In: Soziale Ungleichheit und demografischer Wandel : Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Demographie e.V. (DGD), vom 6. bis 8. März 2013 in Berlin, S. 30-45
Der Beitrag zeigt, dass Männer und Frauen derzeit in Deutschland sehr unterschiedlich am Wanderungsgeschehen Teil haben. Ihr Verhalten hat nicht intendierte Konsequenzen - unter anderem für regionale Lebensumstände. Deshalb werden Wanderungsmotive insbesondere junger Erwachsener hinterfragt und anhand der räumlichen Verteilung zugehöriger objektiver Lebensbedingungen illustriert. In Reaktion auf regional ungleich verteilte Lebensbedingungen sind durch die geschlechtstypischen Wanderungen der jungen Erwachsenen bereits auch auffällige Ungleichverteilungen der Geschlechter entstanden. Daraus erwachsen Probleme für Individuen wie Gesellschaft, für die Kommunen wie für den Staat im Allgemeinen.
Wenn Unternehmen neue Märkte erschließen wollen, Produktions- und Lohnkosten zu senken versuchen und sich um die Flexibilisierung des Faktors Arbeit bemühen, dann tun sie das häufig über die Gründung von Tochterunternehmen, Niederlassungen und Filialen im Ausland. Allen drei Investitionsformen ist auf den ersten Blick ihre hochgradige Abhängigkeit vom Mutterkonzern gemein, die sich etwa in der Verpflichtung äußert, Gewinne an die Zentrale abzuführen und sich dieser in strategischen und operativen Entscheidungsfragen unterzuordnen. In Polen sind seit der politischen und ökonomischen Öffnung des Landes in den späten 1980er Jahren eine Vielzahl von ausländischen Tochterunternehmen gegründet worden. Dabei handelt es sich sowohl um Neugründungen von Standorten als auch um Joint-Ventures und Übernahmen von zur Privatisierung freigegebenen Staatsbetrieben. Mehr als 100 Milliarden US-Dollar an ausländischen Direktinvestitionen sind seit Beginn der marktwirtschaftlichen Transformation nach Polen geflossen, ein Drittel davon in die Industrie. Eine wichtige Empfängerbranche ist die Automobilindustrie, die auf der Suche nach kostengünstigen, zu den westeuropäischen Kernmärkten benachbarten Standorten in Mittel- und Osteuropa fündig geworden ist. Mit der angesprochenen hochgradigen Abhängigkeit von ihren Konzernzentralen sind ausländische Tochterunternehmen allerdings nur unzureichend beschrieben. Transnationale Unternehmen, so die These dieses Beitrags, lassen sich zwar über ihr hierarchisch organisiertes Netzwerk aus räumlich verstreuten Unternehmenseinheiten charakterisieren, jedoch zeigen Beispiele aus der polnischen Automobilindustrie, dass dezentral für das lokale Werksmanagement Handlungsspielräume etwa beim Einwerben von zusätzlichen Unternehmenskompetenzen bestehen.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1968-1979
"In dieser Präsentation wird die alte techniksoziologische Frage 'do artifacts have politics?' neu untersucht: global, im Finanzbereich und mithilfe einer multi-sited ethnography. Die Verfasserin wird der Frage nachgehen, ob und wenn ja, wie über eine Standardsoftware, die 66 Länder zum Management ihrer öffentlichen Schulden rund um die Welt benutzen, eine globale Finanzordnung etabliert bzw. gestützt wird. Die Software wurde von einer Untereinheit der United Nations Conference on Trade and Development in Genf entwickelt und an besagte Länder, sog. 'Entwicklungsländer', vertrieben; bis in die Gegenwart werden neue Kunden - meist Wirtschaftsministerien oder Zentralbanken - gewonnen. Von Genf aus werden die diversen Installationen betreut und immer wieder mit patches bzw. updates versorgt. Gleichzeitig tauscht die Genfer Gruppe regelmäßig Informationen mit IWF- und Weltbank-Vertretern in Washington aus und beobachtet den dortigen Schuldenmanagement-Diskurs. Kann man behaupten, dass sich diese UN-Entwickler zum 'verlängerten Arm' von IWF und Weltbank machen, indem sie deren Standards - teilweise - in Softwarefunktionen sowie Trainingsmaßnahmen einbauen? Und lässt sich zeigen, dass diese technologisch vermittelten Standards in den Ländern 'ankommen' (befolgt werden)? Um der Reichweite dieser Fragestellung gerecht zu werden, hat sie die Ethnographie auf Genf (UN) sowie drei user-Länder (Argentinien, Burkina Faso, Indonesien) aufgeteilt; außerdem hat sie an drei internationalen Konferenzen teilgenommen, bei denen die UN-Softwareentwickler, Vertreter diverser user-Länder sowie IWF- und Weltbank-Repräsentanten beteiligt waren. In ihrem Beitrag konzentriert sie sich auf Beispiele aus dem Teilbereich 'Schulden-Statistiken': Es werden Arbeitssituationen und Interviewmaterial von den o.g. Orten bzw. 'Stationen' analysiert, um zu zeigen, in welchem Ausmaß und in welcher Weise IWF/ Weltbank-Standards explizit oder implizit bei der Produktion von Statistiken eine Rolle spielen, und welchen Stellenwert dabei die Software hat." (Autorenreferat)