Technologie in den Ost-West-Beziehungen
In: Aus Politik und Zeitgeschichte: APuZ, Band 1986, Heft B. 2, S. 15-25
ISSN: 0479-611X
"In den westlichen Industrieländern und in einigen industriellen Schwellenländern hat ein tiefgreifender technologischer Strukturwandel auf der Grundlage der Mikroelektronik eingesetzt, der auch für die Ost-West-Wirtschaftsbeziehungen eine neue Lage schafft. Wenn die Wirtschaftsbeziehungen ein tragfähiges Element der Entspannungspolitik sein sollen, muß sich die Ost-West-Zusammenarbeit auch auf der Grundlage der neuen Technologien vollziehen. Aus sicherheitspolitischen Gründen muß der Technologieexport in die UdSSR und nach Osteuropa jedoch kontrolliert werden. Während die USA einseitig den sicherheitspolitischen Bezug betonen, mißt Westeuropa aus entspannungspolitischen Gründen der Zusammenarbeit eine größere Bedeutung bei. Die Strategische Verteidigungsinitiative (SDI) wird nur dann keine zu negativen Auswirkungen auf die technologischen Ost-West-Beziehungen haben, wenn sie in eine Vereinbarung zwischen den Supermächten eingebettet werden kann. Initiativen für eine verstärkte Integration in Westeuropa, die Europäische Technologiegemeinschaft und das EUREKA-Projekt (European Research Coordination Agency), können zu einer größeren Unabhängigkeit der technologischen Kooperation zwischen West- und Osteuropa von den Supermachtbeziehungen beitragen. Über die Möglichkeiten militärischer Nutzung importierter Technologie durch die UdSSR scheinen teilweise übertriebene Annahmen zu bestehen. Durch Technologiekontrollen ist der Sicherheitskonflikt nicht zu lösen. Andererseits kann technologische Zusammenarbeit als Element einer europäischen Friedensordnung nur bei einer gewissen gegenseitigen Abhängigkeit hinlänglich funktionieren, d.h., die RGW-Länder müssen selbst über technologische Leistungsfähigkeit verfügen bzw. diese erwerben können. Die RGW-Länder werden die Schlüsseltechnologien der kommenden Jahre ebenfalls anwenden. Dabei werden sie verstärkt auf Lösungen innerhalb des RGW und vor allem in Anbindung an das sowjetische Potential setzen, um vom Westen technologisch unabhängiger zu werden. Gleichwohl sind für die osteuropäischen Länder technologische Verbindungen mit den westlichen Industrieländern unersetzlich, für die UdSSR nützlich. Entsprechende Kooperationsofferten an Westeuropa unterstreichen diese Sachlage." (Autorenreferat)