Der Autor stellt fest, daß die zweite Generation griechischer Migranten nicht fähig ist, im Aufnahmeland 'eine eigene eindeutige kulturelle Identität' zu entwickeln, und daß sie sich auch nicht mit der Kultur des Aufnahmelandes identifiziert. Um eine nationale Gruppenbildung und soziale Isolation zu verhindern, befürwortet der Autor einen kulturellen Pluralismus, der sich im Unterricht, in sogenannten 'bilingualen Klassen' , in der Anerkennung der Einwanderer als 'Gleiche' und Individuen mit dem Recht auf eigene Kultur und Werte ausdrückt. (RE)
In diesem Beitrag werden Probleme der Wohnungspolitik in der BRD beschrieben. Im Mittelpunkt der Erörterung steht die Frage der verteilungspolitischen Funktion der Stadterneuerung bzw. des Städtebauförderungsgesetzes. Die Auswirkungen auf die Mechanismen der Wohnungsverteilung und auf die sozialräumliche Struktur werden beschrieben und teilweise quantitativ bestimmt. Die Stimulierung privater Investitionen, so zeigt sich, erweist sich vor allem als eine Stimulierung privater Profite, ohne daß damit die Produktion von Wohnraum nachweisbar erhöht werden konnte. Der steigende Anteil privaten Kapitals im Wohnungsmarkt bewirkt zusammen mit den Verdrängungsprozessen durch die besser verdienenden Bevölkerungsteile die gegenwärtige Wohnungsnot. Letztere erweist sich somit als logische Konsequenz einer verfehlten Wohnungs- und Stadterneuerungspolitik. (NG)
In dem Beitrag wird der auch politisch wichtige Begriff der Bedürfnisse im Zusammenhang mit Parteien und Parteipolitik diskutiert, wobei die Argumentation von Gesichtspunkten der politischen Psychologie ausgeht. Grundthese ist, daß die Parteien wesentliche Bedürfnisse von Bürgern nicht befriedigen, daß sie ihr Ziel, im Sinne der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse tätig zu sein, nicht einlösen. Die Ursache wird in etablierten und stabilen soziokulturellen Rahmenbedingungen und in einer Reihe von Struktur- und Entwicklungsmerkmalen der Parteien insgesamt gesehen. Diese Bedingungen und Merkmale werden im Verhältnis zu einigen wesentlichen Eigenschaften und den daraus folgenden Erfordernissen bedürfnisgerechter Politik erörtert: im Verhältnis zur Abbildung von Bedürfnissen, zu Prinzipien von Bedürfnisberücksichtigung und zur politischen Formulierung von Bedürfnissen. Es wird herausgearbeitet, daß die politische Organisation den Bedürfnissen der Bürger nicht angemessen ist, weil die Politiker mehr die Systembedürfnisse als individuelle und soziale Bedürfnisse berücksichtigen. In der staatlichen Bürokratie wird ein Zerhackungssyndrom ausgemacht, das eine bedürfnisgerechte, ganzheitliche Politik unmöglich macht. Auch innerparteiliche Strukturen werden mit dem Bedürfniskonzept interpretiert. Die abschließenden Überlegungen sind den Aussichten bedürfnisgerechter Politik der jüngeren bundesdeutschen Parteien gewidmet. Dabei wird aber gleichzeitig vor einem möglichen Totalitarismus der Totalität gewarnt. (RW)
Es wird über ein 1977 begonnenes, noch nicht völlig abgeschlossenes Projekt berichtet. Darin wurden die mit beruflicher Arbeit verbundenen Wertvorstellungen und die negativen Auswirkungen untersucht, die sich bei einer Verletzung dieser Vorstellungen bei Jugendlichen einstellen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder denen Arbeitsplatzverlust droht. Ansatzpunkte für die Beurteilung möglicher negativer Folgen fehlender Integration der Jugendlichen in die Arbeitswelt sind vier positive Funktionen, die Arbeit für den Alltag Berufstätiger besitzt: (1) Rhythmisierung des Alltags; (2) Kontaktchancen zu Altersgefährten; (3) Leistungserlebnisse; (4) politische Sozialisation. Die Befragung von 300 Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren, hauptsächlich Haupt- und Berufsschülern, davon 31 arbeitslos, bestätigte die These, daß eine bedrohliche Zukunft das Handeln nachhaltig beeinflußt und dazu führt, daß Chancen zur Bewältigung dieser Zukunft nicht oder unzureichend ergriffen werden. Einzelne Teilbefunde der Untersuchung, die auf geschlechtsspezifische Unterschiede im Selbstwertgefühl sowie auf Unterschiede zwischen arbeitslosen und erwerbstätigen Jugendlichen abheben, werden referiert. (BO)
Der Aufsatz berichtet über ein Aktionsforschungsprojekt stadtteilbezogener politischer Bildungsarbeit in zwei Stadtteilen in Recklinghausen und Dortmund. Zunächst zeigt eine Defizitanalyse, daß die bisherige Unwirksamkeit auch emanzipatorischer politischer Bildung vor allem durch ihre Abgehobenheit von der konkreten Lebenswelt bedingt ist: sie beschränkt sich auf kognitive Lernprozesse. Aus diesem Grund wurde in den beiden Stadtteilen ein mehrjähriges Projekt durchgeführt, dessen Rahmenbedingungen, Durchführung und Ergebnisse reflektiert werden. Die Kontakte wurden zunächst über den DGB und einzelne Schulen und dann im Schneeballsystem aufgenommen. Es wurden Gesprächskreise, Elternabende, Familienseminare und Stadtteilzeitungen gebildet, die an konkreten, wohnortbezogenen und primärgruppenorientierten Problemen ansetzten. Auf diese Weise wurde durch die politische Bildung die angestrebte Mobilisierung erreicht. (MH)
Neufeudalistische und innenpolitisch-repressive Momente machten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Kern der Tradition des preußisch-deutschen Militärs aus. Standesbewußtsein und vormärzlich-antirevolutionäre Haltung wurden durch die Erziehungs- und Rekrutierungspraxis des Offizierskorps tradiert. Die Furcht vor der Revolution, vor dem "Zeitgeist" und vor sozialen und politischen Veränderungen, die die Strukturen des Militärstaats hätten aufbrechen können, bestimmten das Selbst- und Staatsverständnis des deutschen Militärs bis ins 20. Jahrhundert hinein. Das Mißtrauen gegenüber dem Parlament und die Ablehnung der parlamentarischen Kontrolle der Armee gehörten zur kaum hinterfragten Grundüberzeugung des Offizierskorps. Seit die Sozialdemokratie zu einem innenpolitischen Faktor wurde, verdichtete sich diese Einstellung zu einer syndromhaften Verschränkung innen- und außenpolitischer Krisengefühle. Die Armee sah sich als Garant der inneren Sicherheit gegenüber Linksliberalismus, Sozialdemokratie und Gewerkschaften. Zu sozialen Ausgleich war sie nicht fähig und ebensowenig konnte die Armee mit den überkommenen Traditionsgehalten der Disziplin, der "nationalen Gesinnung" und der Königstreue die Arbeiterschaft politisch integrieren. Dies ist der Grund der sekundären Integration über Kriegervereine, Sammlungsbewegungen und jene Mobilisierung des kleinbürgerlichen Gesinnungsmilitarismus, der die ideologischen und sozialen Antagonismen auf der bürgerlich-konservativen Seite zum Massenphänomen potenziert hat. (KA)
Ausgehend davon, daß die Marktwirtschaft als Ordnung des wirtschaftlichen Teils des menschlichen Zusammenlebens in letzter Zeit umstritten ist und daß politische Kräfte diesseits des radikalen Lagers der Systemveränderer für Ordnungsformen plädieren, die mit marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht vereinbar sind, wird nach den greifbaren Gründen gefragt, die es geboten erscheinen lassen, von einer Gefährdung der marktwirtschaftlichen Ordnung zu sprechen. Drei Gefährdungen werden näher analysiert: (1) "technisches" Versagen; (2) Beeinträchtigung des Grundkonsenses; (3) mangelnde Erfahrbarkeit der marktwirtschaftlichen Ordnung. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, daß die marktwirtschaftliche Ordnung in der BRD gefährdet ist: Besonders bedenklich ist die Situation im Bereich bürokratischer Lenkungen, besonders im sozialstaatlichen Sektor, wo im Gestrüpp staatlicher Reglementierungen die Alternative, daß viele Probleme auch über Märkte sinnvoll zu lösen sind, in der öffentlichen Diskussion der Vergessenheit anheimzufallen droht. (RW)
Die Entwicklung des Sonderschulwesens und die Alternativschulbewegung kennzeichnen entgegengesetzte Pole des Systems Schule, die stellvertretend zeigen, daß sowohl Aussonderung als auch Integration von Minderheiten durch das System Schule begünstigt werden kann. Beide Systeme stellen Lernfelder bereit, um die Regelschule dahingehend zu verändern, daß ein pädagogischer Alltag auch ohne Aussonderung lebbar wird. Es wird gezeigt, daß Schulschwierigkeiten zu spezifischen Formen des "Aussteigens" in die Drogensucht und Suizidalität führen können. Dagegen werden Beispiele für die Schule als Lebenshilfe genannt, die alle Möglichkeiten nutzen, um Aussonderung zu verhindern und Integration zu verstärken. (GB)