"Der Verlust Finnlands 1809 wurde in der schwedischen Hisoriographie unter unterschiedlichen Vorzeichen diskutiert. Während des frühen 20. Jahrhunderts wurde das Aufbrechen des Staates aus einer nationalistischen Perspektive betrachtet. Man argumentierte, dass die Menschen in Schweden, oder die 'öffentliche Meinung', die Nachricht vom Friedensschluss in Fredrikshamn 1809 mit Verzweiflung und unter der Prämisse eines 'nationalen Traumas' entgegengenommen hätten, so dass dieser als schlimmste Niederlage in der schwedischen Geschichte interpretiert wurde. Zeitgenössische Forscher hinterfragen, ob der Verlust Finnlands im frühen 19. Jahrhundert tatsächlich als nationales Trauma empfunden wurde. Dieser Artikel fasst zunächst den Hintergrund des Krieges und seine wichtigsten Ereignissen zusammen, um im Anschluss das Verständnis von Schweden im Zustand eines nationalen Schocks nach der Abtrennung Finnlands zu problematisieren." (Autorenreferat)
'Dieser Beitrag ist ein Überblick über einen Teilaspekt des Forschungsfeldes 'Kinder des Krieges', nämlich über Kinder ausländischer Soldaten und einheimischer Mütter während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Während dieses Konfliktes waren Millionen von Soldaten, oftmals für einen erheblichen Zeitraum, in unterschiedlichen Ländern - weltweit - stationiert. Dies geschah manchmal zur Kriegsvorbereitung, (z.B. US-Amerikaner und Kanadier in Großbritannien), während einer Militäraktion im Feindesland (deutsche Soldaten in Osteuropa, Frankreich, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Griechenland etc.), oder nach dem Ende einer militärischen Operation als Teil der Friedenssicherung nach der Kapitulation eines besiegten Landes (z.B. amerikanische, britische, französische und sowjetische Soldaten in Deutschland oder Österreich). In einem zweiten Schritt wird diskutiert werden, wie zusätzliches Wissen über die Situation der Kinder des Zweiten Weltkrieges unser Verständnis der Situation der Kinder des Krieges allgemein und speziell auch in gegenwärtigen Konflikten verbessern kann. Schließlich werden einige methodische Überlegungen eingeführt, die für das Forschungsfeld der Kinder des Krieges unabhängig von Raum und Zeit von Bedeutung sind, bevor eine Forschungsagenda für zukünftige Schwerpunkte vorgeschlagen wird.' (Autorenreferat)
Vorspann Im Frühjahr 1957 setzte die Bundesregierung eine "Wissenschaftliche Kommission für die Dokumentation des Schicksals der deutschen Kriegsgefangenen des 2. Weltkriegs" ein. Ging es dem federführenden Vertriebenenministerium darum, Dokumentenmaterial für etwaige Friedensverhandlungen zusammenzustellen, wollte der mitgliederstarke Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermisstenangehörigen das Thema der Kriegsgefangenschaft in der bundesdeutschen Erinnerungskultur prominent platzieren. Birgit Schwelling untersucht, wie das von der Kommission vertretene Postulat strenger Wissenschaftlichkeit zunächst mit den "Überlieferungsbedürfnissen" der Zeitzeugen, dann auch mit den entspannungspolitischen Rücksichten wechselnder Bundesregierungen in Konflikt geriet, die für eine Sekretierung der Dokumentation in ausgewählten Bibliotheken sorgten.
Peace agreements form a crucial element of strategies to bring security from outside: they involve third-party mediators during the negotiation stage and often peacekeeping troops to guarantee the agreement at an implementation stage. Peace roundtables usually involve top politicians and military leaders, who negotiate, sign, and/or benefit from the agreement. What is usually and conspicuously absent from peace negotiations is broad-based participation by those who should benefit in the first place: citizens. More specifically, the local level of security provision and insecurity production is rarely taken into account. This paper reviews parts of the academic debate on power sharing and war termination, touching on some key findings by the main researchers working on the topic. The ambivalent African experience with Arend Lijphart's four main ingredients of consociational democracy (grand coalition, minority veto, proportional representation, group autonomy) is summarized. Recent major African peace agreements (1999-2007) are analyzed, and their power-sharing content detailed. Most agreements contain some 'though varying' power-sharing devices. Most striking is the variation regarding the important question of who is sharing power with whom. Obviously, only those present at the negotiation table can really count on being included in major ways. Finally, three country cases are analyzed over a longer time period: Côte d'Ivoire (2002-2007), Liberia (1994-2003), and Central African Republic (1996-2007). The conclusion focuses on the factors of failure of peace agreements that place a heavy emphasis on power sharing. ; Friedensabkommen bilden die wichtigsten Bestandteile von Strategien, um Sicherheit 'von außen' herzustellen. Sie involvieren außenstehende Mediatoren während der Verhandlungsphase und häufig Friedenstruppen, um die Einhaltunge des Abkommens zu garantieren, in der Implementierungsphase. Bei Friedensverhandlungen treffen sich Spitzenpolitiker und Personen der militärischen Führung, die das Abkommen verhandeln, unterzeichnen und/oder direkt davon profitieren. Dagegen ist eine breite Partizipation derer, die in erster Linie aus dem Frieden Nutzen ziehen sollten, nicht üblich und seltsamerweise nicht vorgesehen. Insbesondere die lokale Ebene, die Sicherheit bereitstellt oder Unsicherheit erzeugt, findet keine Beachtung. Der vorliegende Beitrag fasst Teile der akademischen Debatte zu Machtteilung und Kriegsbeendigung zusammen, indem zentrale Ergebnisse der wichtigsten zum Thema arbeitenden Wissenschaftler aufgegriffen werden. Die ambivalente Erfahrung mit Arend Lijpharts vier Hauptbestandteilen der Konkordanzdemokratie (Große Koalition, Minderheitenveto, Verhältniswahl und Gruppenautonomie) in Afrika wird zusammengefasst. Jüngere afrikanische Friedensabkommen (1999-2007) werden auf ihren Gehalt an Machtteilung hin analysiert. Die meisten Abkommen enthalten - allerdings unterschiedliche - Mechanismen zur Machtteilung. Am auffälligsten ist aber die Variation in der zentralen Frage, wer mit wem Macht teilt. Es ist offensichtlich, dass nur die bei Verhandlungen teilnehmenden Akteure damit rechnen können, substanziell mit einbezogen zu werden. Schließlich werden drei Länderfallstudien über einen längeren Zeitraum analysiert: Côte d'Ivoire (2002-2007), Liberia (1994-2003) und Zentralafrikanische Republik (1996-2007). Die Schlussbemerkung konzentriert sich auf Faktoren für das Scheitern von Friedensabkommen, die Elemente der Machtteilung stark hervorgehoben hatten.
Half a century after independence, African elites, at least those in conflict-ridden countries, often live in constant fear for their life. Real or invented coup attempts, political assassinations, beatings of opposition leaders, the distribution of death lists, etc. have a profoundly traumatizing and self-perpetuating effect. Purges, not least in the security apparatus, are not uncommon, particularly after changes in government, be they peaceful or violent. These purges come at a cost: the excluded elites are frequently tempted to use violence to come back into the 'dining room' - and the excluding government tries to prevent reentry by all means. This contribution draws a dense picture of elite (in)security in three African countries (Central African Republic, Côte d'Ivoire and Liberia). A comparative analysis of elite security needs and devices is undertaken, permitting the author to draw some preliminary conclusions: The ineffectiveness of state institutions (presidential guards, etc.) in breaking the insecurity trap by providing special elite-protection services is obvious. The record of private security services is most debatable and efforts by international actors need to be looked at more closely: UN peacekeepers can be effective when they are sufficient in number and have the appropriate mandate. The record of French interventions in former colonies has over time become ever more ambivalent and has lost any preventive meaning. ; Ein halbes Jahrhundert nach der Unabhängigkeit leben die Eliten zumindest der durch Konflikte zerrissenen Staaten in beständiger Lebensangst. Tatsächliche oder erfundene Putschversuche, politische Attentate, das Verprügeln von Oppositionspolitikern, die Verbreitung von Todeslisten etc. haben tief traumatisierende und sich selbst verstärkende Effekte. Säuberungen, vor allem im Sicherheitsapparat, sind nicht unüblich, gerade nach friedlichen oder gewaltsamen Regierungswechseln. Diese Säuberungen produzieren Kosten: ausgeschlossene Eliten sind oft geneigt, Gewalt anzuwenden, um ins 'Speisezimmer' zurückzugelangen, und die Regierung versucht, diese Wiederkehr mit allen Mitteln zu verhindern. Der vorliegende Beitrag zeichnet ein dichtes Bild der (Un)Sicherheit von Eliten in drei afrikanischen Staaten (Zentralafrikanische Republik, Côte d'Ivoire und Liberia). Vorgenommen wird eine komparative Analyse von Bedarfen und Mechanismen der Elitensicherheit, um zu folgenden vorläufigen Ergebnissen zu kommen: offensichtlich ist die Ineffizienz staatlicher Einrichtungen (Präsidialgarden etc.), durch spezifischen Elitenschutz die Unsicherheitsfalle zu durchbrechen. Die Bilanz privater Sicherheitsdienste ist umstritten und die Bemühungen internationaler Akteure müssen näher betrachtet und differenziert werden: UN-Friedenstruppen können effizient sein, wenn sie in ausreichender Zahl und mit dem richtigen Mandat auftreten. Die Bilanz französischer Interventionen in Exkolonien ist dagegen allmählich immer ambivalenter geworden und hat mittlerweile jegliche vorbeugende Wirkung verloren.
Nachdem die Begriffe Sicherheit und Entwicklung während des Kalten Kriegs fast ausschließlich im Licht der gegenseitigen Bedrohung der Blöcke, also unter Staatsaspekten betrachtet wurden, traten nach das Ende des Ost-West-Konflikts sowohl die Bedeutung inner-gesellschaftlicher Konflikte für die menschliche Sicherheit als auch die Fragwürdigkeit des Zusammenhangs zwischen Wirtschaftswachstum und Entwicklung deutlicher zu Tage. Mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurden der Begriff Sicherheit erneut überwiegend staatszentriert verstanden. Die Entwicklungspolitik musste sich den staatlichen Sicherheitsinteressen unterordnen. Bei heutigen Einsätzen internationaler Friedenstruppen, die sich auf das Ziel der Schaffung von Sicherheit und Entwicklung im Einsatzland berufen, spielen die sicherheitspolitischen Interessen der Truppenentsende-Länder selbst eine gewichtige Rolle. Nach wie vor fehlt ein allgemeines, funktionierendes Konzept für die Umsetzung bzw. die Erlangung von Sicherheit und Entwicklung in Nachkriegsländern. (IFSH-Pll)
"Die mögliche Entwicklung der Risiko-Gesellschaft zu etwas, das man als eine Bedrohungsgesellschaft bezeichnen könnte, in der Bedrohungswahrnehmungen von der Politik in einem Maße ausgebeutet werden, wie es in der Moderne selten da gewesen ist, stellt in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für den Konflikt- und Friedensjournalismus dar. Der Kontext des Krieges gegen den Terror als vorherrschende globale Diskursordnung und das Fehlen einer konsistenten Strategie zur Demokratisierung von Nachkriegsgesellschaften, ebenso wie Kriegspropaganda, Wahrnehmungsmanagement und psychologische Operationen als Teil der Medienkriege, die parallel zu den militärischen Operationen geführt werden, verleihen der Diskussion über Relevanz, Tragweite und Anwendbarkeit friedensjournalistischer Modelle und/ oder Philosophien in der aktuellen internationalen Lage höchste Dringlichkeit. Der vorliegende Aufsatz skizziert Ansatzpunkte für eine solche Diskussion in der Bedrohungsgesellschaft." (Autorenreferat)
Das Jahrzehnt zwischen 1900 und 2000 ; welches das Objekt dieser Dissertation ist ; war reich an Ereignissen in den Chinesisch-Tibetischen Beziehungen. Das Dialog zwischen Peking und Dharamsala ; welches in der frühen 1980er initiiert wurde ; ist zusammengebrochen ; China hat Wirtschaftsreformen und Infrastrukturprojekte gestartet ; die für das Überleben des tibetischen Volkes fatal sein könnten ; die Tibeter haben angefangen ihr politisches Anliegen zu internationalisieren und die Politik des Mittleren Weges wurde demokratisch von dem tibetischen Volk einstimmig akzeptiert. Es war ein Jahrzehnt von vielen hoffnungsvollen Anzeichen für das tibetische Volk – die Berliner Mauer ist gefallen ; die Sowietunion ist zerfallen und der Kommunismus in Europa war besiegt ; die chinesischen Studenten sind gegen ihre Regierung und für mehr Demokratie aufgestanden ; der Straßburger Vorschlag des Dalai Lama hat eine weltweite Unterstützung erfahren und der Friedensnobelpreis wurde Dalai Lama verliehen. Für die Kommunistische Partei Chinas war es ein Jahrzehnt ernsten internen und internationalen Herausforderungen – ihr angeschlagenes Image zu aufzubessern und das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen. Andererseits bekam der tibetische Nationalkampf internationale Beachtung und Unterstützung. Immerhin ; die chinesische Regierung hat nicht nur ihre Kontrolle über Tibet gestärkt ; sondern es auch geschafft die internationale Kritik diesbezüglich zu vermeiden. Das Geduldspiel von Peking und seine unverändert harte tibetische Innenpolitik ; sowie die "Wieder-Ausbildungskampagnen" ; haben Dalai Lama dazu gezwungen auf den Aufruf für Unabhängigkeit zu verzichten und statt dessen für eine "reale Autonomie" zu plädieren. Dalai Lama und seine Exilregierung formulierten die Politik des Mittleren Weges ; die von den Exiltibetern eindeutig unterstützt wurde. Sie erhielt auch einen großen Zuspruch von den westlichen Regierungen ; den chinesischen Intellektuellen und den Befürwortern der Demokratie. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnte jedoch diese Politik die Regierung in Peking nicht überzeugen. Strategisch gesehen war das Jahrzehnt 1990-2000 eines der günstigsten für das tibetische Volk im Nationalkampf einen großen Schritt nach vorne zu machen und hat sich dadurch eine nähere Erforschung verdient. Diese Dissertation versucht die komplexen Faktoren zu analysieren ; die den Chinesisch-Tibetischen Konflikt beeinflusst haben und die riskanten Politiken zu enthüllen – die Politiken des Bevölkerungstransfers und Unterdrückung der Glaubensfreiheit – welche von der chinesischen Regierung innerhalb des Tibetischen Autonomen Region implementiert wurden.
Regional powers can be distinguished by four pivotal criteria: claim to leadership, power resources, employment of foreign policy instruments, and acceptance of leadership. Applying these indicators to the South African case, the analysis demonstrates the crucial significance of institutional foreign policy instruments. But although the South African government is ready to pay the costs of co-operative hegemony (such as capacity building for regional institutions and peacekeeping), the regional acceptance of South Africa's leadership is constrained by its historical legacy. Additionally, Pretoria's foreign policy is based on ideational resources such as its reputation as an advocate of democracy and human rights and the legitimacy derived from its paradigmatic behaviour as a 'good global citizen'. However, the Mbeki presidency is more successful in converting these resources into discursive instruments of interest-assertion in global, rather than in regional bargains. In effect the regional power's reformist South-oriented multilateralism is challenging some of the guiding principles of the current international system. ; Regionale Führungsmächte können anhand von vier Kriterien unterschieden werden: Artikulation des Führungsanspruchs, verfügbare Machtressourcen, außenpolitische Instrumente zur Interessendurchsetzung und Akzeptanz des Führungsanspruchs durch externe Akteure. Die Übertragung dieser Kriterien auf den südafrikanischen Fall zeigt zunächst die zentrale Bedeutung institutioneller Instrumente innerhalb der südafrikanischen Außenpolitik. Obgleich Pretoria bereit ist, die Kosten kooperativer Hegemonie zu tragen (z.B. Investitionen in Regionalinstitutionen und Friedenssicherung), untergräbt das historische Legat der Ära der Apartheid den regionalen Führungsanspruch. Dabei basiert die Außenpolitik des demokratischen Südafrika zuvorderst auf ideellen Ressourcen: Als Anwalt für Demokratie und Menschenrechte hat Südafrika seit dem Regimewechsel viel Renommee und Legitimität erworben. Die Konvertierung dieser ideellen Ressourcen in diskursive Instrumente zur Interessendurchsetzung gelingt der Regierung Mbeki in globalen Verhandlungen allerdings weitaus besser als in afrikanischen Institutionen. Im Ergebnis stellt der reform- und entwicklungsorientierte Multilateralismus der südafrikanischen Regionalmacht einige etablierte Normen des gegenwärtigen internationalen Systems in Frage.
The termination of war is mostly seen as a basis not just for recovery but for a fundamental transformation or change in development paths towards peace, stability and development. The Central American peace processes of the last decades were one of the first laboratories for the liberal peace-building paradigm which assumes that the threefold transformation to peace, democracy and market economy is a self-strengthening process leading to sustainable development. Although none of the three countries slipped back into war, serious deficits remain. This paper introduces an analytical framework that aims at interrelating the threefold transformation with the impact generated by four processes. These include the repercussions generated by the international system on a country's society, its historical, cultural and social foundations, the legacies of violence and the peacebuilding initiatives the country concerned has witnessed. The comparative analysis of changes in the public security sector, the political system, conflict resolution and the use of resources show why there is so much path dependency that can explain the deficits of transformation. ; Die Beendigung interner Kriege wird vielfach nicht nur als Möglichkeit für einen Wiederaufbau, sondern auch für eine grundlegende Transformation und einen Pfadwechsel zugunsten von Frieden, Stabilität und Entwicklung betrachtet. Die mittelamerikanischen Friedensprozesse der vergangenen Dekaden waren ein Versuchslabor für das Paradigma des liberalen Peace-building, das in der Annahme gründet, dass der dreifache Transformationsprozess bestehend aus Befriedung, Demokratisierung und marktwirtschaftlicher Öffnung einen sich selbst verstärkenden Prozess zugunsten nachhaltiger Entwicklung in Gang setzt. Obwohl keines der drei Länder in den Kriegszustand zurückfiel, weisen die Transformationsprozesse in allen drei Nachkriegsgesellschaften grundlegende Defizite auf, die weder als Erbe der Kriege noch als 'normale' Entwicklungsprobleme erklärt werden können. In dieser Studie wird zunächst ein Analyserahmen entworfen, der die dreifache Transformation mit den Einflüssen und Wechselwirkungen zwischen vier Prozessen systematisch in Beziehung setzt: dem internationalen System, den historischen, kulturellen und sozialen Grundlagen der betroffenen Gesellschaften, dem Erbe der Gewalt und den Initiativen der Friedensentwicklung selbst. Während die internationale Gemeinschaft grundlegende Reformen verlangte, zeigten die drei Länder unterschiedliche Fähigkeiten, mit den Herausforderungen der Transformationsprozesse umzugehen. Der Vergleich der Entwicklungen in den Bereichen öffentliche Sicherheit, politisches System, Konfliktbearbeitung und Ressourcennutzung zeigt, warum pfadabhängige Entwicklungen vorherrschen und diese die Defizite der Transformation erklären.
"Der vorliegende Aufsatz widmet sich der Bedeutung visuell-bildhafter Darstellungen innerhalb friedensjournalistischer Konzepte. Der Autor kritisiert, dass in Studien zur Bedeutung sprachlicher resp. bildhafter medialer Reize auf die menschliche Informationsverarbeitung, die Einflüsse von Bildern häufig unterschätzt werden. Erfahrungen wie die Diskussionen um die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der Zeitung Jyllands-Posten, belegen die Kraft von Bildern in einer globalisierten und digitalisierten medialen Welt. In der vorliegenden Untersuchung wurden die Berichterstattungen von Norwegens größter Tageszeitung Verdens Gang (VG) über Colin Powells Auftritt vor dem UN Sicherheitstribunal angesichts des bevorstehenden Irakkrieges 2003 sowie über den Angriff amerikanischer Truppen auf die irakische Stadt Fallujah (November 2004) als Fallstudien analysiert. Der Autor konnte zeigen, dass durch eine stärkere Beachtung der visuellen Elemente der Kriegsberichterstattung, wie z.B. Grafiken oder Fotos, der Friedensjournalismus bzw. ein kritischer Journalismus in Konfliktsituationen in seiner Aussagekraft verstärkt werden kann. Aus der Gegenüberstellung der VG-Berichterstattung über den Angriff auf Fallujah und der intensiven empathischen Berichte über die Tsunami-Katastrophe in Asien einen Monat später, wird das Fazit gezogen, dass die Nutzung neuer digitaler (Bild)medien auch für die Weiterentwicklung des Friedensjournalismus sinnvoll wäre." (Autorenreferat)
"Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, herauszufinden, ob zwischen den USA und Kanada tiefgreifende Unterschiede in der kulturellen Neigung und Haltung bezüglich internationaler Konflikte und Friedensbemühungen bestehen. Als Untersuchungsmaterial dienten Artikel einer amerikanischen und einer kanadischen Tageszeitung, die als Produkte der jeweiligen kulturellen Haltung mittels kritischer Diskursanalyse untersucht wurden. Es fanden sich zwar Differenzen zwischen den beiden Ländern in der Intensität und Häufigkeit von pro-militärischen Äußerungen, aber für die Annahme grundlegender Differenzen in Werten und Ansichten konnten keine Belege gefunden werden. Eher zeugen Ähnlichkeiten in Sprachstil und Stimmung in der Berichterstattung über politische Ereignisse in Israel und Palästina von gemeinsam geteilten Perspektiven in Bezug auf den Nahost-Konflikt. Ein Vergleich über zwei Jahre kanadischer resp. amerikanischer Berichterstattung sowohl zu den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen der Palästinenser als auch zu dem Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, zeigt hohe Ähnlichkeit in der politischen Haltung beider Staaten. Als Vergleichsmaßstab dienten den Autoren fünf Dimensionen, auf welchen Palästinenser und Israelis sich in weitgehend dichotomer Weise gegenüber stellen lassen. Handelte es sich bei dem Nachrichtenkontext um Wahlen oder den Rückzug aus besetztem Gebiet, wurden beide Parteien von den Medien dennoch als Aktivisten in einem 'Negativ-Null-Summen-Spiel' dargestellt. Die Autoren weisen darauf hin, dass die parteiische Darstellung in beiden Staaten, enge Rollen für beide Parteien etabliert, die Verantwortung den Palästinensern zuschreibt und diese unter Druck setzt, indem sie Möglichkeiten der Konfliktlösung ausschließlich auf palästinensischer Seite sucht. Der vorliegende Kulturvergleich der medial übermittelten Einstellungen weist eher auf ein Zusammenwachsen als auf einen Unterschied der beiden Kulturen entlang der längsten ungesicherten Grenze der Welt hin. Weiterhin zeugen die Ergebnisse - wie bereits frühere Befunde - von der Existenz eines 'Kriegsjournalismus' in den Medien der westlichen Welt. In Nachrichtenkontexten, welche die Möglichkeit geboten hätten, bedeutsame Elemente des Friedensjournalismus im Sinne von Johan Galtung anzuwenden, wurden diese weder von den kanadischen noch von den amerikanischen Tageszeitungen umgesetzt. Im Gegenteil entschieden sich beide Zeitungen in diesen Fällen für die herkömmliche Methode einer polarisierenden Berichterstattung." (Autorenreferat)
"Von den meisten Kriegen würden wir keine Notiz nehmen, wären da nicht die Journalisten, die über sie berichten, und die Medien, die ihre Korrespondenten zum Ort des Geschehens schicken. Gleichzeitig geht die Vorliebe der Medien für Kriege und Konflikte häufig zu Lasten eines positiven Beitrags zur Friedenschaffung. Das Konzept des Friedensjournalismus wird deshalb als eine Alternative zur traditionellen Kriegsberichterstattung verstanden. Der vorliegende Aufsatz macht jedoch deutlich, dass die Idee des Friedensjournalismus nur alter Wein in neuen Schläuchen ist, auch wenn mit einem durchaus noblen Ziel. Viele Protagonisten des Friedensjournalismus übersehen häufig die mannigfaltigen Nuancen im Journalismus und heben das Außergewöhnliche, Spektakuläre und Negative der Kriegsberichterstattung hervor. Sie überschätzen den Einfluss der Journalisten und Medien auf die politische Entscheidungsfindung, und sie begreifen das Publikum als eine passive Masse, die mit den Mitteln des Friedensjournalismus aufgeklärt werden muss. Darüber hinaus basiert die Idee des Friedensjournalismus weitgehend auf einer übermäßig individualistischen Sicht, wobei die strukturellen Zwänge im Journalismus aus dem Blick geraten: Hierzu zählen ungenügende personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen, redaktionelle Prozesse und Hierarchien, Zwänge der Nachrichtenformate, die Verfügbarkeit von Quellen sowie der Zugang zum Geschehen und generell zu Informationen. All dies deutet darauf hin, dass die Praxis des Friedensjournalismus keine Frage der persönlichen Freiheit ist. Medienstrukturen und professionelle Routinen können wohl kaum aus der Position des individuellen Journalisten heraus verändert werden. Moderner Journalismus manifestiert sich in Prozessen der organisierten Nachrichtenproduktion, wobei den organisationalen und institutionellen Faktoren Priorität eingeräumt wird, ebenso wie Prozessen der beruflichen Sozialisation. Um einen ernstzunehmenden Beitrag für die Kriegsberichterstattung und ihre kritische Reflexion leisten zu können, muss auch Friedensjournalismus die strukturellen Bedingungen im Journalismus berücksichtigen. Die Debatte um den Friedensjournalismus - und insbesondere um die praktischen Implikationen - muss an die Journalismusforschung angeschlossen werden, wo ähnliche Anstrengungen zur journalistischen Qualitätssicherung unternommen werden." (Autorenreferat)
"Friedensjournalismus stellt einen mutigen Versuch dar, die Rolle von Journalisten, die über Konflikte berichten, neu zu definieren und sie zu rekonstruieren. Als neues Forum des Wissens baut Friedensjournalismus auf verschiedenen Theorien und Disziplinen auf, um seine Gültigkeit und Anwendbarkeit zu stärken. Eine Hauptquelle, auf die sich Friedensjournalismus stützen kann, um sowohl seinen analytischen als auch seine normativen Anspruch abzusichern, ist die Konflikttheorie. Dieser Artikel zeigt, wie verschiedene Erkenntnisse der Konflikttheorie Friedensjournalismus transparenter und zu einem wirkungsvollen Werkzeug in der Hand von Reportern und ihren Lesern machen können, um die Sinnlosigkeit von Konflikten zu realisieren und deren Lösung herbeizuführen. Noch spezifischer behandelt dieser Artikel die Vorstellung der Medien als dritte Partei in Konflikten. Die dritte Partei fungiert als Moderator der Kommunikation bzw. als Vermittler oder Schlichter zwischen den zwei rivalisierenden Parteien. Die Forscher behaupten, dass Friedensjournalismus als dritte Partei die Chancen für Lösung und Versöhnung am besten erhöhen kann, indem er die Normen und Gewohnheiten der Konfliktberichterstattung ändert. Dies wird kurz und bündig anhand dreier Fallstudien langwieriger Konflikte dargestellt, welche aus der Sicht der Konflikttheorie beschrieben werden. Indem reguläre Zeitungsberichterstattung Friedensjournalismus gegenübergestellt wird, werden die Vorzüge des letzteren aufgedeckt." (Autorenreferat)