Mit einer Fülle von Daten zur Entwicklung des afrikanisch-europäischen Handels (aufgeschlüsselt nach Warengruppen) leitet der Autor seine kritische Einschätzung der Lome IV-Verträge ein. Trotz der konstatierten Verschlechterung der Handelssituation gibt es nur wenige Unterschiede zu den Vertragsvorgängern. Harsche Kritik übt der Autor an den Stabilisierungskomponenten SYSMIN und STABEX, die statt Preisstabilität verstärkte Exportkonzentration der afrikanischen Staaten zur Folge hatten. Dies steht freilich in logischem Widerspruch zum Rohstoff-Protektionismus der EG. Bleibt abzuwarten, ob die 'Structural Adjustment Support'-Kredite der Abfederung sozialer Härten in den gefährdeten Ländern dienlich sein werden. Der Aufsatz endet mit weitreichenden, teils unrealistischen Appellen. (DÜI-Sth)
Rohstoffe sind seit alters her eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Gesellschaft und Industrie. Dabei spielen sowohl mineralische und metallische Massenroh-stoffe eine entscheidende Rolle als auch jene Rohstoffe, die in nur vergleichsweise geringen Mengen eingesetzt werden und gerade für die heutige und zukünftige Produktion von Hoch-technologieprodukten von besonderer Relevanz sind. Die Verfügbarkeit dieser wirtschafts-strategischen Rohstoffe ist jedoch begrenzt, weshalb viele von ihnen auf der Liste der kritischen Rohstoffe 2017 der Europäischen Kommission geführt werden. Zu ihnen zählen u.a. auch Indium und Gallium. Selbst bei einem flächendeckenden und effizienten Recycling ist der steigende Rohstoffbedarf aus Abfällen nicht zu decken, weshalb auch in Zukunft auf die Primärrohstoffproduktion nicht verzichtet werden kann. Zahlreiche wirtschaftsstrategische Rohstoffe bilden jedoch keine eigenständigen Erzminerale aus, sondern liegen als Begleitelemente in anderen Wertträgern vor oder sie treten nicht in ausreichend hoher Konzentration auf, um eine darauf abgestimmte Erzgewinnung aufzubauen. Vielmehr steht die Gewinnung der Hauptmetallträger im Fokus. Im Verbund damit ist dann die Gewinnung der beibrechenden wirtschaftsstrategischen Metalle zu gestalten. Die vorliegende Arbeit hat sich zum Ziel gesetzt, ein Aufbereitungsverfahren zu entwickeln, welches für zwei Gallium- bzw. Indium-haltige sulfidische Blei-Zink-Erze aus Lautenthal im Harz (Querschlag 500 West und Querschlag 700 West) alle Prozessschritte, von der Zerkleinerung bis hin zur ionenselektiven Trennung mittels Ionenaustauschern, umfasst und dabei neben der Gewinnung der Hauptmetalle die beibrechenden Metalle in den Fokus nimmt. Der erste Schritt des Verfahrens basiert auf dem seit Jahrzenten bewährten Prozess der Flotation, so dass sowohl der Bleiglanz als auch die Zinkblende jeweils in ein Konzentrat überführt werden. Die beiden Sondermetalle Gallium und Indium reichern sich gemäß den Erwartungen im Zinkblendeflotat an. In diesem ersten Schritt konnten für das Erz aus Querschlag 500 West rund 88 % des Bleis, 96 % des Zinks und 94 % des Galliums in das Flotationskonzentrat überführt werden. Für jenes aus Querschlag 700 West wurden Aus-bringen von 92 % Blei und 96 % Zink erzielt sowie 95 % des Indiums und 75 % des Galliums in die Konzentrate überführt. Anschließend wurde für eine verbesserte hydrometallurgische Verarbeitung eine thermische Behandlung der Zinkkonzentrate vor einer schwefelsauren Laugung eingesetzt, so dass für 500 West 97 % des Zinks und 85 % des Galliums in Lösung gebracht wurden (700 West: 96 % Zn, 91 % Ga, 94 % In). Für die ionenselektive Trennung haben sich zwei Ionenaustauscher als geeignet herausgestellt, welche unterschiedliche Ergebnisse generierten. In einen Fall wurde eine gute Selektivität bei gleichzeitig geringerem Ausbringen erzielt, während im anderen Fall hohe Ausbringen, verbunden mit einer etwas geringeren Selektivität nachgewiesen werden konnten. Für beide Fälle wäre eine praktische Umsetzung möglich, so dass keine der beiden Varianten bevorzugt zu behandeln ist. Bei kontinuierlicher Beschickung der Ionenaustauscher können nach vollständiger Beladung und Regenerierung des Harzes theoretischen Berechnungen zufolge die Mindestanforderungen der potentiellen Abnehmer für eine Weiterverarbeitung der Indium- und Galliumhaltigen Lösungen erfüllt werden. ; Raw materials have always been an essential prerequisite for the development of society and industry. Both, mineral and metallic raw materials play a decisive role, as well as raw materials that are used in only comparatively small quantities. The latter are particularly relevant for the present and future production of highly technological products. However, the availability of these strategic raw materials is limited. For that reason, many of these critical raw materials have been recorded on the so-called "2017 list of critical raw materials for the European Union", including indium and gallium. Even with widespread and efficient recycling, the increasing demand for these critical raw materials cannot be covered from the recycling of waste material containing such materials. Therefore, it will not be possible to do cover the needs without mining and processing primary raw materials in the future. However, numerous strategic raw materials usually do not form their own minerals, but are present as accompanying elements in other valuable minerals or they do not occur in a sufficiently high concentration in order to build up a coordinated processing. In these cases, the focus is mostly on recovering the main metal component of such an ore and not the related elements present in low concentrations. Consequently, a fully new approach for the extraction of strategic metals has to be devised. The aim of the present work is to develop a processing method that covers all process steps from comminution to ion-selective separation by ion exchangers to focus on the extraction of the main metals as well as the strategic metals. This work particularly focusses on two gallium- or indium-containing sulfidic lead-zinc ores from Lautenthal in the Harz Mountains (crosscut 500 west and crosscut 700 west). The first step of the new process is flotation, which has been tried and tested for decades, in order to enrich both galena and sphalerite in separate concentrates. As can be expected, the metals gallium and indium accumulate in the sphalerite concentrate. In this first step, around 88 % of lead, 96 % of zinc and 94 % of gallium can be transferred to the flotation concentrate. For the ore from crosscut 700 west, recoveries of 92 % for lead, 96 % for zinc, 95 % for indium and 75 % for gallium have been achieved and were thus transferred to the concentrates. Subsequently, for an improved hydrometallurgical processing, a thermal treatment of the zinc concentrates was used before leaching with diluted sulfuric acid. For the sample 500 west, 97 % of zinc and 85 % of gallium present in the ore were brought into solution (700 west: 96 % Zn, 91 % Ga, 94 % In). It has been established that two ion exchangers, which generated different results, are suitable for the ion-selective separation. In one case, good selectivity was achieved with a lower recovery at the same time, while in the other case high recoveries combined with a lower selectivity could be demonstrated. A practical implementation can be envisaged for both cases, therefore neither of the two process routes is to be treated preferentially. Theoretical calculations show that with continuous feeding of the ion exchanger and after the complete loading and regeneration, the minimum requirements of the potential customers for further processing of the indium and gallium containing solutions can be met.
Beschäftigt man sich mit der Thematik "Phosphorkrise" hat es der Chemiker und Science Fiktion Autor, Issak Asivmov, dass mögliche Szenario treffend beschrieben. Als Conclusio seiner Beschreibung steht die Aussage, dass ohne Phosphor kein Leben möglich ist. Diesbezüglich hätte auch eine eingeschränkte Möglichkeit der Nutzung katastrophale Auswirkungen auf die Menschheit. Solche Vorhersagen bzw. Berechnungen, betreffend der Ressource Phosphor, werden mit dem Begriff "Phosphorkrise" umrissen. Von zentraler Bedeutung ist eine zeitliche Einordnung von Abläufen, die zu dieser Situation führen.Mit dem Terminus "Phosphorkrise" wird versucht, einen Bezug zu der medial bekannten "Erdölkrise" des letzten Jahrhunderts herzustellen. Diese Verbindung basiert auf einigen Parallelen bezogen auf die Thematik, der Abnahme von Ressourcen und deren Folge auf gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Entwicklungen. Eine propagierte Endlichkeit des Phosphors bedeutet nicht, dass das Element nicht mehr vorhanden ist, sondern dass die Zugänglichkeit einer weiteren Nutzung nicht gegeben ist. Diese Entwicklung basiert auf dem Phosphorkreislauf und die Verortung von Phosphor im globalen Kontext. Dabei ist das Meer jener Teil des Kreislaufes, in dem der Phosphor in Form von Phosphaten angereichert und sedimentiert wird. Dieser Bereich aus heutiger Sicht ist förderungstechnisch nicht zugänglich.Gegenwärtig werden phosphorhaltige Erze abgebaut und hauptsächlich als Dünger verwendet, um den steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln, durch eine steigende Weltbevölkerung, zu decken. Die durch den Phosphorkreislauf gegebenen Abhängigkeiten ermöglichen Organismen den benötigten Phosphor durch Nährstoffe zu erhalten. Für den Menschen stellt Phosphor einen essenziellen Baustein des Lebens dar. Neben der zentralen Bedeutung, bei biochemischen Abläufen im Körper, wird Phosphor auch für die Bildung von Knochen und Zähnen benötigt. Bei genauerer Betrachtung ist der menschliche Körper durch die kontinuierliche Aufnahme und Ausscheidung von Phosphor ein Kreislauf für sich. Natürlich darf nicht auf die Ambivalenz des Elementes in der Art der Nutzung hingewiesen werden. Neben einer erschaffenden besteht auch eine zerstörerische Kraft und Wirkung. In einem historischen Kontext kann die Zunahme an Bedeutung des Elementes für den Menschen, sowie seiner Verwendung, dargestellt werden. Mit der Nutzung dieser Erkenntnisse und dem gezielten Einsatz von Phosphor war es möglich, Voraussetzungen zu schaffen, die heute die Basis des Daseins bilden. Anhand des Krisenszenarios wird auch deutlich, wie vielschichtig die Problematik ist und welche Faktoren berücksichtigt werden müssen. Bei dieser Betrachtungsweise steht das Element Phosphor als Rohstoff im Zentrum. Die Ursache einer sich abzeichnenden Krise liegt nicht in der Chemie des Elements an sich, sondern in der Art und Weise wie es verfügbar ist. Dabei spielen die Wirtschaftlichkeit und technische Möglichkeiten des Abbaus eine Rolle, aber auch die geografische Verortung der Lagerstätten. Diese Inhomogenität von Vorkommen stellt den zentralen Aspekt der Problematik dar. Diese Vorgaben können für eine Zugänglichkeit limitierend sein und beruhen auf wirtschaftlichen aber auch politischen Gegebenheiten. Um dieser Abhängigkeit zu begegnen, werden Möglichkeiten gesucht vorhandene Ressourcen durch Recycling zu nutzen. Aufgrund des technischen Fortschreitens auf diesem Gebiet ist eine teilweise Deckung des Bedarfs möglich. Eine Entwicklung wird bei der Behandlung der Thematik "Phosphorkrise" deutlich, dass Krisenszenarien Menschen zu einer innovativen Lösung des Problems anregen und eine global vernetzte Wissenschaft die Basis für dieses Vorhaben ist. ; If one deals with the topic "Phosphorus crisis", the chemist and science fiction author, Issak Asivmov, has described a possible scenario aptly. As a conclusio of his description stands the statement that without phosphorus no life is possible. In this regard, a limited possibility of using phosphorus has catastrophic effects on mankind. Such predictions or calculations concerning the resource phosphorus are outlined with the term "phosphorus crisis". Of central importance is the temporal classification of procedures that lead to this situation.The term "Phosphorus crisis" attempts to establish a link to the medically known "oil crisis" of the last century. This connection is based on some parallels related to the subject matter, the decrease of resources and their consequences on societal, economic and political developments. A propagated finiteness of the phosphorus does not mean that the element is no longer present, but the accessibility of further use is not given. This development is based on the phosphorus circuit and the location of phosphorus in a global context. The sea is that part of the cycle in which the phosphorus is enriched and sedimented in the form of phosphates. From today's perspective, this area is not accessible to funding.At present, phosphorus-containing ores are mined and used mainly as fertilizer to meet the increasing demand for food, caused by a rising world population. The dependencies given by the phosphorus cycle enable organisms to obtain the necessary phosphorus by nutrients. For humans, phosphorus is an essential building block of life. Besides the central importance, in biochemical processes in the body, phosphorus is also needed for the formation of bones and teeth. On closer inspection, the human body is a cycle by itself through the continuous uptake and excretion of phosphorus.Of course, the ambivalence of the element in the manner of use must not be pointed out. In addition to a creating, there is also a destructive force and effect. In a historical context, the increase in the importance of the element for man as well as its use can be represented. With the use of these findings and the targeted use of phosphorus, it was possible to create conditions that today form the basis of existence. The crisis scenario also shows how complex the problem is and what factors need to be taken into account. In this way, the element of phosphorus is the raw material. The cause of an emerging crisis lies not in the chemistry of the element itself but in the way it is available. The economic viability and technical possibilities of mining are also important, but also it depends on the geographic location of the deposits. This inhomogeneity of occurrences is the central aspect of the problem. These guidelines can be limiting for accessibility and are based on economic as well as political conditions. In order to counteract this dependency, opportunities are being sought to exploit existing resources through recycling. Due to the technical progress in this field, a partial coverage of the demand is possible. A development in the treatment of the topic "Phosphorus crisis" shows that crisis scenarios stimulate people to an innovative solution to the problem and a globally networked science is the basis for this project. ; vorgelegt von Mag. Alfred Neuherz ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Karl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2017 ; (VLID)2117009
Dieser Sammelband untersucht verschiedene Dimensionen illegaler Warenströme und fragt, wie diese durch einen geographischen Blickwinkel vom globalen Süden bis nach Europa verstanden werden können. Durch eine Lieferkettenperspektive werden Erkenntnisse über die Verschmelzung zwischen illegalen, grauen und legalen Märkten an bestimmten Punkten der Produktionskette gewonnen. Dieser Band wendet durch eine "dichte Beschreibung" der spezifischen Ströme eine ganzheitliche Sichtweise an und entwickelt praxisnahe Politikempfehlungen. Es versammelt Beiträge von Autor:innen mit unterschiedlichem Hintergrund, darunter internationale Wissenschaftler, Fachleute aus dem Bereich der Strafverfolgung und der Entwicklungszusammenarbeit sowie Journalist:innen. Mit Beiträgen von Lorenzo Bagnoli, Stefan Bauchwitz, Dyhia Belhabib; Daniel Brombacher, Inga Carry, Peter Fabricius, Gerardo Damonte, Nhomsai Hagen, Cathrin Hauk, Lutz Heide, Philippe Le Billon, Günther Maihold, Fatjona Mejdini, Melanie Müller, Bettina Schorr, Jan Schubert, Ina Tessnow-von Wysocki, Leopold von Carlowitz und Judith Vorrath.
The Lancet Countdown is an international collaboration established to provide an independent, global monitoring system dedicated to tracking the emerging health profile of the changing climate. The 2020 report presents 43 indicators across five sections: climate change impacts, exposures, and vulnerabilities; adaptation, planning, and resilience for health; mitigation actions and health co-benefits; economics and finance; and public and political engagement. This report represents the findings and consensus of the 35 leading academic institutions and UN agencies that make up The Lancet Countdown, and draws on the expertise of climate scientists, geographers, engineers, experts in energy, food, and transport, economists, social, and political scientists, data scientists, public health professionals, and doctors.
Mit zunehmendem technologischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum, wird der Umwelt oft nur ein zweitrangiger Stellenwert zugeschrieben. Deutlich wird dies am Beispiel von Brasilien. Unter der Führung des Präsidenten Jair Bolsonaro wurde im Amazonas Regenwald mehr gerodet als je zuvor. Zu Beginn des Jahres wurden 1200 km² Regenwald von HolzfällerInnen, GoldschürferInnen und ViehzüchterInnen zerstört. Dies entspricht einer drei Mal so großen Fläche von Wiens. Österreich hat sich gemeinsam mit der EU, dazu entschieden einen nachhaltigeren Weg einzuschlagen. Folgende EU-Ziele sollen bis 2030 erreicht werden: • Energieeffizienz um 32,5% steigern, • Anteil der erneuerbaren Energie auf 32% erhöhen, • Treibhausgasemissionen um 40% gegenüber 1990 senken. Die österreichische Regierung integrierte mit der Klima- und Energiestrategie #mission2030 diese Zielvorstellungen in ihr nationales Programm. Gemeinsam soll das große Ziel, nämlich die Erderwärmung zu kontrollieren und den Anstieg auf mindestens 2°C zu begrenzen, bis 2050 erreicht werden. Die EU sowie ihre Mitgliedsstaaten wollen dabei die Vorreiterrolle im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen und zeigen, dass Wirtschaftswachstum und Umweltschutz Hand in Hand gehen können. Ein Teilgebiet, welches in der österreichischen Klima- und Energiestrategie behandelt wird, ist die Aufbesserung des Gebäudesektors. Auf folgende Ziele kann der Gebäudesektor einen direkten oder indirekten Einfluss ausüben: • Bis 2020: Endenergieverbrauch auf 1.050 Petajoule reduzieren • Bis 2030: THG-Emissionen des Gebäudesektors auf 5 Mio. Tonnen CO2-eq senken • Bis 2030: Primärenergiebedarf auf 1.200 Petajoule begrenzen; alles darüber hinaus ist mit erneuerbarer Energie abzudecken In den sogenannten "Syntheseberichten des Umweltbundesamtes" werden energiewirtschaftliche und emissionsspezifische Szenarien aufgestellt. In diesen können weitere gebäudespezifische Ziele abgelesen werden. In der vorliegenden Arbeit wird speziell der Bürogebäudesektor auf dessen Optimierbarkeit beleuchtet. Als Referenzobjekt dient das Plus-Energie-Bürogebäude der TU Wien am Wiener Getreidemarkt. Relevante Energiekennwerte des Vorzeigeprojektes wurden in einem Fallbeispiel auf sämtliche Bürogebäude Österreichs angewandt, um aufzuzeigen, inwieweit sich die erwähnten Sektorziele erreichen lassen. Die Zielwerte können in keiner der Kategorien erreicht werden. Lediglich der Endenergiebedarf der Nicht-Wohngebäude ist für das Jahr 2030 im positiven Bereich. Gründe für den geringen Einfluss des Bürogebäudesektors sind vor allem dessen Anteil am gesamten Gebäudebestand. Lediglich 1,38% der Gebäude in Österreich sind dem reinen Bürobetreib zuzuordnen. Außerdem gibt es keine offiziellen Zahlen darüber, wie hoch die Büroflächen in Österreich sind. Nur mittels anderer Studien, wie der e7 Energie Markt Analyse, konnte eine Hochrechnung durgeführt werden. Das Plus-Energie-Gebäude der TU-Wien zeigt, wo und wie am System an Energie gespart und gewonnen werden kann. Eines der Ziele des Projektteams war die Multiplizierbarkeit des Konzeptes. Um annähernd ein Plus-Energie-Standard (PV-Anlagen sind nicht überall möglich) zu erreichen sind, müssen drei Grundsätze befolgt werden: • Gebäudehülle im Passivhaus-Standard, • hocheffiziente Lüftungsanlagen (vorwiegend in Bürogebäuden), • extreme Minimierung des Stromverbrauchs elektrischer Geräte. Mit diesen zwei bzw. drei Verbesserungsmaßnahmen kann ziemlich jedes Gebäude (Wohn- und Nichtwohngebäude) einen wichtigen Anteil am Klimaschutz beitragen und die sogenannte Dekarbonisierung bis 2050 beschleunigen. ; With increasing technological progress and economic growth, the environment is often seen at second place. An example for the environmental situation becomes clear in Brazil, where under the leadership of Jair Bolsonaro the Amazon rainforest has never been as cleared as it is today. In the first four months of 2020, 1200 km² were already destroyed by loggers, gold diggers and cattle breeders. 1200 km² is about three times the size of Vienna. Together with the EU, Austria has decided to take a more sustainable path. The following EU targets are to be achieved by 2030: - Increase energy efficiency by 32.50%. - Increase the share of renewable energy to 32,00% - Reduce greenhouse gas emissions by 40,00% compared to 1990 The Austrian government has integrated these points under the climate and energy strategy #Mission2030 into its national programme. Together, they aim to achieve the ultimate goal of limiting global warming and limiting the increase to at least 2°C by 2050. The EU and its member states want to take the lead in the fight against climate change and show that economic growth and environmental protection can go hand in hand. One branch that the Austrian Climate and Energy Strategy is dealing with is the improvement of the building sector. The building sector can have a direct or indirect influence on the following goals: - By 2020: reduce final energy consumption to 1.050 petajoule - By 2030: reduce GHG emissions from the building sector to 5 million tonnes of CO2-eq - By 2030: Limit primary energy demand to 1.200 petajoule; cover everything beyond that with renewable energy In the so-called synthesis reports of the Federal Environment Agency, energy-economic and emission-specific scenarios have been established. In these, further building-specific targets can be read off. In this thesis, the office building sector is particularly examined with reference to its optimisation potential. The Plus-Energy office building of the Vienna University of Technology on the Vienna Getreidemarkt serves as a reference object. Relevant energy parameters of the showcase project were applied to all office buildings in Austria in a case study to show to what extent the above-mentioned sector goals can be achieved. The chart shows clearly that none of the goals can be achieved by 2030. Only the EE and NRB show positive results for the year 2030. The reasons for the low influence of the office building sector are mainly its share in the total building stock. Only 1.38% of the buildings in Austria can be assigned to the pure office sector. Moreover, there are no official figures on the amount of office space in Austria. Only by means of other studies could an extrapolation be made. The Plus-Energy-Building of the TU-Vienna shows where and how energy can be saved and gained in the system. One of the goals of the project team was the multiplicability of the concept. In order to achieve an approximate Plus-Energy-Standard (PV systems are not possible everywhere), three principles must be followed: - Building envelope in passive house standard - Highly efficient ventilation systems (mainly in office buildings) - Extreme minimization of the power consumption of electrical devices With these two or three improvement measures, almost every building (residential and non-residential) can make an important contribution to climate protection and accelerate the so-called decarbonisation process by 2050. ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Masterarbeit Wien, FH Campus Wien 2020
Der westdeutsche Film der 1950er Jahre hatte lange Zeit keinen guten Ruf. Schon 1961 stellte ihm Joe Hembus in seinem einflussreichen Buch Der deutsche Film kann gar nicht besser sein ein vernichtendes Zeugnis aus: "Er ist schlecht. Es geht ihm schlecht. Er macht uns schlecht. Er wird schlecht behandelt. Er will auch weiterhin schlecht bleiben." Hembus befand sich damit durchaus im Mainstream der veröffentlichten Meinung – und sein Befund muss jedenfalls im Kontext der frühen 1960er Jahre und konkreter historischer Bezüge gelesen werden: Niedergang bzw. Zusammenbruch der bundesrepublikanischen Filmindustrie, Anfänge seriöser filmjournalistischer Auseinandersetzung im Vor- und Umfeld der Zeitschrift Filmkritik und erste Aufbrüche zu neuen (gesellschaftskritischen) filmischen Formen, die ins Oberhausener Manifest von 1962 mündeten, das von 26 deutschen Filmemachern unterzeichnet wurde und das Ende von "Papas Kino" ausrief: "Der alte Film ist tot. Wir glauben an den neuen." Der vorliegende Band, entstanden als Begleitbuch zur gleichnamigen Retrospektive des Filmfestivals Locarno 2016, enthält 33 Texte von 34 AutorInnen (nur sechs davon sind Frauen) und schickt sich an, dieses Bild zurecht zu rücken. Er soll freilich, wie Co-Herausgeber Olaf Möller einleitend anmerkt, mehr sein "als eine bloße filmhistorische Revision", denn: "Die Qualität dieses Schaffens zeigt sich auch darin, dass es immer noch Antworten bereithält." (S. 25) Co-Herausgeberin Claudia Dillmann skizziert den kommerziellen Erfolg des westdeutschen Films der 1950er Jahre und endet mit einer teilweise kryptischen Conclusio: "[Das Kinopublikum] entschied sich millionenfach für Komödien und eine Tragikomödie, für das Lachen und Weinen, seine Stars und Lieblinge. Und bescherte damit dem deutschen Film seinen höchsten Marktanteil seit langem." (S 37) Welche Tragikomödie? Im Zuge ihrer Ehrenrettung führt Dillmann auch vier Oscar-Nominierungen (1956–1959) und vier Golden Globes-Gewinner (zwischen 1955 und 1959) an: diese "widerlegen in ihrer Häufung das Verdikt, der bundesdeutsche Film der 1950er Jahre sei international nicht anerkannt gewesen" (S. 36). Das mag für ein bestimmtes Zeitfenster durchaus zutreffen, allerdings gewann im Berichtszeitraum des Bandes lediglich ein einziger deutscher Film den Hauptpreis an einem der drei wichtigen internationalen Filmfestivals (Berlin, Cannes, Venedig), nämlich Die Ratten von Robert Siodmak (Berlinale 1955). Und schaut man sich filmkulturelle Leitmedien der Jahre 1949–1963 aus England und den USA durch (Sight and Sound, Hollywood Quarterly, Quarterly of Film, Radio, and Television/Film Quarterly), finden sich darin ausführliche Auseinandersetzungen mit dem französischen, italienischen, japanischen, sowjetischen und indischen Film, ebenso Analysen des schwedischen und polnischen Kinos, während der deutsche Film als nationales Filmschaffen praktisch nicht verhandelt wird – und wenn, dann von vereinzelten positiven Filmkritiken abgesehen, bedauernd bis sehr kritisch: "West Germany sent a creaky old operetta" ist etwa David Robinsons einzige Anmerkung in seinem Cannes-Bericht in Sight and Sound (Summer 1958). Nun ist die Neubewertung des westdeutschen Nachkriegskinos so neu nun auch wieder nicht. Bereits 1993 setzte sich Fritz Göttler im Standardwerk Geschichte des deutschen Films dafür ein.[1] Etliche weitere Untersuchungen folgten, genannt seien stellvertretend Johannes von Moltkes No Place Like Home (2005) und die Sammelbände Framing the Fifties (2007) und zuletzt Reflexionen des beschädigten Lebens? (2015). Alle diese Werke, in denen mitunter sehr differenziert und präzise argumentiert wird, bleiben im vorliegenden Band ebenso ausgeblendet wie die scharfsinnigen Analysen von Klaus Kreimeier und Georg Seeßlen im Pionierband Zwischen Gestern und Morgen.[2] Sieht man von dieser, für ein filmhistorisches Buch doch eher skurril anmutenden Ahistorizität ab, bleibt eine Vielzahl von Texten höchst unterschiedlicher Qualität. Manche sind so kurz, dass in ihnen kaum Argumente entwickelt werden (können). In Fritz Taubers "Heimatfilm. Versuch der Systematisierung eines Phänomens" etwa erfährt man auf knapp fünf Seiten absolut nichts Neues – außer dass Sonja Ziemann und Rudolf Prack "in einem guten Dutzend Filmen miteinander" (S. 106) aufgetreten wären. Es waren genau fünf. Dem ungemein produktiven Regisseur Michael Pfleghar wiederum werden gerade einmal vier Seiten gewidmet ("Verführer im System" von Thorsten Krämer). Und Miguel Marias' "Die Transluzenz des deutschen Kinos", in dem Helmut Käutners Ludwig II. (1955) thematisiert wird, vermag seinem anspruchsvollen Titel bedauerlicherweiseauf einer Länge von nur drei Seitennicht gerecht zu werden. Leider haben sich etliche historische und inhaltliche Fehler in den Band eingeschlichen. So wird das Jahr 1937 in den Zweiten Weltkrieg verlegt (S. 111); G. W. Pabsts Es geschah am Juli (1955) basiert nicht auf einer Novelle von Remarque (S. 278); amerikanische Films Noirs gelangten sehr oft nicht "kurz nach dem jeweiligen US-Start auch in bundesdeutsche Kinos" (S. 258); der Journalist und Drehbuchautor Axel Eggebrecht war nicht im britischen Exil (S. 360); und Peter Lorre aufgrund seines kurzen Aufenthalts in der BRD als "Remigranten" zu bezeichnen, erscheint doch einigermaßen gewagt (S. 190). Gleichwohl lassen sich einige Texte in diesem Band durchaus mit Gewinn lesen. Werner Sudendorf analysiert pointiert und präzise den "Gottesdienst der Tränen" (S. 171), also die Tiefen und Untiefen des deutschen Nachkriegsmelodrams. Sein Beitrag endet mit Veit Harlans Unsterbliche Geliebte (1950) und bringt dessen ideologisches, durchaus verallgemeinerbares Projekt auf den Punkt: "Mit dem der Novelle widersprechenden Ende duckte sich (.) Harlan weg von der Konsequenz, die das Melodram fordert. Das hat einen Beigeschmack; als plädierte Harlan hier mit der Konstruktion des gottesfürchtigen Hausfreundes auch in eigener Sache für Vergebung und Versöhnung. Das war Wunschdenken; die Schuld, 'dieses schreckliche Wort', blieb." (S. 187) Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen beleuchten in ihrem Aufsatz "Gestalter nützlicher Bilder" die Arbeit von vier vergessenen Regisseuren im Grenzbereich zwischen Dokumentar- und Spielfilm, insbesondere jene von Rudolf Werner Kipp und Herbert Viktor. Hervé Dumont widmet sich den deutschen Nachkriegsfilmen und der "Heimkehr" des 1933 vertriebenen Regisseurs Robert Siodmak, Norbert Pfaffenbichler ebenso kenntnisreich dem "in vielerlei Hinsicht beeindruckend[en] und singulär[en]" Werk des Avantgardefilmers Franz Schömbs. Stefanie Mathilde Frank schließlich vergleicht in ihrer präzisen kleinteiligen Analyse zwei 1950er-Jahre-Remakes von Komödien mit ihren "Originalen": Das haut hin (1957) mit Peter Alexander mit Der Mann, von dem man spricht (1937); und Der Haustyrann (1959) mit Heinz Erhardt mit Das Ekel (1939). Zwei sehr aufschlussreiche und informative Beiträge nähern sich den Wechselbeziehungen zwischen dem west- und dem ostdeutschen Kino. Ralf Schenk untersucht die (politisch) spannende Geschichte deutsch-deutscher Koproduktionsversuche im Kalten Krieg, Andreas Goldstein jene "knapp zwei Dutzend Filme" der DEFA, "die ganz oder teilweise in der Bundesrepublik spielen" (S. 343). Von besonderem Interesse ist einer der Höhepunkte des vorliegenden Bandes, Rudolf Worschechs "Das Neue im Alten", eine ausgezeichnete, wenn auch leider etwas knappe, Analyse der Kameraarbeit in westdeutschen Produktionen der 1950er Jahre, die im "Nachspüren der Wirklichkeit" (S. 99) eine Qualität ausmacht, die das westdeutsche Kino nur hie und da auf die Leinwand zu bringen vermochte. Fazit: Der Sammelband Geliebt und verdrängt versammelt eine Vielzahl an Beiträgen höchst unterschiedlicher Schreibstile und Qualität. Ob sich das Interesse der HerausgeberInnen am "Ungenauen", wie Olaf Möller es mit Bezug auf Heinrich Böll – der die Bundesrepublik 1960 in seinem Essay "Hierzulande" (1960) als "ungenau" titulierte –, bezeichnet, in der Zusammenschau der Texte tatsächlich manifestiert, bleibe dahingestellt. Sorgfältigere editorische Arbeit hätte der Publikation jedenfalls sicherlich zum Vorteil gereicht. [1] Vgl. Fritz Göttler: "Westdeutscher Nachkriegsfilm". In: Geschichte des deutschen Films. Hg. v. Wolfgang Jacobsen/Anton Kaes/Hans Helmut Prinzler. Stuttgart 1993, S. 171–210. [2] Vgl. Johannes von Moltke: No Place Like Home. Locations of Heimat in German Cinema. Berkeley/Los Angeles/London 2005; Framing the Fifties. Hg. v. John Davidson/Sabine Hake. New York/Oxford 2007; Reflexionen des beschädigten Lebens? Nachkriegskino in Deutschland zwischen 1945 und 1962. Hg. v. Bastian Blachut/Imme Klages/Sebastian Kuhn. München 2015 [Offenlegung: Ich bin in diesem Band mit einem Aufsatz vertreten]; Zwischen Gestern und Morgen. Westdeutscher Nachkriegsfilm 1946 – 1962. Hg. v. Hilmar Hoffmann/Walter Schobert. Frankfurt am Main 1989.
"Sowohl indigene Bewegungen als auch soziale Bewegungen gegen Großprojekte wie Staudämme, Minen und den Anbau von Palmöl und Zuckerrohr für die Gewinnung von Agrarsprit sind im Nachkriegsguatemala sehr aktiv. Dabei ist im letzten Jahrzehnt eine Verschiebung von identitären Forderungen hin zur vermehrten Verteidigung natürlicher Ressourcen beobachtbar. Der verstärkte Kampf um die Erhaltung des Lebensraums, der in ganz Lateinamerika zu beobachten ist, greift in Guatemala auf indigene Konzepte zurück und postuliert einen Gegensatz zwischen indigener und westlicher Lebenseinstellung. Dem theoretischen Konzept der 'Neuen Sozialen Bewegungen' entsprechen indigene Bewegungen nach Ende des Bürgerkriegs am ehesten, dennoch ist das Konzept, geprägt u.a. von Alain Touraine, nur eingeschränkt anwendbar bzw. hilfreich zur Erklärung sozialer Prozesse in Guatemala." (Autorenreferat)
Aus der Einleitung: Am 01.01.1999 erfolgte durch die Vollendung der EWWU ein maßgeblicher Schritt für das Zusammenwachsen der europäischen Staaten. Gleichzeitig ging die exekutive Kompetenz in geld- und währungspolitischen Fragen von den Mitgliedstaaten auf die neu geschaffene EZB über. Damit wurden erstmalig Befugnisse für dieses konstitutive Gebiet der Makroökonomie von der nationalen Zuständigkeit an eine Gemeinschaftsinstanz übergeben. Mit der Einführung des Euro-Bargeldes zum 01.01.2002 war die Währungsunion dann auch greifbar. Heute ist das Euro-Währungsgebiet nicht nur einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte weltweit, auch die Einheitswährung hat sich in dieser kurzen Zeit zu einer der bedeutendsten Währungen der Welt entwickelt. Problemstellung: Von der Konzeption bis zur täglichen Arbeit ist die EZB als operativer geld- und währungspolitischer Pfeiler der EWWU das Thema zahlloser Kontroversen. Neben den wirtschaftsfachlichen Auseinandersetzungen haben vor allem die politischen Debatten aktuell eine starke mediale Präsenz. Aufgrund der signifikanten Bedeutung der Geld- und Währungspolitik, sowie der gegenwärtig fortwährenden, oft antagonistischen Dispute ist die EZB Gegenstand dieser Arbeit. Dabei soll untersucht werden, ob die gemeinschaftliche Arbeit durch die EZB erfolgreich war. Hierfür wird der Zeitraum von 2002 bis 2006 betrachtet, da erst mit der Einführung des Euro-Bargeldes das volle Bewusstsein für die gemeinsame europäische Politik auf diesen Gebieten geweckt wurde. Weiterhin erfolgt so eine Ausklammerung der Anfangsphase, welche Vor- und Nachteile bedingt durch die Neuerrichtung dieser Institution enthalten kann, die aber keine Relevanz für die objektive Beurteilung der Zentralbankpolitik haben. Gang der Untersuchung: Da es sich bei der Geld- und Währungspolitik der EZB um ein sehr komplexes Thema handelt, ist eine differenzierte Untersuchung der Teilaspekte nötig, um eine Aussage über deren Erfolg treffen zu können. Hierbei kann nicht nur eine Fokussierung auf das Ergebnis der Zentralbankarbeit erfolgen, sondern vielmehr müssen Erkenntnisse über die zugrunde liegenden Konzeptionen, deren Umsetzung und den daraus resultierenden Auswirkungen gewonnen werden. Nach einer Einordnung in den geschichtlichen Kontext sollen zunächst die institutionellen Voraussetzungen in Form der rechtlichen Grundlagen und des organisatorischen Aufbaus vorgestellt, sowie die Aufgaben und Ziele der EZB, einschließlich der suggestiven Wirkungen dieser untereinander, vorgestellt werden. Im vierten Kapitel wird die Geldpolitik, also die Maßnahmen zur Steuerung der Liquiditäts-versorgung und des Geldumlaufes innerhalb einer Volkswirtschaft, untersucht. Hierbei soll basierend auf der Marktsituation, der zur Verfügung stehenden Instrumente und der gewählten Strategie das theoretische Handlungskonzept und dessen praktische Umsetzung analysiert werden. Anschließend wird die Währungspolitik, das heißt die nach außen gerichtete Gestaltung der Währungsordnung, dargestellt. Dazu erfolgt die Erörterung der währungspolitischen Situation und deren Einfluss auf die gegebenen Ziele der EZB. Im nachfolgenden Kapitel werden besondere Bestimmungsfaktoren betrachtet, die eine hohe Relevanz für den Erfolg der Zentralbankpolitik aufweisen. Inhalt des siebten Kapitels ist die Überprüfung des Erreichens der Zielvorgaben. Abschließend erfolgt eine Bewertung des Erfolges der gemeinsamen europäischen Geld- und Währungspolitik durch die EZB. Dabei soll auch ein Ausblick auf die Erfordernisse der zukünftigen Arbeit gegeben werden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV ABBILDUNGSVERZEICHNISV TABELLENVERZEICHNISVI 1.EINLEITUNG1 1.1Problemstellung1 1.2Gang der Untersuchung2 2.DIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK3 2.1Die Entstehung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion3 2.2Die Rechtsgrundlagen der Europäischen Zentralbank4 2.3Der institutionelle Aufbau der Europäischen Zentralbank4 2.3.1Das Europäische System der Zentralbanken5 2.3.2Das Direktorium5 2.3.3Der Rat der Europäischen Zentralbank6 2.4Bewertung der Organisation der Europäischen Zentralbank7 3.DIE AUFGABEN UND ZIELE DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK10 3.1Die übertragenen Aufgaben10 3.2Die Ziele der Europäischen Zentralbank11 3.2.1Die primäre Bedeutung der Preisstabilität11 3.2.2Die quantitative Bestimmung der Preisstabilität13 3.3Die Zielbeziehungen16 4.DIE GEMEINSAME EUROPÄISCHE GELDPOLITIK20 4.1Der Transmissionsprozess20 4.2Die geldpolitischen Instrumente23 4.2.1Offenmarktgeschäfte23 4.2.2Ständige Fazilitäten26 4.2.3Mindestreserven27 4.3Die Strategie der Europäischen Zentralbank27 4.3.1Die wirtschaftliche Analyse28 4.3.2Die monetäre Analyse31 4.3.3Alternative geldpolitische Strategien35 4.4Grenzen der Geldpolitik36 4.5Bewertung der 2-Säulen-Strategie39 4.6Die geldpolitische Arbeit der Europäischen Zentralbank42 4.6.1Erste Phase: Zinssenkungen43 4.6.2Zweite Phase: Konstantes Zinsniveau44 4.6.3Dritte Phase: Zinssteigerungen46 4.6.4Bewertung der geldpolitischen Entscheidungen47 5.DIE GEMEINSAME EUROPÄISCHE WÄHRUNGSPOLITIK49 5.1Die währungspolitische Situation49 5.2Der Einfluss der Währungspolitik auf die Preisstabilität50 6.DETERMINANTEN EINER ERFOLGREICHEN ZENTRALBANKPOLITIK53 6.1Unabhängigkeit53 6.1.1Arten der Unabhängigkeit53 6.1.2Die Bedeutung der Unabhängigkeit54 6.2Transparenz55 6.2.1Das Problem der demokratischen Legitimierung55 6.2.2Transparenz als Problemlösung56 6.3Glaubwürdigkeit57 7.DIE ZIELERFÜLLUNG DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK61 7.1Die Erfüllung des Ziels der Preisstabilität61 7.2Inflationsdifferenziale im Euro-Währungsgebiet63 8.SCHLUSSBETRACHTUNGEN66 ANHANG78 LITERATURVERZEICHNIS122Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.2.1, Die primäre Bedeutung der Preisstabilität: Der Begriff der Preisstabilität wird durch den EGV nicht weiter definiert. Die wörtliche Interpretation dieses Terminus würde bedeuten, dass alle Einzelpreise einer Volkswirtschaft konstant blieben. Da dies in der Realität unmöglich ist, ist Preisstabilität als Preisniveaustabilität zu verstehen. Dies bedeutet, dass sich Preise einzelner Güter ändern können, aber der Geldwert gegenüber dem Mittelpreis aller Güter gleich bleibt. Aufgrund der praktischen Relevanz soll das Verfehlen der Preisstabilität am Beispiel der Inflation dargestellt werden, welche als anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus definiert wird. Ursachen und Auswirkungen für Deflation stellen sich analog mit sinkendem Preisniveau dar. Eine ausführliche Betrachtung der Deflation soll nicht erfolgen, da ein über längere Zeit sinkendes Preisniveau als sehr unwahrscheinlich gilt. Neben der Einordnung nach Geschwindigkeit und Höhe, wird Inflation grundsätzlich nach ihrer Ursache in Nachfrage- und Angebotsinflation unterschieden. Bei der Nachfrageinflation übersteigt die Nachfrage durch höheren privaten oder staatlichen Konsum, zunehmende Auslandnachfrage oder erhöhte Investitionen das Angebot am Markt, woraufhin die Preise durch den Preismechanismus steigen. Auf der Angebotsseite führen gestiegene Lohnsätze, Importpreise oder Steuern zu einer Umlegung auf die Güterpreise. Ebenso vielschichtig wie die Ursachen, sind auch die Inflationsfolgen. Die Inflation wirkt auf die eigentlichen Funktionen des Geldes. Mit dem Verlust der Kaufkraft geht der Verlust der Rolle als Wertaufbewahrungsmittel und als Messgröße für Werte einher. Die Funktion als Tauschmittel nimmt ab, da der reale Gegenwert nicht mehr vorhanden ist. Durch die Geldentwertung ist die Beurteilung relativer Preise, als Grundlage fundierter Konsum- und Investitionsentscheidungen kaum möglich. Dem Markt wird so die Möglichkeit der effizienten Ressourcenallokation und damit Produktionspotenzial entzogen. Auch die Allokationseffizienz des Kapitalmarktes nimmt mit steigendem Preisniveau ab. Längerfristige Zinsen enthalten Risikoprämien, die mit steigender Inflationserwartung zunehmen und damit Investitionen unattraktiver machen. Weitere Auswirkungen ergeben sich im Bereich der Umverteilung. Gläubiger erleiden einen Realverlust, wenn sie die Inflationsrate nicht vorhersehen konnten. Demgegenüber steht ein Realgewinn auf der Schuldnerseite, da der reale Wert der Verbindlichkeiten gesunken ist. Nachteile entstehen auch für die Bezieher von Lohn- und Transfereinkommen, wenn die inflationäre Entwicklung nicht korrekt prognostiziert wurde, da eine schnelle Anpassung der Bezüge an die Inflationsrate i.d.R. nicht möglich ist. Es ergeben sich so erhebliche Vermögensverluste, wenn eine rasche Umschichtung in reale Vermögenswerte wie Immobilien oder Gold nicht erfolgen kann. Vor allem die schwächeren Gruppen der Gesellschaft, ohne ausreichende Absicherung, sind von diesen willkürlichen Einkommens- und Vermögensumverteilungen besonders betroffen. Die aufgeführten inflationären Auswirkungen machen deutlich, dass eine fehlende Geldwertstabilität die verschiedensten volks-wirtschaftlichen Bereiche mit erheblichen, teils existenzbedrohenden Folgen betrifft. Die deflationären Auswirkungen stellen sich analog mit einem sinkenden Preisniveau dar. Aufgrund des breiten Einflusses und der intensiven sozialen und wirtschaftlichen Effekte ist Preisstabilität als Grundlage für das Funktionieren einer Volkswirtschaft und die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenlebens unabdingbar. Durch diese Erkenntnisse erscheint die die hervorgehobene Stellung dieses Ziels gerechtfertigt. Die quantitative Bestimmung der Preisstabilität: Nach der qualitativen Erörterung soll geklärt werden, wie das Preisniveau im Euro-Währungsgebiet ermittelt und das Zielniveau bestimmt wird. Die Messung des Preisniveaus erfolgt über den HVPI, den das Statistische Amt der EU, Eurostat, aus den monatlichen Daten der nationalen Statistikämter ermittelt. Die Verwendung des HVPI ist nötig, da sich die nationalen Preisindizes teilweise deutlich unterscheiden. Grundlage sind die Preise für Waren und Dienstleistungen in einem repräsentativen Warenkorb mit 12 Hauptkomponenten. Außerdem werden verschiedene Teilindizes ermittelt. Da der HVPI einzig als Preisindex angelegt ist, werden nur im Euro-Raum getätigte Ausgaben erfasst. Die Preisindizes werden jedes Jahr miteinander verkettet und sowohl die Zusammensetzung des Warenkorbes, als auch die Gewichtung der Länder angepasst. Dabei hat Deutschland ein Ländergewicht von etwa 30%, Frankreich und Italien jeweils circa 20%. Als Basisjahr wurde zunächst 1996 festgelegt. Seit 2006 ist das Jahr 2005 der Referenzzeitraum. Während herkömmliche Preisindizes eine unveränderte Zusammensetzung des Warenkorbs über längere Zeit messen, besteht der Vorteil der Verkettung in der größeren Aktualität der verwendeten Verbrauchsgewohnheiten. Damit geht allerdings teilweise die Funktion des reinen Preisindexes verloren. Dies ist kritisch zu sehen, da die Inflationsraten im Vergleich zum Vorjahr durch Änderungen im Nachfrageverhalten und durch die Ländergewichtung beeinflusst werden können. Dadurch, dass die 3 großen Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebietes mehr als 2/3 zum gesamten Preisniveau beitragen, kann sich die Inflationsrate in einem kleineren Land deutlich von der harmonisierten Preissteigerungsrate unterscheiden. Insgesamt weicht der HVPI zwar von seiner Konzeption als Preisindex ab, stellt aber durch die Orientierung an den Lebenshaltungskosten die Marktentwicklung aktueller dar. Kritik gibt es auch an der Zusammensetzung des HVPI, der eine allumfassende Inflationsrate widerspiegelt, in der kurzfristige Entwicklungen stark gewichtet sind. Es wird eine Inflationsmessung nach Vorbild der FED gefordert, die auf die Bestimmung einer Kerninflationsrate setzt, bei der die Preise für Energie und unbearbeitete Nahrungsmittel unberücksichtigt bleiben, um übermäßige Volatilität aus dem Preisindex herauszunehmen. Durch das Herausrechnen der meist wegen exogener Wirkungen kurzfristig stark schwankenden Bereiche soll das eigentliche volkswirtschaftliche Preisniveau dargestellt werden. Folgt man diesem Ansatz, ergibt sich für das Euro-Währungsgebiet allerdings ein vollkommen anderes Resultat (siehe Abb. 1: Vergleich HVPI – Kerninflation). Die Darstellung zeigt, dass sich entgegen der theoretischen Annahme die Kerninflationsrate wesentlich volatiler als der Gesamtindex präsentiert. Zwar ist der Nutzen von Teilindizes zur detailierten Analyse unbestreitbar und wird auch praktiziert, jedoch erscheint eine Fokussierung auf die Kerninflation statt des gesamten HVPI, wie in der Kritik gefordert, anhand dieser Erkenntnisse als nicht empfehlenswert. Welche jährliche Änderungsrate des HVPI mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar ist, bestimmte die EZB erstmals 1998. Demnach wird Preisstabilität definiert als "Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von unter 2% gegenüber dem Vorjahr". Im Rahmen der Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie 2003 wurde diese Definition präzisiert. Als Preisstabilität ist "mittelfristig eine Preissteigerungsrate unter, aber nahe der 2%-Marke" anzusehen. Diese Zielsetzung bedeutet zum einen, dass eine Inflationsrate über 2% und zum anderen eine sehr geringe Inflationsrate mit dem Ziel der Preisstabilität nicht vereinbar sind. Bei der Kalkulation wurden mögliche Messfehler des HVPI, die das Preisniveau leicht überzeichnen können und eine Sicherheitsmarge zur Deflation berücksichtigt (EZB 2004a, S. 52). Eben diese findet in der Öffentlichkeitsdarstellung aber nur geringe Aufmerksamkeit. Deflationäre Folgen wie der reale Wertanstieg von Schulden oder der Anreiz Konsum- und Investitionsentscheidungen aufzuschieben wiegen ebenso schwer, wie die der Inflation. Darüber hinaus kann man Deflation mit geldpolitischen Mitteln nur begrenzt entgegenwirken. Auch wenn das Euro-Währungsgebiet von einem bedrohlich sinkenden Preisniveau im Gegensatz zu starken Inflationswellen noch nicht bedroht war, so zeigt der Blick auf Japan, dass die deflationären Gefahren angesichts der geringen Sicherheitsmarge zwischen Preisstabilität und Deflation nicht unterschätzt werden dürfen. Die EZB sollte daher das öffentliche Bewusstsein für die Folgen einer Deflation stärken und einen konkreten Maßstab in Form einer Preisniveauuntergrenze festlegen. Peter Leipold, Diplomverwaltungswirt, Abschluss 2008 an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung Reinfeld. Derzeit tätig bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland.
Krisemedizin gewinnt im Rahmen sich wandelnder Kriegsformen, terroristischer Übergriffe und der Möglichkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen erheblich an Bedeutung. Zivile Katastrophenmedizin und militärische Einsatzmedizin stehen daher vor deutlich höheren Herausforderungen. Die vorliegende Arbeit versucht die Konzeption einer krisenmedizinischen Ethik unter Berücksichtigung dreier bereichsspezifischer Problemfelder: die Allokation lebenswichtiger, jedoch begrenzt verfügbarer Ressourcen, die Instrumentalisierung einer Medizin im Dienste des Militärs sowie die Doppelloyalität des Sanitätsoffiziers. Unter Beachtung der Werte und Wünsche aller Beteiligten werden Zielsetzungen formuliert. Sie stellen die Grundlage eines dreistufig hierarchischen Prinzipienkonstrukts aus allgemeinen ärztlichen und humanitären Prinzipien, Allokations- i.e. Organisationsprinzipien und Behandlungsprinzipien dar. Die entwickelte Systematik fasst die in der Literatur meist unübersichtlich dargestellten Handlungsgrundsätze zusammen und ergänzt diese bisweilen. Allokationsprinzipien werden einer Differenzierung unterzogen und gliedern sich in Prinzipien, welche ausschließlich den Zugang zum Zuteilungsverfahren festlegen, und solche, die die Verteilung der Ressource regeln. Letztere basieren auf Kriterien, wobei hier allein dem Alter neben der Überlebenswahrscheinlichkeit ein Stellenwert eingeräumt werden kann, während Beurteilungen von Patienten basierend auf deren "social worth" strikt abzulehnen sind. Die Ressourcenzuteilung im Rahmen von Krisensituationen muss unter Berücksichtigung dreier Handlungsgrundsätze erfolgen: Gerechtigkeits- und Effizienzprinzipien zusammen mit einem neu formulierten Praktikabilitätsprinzips. Ein zur Regel oder Norm zusammenzufassender Goldstandard ist dabei nicht zu erreichen. Vielmehr muss eine Kompromisslösung auf der Basis einer situativen Prinzipiengewichtung angestrebt werden, weshalb oft ein nicht intendiertes, jedoch "zu akzeptierendes Unrecht" in Kauf genommen werden muss. Die Beurteilung einer Krisenmedizin wird daher nur im Sinne eines intentionalistischen Konsequenzialismus erfolgen können. Triage versucht einen Ausweg aus diesem Gewichtungsdilemma. Sie kategorisiert Patienten in vier Schweregrade, wobei einer Gruppe die Prognose "Hoffnungslosigkeit" zugeschrieben wird. Hierdurch werden zwei Bereiche unterschiedlicher Prinzipiengewichtung definiert. Gerechtigkeitsprinzipien wird der Vorzug bei Patienten mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit eingeräumt. Bei Patienten mit niederer Überlebenswahrscheinlichkeit dominieren effizienzorientierte Prinzipien. Krisenmedizin unter dem Diktat des Militärs ist darüber hinaus einer weiteren Problematik ausgesetzt: Die Konkurrenz medizinischer und militärischer Ziele. Eine für das Militär instrumentalisierte Medizin verliert ihrer Eigenständigkeit, indem sie sich fremden Imperativen unterordnen muss. Doch weder absolute Eigenständigkeit der Medizin im Einsatz noch vollständige Instrumentalisierung im Sinne des Militärs scheinen zu erstrebenswerten Vorteilen zu führen. Der Sanitätsoffizier personifiziert hierbei den Konflikt zweier Systeme und Ethiken. Ihm kommt die Aufgabe einer temporär unterschiedlichen Gewichtung medizinischer und militärischer Zielsetzungen zu, die auf institutionaler Ebene nicht geleistet werden kann. Die Dominanz militärischer Interessen führt hierbei zu einer Verschiebung weg von der individualethischen hin zu einer eher sozialethischen Position. Gerechtigkeitsprinzipien weichen zunehmend effizienzorientierten Prinzipien, was sich in einem vom Zivilen differenten Gesundheits- bzw. Krankheitsbegriff widerspiegelt. Zusammenfassend ist für Krisensituationen eine umfassende Medizinethik nicht zu leisten. Eine Ethik wird nur Grenzen und Möglichkeiten aufzeigen können, ohne jedoch den Handlungsspielraum für Einzelfallentscheidungen exakt vorgeben zu können. Ziele und Prinzipien konkurrieren bisweilen, so dass vom einzelnen eine Gewichtung vorgenommen werden muss. Gerechtigkeit, Nützlichkeit und Praktikabilität scheinen dabei gleichermaßen verwirklicht werden zu wollen, was stets Kompromisslösungen erfordert. Die Fähigkeit, sich in dieser Grauzone ethischen Handelns zurechtfinden zu können, erfordert neben medizinisch-fachlicher Expertise eine tugendhafte innere Haltung sowie eine moralisch-ethische Kompetenz und Mündigkeit. Dieser Kompetenz möchte ich größtes Gewicht beimessen. Sie ist die Fähigkeit, ethischen Dilemmata mit situativ unterschiedlicher Kompromissbereitschaft entgegnen zu können. ; The medical response to public emergencies is gaining considerable significance as a result of ongoing changes in modes of warfare, terrorist attacks and the possible use of weapons of mass destruction. Conspicuously greater challenges are therefore posed by disaster response in the civil medical field and in operational military medicine. The present study attempts to provide an ethical concept to guide the medical response to public emergencies, taking account of three problematic aspects that are specific to this subject: the allocation of vitally important yet limited resources, the instrumentalization of medical expertise in support of the military, and the divided loyalty of the military medical officer. Objectives taking account of the values and wishes of all parties involved have been established. They provide the basis for a three-stage hierarchy of principles comprising general medical and humanitarian principles, allocational (i.e. organizational) principles, and principles relating to treatment. The taxonomy that has been developed brings together and supplements the principles of action which are represented in the literature mostly without structure. Allocation principles are differentiated and subdivided into those which solely specify the approach to the allocation process and those which govern the distribution of resources. The principles in the latter category are based upon criteria. In this context, only age and probability of survival can be accorded any importance as criteria, whereas the assessment of patients on the basis of their "social worth" has to be strongly rejected. Resource allocation in crisis situations has to be performed with three principles in mind: fairness, efficiency and a newly established principle of practicability. It is not feasible to define a gold standard that can be summarized to become an established rule or norm. Instead of this, it is essential to aim for a compromise solution on the basis of a situationally appropriate evaluation based upon principles, the result of which is often an unintended injustice that nevertheless has to be accepted. The evaluation of a medical response to a public emergency will therefore only be executable on the basis of intentionalistic consequentialism. Triage is an attempt to provide a way out of this evaluative dilemma by categorizing patients into four groups covering various degrees of severity, with the prognosis for one group being assessed as "hopeless". Hence, two areas with differently weighted principles are defined. In accordance with the principle of fairness, priority is granted to patients with a higher probability of survival, whereas efficiency-based principles are the dominant factor with regard to patients with a lower probability of survival. Furthermore, medical response to emergencies under military fiat involves another complex problem: the rivalry between medical and military objectives. Medical services instrumentalized for the military lose their independence because they have to accept subordination to others' imperatives. Yet neither absolute independence of military operational medicine nor complete instrumentalization to meet the demands of the military seems to produce desirable advantages. In this respect the military medical officer personifies the conflict between two systems with differing ethics. He is given responsibility for the task – which cannot be performed at institutional level – of weighing up the temporarily different demands stemming from medical and military objectives. In this situation the dominance of military interests leads to a shift away from an individual ethical attitude towards a position tending to social ethics. Principles of fairness increasingly have to make way for efficiency-based principles, and this is reflected in concepts of health and sickness that differ from those prevailing in the civil sector. In short, a comprehensive system of medical ethics for public emergencies is unachievable. Ethics can be used in identifying limitations and options, but will not be able to specify in exact terms the freedom of action with regard to decisions on individual cases. Different objectives and principles may occasionally compete with each other, so the individual decision-maker will have to evaluate the situation. It appears desirable to achieve fairness, efficiency and practicability in equal degree, and this will always necessitate compromise solutions. The ability to deal aptly with this grey area of ethical action requires not only professional medical expertise but also a virtuous inner attitude and moral-ethical competence and maturity. I wish to attribute the greatest importance to this competence: it is the ability to face ethical dilemmas with a situationally appropriate willingness to engage in compromise.
Puppenspiel, Figuren- und Objekttheater, Theater der Dinge? AkteurInnen in diesen dynamischen Spielfeldern sind – durch Produktions- und Aufführungsmodi mitbedingt – mehrheitlich offen für genreüberschreitende Formensprachen, räumlich ausgesprochen mobil und unterschiedlichsten Publikumsarten zugewandt. Ungeachtet der Benennungsproblematik und ihrer Präsenz auf Gegenwartsbühnen ist die Anzahl an Publikationen zu dieser variantenreichen Theaterform im deutschsprachigen Raum sehr überschaubar, (theater-)wissenschaftliche Monografien oder Sammelbände sind quasi inexistent. Der Verlag Theater der Zeit bietet mit seinem konsequent zweisprachigen Arbeitsbuch Der Dinge Stand/The State of Things. Zeitgenössisches Figuren- und Objekttheater/Contemporary Puppetry and Object Theatre eine Fülle an Text- und Bildmaterial, das exemplarisch künstlerische Positionen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen und Phänomenen – Digitalisierung, Protestkulturen, Körperbilder, Heimat, Migration und Erinnerung – zu fassen sucht. "Puppenspieler*innen gehörten zu den ersten Kunstschaffenden, die interdisziplinäre Inszenierungsansätze, postdramatische Dramaturgien und internationale Kollaborationen etablieren und, zumindest im Festivalbetrieb, durchsetzen konnten." (S. 7) In ihrem Vorwort argumentieren die HerausgeberInnen Annette Dabs und Tim Sandweg darüber hinaus, dass der Diskurs über Figuren- und Objekttheater in letzter Zeit von ästhetischen Fragestellungen dominiert worden sei. Die vorliegende Publikation solle zeitgenössische Spielformen und -materialien primär hinsichtlich ihrer Relationen zu sozialen und politischen Thematiken befragen. Zudem liege im Verlag Theater der Zeit die Veröffentlichung des letzten genrespezifischen Arbeitsbuchs Animation fremder Körper (herausgegeben von Silvia Brendenal im Jahr 2000) beinahe zwei Jahrzehnte zurück. Sieben Artikel, ebenso viele Gespräche und einige manifestartige, poetische bzw. autobiographische Texte umfasst Der Dinge Stand/The State of Things. Der Einstieg in die im Vorwort angekündigten Schwerpunktthemen erfolgt dezidiert – womöglich um Figuren- und Objekttheater unmissverständlich als Innovationsmotor zu markieren – über die Verhältnisse zu den neuen Technologien. So konfrontiert das erste Gespräch zwischen Martina Leeker, Andreas Bischof und Markus Joss, Perspektiven aus der Medienwissenschaft, der Sozialwissenschaft und der Puppenspielpraxis: Robotik, Digitalisierung, neue Kommunikationsformen differieren in ihrem Einsatz im Alltag und auf der Bühne. Ist im Theater der Dinge womöglich nicht das reibungslose Funktionieren dieser neuen Mittel fruchtbar, sondern gerade deren Versagen? Joss spricht pointiert, anhand des aktuell beliebten Topos der Roboter auf der Bühne, über die Grenzen der Brauchbarkeit dieser neuartigen Puppen: "Ein Roboter ist ja erst einmal ein riesengroßes Versprechen. Aber wenn ich aus dem Theater der Dinge darauf blicke, ist das sehr begrenzt: Wenn der Roboter jetzt Treppen steigen kann, haben sehr viele Ingenieur*innen ihr Leben darauf verwandt, damit er das kann. Das ist einerseits beeindruckend, aber unter dem Aspekt der Artistik unendlich langweilig." (S. 25) Wie könnte sich Figuren- und Objekttheater also heute und zukünftig zu einer durch neue Technologien geprägten Gesellschaft verhalten? Womöglich weder durch ein Absorbieren von Robotern, Programmierung, Digitalisierung, noch durch die Einrichtung eines technologiefreien Theaterreservats, sondern durch die Offenlegung von Übersetzungsleistungen, welche im alltäglichen Technikeinsatz verdeckt werden: Joss argumentiert, "dass heute eine Aufgabe von darstellender Kunst im Öffnen, im Sichtbarmachen besteht. Da liegt für mich auch eine Chance für das Theater der Dinge in digitalen Kulturen." (S. 26) Es folgen, im Kielwasser des ersten Themenschwerpunkts, drei Gespräche, darunter eines mit dem Berliner Kollektiv komplexbrigade über interaktives Rollenspieltheater mit Retro-Science-Fiction-Ästhetik (flirrende Bildschirme, Knöpfe und Schalter) und ein weiteres mit dem Professor für digitale Medien im Puppenspiel Friedrich Kirschner über Erwartungshaltungen und Reaktionsketten in partizipativen Formaten. Das dritte Gespräch, mit dem Intendanten des Schauspiels Dortmund Kay Voges, streift Virtual-Reality-Brillen, Body Tracking und Kostüme aus dem 3D-Drucker sowie die "Hoffnung, dass das Theater auch in dreißig Jahren noch ein Ort sein kann, wo die Schönheit der Komplexität erzählt werden kann und nicht die Partizipationswut jede Geschichte zerstört." (S. 54) Der im Themenfeld von Gaming- und Mitmachtheater graduell entgleitende Fokus auf das breit gefasste Theater der Dinge wird mit einem Artikel von Tom Mustroph wieder justiert, der sich mit der 2017 uraufgeführten Inszenierung Pinocchio 2.0 der Berliner Gruppe Manufaktor befasst. Die Puppenspiel-AbsolventInnen der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch mobilisieren auf halbem Wege zwischen Frankensteins Monster und Freuds Prothesengott, Technologie auf der Bühne: Mit verkabelten Tierschädelknochen und einem ferngesteuert rollenden Fuchs-Katze-Doppelkopfapparat mit LED-Augen illustrieren sie ein dystopisches Kriegsszenario zwischen Menschen und Maschinen am Ende des 21.Jahrhunderts – inklusive anthropomorpher "Pinocchio-Figur als Retter der Menschheit" (S. 52). Der zweite, einem konventionelleren Verständnis von Figuren- und Objekttheater näherliegende Themenfokus des Arbeitsbuchs – der menschliche Körper im Verhältnis zum Mythos, zur Gewalt, zum Objektkörper – wird in fünf Textbeiträgen ausgelotet. Sind wir etwa nie modern gewesen? Im Gespräch befragt die Puppenspielerin Julika Mayer, Renaud Herbin, Puppenspieler und Intendant des TJP Centre Dramatique National in Straßburg, zu Bezügen zwischen antiken Mythen, Ritualen und Körpern im Puppenspiel. "Neither flesh nor fleshless; Neither from nor towards; at the still point, there the dance is" (S. 67) – Herbin zitiert T. S. Eliot herbei, um der Unentschiedenheit zwischen Lebendigem und Unbelebtem, zwischen Aktivem und Passivem in einer angehaltenen Zeit, Raum zu geben: Genau dort läge der Tanz, der ebenso wie Mythologie und Puppenspiel "eine andere Erfahrung des Körpers in Aussicht" (S. 67) stelle. Ebenfalls im Gespräch mit Mayer spinnt Uta Gebert die Fragen nach dem Nonverbalen im tanzaffinen Puppenspiel fort: Das Ding ist hier weder Beiwerk noch Spielzeug, sondern gibt den Rhythmus vor. Mit Demut agiert der "Mensch als Unterstützung, der der Puppe Raum und Kraft verschafft", da "eine Puppe ein gänzlich anderes Zeit-Raum-Gefüge hat. In dieses Gefüge muss der Mensch irgendwie rein, damit beide gut interagieren können" (S. 71). Ein Artikel von Bernard Vouilloux bearbeitet die facettenreichen Verwischungen der Grenzen zwischen organischem und künstlichem Körper und deren ontologischen Zuschreibungen je nach Bewegungs- oder Stillstandmodus in den Arbeiten von Gisèle Vienne. Der thematische Block endet mit einem Artikel über Jan Jedenaks Arbeiten, in welchem mittels Masken und Puppen die Übergänge von Spiel zu Gewalt am Körper ermessen werden, und einem Monologtext der Puppenspielerin Antje Töpfer, der dem Verhältnis zwischen PuppenspielerIn und Spielfigur mit humoristischem Ton begegnet: "Wir sind ein komisches Paar. Du fängst an, dich zu beugen. MATERIALSCHWÄCHE. Meine Augen wandern nach links, zu dir. WILLENSSCHWÄCHE. Ich kann dich nicht länger halten so mit ausgestrecktem Arm. MUSKELSCHWÄCHE." (S. 82) Was hier in der Auswahl der GesprächspartnerInnen und der thematisierten KünstlerInnen deutlich hervortritt, ist die gegenwärtige Bedeutung des professionellen Puppenspiel-Netzwerks zwischen Deutschland und Frankreich, denn alle sind AbsolventInnen spezialisierter Studiengänge an der Ernst Busch, der HMDK Stuttgart und/oder der ESNAM in Charleville-Mézières. Ein dritter Themenschwerpunkt betrifft politisch engagiertes Figuren- und Objekttheater. Den Anfang macht ein Artikel von John Bell über die Zusammenhänge von Figurentheater und politischem Aktivismus in den USA, etwa im Rahmen von Demonstrationen anlässlich der Wahl von Donald Trump oder von Black Lives Matter. Die anschließenden Beiträge sind weniger pädagogisch bzw. kontextualisierend ausgerichtet: Ein poetischer Text von Gerhild Steinbuch kommentiert den Sprachgebrauch der Neuen Rechten, – über die Inszenierungsweisen im dazugehörigen Projekt Beate Uwe Selfie Klick am Theater Chemnitz erfahren LeserInnen allerdings nichts. Auch der manifestartige Text der Lovefuckers – "Aus zwei Moorleichen quillt blaues Blut. Du hast die Wahl. Elvis steht am Ufer und spielt auf einer lila E-Gitarre nur für dich. Don't look back. Fuck all rules. Puppets rule. #<3f***ers" (S. 107) – lässt mitunter den Wunsch nach Informationen zum Tun dieses Berliner Kollektivs aufkommen. Der Beitrag von Anna Ivanova-Brashinskaya, in Form von Lexikon-Einträgen zu Schlagworten, die für die interaktiven Performances des russischen Kollektivs AXE – Russian Engineering Theater von Bedeutung sind, bietet ebenfalls potentiell Neugier weckende Formulierungen, allerdings frei von Informationen zu den konkreten Arbeitsweisen: "FOLTER – im Prinzip alle Handlungen, die die PERFORMENDEn an sich selbst oder an anderen PERFORMENDEn vornehmen" (S. 112). Zum Objekt – da ja der Dinge Stand im Fokus ist – heißt es, "was schreibt, ist keine Hand, sondern ein Stift; was weint, sind nicht die Augen, sondern die Brille. […] Die PERFORMENDEn, in dienender Funktion, ermöglichen ihm das autarke Spiel. Tritt einen Moment lang auf – nur um seine sakralen Pflichten zu erfüllen und zu sterben" (S. 112). Für LeserInnen ohne Kenntnisse über dieses Kollektiv verbleibt der Text wohl etwas opak. Erinnerung, Heimat und Migration bilden die vierte Schwerpunktsetzung im Arbeitsbuch. Zwei international ausgerichtete Beiträge – ein Gespräch mit Ludomir Franczak und ein Artikel über das Kollektiv El Solar – befassen sich mit dokumentarischem Objekttheater, in welchem materielle Gegenstände (die auch Kopien von auratisch-authentischen Gegenständen sein können) als Erinnerungsträger fungieren, die Erzählungen über individuelle Biographien und soziales Leben in urbanen Räumen der Vergangenheit initiieren. Die Fraglichkeit der Trennung zwischen dem Eigenen und dem Fremden im Kontext der Globalisierung und der so genannten Energiewende wird in einem Artikel über die Beweggründe zum Stück Carbon der Dresdner Gruppe Freaks und Fremde thematisiert. Mascha Erbelding zeichnet in ihrem Artikel zum Ensemble Materialtheater die Verhandlung von Flucht, Armut und Krieg mittels Brecht'scher Verfremdung nach. Was wissen gut versorgte EuropäerInnen über diese Themen? Wie kann man das Nichtselbsterfahrene darstellen? International Selbsterfahrenes bietet das Arbeitsbuch dann zum Abschluss: Ariel Doron macht sich autobiographische Gedanken über seine europäisch-israelische Identität bis hin zum Weltbürger-Werden durch den Puppenspieler-Beruf, während Gyula Molnàrs Erzählung vom Koffer als Puppentheater- und Migrationssymbol – konfrontiert mit strengem Einreisekontrollprotokoll – mit wohlgewählten Mehrdeutigkeiten endet: "Nun hat sich das Bild gewandelt. Der Migrant verlässt das Schiff ohne Koffer, seine Geschichte ist im Meer der Nachrichten versunken. Er kommt ohne Koffer, dafür in einen goldenen Mantel gehüllt, und betritt barfuß den Boden unseres Eldorados." (S. 163) Die Entscheidung, alle Textbeiträge sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch zu veröffentlichen – wie auch im Luk Perceval gewidmeten Arbeitsbuch 2019 –, ist angesichts der internationalen Tätigkeitsfelder der zum Zuge kommenden KünstlerInnen als auch der potenziellen Diversifikation des Lesepublikums eine produktive Geste. Ihre Kehrseite ist eine ungefähre Halbierung der Quantität an Beiträgen bzw. ihre Kürze, denn die Gesamtseitenanzahl liegt im Bereich der einsprachigen Arbeitsbücher. Es wäre in diesem Kontext womöglich publikumsfreundlich gewesen, die Aufteilung der verfügbaren Seiten – den etwa 77 Textseiten stehen 53 Bild- und 39 Werbeseiten gegenüber – anders zu gestalten und längere Beiträge (als die vorliegenden 0,5 bis 3 Seiten pro Text) zu erlauben. Auch stellt sich bisweilen die Frage nach dem Zielpublikum, denn entsprechend der Ankündigung wird mehr auf die Inhalte als auf die Ästhetik fokussiert, wodurch Beschreibungen von figuren- und objekttheaterspezifischen Verfahren (Inszenierungs- und Spielweisen, Dramaturgien) kaum Erwähnung finden. Die enthaltenen poetischen bzw. dramatischen Texte eröffnen sich ohne diese Kontexte allerdings eher bereits informierten LeserInnen. Gerade weil im deutschsprachigen Raum noch immer publizistisch und theaterwissenschaftlich marginalisierte Theaterformen im Zentrum der Publikation stehen, wäre eine umfassendere, deskriptive und kontextualisierende Hilfestellung gewinnbringend gewesen. Hoch anzurechnen ist den HerausgeberInnen des lesenswerten und bildlich attraktiven TdZ-Arbeitsbuchs 2018 ihre internationale und interdisziplinäre Weitsicht, sowohl betreffend der AutorInnen als auch der thematisierten Arbeiten aus den komplex gebastelten, Genregrenzen umschiffenden, digitalisierten oder leiblichen Produktionen des gegenwärtigen großen Puppen-, Figuren-, Objekt- oder Gaming-Theaters der Dinge.
Den Rahmen der vorliegenden Arbeit bilden die Jahre 1530–1630, das "goldene Jahrhundert" der Übersetzung und des Kulturtransfers von Italien nach Frankreich. Der Untersuchungszeitraum beginnt mit dem Aufstieg Frankreichs zur europäischen Großmacht auf wirtschaftlicher, politischer, militärischer und kultureller Ebene und schließt mit der Gründung der Académie Française (1635). Während dieser Zeit sind französische Übersetzungen aus dem Italienischen zahlreicher als je zuvor. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht zunächst darin, eine Epoche des Kulturimports anhand von buchgeschichtlichen Daten zu dokumentieren. Das Korpus umfasst 197 Übersetzungstitel von 80 italienischen Autoren, von denen die am häufigsten übersetzten zwei moderne Autoren und zwei Vertreter des klassischen Kanons sind: Ariost (21 Übersetzungen) und Tasso (12), Boccaccio (10) und Petrarca (9). Weiterhin werden zahlreiche italienische Autoren genannt, die heute kaum noch bekannt sind. Ein weiteres Ziel besteht darin, die sich in den Begleitschreiben zu den Übersetzungen manifestierenden Diskurse zu eruieren. Etwa 80 % der Übersetzungen sind mit Begleitschreiben versehen, darunter vor allem Widmungsbriefe (insgesamt 144 Texte), Leseranreden (85) und Geleitgedichte (252). Diese Paratexte weisen sowohl poetologische, übersetzungstheoretische als auch sprach- und kulturpolitische Reflexionen auf. Sie stellen einen Ort dar, an dem sich die Übersetzer von anderen Übersetzern abgrenzen und sich einen Raum schaffen, wenn auch einen kleinen Raum, in dem sie selbst als Autoren auftreten. Gleichzeitig bieten die Vorreden die Möglichkeit, in mitunter recht scharfer Polemik die Rivalität der beiden Länder zu thematisieren. Hier manifestiert sich das von Jean Balsamo so bezeichnete "paradoxe de l'italianisme français", jener scheinbare Widerspruch zwischen italianisme und anti-italianisme, zwischen epigonenhafter Übersetzung auf der einen Seite und der Postulierung der kulturellen und sprachlichen Superiorität auf der anderen. Insgesamt lassen sich also für die vorliegende Untersuchung folgende thematische Schwerpunkte festhalten: die Bedeutung des Übersetzens aus dem Italienischen für die französische Literatur, die Relevanz der Paratextanalyse als literaturwissenschaftliche Disziplin und die französische Wahrnehmung der eigenen Relation zu Italien in Bezug auf Sprache, Literatur und Kultur. Im Hinblick auf die Eigentümlichkeit der Textsorte konnte anhand zahlreicher Textauszüge eine Ästhetik des Vergleichs von Original und Übersetzung, der Konkurrenz mit Italien und der Überbietung der Vorlage belegt und illustriert werden. Einige Paratextverfasser begnügen sich nicht mit der Betonung von Egalität, sondern formulieren einen deutlichen Überbietungsanspruch der französischen Übersetzungen in Bezug auf ihre Vorlagen. Diese Superiorität wird nicht nur für einzelne Texte gefordert, sondern auf das gesamte kulturelle Leben übertragen. Das Übersetzen wird hierdurch zu einer Strategie der kulturellen Eroberung, die militärische Auseinandersetzung wird auf literarischem Feld weitergeführt und für Frankreich entschieden. Gleichzeitig aber dient das Abarbeiten am italienischen Vorbild der Profilierung einer neuen kulturellen Identität. Die Paratexte der französischen Übersetzungen aus dem Italienischen illustrieren ein komplexes Verhältnis der Franzosen zu Italien, sie irritieren durch die scheinbare Widersprüchlichkeit des "anti-italianisme des italianisants" und die Gleichzeitigkeit von Annäherungs- und Abgrenzungsversuchen. Es wurde deutlich, dass die Polemik gegen Italien nicht primär zur Abwertung des Nachbarlandes, sondern vor allem zur eigenen Aufwertung betrieben wird und Zeichen einer intensiven Selbstreflexion und Selbsterfahrung darstellt. Französische Übersetzer bedienen sich eines Modells, um mit dessen Hilfe eigene französische Werke zu erschaffen, Literatur und Sprache zu bereichern und das eigene Profil zu schärfen. Bei diesem Vorbild handelt es sich jedoch um kein beliebiges, sondern um den Vertreter eines weiteren Modells: die Antike. Die Analyse der Paratexte zeigt, dass die Vorredenschreiber bei der Präsentation eines italienischen Werks dazu tendieren, Bezüge zur römischen und griechischen Literatur herauszustellen und hierdurch die Übersetzung zu legitimieren. Das Übersetzen aus dem Italienischen kann in vielen Fällen als zweifacher Transfer charakterisiert werden, wobei den italienischen Autoren gleichermaßen eine Mittler- und eine Vorbildrolle zuteilwird. Italien ist Modell, Mittler und Rivale, und es ist vor allem diese jahrhundertealte Rivalität, die in den Übersetzervorreden, insbesondere den Geleitgedichten, mit Witz und Ironie, Polemik und der Kraft der Invektive so eindrucksvoll versprachlicht wird. ; Du traducteur au lecteur: La culture du paratexte dans les traductions de l'italien vers le français au XVIe et au début du XVIIe siècle Notre étude se consacre aux années 1530-1630, siècle d'or de la traduction et des transferts culturels entre la France et l'Italie. La période s'ouvre sur le début de la montée en puissance de la France dans les domaines économique, politique, militaire et culturel sur le continent européen et s'achève au moment de la fondation de l'Académie Française en 1635. Pendant cette période, les traductions de l'italien vers le français sont plus nombreuses que jamais. L'un des principaux objets de notre étude est de décrire de la réception de la littérature italienne en France. Le corpus de ce travail contient au total 197 titres d'œuvres traduites de l'italien vers le français. Les auteurs les plus souvent traduits appartiennent soit à l'époque moderne, comme c'est le cas pour l'Arioste (21 traductions), le Tasse (12), soit aux grands classiques comme Boccace (10) et le Pétrarque (9). Mais dans cette liste d'auteurs figurent aussi beaucoup de noms "mineurs" qui ne sont plus connus aujourd'hui. En dehors de la description de cette phase si riche en traductions italo-françaises, un autre point fort de cette étude concerne la culture des paratextes qui, dans la plupart des cas, accompagnent ces traductions. C'est notamment le cas des lettres dédicataires (144 textes au total), des avis au lecteur (85) et des pièces liminaires présentées sous forme de poèmes (252) qui ont été ajoutées en environ 80 % des cas. Ces documents présentent des discours portant sur la théorie de la traduction, la poétologie aussi que des réflexions sur des concepts de politique linguistique et culturelle. Les traducteurs y font part de leurs avis et idées concernant des questions sur leur travail souvent sous-estimé et mépris, sur leur langue maternelle et la relation avec la langue italienne. Notons que les textes liminaires sont des documents propices à la thématisation de la rivalité entre les deux pays. C'est ici que se révèle, comme le dit Jean Balsamo, le "paradoxe de l'italianisme français", cette contradiction apparente entre italianisme et anti-italianisme ou autrement dit, le fait de traduire de l'italien et de postuler dans le même temps la supériorité de sa propre langue et de sa culture. L'étude veut donc d'une part révéler l'importance de l'analyse de ces textes, et montrer d'autre part comment ce paradoxe se manifeste dans les documents étudiés qui transmettent dans de nombreux cas la perspective des traducteurs français concernant leur relation avec le pays voisin. L'un des traits caractéristiques des pièces liminaires est la thématique de comparaison, d'équivalence, de concurrence et de supériorité, concernant le texte source écrit en italien et la traduction française. De nombreux exemples montrent l'intention des auteurs des pièces liminaires – car il ne s'agit pas toujours des traducteurs eux-mêmes – de montrer la supériorité non seulement des textes français mais également de la culture française en général. La traduction en elle-même devient alors une stratégie de conquête littéraire, une tentative de poursuivre la confrontation militaire sur le champ culturel. En même temps, le fait de se comparer et d'essayer de surpasser le modèle italien aide à forger sa propre identité. Les textes liminaires témoignent donc du besoin pour chacun d'avoir sa propre culture nationale, celle-ci devant se construire selon le principe de l'émulation, en compétition avec le modèle italien. La polémique que l'on rencontre dans ces textes n'est pourtant pas un signe de mépris ou même d'une haine profonde mais est plutôt l'indice d'un phénomène de saturation quant au transfert culturel italo-français. Il est apparu que la polémique anti-italienne n'est pas réellement un signe de dépréciation du pays voisin mais qu'elle poursuit plutôt l'objectif d'une auto-valorisation. Les traducteurs français se servent d'un modèle à l'aide duquel ils créent leurs propres œuvres, enrichissent leur littérature et leur langue, parvenant ainsi à mieux définir leur profil. Mais le modèle dont ils se servent est en même temps le représentant d'un autre modèle plus important, qu'est celui de l'antiquité. L'analyse des textes liminaires a montré que les auteurs des paratextes ont tendance à créer des liens avec la littérature grecque et romaine pour valoriser et légitimer la traduction. La traduction de l'italien est donc dans de nombreux cas un double transfert et il est apparu que les auteurs italiens jouent aussi le rôle d'intermédiaire. L'Italie est un modèle, un médiateur, un rival, et c'est surtout cette vieille rivalité qu'elle a avec la France qui s'inscrit dans les pièces liminaires, et plus particulièrement dans les poèmes, avec cet esprit créatif, amusant et polémique.
Inhaltsangabe: Einleitung: Die demographischen Herausforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts prägen die Zukunft unserer Gesellschaft. Es vollziehen sich einschneidende Umschichtungen in der Altersstruktur, die damit einhergehende Veränderung führt langfristig zu einer alternden Gesellschaft. Diese Entwicklung hat ihre Ursache in einer 'dreifachen Alterung der Gesellschaft': 1) wachsender prozentualer Anteil der älteren Bevölkerung, 2) Zunahme der Anzahl älterer Menschen und 3) die Zahl hochaltriger Menschen nimmt deutlich zu. Parallel zu dieser Entwicklung verliert auch die klassische Altersnorm der Inaktivität immer mehr an Relevanz. Das sportliche Engagement ist nicht länger eine Beschäftigungsform ausschließlich junger Menschen. Die Altersgruppe 50plus birgt aber nicht nur aufgrund ihres Bewusstseins des 'Aktiven Alterns' ein bemerkenswertes Potential für die Fitnessbranche sondern auch aufgrund ihrer finanziellen Lage. Ältere Menschen hatten nie höhere Einkommen und mehr Vermögen als heute. Eine erkennbar abnehmende Sparquote älterer Haushalte und mit dem Alter steigende Konsumausgaben für Freizeit unterstreichen dies. Im Gegensatz zu dieser gesellschaftlichen Entwicklung steht die Tatsache, dass sich der überwiegende Teil der angebotenen Produkte und Dienstleistungen nach wie vor an eine junge Zielgruppe wendet. Für die Fitnessbranche bieten sich hier bislang noch größtenteils ungenutzte Wachstumschancen. Die Fitnessbranche ist bei steigendem Wettbewerbsdruck und zunehmend gesättigtem Markt zum Umdenken gezwungen. Als Vorbild für die deutschen Fitnessstudios gelten die USA, wo bereits 20 Prozent der Studiobesucher älter als 55 Jahre sind, im Vergleich dazu beträgt dieser Anteil in Deutschland knapp ein Prozent. In der aktuellen Branchenstudie der body LIFE macht eine Altersanalyse der Club-Mitglieder deutlich: Fitnessclubs gewinnen auch bei den sogenannten Best Agern und den Senioren immer mehr an Relevanz. Der Anteil der 31- bis 40-Jährigen reduzierte sich im Durchschnitt von 62 auf 49,7 Prozent zu Gunsten der 41- bis 50-Jährigen. Deren Anteil verdoppelte sich nahezu von 22,6 auf 39 Prozent. Und mit jedem Jahr werden die Club-Mitglieder älter – und der Anteil der über 40-Jährigen steigt weiter. In absoluten Zahlen ist der Fitnesssport mit seinen rund sieben Millionen Mitgliedern die größte gelebte Sportart in Deutschland und liegt damit knapp vor Fußball. Der Wandel von der verrufenen 'Muckibude' inklusive Medikamentenmissbrauch hin zu einem Ort der aktiven, gesundheitsorientierten und körperbewussten Sportausübung scheint vollzogen. Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Überlegungen ist das Ziel dieser Arbeit die Beantwortung der folgenden Fragestellung: Welche Bedeutung hat die alternde Gesellschaft sowohl aktuell als auch zukünftig für die deutsche Fitnessbranche? Die demographische Entwicklung Deutschlands wird umfassend beleuchtet und durch die detaillierte Darstellung ihrer gesellschaftlichen und ökonomischen Konsequenzen sollen die realistischen Problemfelder sowie die Chancen für die Fitnessbranche erörtert und bewertet werden. Im Anschluss an dieses einleitende Kapitel werden im zweiten Kapitel zunächst die Elemente des demographischen Wandels, wie er sich für Deutschland darstellt, umrissen. Darin enthalten ist eine differenzierte Definition des Terminus 'Demographie'. Kapitel drei meiner Arbeit setzt sich mit der Bevölkerungsgruppe der 'neuen Alten' auseinander. Zunächst erfolgt eine Begriffsbestimmung für 'das Alter', anschließend werden die Merkmale, die die 'neuen Alten' auszeichnen, beschrieben. Die qualitativ kulturellen Wandlungsprozesse der Gesellschaft gegenüber dem Altwerden sowie die speziellen Bedürfnisse und Motivationen der sogenannten 'neuen Alten' werden vorgestellt. Teil vier der Arbeit befasst sich mit der Fitnessbranche in Deutschland und definiert diese. Unter Verwendung aktuellster Daten und Studienergebnissen werden die gegenwärtige Situation im Markt sowie die Trends dargelegt. Im fünften Kapitelwerden die Bereiche 'Demographischer Wandel' und 'Fitnessbranche' perspektivisch miteinander verknüpft. Es gilt, die sich andeutenden Entwicklungspotenziale und Gefahren für die Fitnessbranche hervorzuheben. Die bereits vollzogenen oder empfohlenen Maßnahmen und Strategien der Branche als Reaktion auf den demographischen Wandel werden geschildert. Den Abschluss der Arbeit bildet das Resümee in dem noch einmal die wesentlichen Aspekte kompakt aufgeführt und mit einem Ausblick kombiniert werden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: InhaltsverzeichnisII AbkürzungsverzeichnisV AbbildungsverzeichnisVI 1.Einleitung1 2.Demographischer Wandel3 2.1Definition'Demographie'3 2.2Einführung zur Bevölkerungsvorausberechnung4 2.3Demographische Chronik bis Heute6 2.4Bevölkerungsvorausberechnung10 2.5Altersstrukturelle Verschiebungen13 3.Die 'neuen Alten'16 3.1Begriffsbestimmung 'Alter'16 3.1.1Kalendarisches Alter17 3.1.2Biologisch-medizinisches Alter17 3.1.3Psychisch-intellektuelles Alter18 3.1.4Soziales Alter19 3.1.5Alter in der Konsumgesellschaft19 3.2Charakteristika der 'neuen Alten'20 3.2.1Psychographische Merkmale21 3.2.2Sozio-demographische Merkmale23 3.2.2.1Alter und Geschlecht23 3.2.2.2Gesundheitszustand24 3.2.2.3Bildungsniveau26 3.2.3Ökonomische Merkmale27 3.2.3.1Einkommen27 3.2.3.2Vermögen28 3.2.3.3Kaufkraft29 3.2.3.4Kaufentscheidungen / Konsumverhalten30 3.2.4Sportbezogene Merkmale31 3.2.4.1Sportbeteiligung31 3.2.4.2Motive33 3.2.4.3Nachfragesituation und Ausgaben im sportspezifischen Rahmen34 4.Die deutsche Fitnessbranche36 4.1Definition36 4.2Rechtsformen und Organisationsgrad37 4.3Aktuelle Datenlage37 4.3.1Harte Faktoren38 4.3.1.1Mitglieder- und Anlagenentwicklung38 4.3.1.2Umsatzzahlen40 4.3.1.3Preisstrukturen und Entwicklung nach Segmenten40 4.3.1.4Marktanteile41 4.3.2Weiche Faktoren42 4.3.2.1Altersstruktur der Mitglieder42 4.3.2.2Maßnahmen des Qualitätsmanagements43 4.3.2.3Standort und Räumlichkeiten44 4.3.2.4Öffnungszeiten45 4.3.2.5Kundenbindung und Neukundengewinnung45 4.4Ausblick aus Branchenperspektive47 5.Demographiebezogene Maßnahmen in der Fitnessbranche48 5.1Besondere Anforderungen durch die 'neuen Alten'49 5.2Handlungsempfehlungen51 5.2.1Zertifizierung51 5.2.2Ausrichtung52 5.2.3Kooperationen53 5.2.3.1Kooperationen mit Krankenkassen54 5.2.3.2Kooperationen mit Ärzten55 5.2.3.3Kooperationen mit Physiotherapeuten55 5.2.3.4Kooperationen mit Unternehmen56 5.2.4Bedeutung von Kundenbindung56 5.2.5Angebotsstruktur57 6.Resümee58 Literaturverzeichnis61Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.1, Begriffsbestimmung 'Alter': Die Vorstellung von Alter ist immer noch zu einem bedeutenden Teil durch den Krankheitsaspekt geprägt und wird mit einem Verlust sozialer Rollen und Funktionen sowie dem Rückzug aus Bereichen wie Politik oder Sport verknüpft. Tatsächlich werden die älteren Menschen unbewusst oft selbst zu den eigenen Konstrukteuren ihres Alters, indem sie die gesellschaftlich auferlegte Rollenverpflichtung übernehmen und sich aus dem sozialen Leben zurückziehen. Dieser negativen und defizitorientierten Sicht steht eine sich verändernde Realität gegenüber. Die heutigen Frauen und Männer im Rentenalter sind durchaus meist noch bei guter Gesundheit, geistig und körperlich fit und selbstständig, und viele von ihnen weisen einen hohen Aktivitätsgrad auf. Die moderne Sichtweise des Alters vertritt denn auch einen positiven, ressourcenorientierten Standpunkt. Die Älteren verfügen über Zeit, Wissen und Erfahrung, sind materiell gut gestellt und körperlich fit. Da sich bis heute unter den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen keine Alterstheorie übergreifend durchsetzen konnte, folgen einige Kategorisierungen: 3.1.1, Kalendarisches Alter: Diese traditionelle Sicht des Alters ist durch das Geburtsdatum bestimmt und damit eine rein formale Einteilung. Die willkürliche Wahl des kalendarischen Alters dient der Unterscheidung zwischen alter und nicht alter Bevölkerung. Der Eintritt in das 65. Lebensjahr galt lange Zeit als diese Marke. Die Lebensphase 'Alter' stellt mittlerweile für viele die längste zusammenhängende Zeitspanne dar, die bis zu fünfzig Jahre dauern kann, wenn ein frühzeitiger Ruhestand im fünfzigsten Lebensjahr mit einem späten Sterbealter von einhundert Jahren zusammenfällt. So werden nach den Vorschlägen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die folgenden fünf Alterskategorien unterschieden: Alternde Menschen (50 – 60-jährige), ältere Menschen (61 – 75-jährige), alte Menschen (76 – 90-jährige), sehr alte Menschen (91 – 100-jährige) und langlebige Menschen (über 100-jährige). Eine andere Einteilung nimmt Opaschowski vor, der aufgrund der unterschiedlichen historischen Erfahrungen das 'Alter' in 80plus Generation, 65plus Generation und 50plus Generation aufschlüsselt. 3.1.2, Biologisch-medizinisches Alter: Das biologisch-medizinische Alter ist genetisch bestimmt, wird aber zusätzlich durch äußere Einflüsse, wie die Lebensweise beeinflusst. Dies zeigt sich an biologischen Veränderungen von Körper und Nervensystem wie verlangsamter Neubildung oder Rückbildungen körperlicher Substanz, an die sich auf Dauer die Regelsysteme des Organismus nicht mehr anpassen können. Das biologische Alter verläuft individuell, weshalb keine Altersgrenze und Geschwindigkeit festgelegt werden kann. So unsicher man sich über die exakten Ursachen des Alterungsprozesses ist, die Beeinträchtigungen sind offensichtlich: Zunehmender Blutdruck, nachlassende Sehschärfe, geringere Bandbreite der hörbaren Tonlagen, Elastizität des Bindegewebes, ein allgemeiner Rückgang der körperlichen Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig sei aber an dieser Stelle auf die erheblichen Einflussmöglichkeiten, die durch sportliche Aktivität auf den körperlichen Abbauprozess genommen werden können, hingewiesen. Positive Effekte des regelmäßigen Sporttreibens auf Organe sowie den Halte- und Bewegungsapparat sind nachgewiesen, und selbst ein Aufschieben des komplexen Alterungsprozesses durch sportliche Aktivität konnte dokumentiert werden. 3.1.3, Psychisch-intellektuelles Alter: Das Alter aus psychisch-intellektuellem Blickwinkel resultiert aus einem komplexen Zusammenwirken von Anlagen und Umwelt. Im höheren Alter stecken meist die vorangegangenen Sozialisations- und Personalisierungsprozesse den Verhaltensspielraum ab und beeinflussen die bedeutsamen Haltungen zu sich selbst als Alterndem, zu Alter und Tod sowie die Bereitschaft zu Aktivitäten oder die Neigung, sich zurückzuziehen. Unter psychologischem Altern versteht man die Veränderungen der kognitiven Funktionen, des Wissens und der Erfahrungen sowie der subjektiv erlebten Aufgaben und Anforderungen des Lebens. Die für den Menschen zur Verfügung stehenden Strategien zur Anpassung an die veränderten Lebensumstände, die der Alterungsprozess mit sich bringt, sind allerdings nicht mehr im gleichen Maße vorhanden, wie es in jüngeren Jahren der Fall ist. Daher stellen sich einschneidende Veränderungen wie der Verlust der Partnerin oder des Partners, das Ausscheiden aus dem Berufsleben oder der Auszug der Kinder für ältere Menschen oft als eine Stress erzeugende Aufgabe heraus, die zu enormer psychischer Anspannung bis hin zur Depression führen kann. Aus der psychologischen Sichtweise ist das Alter als eine Aufgabe zu verstehen, deren Erledigung die Fähigkeit zur Neuorientierung sowie zur Regulierung des Anspruchsniveaus, und zwar gleichbedeutend einer Neudefinition einzelner Ziele, bedingt. Ein positiver Einfluss sportlicher Aktivität auf die Lebenssituation älterer Menschen in Bezug auf die psychischen Einflussgrößen wird in der Literatur beschrieben. Mit dem Verweis auf anerkannte Forschungsergebnisse wird sportlicher Aktivität ganz konkret eine Angst reduzierende, Stresssymptome mindernde und das Selbstwertgefühl steigernde Wirkung zugesprochen, bis hin zu einer Verminderung moderater Depressionen. Den Kern psychologischen Alterns bildet die Wechselwirkung zwischen der Person und der Umwelt. 'Das Gefühl, von anderen Menschen gebraucht zu werden, ist die zentrale Voraussetzung der Zufriedenheit. Ein ebenfalls sehr wichtiger Aspekt ist die soziale Bindung zur eigenen Generation aber auch zur jüngeren Generation, was von den älteren Menschen selbst als ein bedeutsames Merkmal von Lebensqualität empfunden wird'. 3.1.4, Soziales Alter: Das soziale Alter äußert sich durch Veränderungen in der sozialen Position und in den sozial definierten Rollen, die durch das Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder einer bestimmten Statuspassage einsetzen. Es ist somit abhängig von gesellschaftlicher Einschätzung in Bezug auf die sozialen Rollen und Gewohnheiten eines Individuums. So können Sportler im Alter von dreißig Jahren bereits zum 'alten Eisen' gezählt werden, während ein Politiker gleichen Alters als 'Jungspund' bezeichnet werden würde. Ähnlich verschieden werden mittlerweile Menschen über fünfzig Jahre eingestuft. 3.1.5, Alter in der Konsumgesellschaft: Aus der Sicht der Markt- und Medienforscher wird der Beginn des Alters mit dem Ausscheiden aus der werberelevanten Zielgruppe zwischen 14 und 49 Jahren beschrieben. Ganz aktuell ist eine Diskussion im Gange, diese Referenzgröße durch den Korridor '20- bis 59-jährig' zu ersetzen, denn bereits heute sind die konsumfreudigsten Menschen zwischen 50 und 59 Jahre alt. Mit zunehmendem Einfluss des demographischen Wandels mittels entsprechender Konsumdaten wächst die Vielfalt neuer Modeschlagworte, mit denen die Werbung und die verschiedenen Branchen die Älteren umschmeichelt. Die Werberelevanz scheint die Zahl '50' überwunden zu haben, es ist nicht mehr die Rede von Älteren oder gar Senioren sondern von: Jungen Alten, 50plus, Silberne Reserve, Best Ager, Master Consumers, Generation Gold oder komplett neuen Wortschöpfungen wie Woopies (well-off older people), Senior Dinkies (senior double income, no kids), Yollies (young oldleisure living people) oder Selpies (second life people), um nur einige Beispiele zu nennen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die Setzung einer exakten Altersgrenze ist subjektiv und willkürlich. Tatsache ist aber auch, dass die Bevölkerungsgruppe zwischen fünfzig und fünfundsechzig Jahren in den kommenden zwei Dekaden den mit Abstand größten Teil an der Gesamtbevölkerung ausmachen wird und damit aus Sicht des Autors eine isolierte Betrachtung rechtfertigt, wobei die exakte Betitelung – 'Neue Alte' – rein subjektiv entschieden wurde.