Die Begriffsgeschichte der Termini Revolution und Evolution ist bereits ausführlich und vielerorts nachgezeichnet worden. Ins Blickfeld geriet jedoch selten ein Übertragungs-, Rückübertragungs- und Veränderungsprozess, der sich vor allem ab Mitte des 18. Jahrhunderts abspielte. Während dieses Zeitraumes prägte die Entdeckung der "geologischen Tiefenzeit" zunehmend den naturhistorischen Diskurs, und diese neue Zeit -Vorstellung überschnitt sich mit jener noch wirkmächtigeren politischen und geschichtsphilosophischen Zeit-Vorstellung, die durch die Französische Revolution ausgelöst wurde. Die Übertragungsprozesse von Revolution und Evolution überkreuzten sich in den Debatten der Aufklärung, und während eines bestimmten historischen Zeitraums strukturierten sie gemeinsam den Diskurs der "Geognosie" bzw. "Geogonie", wie zu dieser Zeit die Geologie avant la lettre zu meist genannt wurde. Die Herder'schen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit können in diesem Kontext der Umbruchphase der Spätaufklärung als repräsentativ für diese semantischen Übertragungs- und Wanderungsbewegungen gelten, denn Revolution und Evolution sind entscheidende entwicklungslogische Interpretationskategorien in Herders geogonischem und geschichts-philosophischem Entwurf. Da Herder keinen Bruch zwischen Naturentwicklung (-geschichte) und Menschheitsentwicklung (-geschichte) sieht, sondern beides unter der Perspektive einer Fortschrittsidee subsumiert, gibt es bei ihm auch noch keine eindeutige Kategorisierung und Zuordnung von Evolution (zu Natur) und Revolution (zu Geschichte). Zugleich lassen sich die Mehrdeutigkeiten beider Begriffe sowie ihre sich beschleunigenden semantischen Verschiebungen besonders augenfällig am Beispiel des Herder'schen Textkorpus belegen, das aus diesem Grunde im Zentrum des vorliegenden Beitrags steht.
Begrüßung: Prof.Dr. Thomas Pfeiffer, Prorektor für internationale Beziehungen der Universität Heidelberg Einführung: Prof. Dr. Andreas Draguhn (Neurophysiologie), Fellow am Marsilius-Kolleg (2010 - 2012) Was sind die Grundlagen unserer hohen kognitiven Fähigkeiten, die uns im Verlauf der Evolution zum Homo sapiens machten, dem weisen Affen? Bis vor kurzem gingen Wissenschaftler davon aus, dass der Cortex die Voraussetzung für höhere kognitive Leistungen darstellt und dass wir Menschen, zusammen mit Delfinen, sowohl absolut als auch relativ den größten Cortex haben. Mittlerweile mehren sich aber die Belege, dass auch Vögel, vor allem Rabenvögel, kognitive Leistungen erbringen können, die auf dem Niveau von Schimpansen liegen oder sie teilweise übertreffen. Doch Vögel haben gar keinen Cortex und sollten deshalb nicht zu höheren Denkprozessen fähig sein. Neurobiologische Studien zeigen nun, dass Vögel einen ganz eigenen Weg bei der Evolution ihres Vorderhirns und des Denkens eingeschlagen haben. Diese neuen Erkenntnisse legen nahe, dass es viele evolutionäre Wege zur Entwicklung komplexer Denkprozesse gibt. Homo sapiens ist nur eine davon.
Die in der jüngsten Vergangenheit feststellbare zunehmende Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft erscheint auf ersten Blick als radikal umwälzende Entwicklung. Im Detail betrachtet zeigt sich, dass die aktuellen Tendenzen nur eine Fortsetzung der bestehenden Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte sind - insbesondere der Internationalisierung von Wertschöpfungsketten und den seit den 1990er Jahren bestehenden Automatisierungstendenzen. Die ökonomische Literatur zu den Effekten der Digitalisierung sowie die erfolgreiche Integration der österreichischen Volkswirtschaft in internationalen Wertschöpfungsketten legen nahe, dass die Ausgangsposition Österreichs gut ist, was unter anderem an der signifikanten Industriebasis und dem guten Zugang zu neuen Technologien liegt. Bemerkenswerterweise ergibt sich - unabhängig vom geographischen Entstehen eines globalen Digitalisierungspols - ein positiver Effekt auf die österreichischen Exporte. Zudem erscheinen die Effekte der Digitalisierung auf den österreichischen Arbeitsmarkt tendenziell auf eine niedrige Substituierbarkeit von Tätigkeiten hinzudeuten. Für eine erfolgreiche Bewältigung des digitalen Strukturwandels sind allerdings Anstrengungen auf individueller Ebene sowie Maßnahmen von Seiten der Politik nötig. Dies betrifft die Verfügbarkeit digitaler Netzinfrastruktur ebenso wie eine Umorientierung in Hinblick auf Bildung. Zudem sind weitere Maßnahmen zur strukturellen Entlastung des Faktors Arbeit und Attraktiveren von Unternehmensgründungen im Geiste des Start-up Pakets sowie eine Attraktivierung von innovativen Tätigkeiten in Unternehmen durch mittelfristig ausgerichtete steuerliche Anreize nötig.
Kultiviertes Fleisch ist mithilfe von Zell- und Gewebekulturtechniken hergestelltes Fleisch, welches ein großes Potenzial aufweist, als nachhaltigere und tierethisch vertretbare Alternative zu konventionell produziertem Fleisch den Proteinmarkt zu erobern. Neben Herausforderungen bei der Hochskalierung ist kultiviertes Fleisch derzeit noch nicht als "Novel Food" auf dem europäischen Markt zugelassen. Regierungen anderer Regionen der Welt zeigen sich offener für das neuartige Fleisch. So kam es im Dezember 2020 in Singapur zur ersten Zulassung von kultiviertem Hühnerfleisch für den menschlichen Verzehr. Indes arbeiten Akteure weltweit unter Hochdruck an der Weiterentwicklung von Nährmedien, Trägermaterialien, Bioreaktoren und anderen Parametern im Produktionsprozess, um beispielweise die Effektivität serumfreier Nährmedien für eine großindustrielle Produktion zu verbessern. Im Januar 2022 erreichten Wissenschaftler aus den Niederlanden einen weiteren Meilenstein bei der Entwicklung eines serumfreien Mediums, welches die Differenzierung von Rindersatellitenzellen bei der Produktion von kultiviertem Fleisch unterstützt. Neben den technischen und rechtlichen Herausforderungen bei der Produktion ist die Akzeptanz der Konsumenten entscheidend für eine erfolgreiche Markteinführung. Auch wenn der Großteil der Konsumenten in Europa bereit wäre, das kultivierte Fleisch zu probieren, sind die Ausbildung von positiven Einstellungen und der Abbau von Angst und Ekel gegenüber kultiviertem Fleisch Schlüsselfaktoren zur Akzeptanz des neuartigen Lebensmittels. ; Cultured meat is meat produced with the help of cell and tissue culture techniques that has high potential to conquer the protein market as a more sustainable and animal ethical alternative to conventionally produced meat. In addition to challenges with upscaling, cultured meat has not yet been approved as a "novel food" on the European market. Governments in other regions of the world are more open to the novel meat. For example, the first approval of in vitro chicken ...
Gegenstand der Arbeit ist eine Analyse der Ereignisse, die der Erstürmung der Babri-Moschee von Ayodhya durch Aktivisten der hindu-fundamentalistischen Bewegung am 30. Oktober 1990 vorhergingen. Dabei wird eine Untersuchung all der am Konflikt beteiligten Parteien und Organisationen, ihre Geschichte, Strategien und Taktiken vorgenommen: VHP, BJS/BJP, RSS, moslemische Organisationen, Kongreßpartei, Janata Dal. Die Arbeit zeigt die Wandlungen im Hinduismus auf, die sich durch die Ayodhya-Kampagne ergaben und beschreibt deren religiöse Symbolik. Es werden die rechtlichen Aspekte des Problems der Babri-Moschee im unabhängigen Indien analysiert und die Möglichkeiten der Lösung des Konflikts hinterfragt. Die Arbeit verdeutlicht den Stellenwert der Problematik eingebettet in die Gesamtentwicklung des Landes und deren hauptsächlichen politischen Ideen seit dem Jahre 1947. ; The thesis analyses the events leading up to the storming of the Babri Mosque at Ayodhya by activists of the Hindu fundamentalist movement on 30th October 1990. In this context, all parties and organisations involved in the conflict, their histories, strategies and tactics are examined: Vishva Hindu Parishad, Bharatiya Jana Sangh/Bharatiya Janata Party, Rashtriya Svayamsevak Sangh, Muslim organisations, Indian National Congress, Janata Dal. The thesis demonstrates the changes within Hinduism revealed by the Ayodhya campaign and, in doing so, describes its religious symbolism. Legal aspects of the Babri Mosque issue in independent India are also analysed and possible scenarios of conflict resolution explored. The thesis illustrates the importance of the issue in the context of the country's overall development and its central political trends since 1947.
Summary A precondition for the exchange of scarcities is the existence of exclusive property. Given that transaction takes place via markets and, therefore, scarcities are evaluated on the basis of market prices, an efficient allocation can only be performed if individual and collective property takes a maximum measure in exclusivity. If the judicial system of a society guarantees a pareto-efficient internalization of technological external effects as scarcity indicators, an exclusivity of property can originate, and the approach towards an efficient allocation of the same can be achieved. The consideration of the internalization relevance of physical proprietary bases, property-founding bundles of action and disposal rights as well as economic subjects involved in a technological external effect, however, is an essential condition for efficient internalization. If this unity is broken, internalization is no more possible in the original sense. In that case a separation exists between the dimensions relevant to internalization; actions on a scarcity and the results of actions will not be joined any more on the economic subjects trading in each case. This state that we called fractionation represents the essential cause for an increasing partial centralization of property-founding bundles of action and disposal rights. Depending on a respective democracy form, gradually different parts of valuable, property-founding bundles of action and disposal rights as a collective proprietary size of principals are centralized on political agents who influence this bundle of rights fiduciarily within the scope of the organization of the community (resources, Infrastructure). Since political agents reproduce themselves in the political system by power-motivated voice maximization, there exist incentives to perform Rent Seeking activities, which are induced by partially centralized collective bundles of action and disposal rights and may defy control by principals. Supposing that functionally differentiated subsystems of a democratic social system of a society under the rule of law are autopoietic subsystems, it is the quality of the structural couplings stipulated in a constitution that decides on the question whether social systems are in a reversible or non-reversible fractionation dilemma. ; Eine wesentliche Voraussetzung für den Tausch von Knappheiten ist die Existenz von exklusivem Eigentum. Erfolgt der Tausch über dezentrale Märkte und somit die Bewertung der Knappheit zu Marktpreisen, kann eine effiziente Allokation dann erfolgen, wenn individuelles und kollektives Eigentum ein höchstmögliches Maß an Exklusivität annimmt. Gewährleistet das Rechtssystem einer Gesellschaft eine pareto-effiziente Internalisierung technologischer externer Effekte als Knappheitsindikatoren, kann angepasste Exklusivität von Eigentum entstehen und die Annäherung an eine effiziente Allokation desselben erfolgen. Wesentliche Voraussetzung ist jedoch die Berücksichtigung der Internalisierungsrelevanz, indem physische Eigentumsbasen, eigentumbegründende Handlungs- und Verfügungsrechtsbündel sowie Wirtschaftssubjekte nach Maßgabe der Involviertheit in einen technologischen externen Effekt eine Einheit bilden. Werden internalisierungsrelevante Zusammenhänge durchbrochen, ist eine Internalisierung im ursprünglichen Sinne nicht mehr möglich. Vielmehr besteht eine Trennung zwischen den internalisierungsrelevanten Größen; Handlungen an einer Knappheit und Handlungsfolgen vereinen sich nicht mehr auf jeweils handelnde Wirtschaftssubjekte. Dieser als Fraktionierung bezeichnete Tatbestand stellt die wesentliche Ursache für eine zunehmende Teilzentralisierung eigentumbegründender Handlungs- und Verfügungsrechtsbündel dar. In Abhängigkeit einer jeweiligen Demokratieform graduell unterschiedlich wird ein Teil wertvoller, eigentumbegründender Handlungs- und Verfügungsrechtsbündel als kollektive Eigentumsgröße der Prinzipale auf politische Agenten zentralisiert, die diese fiduziarisch im Rahmen der Organisation des Gemeinwesens (Ressourcen, Infrastruktur) beeinflussen. Da sich politische Agenten im politischen System durch machtmotivierte Stimmenmaximierung reproduzieren, bestehen Anreize zu Rent-Seeking-Aktivitäten, die durch teilzentralisierte kollektive Handlungs- und Verfügungsrechtsbündel induziert sind und sich der Kontrolle durch die Prinzipale entziehen können. Wird unterstellt, dass es sich bei funktional ausdifferenzierte Teilsystemen eines rechtsstaatlichen, demokratischen Gesellschaftssystems um autopoietische Teilsysteme handelt, so entscheidet die Qualität der in einer Verfassung angelegten strukturellen Kopplungen über die Frage, ob sich Gesellschaftssysteme in einem reversiblen oder irreversiblen Fraktionierungsdilemma befinden.
Der Weg in die elektromobile Zukunft wird einer Evolution und nicht einer Revolution gleichen. Das reine Elektroauto wird auch im Jahr 2020 ein Nischenprodukt sein, denn bis dahin werden verbrauchsoptimierte Autos mit Verbrennungsmotor und verschiedene Varianten von Hybridfahrzeugen die wirtschaftlich bessere Option sein. Die langsame Marktdurchdringung ist eine Herausforderung für die Automobilindustrie. Sie muss ihre Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in diesem Bereich hochfahren, ohne dass diesen Investitionen kurzfristig ein entsprechender Markt gegenüberstünde. Gleichzeitig verlangen Kunden und Regulierer, dass die Energieeffizienz der konventionellen Antriebe stetig verbessert wird. In dieser Situation wird viel über staatliche Förderung diskutiert, wobei der Staat entweder die Nachfrage stimulieren oder die Angebotsseite stärken kann. Jede Form der staatlichen Unterstützung stellt dabei eine Gratwanderung dar, weil sie schnell sehr teuer wird und dazu neigt, nicht marktkonforme Lösungen zu fördern. Ein wichtiger Baustein für Deutschland auf dem Weg zum Leitanbieter von Elektroautos ist die Ausbildung der nötigen Fachkräfte. Staat und Unternehmen sollten sich schon heute um den akademischen Nachwuchs bemühen, da sich Engpässe abzeichnen. ; Even in 2020 the fully electric car will still be a niche product, since until then cars driven by combustion engines with optimised fuel consumption and different kinds of hybrid vehicles will continue to be the more economical option. This slow rate of market penetration presents the automobile industry with a challenge. Manufacturers must rev up their R&D activities in this field without, in the short term, having a corresponding market to recoup their investments. At the same time, both customers and regulators are demanding continual improvements to the energy efficiency of conventional engines. In this situation there is much discussion of state subsidies, which can be used either to stimulate demand or to reinforce the supply side. However, with their rapidly soaring costs and their tendency to promote market-distorting solutions, government subsidies in any form are a tight-rope act. Training the necessary skilled workers is an important step for Germany, which is intent on becoming a leading supplier of electric vehicles. Given that there are already signs of training bottlenecks, both government and industry should already be striving to ensure the supply of young graduates.
Die deliberative Demokratie setzt die Marktwirtschaft als ein System des wirtschaftlichen Wettbewerbs voraus. Dies kann anhand des Popperschen Konzepts einer Offenen Gesellschaft mit Piecemeal Engineering nachgewiesen werden. Denn die Kohärenz einer Offenen Gesellschaft setzt bei endogen beeinflussten Präferenzen voraus, dass diese Präferenzen adaptiv sind. Ohne Marktwirtschaft würden adaptive Präferenzen jedoch zu gesellschaftlicher Erstarrung führen. - Andererseits setzt die Legitimierung der Marktwirtschaft auch die deliberative Demokratie voraus. Denn die interpersonellen Einflüsse auf Präferenzen und Werte bedürfen zu ihrer Legitimierung des Wettbwerbs dieser Einflüsse, den es nur im Rahmen einer demokratisch strukturierten Öffentlichkeit gibt. Die Kohärenz eines solchen Systems wird gestützt durch die Tatsache, dass man interpersonelle Präferenzeinflüsse oft in Analogie zu adaptiven Präferenzen sehen kann. Das gilt insbesondere für das universelle Phänomen der Nachahmung.
Die Verabschiedung des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT), die Gründungsschritte in Richtung Europäische Union und der Beginn der Entkolonialisierung Afrikas liegen zeitlich sehr eng beieinander. So prägten die EU und ihre sukzessiven Erweiterungen von Anbeginn das Präferenzsystem der Welthandelsorganisation für Entwicklungsländer als auch die globale Verbreitung von Freihandelsabkommen. Letztere wird beschleunigt durch den Stillstand in den multilateralen Verhandlungen der 'Doha-Entwicklungsrunde' der Welthandelsorganisation (WTO) und in jüngster Vergangenheit durch den Rückzug der USA aus mega-regionalen Verhandlungen, aufflammende Handelskriege und gegen das Welthandelssystem gerichtete Drohungen. Bereits heute findet 40% des Handels der EU und 45% des österreichischen Handels mit Drittstaaten mit Partnerländern innerhalb des Rahmens eines Freihandelsabkommens statt. Sollten alle aktuellen Verhandlungen tatsächlich zu einem Abschluss kommen, würden 80% der Extra-EU-Handelsflüsse der EU und Österreichs über bi- oder plurilaterale FHA geregelt. Der Umfang der Abkommen variiert erheblich und zielt insbesondere bei der jüngeren Generation der EU-Abkommen nicht nur auf Reduktionen von Zöllen und Handelshemmnissen, sondern verstärkt auf die Harmonisierung von Standards ab. Da unterschiedliche Regulierungen (z.B. im Gesundheits- oder Umweltbereich) teilweise auf unterschiedliche Präferenzen der Bürger und Bürgerinnen zurückzuführen sind, ist davon auszugehen, dass der optimale Grad an Handelsliberalisierung und wirtschaftlicher Integration nach Partnerländern variiert.
In Deutschland beanspruchen gleich zwei Ressorts, das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) die Zuständigkeit für die deutsche Innovationspolitik. Dieses für den Bund offensichtlich bedeutsame Politikfeld eröffnet zum einen die Frage, auf welchen Prinzipien die gegenwärtige Forschungs-und Technologiepolitik aufgebaut ist und zum anderen, wie es gelingen soll, die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für FuE-Aktivitäten zu verbessern. Dieser Beitrag widmet sich der industrieökonomischen Innovationsforschung und der Umsetzung ihrer Ergebnisse in der Wirtschaftspolitik. Ausgangspunkt ist ein Rückblick auf theoretische Konzepte, die seit den grundlegenden Studien von Arrows (1962) in der Literatur entwickelt worden sind. Dazu gehören die Entwicklung von Patentrennenmodellen, Modellen präemptiven Verhaltens und Überlegungen zur Funktionsweise von Wissensexternalitäten. Gerade das Konzept der "absorptiven Kapazität", Ende der 80er Jahre von Cohen und Levinthal vorgeschlagen, hat sich nicht nur in der volkswirtschaftlichen Forschung als wichtig erwiesen, sondern auch in der Betriebswirtschaftslehre. Den Fortschritten in der Wissenschaft steht eine Entwicklung in der Forschungs- und Innovationspolitik gegenüber, die nur mäßig von ökonomischen Konzepten beeinflusst worden ist. Nach Darstellung des Entwicklungsverlaufs der bundesdeutschen Innovationspolitik kommt eine Analyse des Förderinstrumentariums zu dem Schluss, dass insbesondere die Wirkungsforschung in Deutschland noch unterentwickelt ist und vor neuen Herausforderungen steht. ; We consider the development of German federal research and technology (R&T) policies since the 1960s and sketch the evolution of today?s highly differentiated and complex set of policy instruments. Advances from economic theory and empirical results are reflected in this evolution, but have not necessarily been the driving force. In some instances, innovative policy instruments have been introduced in order to accomodate the state of the art in economic analysis; in other cases, such innovations have preceded a thorough analysis of the respective policy instruments. A major point of concern is the lack of comprehensive evaluation and cost-benefit analyses in R&T policies. In this regard, German policy practice lags behind well-established procedures in other countries.
Die "Erzbergerschen Steuer- und Finanzreformen" 1919/20 haben das deutsche Steuer- und Finanzsystem nahezu vollständig umgestaltet, modernisiert und stark ausgebaut. Wesentliche Elemente dieser Reformen haben bis heute Bestand - die Grundstrukturen des Steuersystems und der Steuerrechtsordnung sowie der zentralistische kooperative Finanzföderalismus. Das NS-Regime konsolidierte die Reformen und erhöhte die Steuerbelastungen weiter. Wiederaufbau und Wirtschaftswunder begannen bei sehr hohen Einkommensteuersätzen, die erst schrittweise gesenkt wurden. Steuervergünstigungen unterstützten die Struktur- und Regionalpolitik seit den 50er Jahren, der Sozialstaat wurde ausgebaut, seit den 60er Jahren wurden gesamtwirtschaftliche Stabilisierungsziele verfolgt. Ab den 70er Jahren dominierten Strukturprobleme und Konsolidierung die Steuer- und Finanzpolitik, seit den 80er Jahren angebotsökonomische und (neo)liberale Reformagenden. Die Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen wurden gesenkt, die indirekten Steuern ausgebaut. Seit der Finanzkrise 2009 stehen Verteilungsfragen wieder stärker im Vordergrund.
Vor dem Hintergrund des steigenden Leistungsniveaus, der Reduzierung von Emissionen, der sinkenden Motorengewichte, der Einschränkung der Gestaltungsfreiheit sowie der zunehmenden thermischen und mechanischen Belastungen bei der Motorenentwicklung für den Automobilbereich sind die derzeit vorhandenen Werkstoffe vielfach bis in den Grenzbereich optimiert. Um auch in Zukunft den Anforderungen der Politik und Kunden gerecht zu werden, wurden im Rahmen dieser Arbeit neue Legierungen durch die Zugabe von unterschiedlichen Elementen mit differenzierenden Gehalten bei den Legierungessystemen AlMgSi, AlSi6Cu4, AlSi10Ni3 und AlCu5Mn zusammengestellt und systematisch untersucht. Neben der Bestimmung der mechanischen, gießtechnologischen und physikalischen Eigenschaften erfolgte auch eine metallkundliche Untersuchung. Als Vergleich der gewonnenen Ergebnisse diente die Legierung AlSi7Mg. Das ausgeglichenste und beste Eigenschaftsniveau, welches besonders durch eine wesentliche Steigerung der mechanischen Eigenschaften nach thermischer Belastung bei unterschiedlichen Temperaturen hervorgerufen wurde, wiesen die Legierungen AlMg3Si1VScZr, AlMg5Si3VScZr und AlCu5MnNiCe auf, welche in naher Zukunft für Vorserienabgüsse und Motorenprüfstandsläufe verwendet werden sollen.
Die systemtheoretische Betrachtung eines Netzwerk-Phänomens kann bei einem Bullen und zwei Kühen anfangen. Für diese Arbeit hat das zwei Vorteile: Zum einen meiden wir dadurch größtenteils das Feld der babylonisierten Netzwerkdebatte (Faßler 2001: 22), und können im Ergebnis dennoch durch qualifizierte Impulsen an diese Debatte anschließen. Zum zweiten ergibt sich so die ausgezeichnete Gelegenheit, auch den Missionar Samuel Marsden zu würdigen, der die drei Rinder im Jahre 1814 nach Neuseeland brachte. Denn im Ergebnis dieses folgeschweren Imports produziert das Land bald einen Überschuss an Milch-Produkten, den es 1846 erstmals exportieren kann: eine Ladung Käse wird nach Australien verschifft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts umschiffen die ersten Kühltransporte schließlich das Haltbarkeitsdatum, wodurch der Anschluss an den Weltmarkt erfolgt. Heute begrasen drei Millionen unsubventionierte Rinder die subtropische Nordinsel Neuseelands. Hier werden 36% aller weltweit gehandelten Molkerei-Produkte hergestellt, und damit 20% der Deviseneinnahmen des Landes erwirtschaftet (Donoso 2002). Kontrolliert wird der gesamte Prozess von der Fonterra Co-operative Group Ltd., Neuseelands größtem Unternehmen, für das ca. 95% der neuseeländischen Milch-Farmer arbeiten, weil es ihnen gehört. Die Genossenschaft übernimmt die Milch, deren Weiterverarbeitung zu preiswerten Markenprodukten und deren Platzierung am Markt. Dafür verfügt das Unternehmen über ein dichtes globales Netz von Produktionsstätten, Niederlassungen und Beteiligungen. Fonterra verkauft in 140 Länder, beschäftigt dafür 20.000 Mitarbeiter, machte NZ $ 12 Milliarden Gewinn (Donoso 2002) und gilt damit als größter Exporteur sowie viertgrößter Produzent im globalen Marktsegment. Größere Schlagzeilen brachte dem Unternehmen zuletzt eine strategische Allianz mit Nestlé ein. Inzwischen strebt es offen die globale Marktführerschaft an. Man kann Fonterra nun mit Blick auf die Organisation der 13.000 Milch-Farmer als ein genossenschaftliches Netzwerk (Theurl 2004) einführen. Mit Blick auf die Funktion der 20.000 weiteren Mitarbeitern ist die Kooperative aber genauso gut ein hierarchisches Unternehmen oder schließlich in der Zusammenschau eine hybride Mischform (Sydow/Well 1996; Mayntz 1993). Wir stellen die Organisation schlicht als aber schlicht als das vor, was sie dem eigenen Vernehmen nach ist: eine Kooperative mit einer erstaunlichen Weltmarkt-Performance, und das ausgerechnet in einem der meist umkämpften Marktsegmente (Wilson 2002), in dem andere Kooperativen systematisch an die Grenzen ihrer strukturellen Anpassungsfähigkeit stoßen (Harte 1997, Wilson 1999). Um dieses Phänomen multidimensional untersuchen zu können, betrachten wir das Konzept der Kooperative als Form der strukturellen Kopplung sozialer Systeme, die wir am Beispiel Fonterra genauer untersuchen. Kernanliegen des Aufsatzes bleibt es, Systemtheorie und Netzwerk-Begriff systematisch aufeinander zu beziehen. Konkret geschieht das aber, wie angedeutet, indem die systematische Suche nach einem umfassenden Netzwerk-Begriff in weiten Strecken ausgeblendet wird. Diese Verlagerung bedeutet zunächst eine sichtbare Zumutung an den Leser (vgl. Abb. 1), führt aber zu Ergebnissen; ganz direkt etwa zu einer nachvollziehbaren Gliederung: Im Grunde besprechen wir einen Ausschnitt Gesellschaft, dem wir uns immer wieder in Ausschnitten oder unter spezifischen Fragestellungen nähern: Grundlage dafür sind systematische Überlegungen zum Begriff der strukturellen Kopplung (2), durch die wir Sequenzen einer Evolutionsgeschichte des Konzepts der Kooperative als strukturelle Kopplung zwischen Politik und Wirtschaft vorbereiten. Im Anschluss daran interessieren uns aktuelle Erscheinungsformen des Konzepts der Kooperative; auf Grundlage einer Typologie kooperativer Organisationsformen entwickeln wir ein vergleichsweise hoch auflösendes Bild des Konzepts der Kooperative als strukturelle Kopplung im Übergangsfeld zum Wirtschaftssystem (3). Nun können wir die aktuelle Organisationsform der Kooperative Fonterra und deren Funktion als produzenten-optimale Form der strukturellen Kopplung zwischen Produzent und Absatzmarkt bestimmen (4); daran anschließend können wir Form und Funktion der neuseeländischen Molkerei‑Industrie präzise von früheren unterscheiden (5). Dabei skizzieren wir folgende Entwicklung: Angesichts der Liberalisierung des Weltagrarmarktes stoßen immer mehr Kooperativen an die Grenzen ihrer strukturellen Anpassungsfähigkeit. Während die einen in dieser Situation scheitern, agieren erfolgreiche Kooperativen neuerdings zunehmend, und zunehmend global, wie konventionelle Unternehmen. Setzt sich diese Tendenz fort, so lässt sich zeigen, ist mit dem Konzept der Kooperative bald eine spezifische Produktionsweise und damit eine spezifische Form der strukturellen Kopplung zwischen politischem und Wirtschaftssystem zerbrochen. Schließlich zeigen wir am Beispiel: Netzwerke sind Systeme, die wir als strukturelle Kopplungen betrachten. Und dass ein systemtheoretischer Zugang zum Netzwerkbegriff zu einer umfassenden Perspektive führt, die formale, funktionale, elementare, geografische und historische Unterscheidungen gleichermaßen integriert (6). ; The New Zealand co-operative Fonterra represents a success story of the conversion of agricultural co-operatives to market driven agrarian corporations, which the present paper discusses as the special case of an organization that changed its primary function systems reference from politics to the economy, i.e. as remarkable a case as if a bank turned into a sports club.
Menschen lieben die Illusion, in einer stabilen Welt und Umwelt zu leben. Die Wirklichkeit zeigt aber häufig das Gegenteil: Werden, Vergehen und Zufall spielen eine größere Rolle als Stabilität. Diese Erkenntnis lehrten Philosophen (Heraklit, Epikur, Lukrez) schon vor über 2000 Jahren. Alle Lebewesen auf unserem Planeten, inklusive des Menschen und seiner Vorfahren, haben sich im Verlauf der Evolution ständig verändert und weiterentwickelt und tun es auch heute noch. Arten diversifizieren sich und verändern stetig ihre Verbreitung. Auch unser Planet Erde unterliegt seit seiner Entstehung vor 4,55 Milliarden Jahre einem steten Wandel, was die Lage und Größe der Kontinente oder das Klima angeht. Insbesondere weisen die letzten 2 Millionen Jahre einen zyklischen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten auf. Der moderne Mensch hat seine Umwelt seit jeher durch diverse Schlüsselinnovationen (Schrift, Werkzeuge, Hausbau, Domestikation von Pflanzen und Tieren, Jagd und Technologien) aktiv beeinflusst und ständig verändert. Diese Entwicklung wird in der Neuzeit, in der die Menschheit auf über 7 Milliarden Individuen angewachsen ist, besonders sichtbar. Aber auch im Bereich der Soziologie, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik kann man ein Werden und Vergehen von Konzepten und Modellen erkennen, ähnlich wie dies für die physische Welt und belebte Natur (Evolution) diskutiert wird. Der Leitspruch von Heraklit von Ephesos "panta rhei" fasst die Wirklichkeit unserer Welt und unseres Daseins treffend zusammen.