"Pisas Vorläufer hießen Iglu, Markus, Lau oder Timss und kamen alle zu ähnlichen Ergebnissen: In den Schulen läuft ein Minimalprogramm. Jahre gingen mit diesem Wissen ins Land. Und auch jetzt tut man sich schwer, mit den Auswertungen umzugehen. Jutta Roitsch, schreibende Bildungsexpertin, nimmt Reflexe und Ignoranzen der Kultusminister/innen, Ministerpräsident/innen und Parteipolitiker/innen unter die Lupe." (Autorenreferat)
"Die Studie 'Altersvorsorge in Deutschland 2005' (AVID 2005) für die ihre Auftraggeber Deutsche Rentenversicherung (DRV) Bund und Bundesministerium für Arbeit und Soziales rund drei Millionen Euro gezahlt haben, wird unter Sozialwissenschaftlern nicht unkritisch gesehen. Kritisiert wird insbesondere die Methodik der Studie und die mangelnde Berücksichtigung der seit 2005 erfolgten Gesetzesänderungen, die zu einer (weiteren) Absenkung des Rentenniveaus führen. Der Autor fasst hier zentrale Kritikpunkte zusammen." (Textauszug)
Der Artikel diskutiert die Relevanz der ethnologischen Feldforschungen, die sich den Einwänden der wissenschaftlichen Unwirksamkeit und der eingeschränkten Perspektive ausgesetzt sehen, für die vergleichende Politikwissenschaft. Dabei orientiert sich der Text an der Annahme, dass die Disziplin der vergleichenden Politikwissenschaft eines Wandels bedarf, um einen Verfall ihres heuristischen Wertes zu verhindern. Aus diesem Grund ist hier nach Ansicht des Autors eine stärke Berücksichtigung der Feldforschungen angebracht. Die Ausführungen behandeln drei Fragen: (1) Wie vollzieht sich die Bestimmung eines Gebietes im Rahmen der Feldforschung? (2) Wie lassen sich vergleichende Fragen formulieren, die Prozesse deutlicher beleuchten als nur Unterschiede zu betrachten? (3) Wie gestaltet sich der beste Bericht über Dynamiken und Wandel im Laufe der Zeit? Diese Fragen werden zunächst auf allgemeiner Ebene diskutiert. Anschließend zieht der Autor zur Illustrierung der entwickelten Ansichten die Herangehensweise seiner wissenschaftlichen Arbeit zu dem Forschungsgegenstand der Demokratisierung in Schwarzafrika heran. (ICG2)
Ein Beitrag von Alan Sokal in "Social Text" (1996) löste eine der heftigsten Debatten der Wissenschaftsgeschichte aus, die inzwischen unter der Bezeichnung "Sokal-Affäre" zusammengefasst und als Teil der so genannten "science wars" eingeordnet wird. Die Autorin geht zunächst auf die Auseinandersetzungen um den Sokal-Text ein, um anhand dieses exemplarischen Streits Grundzüge des "Dialogs" zwischen den Disziplinen herauszustellen, der häufig - wie auch in diesem Beispiel - nicht zu einer konstruktiven und kritischen Wissenschaftsreflexion führt, sondern immer wieder in eine dogmatische Grenzverschärfung und einen verbitterten Machtkampf mündet. Vor diesem Hintergrund werden dann unter Rückgriff auf Diskussionen und neue Lehrformen im transdisziplinären Studiengang der Gender Studies an der Humboldt-Universität Berlin andere Möglichkeiten dafür aufgezeigt, wie sich gerade auch zwischen den Wissenschaftskulturen der Natur-, Sozial- und Kulturwissenschaften eine epistemologisch reflektierte und machtsensible Diskussionskultur entfalten könnte, die zu einer anspruchsvollen disziplinären Selbstreflexion führt. (ICA2)
"Wenn Personen mit gleichen produktiven Merkmalen auf Grund ihrer unterschiedlichen demografischen Zugehörigkeit (Geschlecht, ethnische oder religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung etc.) unterschiedliche Behandlung erfahren, so spricht man in der Ökonomie von Diskriminierung. In diesem Artikel werden drei Forschungsprojekte präsentiert, die in den letzten Jahren an der Universität Linz durchgeführt wurden und die die Diskriminierung gegenüber Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt sowie international untersuchen. Die ersten beiden Studien beschäftigten sich mit der Frage, ob Diskriminierung bei der Stellenbesetzung am österreichischen Arbeitsmarkt existiert, wobei sich eine Untersuchung mit der Situation von Frauen allgemein, die andere mit der von Lesben im Speziellen auseinander setzt. Die dritte Arbeit beschäftigt sich mit Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen weltweit und untersucht, inwieweit Gleichbehandlungsgesetzgebung sowie wirtschaftlicher Wettbewerb geschlechtsspezifische Diskriminierung beeinflussen." (Autorenreferat)
"Von den meisten Kriegen würden wir keine Notiz nehmen, wären da nicht die Journalisten, die über sie berichten, und die Medien, die ihre Korrespondenten zum Ort des Geschehens schicken. Gleichzeitig geht die Vorliebe der Medien für Kriege und Konflikte häufig zu Lasten eines positiven Beitrags zur Friedenschaffung. Das Konzept des Friedensjournalismus wird deshalb als eine Alternative zur traditionellen Kriegsberichterstattung verstanden. Der vorliegende Aufsatz macht jedoch deutlich, dass die Idee des Friedensjournalismus nur alter Wein in neuen Schläuchen ist, auch wenn mit einem durchaus noblen Ziel. Viele Protagonisten des Friedensjournalismus übersehen häufig die mannigfaltigen Nuancen im Journalismus und heben das Außergewöhnliche, Spektakuläre und Negative der Kriegsberichterstattung hervor. Sie überschätzen den Einfluss der Journalisten und Medien auf die politische Entscheidungsfindung, und sie begreifen das Publikum als eine passive Masse, die mit den Mitteln des Friedensjournalismus aufgeklärt werden muss. Darüber hinaus basiert die Idee des Friedensjournalismus weitgehend auf einer übermäßig individualistischen Sicht, wobei die strukturellen Zwänge im Journalismus aus dem Blick geraten: Hierzu zählen ungenügende personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen, redaktionelle Prozesse und Hierarchien, Zwänge der Nachrichtenformate, die Verfügbarkeit von Quellen sowie der Zugang zum Geschehen und generell zu Informationen. All dies deutet darauf hin, dass die Praxis des Friedensjournalismus keine Frage der persönlichen Freiheit ist. Medienstrukturen und professionelle Routinen können wohl kaum aus der Position des individuellen Journalisten heraus verändert werden. Moderner Journalismus manifestiert sich in Prozessen der organisierten Nachrichtenproduktion, wobei den organisationalen und institutionellen Faktoren Priorität eingeräumt wird, ebenso wie Prozessen der beruflichen Sozialisation. Um einen ernstzunehmenden Beitrag für die Kriegsberichterstattung und ihre kritische Reflexion leisten zu können, muss auch Friedensjournalismus die strukturellen Bedingungen im Journalismus berücksichtigen. Die Debatte um den Friedensjournalismus - und insbesondere um die praktischen Implikationen - muss an die Journalismusforschung angeschlossen werden, wo ähnliche Anstrengungen zur journalistischen Qualitätssicherung unternommen werden." (Autorenreferat)
Untersucht wird die Stellung des Meisters im volkseigenen Betrieb (VE-Meister) in der DDR und sein Reproduktionsverlaufsmuster, um diese anschliessend mit seiner Stellung im marktwirtschaftlich restrukturierten Betrieb zu vergleichen. Forschungsmethode: deskriptive Studie. Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum von 1989 bis 1997. (BIBB2).
Die Verfasserin betont die Bedeutung historischer Datensätze für die Untersuchung des Sozialkapitals einer Gesellschaft. Die meisten Studien zum Sozialkapital behandeln den Zeitraum zwischen 1950 und heute. Ein nützlicher, von historischen Datensätzen zur Verfügung gestellter Indikator betrifft die Mitgliedschaft in Verbänden und Organisationen. Die Verfasserin stellt verschiedene historische Datensätze vor, die sich unter anderem mit Verbänden, Organisationen, Protestverhalten und Petitionen beschäftigen. (ICEÜbers)
In: Swiss political science review: SPSR = Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft : SZPW = Revue suisse de science politique : RSSP, Band 11, Heft 3, S. 27-59
"Deutschland befindet sich seit nunmehr ca. drei Jahrzehnten in einem Geburten-Tiefstand. Seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts kann infolge niedriger Geburtenzahlen der Ersatz der Elterngeneration nicht mehr gewährleistet werden. Derzeitig nimmt Deutschland innerhalb der westeuropäischen Länder mit 1,34 Geburten je Frau hinter Italien (1,23) und Spanien (1,25) den drittletzten Platz ein. Aber auch innerhalb Deutschlands sind regionale Unterschiede im Geburtenniveau gegeben. Betrachtet man allein das Jahr 2003, so liegt das westdeutsche Bundesland Niedersachsen mit 1427 Geburten je 1000 Frauen im gebärfähigen Alter (15 bis unter 50 Jahre) am weitesten über dem Bundesdurchschnitt von 1340. Außer Hessen weisen auch die übrigen westdeutschen Länder ein über dem Durchschnitt liegendes Geburtenniveau auf. Dies trifft jedoch nicht für das Saarland und die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg zu. Deren Geburtenziffern unterscheiden sich kaum von denen der ostdeutschen Länder, die insgesamt im Bundesvergleich sehr niedrig sind. So wurden z. B. in Sachsen-Anhalt im Jahr 2003 je 1000 Frauen 215 Kinder weniger als in Niedersachsen geboren. Insgesamt gesehen muss man feststellen, dass in den alten Bundesländern im Vergleich zu den Neuen Ländern die Zahl der Geburten je Frauen im Allgemeinen höher liegt. Ausschlaggebend hierfür ist das zwischen West und Ost unterschiedliche Geburtenverhalten. Ein Indikator hierfür ist der Kinderwunsch und die gewünschte Kinderzahl." (Autorenreferat)
Der Verfasser zeigt, dass die Foucault-Rezeption der Cultural Studies im Kontext einer breiten Rezeption strukturalistischer, post-strukturalistischer und neo-marxistischer Theoriebildung stattfindet, die sich aus bestimmten methodologischen und theoretischen Fragestellungen (v.a. Kultur und Macht) der Cultural Studies speist und diese zugleich grundlegend verändert. Es wird argumentiert, dass die Konsequenzen der Foucault-Rezeption gleichermaßen weit reichend wie uneindeutig sind, weil nicht nur sehr unterschiedliche (post-) strukturalistische Modelle miteinander verbunden, sondern darüber hinaus auch zentrale Begriffe der Cultural Studies (Repräsentation, Ideologie, 'agency') beibehalten werden, die in einem Spannungsverhältnis zur foucaultschen Perspektive stehen. Dabei wird hervorgehoben, dass seit Mitte der 1990er Jahre eine systematische und differenzierte Arbeit mit Foucault festzustellen ist, die von einzelnen AutorInnen geleistet wird und keinerlei Allgemeinverbindlichkeit für das Feld der Cultural Studies im Ganzen mehr hat. Der Autor präsentiert die Spezifik der Foucault-Rezeption in den Cultural Studies und benennt einige ihrer Gründe und Konsequenzen. Dabei setzt er sich kritisch mit der häufigen Unterstellung in den deutschen Kulturwissenschaften einer vermeintlichen theoretischen und methodologischen Minderwertigkeit der Cultural Studies auseinander, die ohne die politische oder die didaktische Ausrichtung als konstitutive Momente der wissenschaftlichen Arbeit und als Momente ihrer Differenziertheit in Betracht zu ziehen postuliert wird. (ICG2)
Die Autorin skizziert zu Beginn die rechtlichen Regelungen und Definitionen zur Pornografie und weist auf widersprüchliche Aussagen der Wirkungsforschung hin. Die bisherigen Untersuchungen in Deutschland zur Pornografie beziehen sich überwiegend auf Druck-, Fernseh- und Videoprodukte, wohingegen die Auswirkungen von Pornografie im Internet auf Jugendliche bisher kaum erforscht worden sind. Dies steht im Gegensatz zur internationalen Situation, die eine Reihe aktueller Studien aufweist. Die Autorin stellt in einem kurzen Überblick einige Untersuchungen aus Australien, Dänemark, Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA vor, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich die starke und weiter zunehmende Pornografierung des Alltags auf Kinder und Jugendliche auswirkt. In den meisten Studien wird festgestellt, dass Kinder und Jugendliche in nicht unerheblichem Maße Beeinträchtigungen und Stress-Symptome bei einer unerwünschten Konfrontation mit Pornografie im Internet erleben. In fast allen Ländern gibt es zwar Medienschutzprogramme für Jugendliche, die jedoch im Internet kaum angewendet oder kontrolliert werden können. In den internationalen Studien wird daher gefordert, die Prävention bei den Kindern selbst anzusiedeln: Eltern sollten aufgeklärt und unterstützt werden, mit ihren Kindern über Pornografie zu sprechen und in Schule und Jugendarbeit sollte mehr Aufklärungsarbeit über die Ziele und Hintergründe von Pornografie geleistet werden. (ICI2)
Die Analyse eines Bildes - auf dem das Porträt eines Kleinkindes, die Textfelder '63% behindert', '100% mensch' und ein Hinweis darauf zu sehen sind, dass es sich um eine Integrationskampagne verschiedener Institutionen handelt - zeigt, dass mit diesem Bild unter anderem ein Perspektivenwechsel, Gegensätze zwischen Natur und Kultur, Behinderung und Normalität, Menschen mit und ohne Behinderung sowie Widersprüche hinsichtlich der politischen Komponente sichtbar werden. Diese Erkenntnisse aus der Bildanalyse dienen als Leitlinien für eine kritische Diskussion der Disability Studies. Darin wird auf das soziale Modell mit seiner Unterscheidung zwischen impairment und disability ebenso eingegangen, wie auf Fragen der Identität und Transdisziplinarität. Der Beitrag schließt mit einem Plädoyer für die Vielfalt und den Einbezug von Un-/ Sichtbarkeiten.