Europäische Politik und europäisches Bewusstsein
In: Europäische Identität: Voraussetzungen und Strategien, S. 87-98
In jedem Gemeinwesen ist ein Bewusstsein seiner Bürger für den Zusammenhang von Gesellschaft und Staat notwendig, das nicht nur kognitive und konative Elemente einschließt, sondern auch durch affektive Formen geprägt wird. Identität und Loyalität bezeichnen somit Bindungen und Zugehörigkeiten an die Gesellschaft und ihre politische Ordnung, welche insgesamt die Legitimität und Akzeptanz dieser Ordnung erzeugen und bewahren. Die Legitimität politischer Ordnung entsteht jedoch auch aus dem Zusammenhang verschiedener Faktoren: z.B. aus dem Herkunftsbewusstsein, dessen Reichweite auch das Bewusstsein einer gemeinsamen Zukunft einschließt, aus einer diffusen Systemakzeptanz, d.h. der grundsätzlichen Bejahung der Normen, Strukturen und Prozesse eines politischen Systems sowie aus den Leistungen politischen Handelns in Bezug auf die grundlegenden Bedürfnisse der Bürger in den Bereichen Sicherheit und Wohlfahrt. Der Autor erörtert vor diesem Hintergrund die Legitimationsprobleme der Europäischen Union, die Chancen der Legitimation in einer Reform der EU sowie die weltpolitische Verantwortungsrolle europäischer Politik. (ICI2)