der Beteiligung freizusetzen, mittels derer es gelingen soll, einer aus strukturellen Gründen wachsenden Entfremdung einer immer größeren Zahl von Bürger*innen von den institutionell vermittelten Formen politischer Willensbildung und Entscheidungsfindung entgegenzuwirken. Freilich unterliegen auch Prozesse der demokratischen Transformation selber den Forderungen demokratischer Legitimität und damit einer reflexiven Dynamik und Logik, die nur unter Bedingungen einer erneuerten Gestalt der Idee der konstitutiven Macht des Volkes angemessen zu entfalten ist.
Während Teile Lateinamerikas weiterhin mitten in der Pandemie stecken hat die Zivilgesellschaft damit begonnen, eine beträchtliche Anzahl digitaler demokratischer Innovationen zu initiieren.
Während Teile Lateinamerikas weiterhin mitten in der Pandemie stecken hat die Zivilgesellschaft damit begonnen, eine beträchtliche Anzahl digitaler demokratischer Innovationen zu initiieren.
Die Klage über die "Krise der Demokratie" ist so alt wie die Demokratie selbst. Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Debatte in den vergangenen Jahren jedoch an Fahrt gewonnen. Weit über Wissenschaft und Politik hinaus wird über "Postdemokratie" (Colin Crouch), "demokratische Legitimationsdefizite" und "Direkte Demokratie" diskutiert. In der Studie untersucht Dr. Wolfgang Merkel ausgewählte Krisen-Diagnosen und mögliche demokratiefördernde Gegenmaßnahmen. Wolfgang Merkel, ist ein weit über den deutschsprachigen Raum hinaus profilierter Fachmann für demokratische Transformationsprozesse und hat das Konzept der "Defekten Demokratie" mitentwickelt. In der Studie geht er von drei zentralen Herausforderungen für die heutigen Demokratien aus: Einem grundsätzlichen Konflikt zwischen kapitalistischen Dynamiken und demokratischen Verfahren; einem demokratischen Partizipationsdefizit, hervorgerufen durch sozioökonomische Ungleichheit; einer Entmachtung der nationalen demokratisch legitimierten Institutionen durch wirtschaftliche Globalisierung. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen hat Merkel für die Otto Brenner Stiftung vier demokratische Innovationen untersucht, die gegenwärtig viel diskutiert werden: Volksabstimmungen, Deliberative Verfahren und Versammlungen, Digital Democracy und Supranationale Demokratie. Er kommt zu dem Ergebnis, dass sich der demokratiefördernde Wert dieser Verfahren nur dann entfalten kann, wenn sie eng mit existierenden repräsentativ-demokratischen Verfahren verbunden werden. Für sich genommen böten die diskutierten demokratischen Neuerungen keine ausreichende Antwort auf die beschriebenen Herausforderungen: "An erster Stelle muss vielmehr eine Reformierung und Vitalisierung von Parteien, Parlament und Regierung selbst stehen."
Der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinden und Städten an der Gestaltung undUmsetzung gesellschaftlicher Großprojekte wie der Energiewende wird vielerorts eine großeBedeutung beigemessen. Dies zeigt sich besonders da, wo die deutlich dezentraleren Strukturen desneuen Energiesystems die Planung von Windenergie- und Biomasseanlagen oder auch neuenÜbertragungsnetzen erforderlich machen. Bürgerbeteiligung wird hierfür als ein Modus gesehen, umKonflikte um Infrastrukturprojekte zu lösen und Akzeptanz herzustellen. Denn es zeigt sich, dass dierechtlich verankerten Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht hinreichend sind, um sachorientiertewie emotionale Aspekte mit Betroffenen zu erörtern und Probleme lösen zu können.Zunehmend werden erweiterte Mitsprachemöglichkeiten bei Planungen und politischen Entscheidungsprozesseneingefordert, die zudem über die lokale Ebene und Planungsdetails konkreterEinzelprojekte hinausreichen. Der Blick in die Praxis zeigt, dass vielerorts in der Tat ergänzende Forender Meinungsbildung und Mitwirkung eröffnet werden. Wie dies konkret geschieht, ist jedoch eineoffene Frage. Denn insgesamt besteht nur wenig systematisches Wissen über die Praktiken undMethoden, mit denen Bürgerinnen und Bürger in die Erörterung von Zielen und Gestaltungsprinzipiender Energiewende, von Handlungsoptionen und konkreten Standortfragen eingebundenwerden. Will man derartige informelle Beteiligungsformen stärken, ist deshalb die Erarbeitung einesdifferenzierten Überblicks zu den angewandten Vorgehensweisen ein wichtiger Schritt. Dervorliegende Beitrag setzt hier an und legt in Form einer Beteiligungsmatrix eine Grundlage vor, nachder eine Systematisierung von Beteiligungsverfahren erfolgen kann.
Der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinden und Städten an der Gestaltung und Umsetzung gesellschaftlicher Großprojekte wie der Energiewende wird vielerorts eine große Bedeutung beigemessen. Dies zeigt sich besonders da, wo die deutlich dezentraleren Strukturen des neuen Energiesystems die Planung von Windenergie- und Biomasseanlagen oder auch neuen Übertragungsnetzen erforderlich machen. Bürgerbeteiligung wird hierfür als ein Modus gesehen, um Konflikte um Infrastrukturprojekte zu lösen und Akzeptanz herzustellen. Denn es zeigt sich, dass die rechtlich verankerten Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht hinreichend sind, um sachorientierte wie emotionale Aspekte mit Betroffenen zu erörtern und Probleme lösen zu können. Zunehmend werden erweiterte Mitsprachemöglichkeiten bei Planungen und politischen Entscheidungsprozessen eingefordert, die zudem über die lokale Ebene und Planungsdetails konkreter Einzelprojekte hinausreichen. Der Blick in die Praxis zeigt, dass vielerorts in der Tat ergänzende Foren der Meinungsbildung und Mitwirkung eröffnet werden. Wie dies konkret geschieht, ist jedoch eine offene Frage. Denn insgesamt besteht nur wenig systematisches Wissen über die Praktiken und Methoden, mit denen Bürgerinnen und Bürger in die Erörterung von Zielen und Gestaltungsprinzipien der Energiewende, von Handlungsoptionen und konkreten Standortfragen eingebunden werden. Will man derartige informelle Beteiligungsformen stärken, ist deshalb die Erarbeitung eines differenzierten Überblicks zu den angewandten Vorgehensweisen ein wichtiger Schritt. Der vorliegende Beitrag setzt hier an und legt in Form einer Beteiligungsmatrix eine Grundlage vor, nach der eine Systematisierung von Beteiligungsverfahren erfolgen kann.
ZusammenfassungWie anderen etablierten Demokratien wird auch Japan eine Demokratiekrise attestiert. Das politische System weist neben der unter der jetzigen Regierung im Fokus stehenden Beschneidung von Freiheitsrechten weitere Demokratieschwächen wie eine geringe Wahlbeteiligung oder eine mangelnde horizontale Gewaltenkontrolle auf. Um der (partiellen) Krise der repräsentativen Demokratie zu begegnen, wird in der deutsch- sowie englischsprachigen Forschung die Implementation von demokratischen Innovationen diskutiert. Sie werden hier als top-down implementierte innovative Beteiligungsformen an institutionellen politischen Entscheidungsfindungen verstanden. Entsprechend der normativen Erwartung, der Demokratiekrise mit demokratischen Innovationen entgegenwirken zu können, wird deren Beitrag zur Demokratiequalität im vorliegenden Artikel am Beispiel Japans untersucht. Qualitative Evaluationskriterien aus Konzepten zur Demokratiequalität und demokratischen Innovationen finden dabei Anwendung auf japanische Fallbeispiele. Aus der Vielzahl von innovativen Partizipationsverfahren, die auch in Japan insbesondere Kommunen seit den 1990er Jahren implementierten, werden exemplarisch zwei deliberative Methoden evaluiert. Lokale Planungszellen (mini-publics) als eines der hier betrachteten Verfahren sind die weitverbreitetste Deliberationsform in Japan. Die erste nationale Deliberative Poll von 2012 dient als zweites Fallbeispiel. Die japanische Regierung initiierte sie unter dem Eindruck des Reaktorunfalls, um ein öffentliches Meinungsbild zur zukünftigen Energiestrategie Japans zu erhalten. Anhand der empirisch herausgearbeiteten demokratischen Stärken und Schwächen lässt sich folgern, dass demokratische Innovationen zwar als zusätzliche Partizipationsverfahren punktuell die Qualität einer repräsentativen Demokratie (wie z. B. durch das Empowerment von Bürgern) verbessern, jedoch in ihrer Wirkung als ein Allheilmittel gegen die Demokratiekrise beschränkt sind.
Katrin Winkler zeigt am Beispiel der Bundes- und Berliner Landesebene, wie der repräsentative Politikprozess partizipativer und dennoch effektiv gestaltet werden kann. Grundlage ist eine Synthese aus der pragmatistischen Demokratiekonzeption von Archon Fung und dem empirischen Forschungsprogramm der kriterienbasierten Evaluation demokratischer Innovationen. Dabei werden demokratie- und engagementpolitische Handlungsempfehlungen entwickelt. Gleichwohl ist die Arbeit als eine pragmatistisch angeleitete Konzeptstudie für die Entwicklung einer beteiligungsorientierten Praxis in der repräsentativen Demokratien zu verstehen, die trotz ihres theoretischen Charakters die notwendige empirische Orientierung aufweist - ganz im Sinne des Pragmatismus. Der Inhalt Die Idee einer pragmatistischen Konzeption von Demokratie Demokratische Innovationen und deren Effekte Problem- und lösungsorientierte Einsetzung von demokratischen Innovationen auf der Berliner Landesebene Bürgerschaftliches Engagement: Herausforderungen und engagementpolitische Empfehlungen Chancen einer pragmatistisch aufgeklärten Demokratiepolitik Die Zielgruppen Lehrende und Studierende der Politikwissenschaft und Politischen Theorie Politische und zivilgesellschaftliche Akteure der Bürgerbeteiligung und des Bürgerschaftlichen Engagements Die Autorin Katrin Winkler ist derzeit für das Land Brandenburg tätig und befasst sich mit den Themen Bürger-/Zivilgesellschaft, bürgerschaftliches Engagement und Beteiligung
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Intro -- Inhalt -- Abkürzungsverzeichnis -- Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen -- 1 Einleitung -- I Politische Theorie und demokratische Praxis -- 2 Herausforderungen Politischer Theorie und erkenntnistheoretische Grundlegung -- 2.1 Ideale Theorien und die problem- und lösungsbezogene Realitätsferne -- 2.2 Rationalisierung des Demokratiebegriffs -- 2.2.1 Interne und externe Einflussfaktoren -- 2.2.2 Konsequenzen der Rationalisierung -- 2.3 Epistemologische Arbeitsgrundlage -- 2.3.1 Das Politische und die Politik als Gegenstand Politischer Theorie -- 2.3.2 Hermeneutisch-pragmatisch-konstruktivistischer Ansatz -- 3 Probleme und theoretische Reflexion der demokratischen Praxis in Deutschland -- 3.1 Defizite demokratischer Praxis - ein kursorischer Überblick -- 3.2 Demokratische Regierbarkeit -- 3.3 Prinzipien demokratischer Regierbarkeit -- II Die Idee einer pragmatistischen Konzeption von Demokratie -- 4 Pragmatistische Konzeptionierung von Demokratie -- 4.1 Grundlagen und Charakteristika des Pragmatismus -- 4.2 Das pragmatistische Äquilibrium nach Archon Fung -- 4.3 Pragmatistische Demokratiekonzeption nach Archon Fung -- 4.4 Kriterienbasierte Evaluation demokratischer Innovationen im Kontext der pragmatistischen Demokratiekonzeption -- 5 Umfassende Bürgergesellschaft: Subjekt und normativer wie praktischer Bezugspunkt einer pragmatistischen Demokratiekonzeption -- 5.1 Umfassende Bürgergesellschaft als politische Gesellschaft -- 5.2 Zivilgesellschaftliche Akteure -- 5.3 Bürgerschaftliches Engagement -- 5.4 Umfassende Bürgergesellschaft und zivilgesellschaftliche Akteure im Kontext -- III Demokratische Praxis in pragmatistischer Perspektive am Beispiel der Bundes- und Berliner Landesebene -- 6 Demokratische Innovationen und deren Effekte -- 6.1 Kriterien zur Evaluation demokratischer Innovationen -- 6.2 Direktdemokratische Innovationen
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Der Band beschreibt und analysiert Innovation im Bereich der Kommunalpolitik in Deutschland. Urbane Innovation beinhaltet Projekte und Programme, die bestehende lokale politische und administrative Strukturen zu verändern versuchen. Die Wertfreiheit des Begriffs Innovation bedeutet, dass die Analyse von ergebnisoffenen Veränderungen ausgeht. In den verschiedenen Innovationsfeldern werden Ziele vorgegeben und definiert. Die empirische Analyse dieser Innovationen muss aber sowohl die Zielsetzungen diskutieren als auch aufzeigen, inwieweit diese nachhaltig erreicht werden. Innovation beinhaltet insofern nicht per se einen urbanen Wandel. Erst die Ex Post-Analyse von Output, Outcome und Impact kann diesen nachweisen. Ohne Innovation kommt es aber nicht zum Wandel und zur adäquaten Anpassung an eine sich ändernde Umwelt.
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