Immer wieder wird vertreten, dass es ein moralisches Menschenrecht auf offene Grenzen gebe. Der Aufsatz klärt, in welchem Sinn eine solche These plausibel sein kann. Dazu unterscheidet er verschiedene Verständnisse von Menschenrechten und hält fest, dass die gängigen Argumente für offene Grenzen nur ein Menschenrecht in einem moderaten Sinn begründen können. ; In the debate on the question of whether there should be open borders, some philosophers claim that there is a human right to go where one wants to go and to live in the country one wants to live in. This claim can be easily misunderstood, in public debates as well as in the academic debate, and therefore it needs clarification. In this paper, I proceed in four steps. The first two seek to clarify existing concepts by introducing important distinctions. First, I distinguish between three understandings of the "human right to immigrate", stretching from an absolute right at one end of the spectrum to, at the other, the modest claim that every restriction of free movement requires some justification. Second, I introduce the ideas of ideal and non-ideal theory, and I claim that the right to immigration, as it is propounded by most authors, does not permit any conclusions applicable to non-ideal theory and yet cannot be applied without further reasoning to current politics. In the final two steps, I address common arguments in favour of a human right to immigration. Thus in the third step, I explore the "cantilever argument" for open borders with the aim to cast doubt on the view that we should understand open borders as a human right in the sense that this right must be given high priority balanced against competing normative reasons. Fourth, I also show that Joseph Raz's conception of autonomy can be used to support only the modest claim.
In diesem Beitrag stellen wir einen konzeptionellen Vorschlag für ein methodisches Verfahren zur qualitativ-theoriegenerierenden Herausarbeitung idealtypischer subjektiver Theorien vor. Vor dem Hintergrund von Annahmen zu subjektiven Theorien zeigen wir auf, dass sich die Qualität dieses Erkenntnisziels durch eine Methodenkombination von zusammenfassender qualitativer Inhaltsanalyse und empirisch begründeter Typenbildung angemessen erfassen lässt und welche Funktion den einzelnen Verfahrensschritten dabei zukommt. Mit dieser theoretisch begründeten Konkretisierung, was kategorisiert und typisiert wird, reagieren wir zum einen auf ein methodisches Desiderat und regen zum anderen an, die qualitative Inhaltsanalyse hinsichtlich des vorhandenen Potenzials - wie der abduktiven Kategorienbildung - sowie mit Blick auf eine theoretische Fundierung anhand der epistemischen Qualität des Ergebnisses weiterzuentwickeln.
Die Diskrepanz zwischen tatsächlicher und hypothetischer Fertilität (im Englischen auch unter dem Begriff Fertility Gap gebräuchlich) wurde in jüngerer Zeit zum Anlass für familienpolitische Maßnahmen genommen, um eine höhere Geburtenhäufigkeit zu erzielen. Dieser Beitrag untersucht die Relevanz einer anhand von Fertilitätsidealen und -absichten gemessenen hypothetischen Fertilität, mit der die Schätzung des Fertility Gap angestrebt wird. Ausgehend von einem Überblick der relevanten Literatur untersuchen wir die Bedeutung dieser Konzepte und deren Operationalisierung anhand empirischer Beobachtungen in drei Vergleichsländern: Österreich, Deutschland und der Schweiz. Wenngleich der Begriff des gesellschaftlichen Ideals der Fertilität mehrdeutig ist, kann er bei sorgfältiger Messung Aussagekraft in Bezug auf Reproduktionsentscheidungen bieten. Die Operationalisierung kurzfristiger und langfristiger Fertilitätsabsichten wird ebenso erörtert wie deren Realisierung. Analysen von Absichten sollten auf einem theoretischen Fundament gründen, etwa dem Miller-Pasta-Rahmen oder der sozialpsychologischen Theorie des geplanten Verhaltens. Letztere findet in Österreich und in Deutschland auf Grundlage von GGS-Daten Anwendung. Der Beitrag kommt zu dem Schluss, dass anhand des Fertility Gap mitunter falsche Schlüsse gezogen werden können, da sowohl der Indikator der tatsächlichen Fertilität als auch die Indikatoren der beabsichtigten Fertilität unpräzise sein können. Aufschlussreiche politisch relevante Informationen können aus einer spezifischen Form der Diskrepanz abgeleitet werden, wenn die Realisierung der individuellen kurzfristigen Absichten des Einzelnen betrachtet wird. ; Recently the difference between actual and hypothetical fertility (fertility gap) has served as an indication to enforce family policies with the purpose to increase births. This paper examines the relevance of hypothetical fertility measured with fertility ideals and intentions, to the estimation of the gap. Based on a literature review we discuss the meaning of these concepts and their operationalisation with empirical observations in three German-speaking countries (Austria, Germany, and Switzerland). Although the concept of societal ideal fertility is ambiguous it can be useful for understanding reproductive decisions when measured scrupulously. Operationalisation of short-term and long-term fertility intentions is discussed, along with their realisation. Analyses of intentions should rest on a theoretical background, such as the Miller-Pasta framework and the socio-psychological theory of planned behaviour. The latter is implemented in Austria and Germany using GGS data. The paper concludes that the fertility gap can be misleading both because the indicator of actual fertility as well as indicators of intended fertility can be imprecise. Useful policy-relevant information can be received by a specific form of the gap, when realisation of individual short-term intentions is considered.
In: Swiss political science review: SPSR = Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft = Revue suisse de science politique, Band 11, Heft 1, S. 119-154
Der Aufsatz beschreibt die historische Entwicklung und die jüngsten Formen politischer Steuerungsansätze in sechs westdeutschen Großstadtregionen. Es sind dies die Regionen Hamburg, Bremen, Hannover, Frankfurt, Stuttgart und München. Zu diesem Zweck wird im theoretischen Teil eine zweidimensionale Typologie von Formen der Metropolitan Governance entwickelt. In der ersten Dimension werden Governance - Formen nach dem Strukturmuster der Interaktion unterschieden, in der zweiten Dimension werden die Governance - Formen aufgrund der zugrundeliegenden Handlungstheorie (normatives, utilitaristisches, kommunikatives und dramaturgisches Handeln) differenziert. Mit Hilfe der dadurch gewonnenen acht Idealtypen wird im darauf folgenden empirischen Teil gezeigt, dass bis in die 1970er Jahre normative Steuerungsformen die Diskussion beherrschten und diese in den 1980er Jahren durch ein utilitaristisches Paradigma in Frage gestellt wurden. Seit Beginn der 1990er Jahre wurde verstärkt auf kommunikative und dramaturgische Governance - Formen gesetzt, auf deren Grundlage können sich aber ganz unterschiedliche Governance - Schwerpunkte und z.T. auch ausdifferenzierte "Governance - Landschaften" in den verschiedenen Stadtregionen etablieren. (Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft / FUB)
Schamkultur und Schuldkultur. Revision einer Theorie Die wissenschaftliche Debatte zu Schuld- und Schamkulturen nimmt ihren Anfang mit den kulturvergleichenden Studien von Ruth Benedict und Margaret Mead in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Doch werden die Kategorien der Schuld- und Schamkultur bald aus politischen und systematischen Gründen ad acta gelegt. Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, sie im Rahmen einer Typologie so zu modifizieren, dass letztere ein sinnvolles heuristisches Instrument zur Interpretation von Schuld- und Schamphänomenen sowie ihrer jeweiligen sozialen Kontexte darstellt. Diesem Vorhaben liegt die These zugrunde, dass sich in modifizierten Kategorien von Schuld- und Schamkulturen sowohl eine theoretisch stringente Differenzierung von Schuld und Scham als universale Phänomene wie auch die Tatsache erfassen lässt, dass Schuld und Scham kulturspezifisch zu unterscheidende Aspekte in Abhängigkeit von bestimmten, soziologisch beschreibbaren Konturen kultureller Kontexte aufweisen. Dazu werden in einem ersten Schritt ausgewählte soziologische, psychologische, anthropologische und philosophische Konzepte und Differenzierungen von Schuld und Scham untersucht. In diesem Spektrum an Positionen fällt auf, dass Scham nahezu ausnahmslos als soziales Phänomen, als Scham vor dem Anderen dargestellt wird. Damit durchzieht diesen Begriff von Scham ein Zug von Heteronomie. Dies lässt sich ebenso für das vorherrschende Verständnis von Schuld nachweisen: auch die internalisierten Maßstäbe des scheinbar individuellen Gewissens erhalten den analysierten Konzepten zufolge ihre Autorität selbstverständlich von einem Anderen her, sei dieser Andere die Eltern, die Gesellschaft oder ein Gott. In anthropologischer Hinsicht wird in diesen Konzepten von Schuld und Scham mithin die (wenn auch begrenzte) Fähigkeit zu moralischer Autonomie, d.h. die Fähigkeit des Subjekts, Normen und Werte selbst zu verantworten und sich selbst als deren legitimierende Instanz zu betrachten, als Komplement zur Integrations- und Bindungsfähigkeit des Menschen und damit die Möglichkeit, sich vor sich selbst zu schämen, systematisch nicht oder zu wenig berücksichtigt. Auf einen zweiten blinden Fleck macht die Untersuchung der Debatte zu Schuld- und Schamkulturen aufmerksam. Schuldkulturen wurden über das Kriterium der Dominanz von Schuld, Schamkulturen über das der Scham definiert. Dies verstellt den Blick dafür, dass Schuld und Scham nicht nur universale Aspekte, sondern auch kulturspezifische Züge tragen und daher beide – in je spezifischen Varianten – sowohl in Schuld- als auch in Schamkulturen in einem spezifischen Konnex zueinander stehend zu erwarten sind. Diese These wird in dem Entwurf einer Typologie von Schuld- und Schamkulturen ausformuliert. In anthropologischer Hinsicht versucht diese Typologie, die Konzepte so zu konturieren, dass sowohl Bindung als auch Autonomie als menschliche Grundbedürfnisse und Vermögen Berücksichtigung finden. Als soziologisches Kriterium der Differenzierung von Schuld- und Schamkulturen schlägt sie eine Kollektivorientierung versus einer Priorisierung des Individuums vor dem Kollektiv vor. Es wird also die These vertreten, dass Gruppen als strukturprägendem Wert entweder dem Schutz, der Integration, der Harmonie der Gruppe als Gemeinschaft höchste Priorität zuschreiben oder dem Individuum als Ideal nahelegen, dass es sich in Autonomie entwickelt, sich individualisiert. Eine Schuldkultur wird, so die Typologie, über das Kriterium der "Individualisierung" bzw. Autonomieorientierung und eine Schamkultur über das der Orientierung des Individuums auf das Kollektiv hin definiert. Die Konsequenzen für das Selbstkonzept des Individuums und das im jeweiligen kulturellen Kontext zu erwartende Verständnis von Moralität werden ausgelotet. Ebenso wird die Frage diskutiert, welche Verhältnisbestimmung von Schuld und Scham sich aus der Logik der Typologie ergibt. ; Shame culture and guilt culture. Reconsidering a theory The academic debate on shame and guilt cultures was first initiated in the middle of the 20th century through the comparative ethnographic studies of Margaret Mead and Ruth Benedict. But the categories of shame and guilt culture disappeared soon after for political and systematic reasons. The present dissertation tries to modify the categories in the framework of a typology, so that the latter may function as a helpful heuristic instrument for the interpretation of phenomena of guilt and shame within their respective social context. For it is assumed that, first, the modified categories of shame culture and guilt culture allow the emotions of shame and guilt to be differentiated precisely as universal phenomena. Second, their culturally specific aspects can be pointed out and understood particularly with regard to their dependence on the specific describable sociological characteristics of their cultural context. The study first analyses selected sociological, psychological, anthropological and philosophical concepts and their differentiation of shame and guilt. It appears that - with very few exceptions - shame is considered to be a social phenomenon occurring exclusively in the face of the other. Therefore, shame includes some sort of heteronomy. The same proves true for the dominant concept of guilt: even the norms of the seemingly individual conscience count because they are internalized from external authorities such as parents, society or in religious adherence. The author asserts that considering the concepts of shame and guilt from an anthropological point of view, moral autonomy, which can be viewed as a complement to the human ability of integration and bonding, is systematically neglected. Autonomy is defined as the (limited) ability of the subject to account for its own norms and values and to take itself to be the legitimizing authority in this question. Neglecting autonomy, the examined concepts do not take into account that a person might also be ashamed "in the face of herself" without any other person being present in this situation, not even in her mind. Having studied the debate on guilt and shame cultures, the author points to a second desideratum. The dominance of either guilt or shame has been considered the defining criterion of either guilt cultures or shame cultures. As a consequence, the cultural specificity of shame and guilt, as well as the possibility that they occur in combination in certain culturally specific relationships, has been overseen. This thesis is elaborated in a typology of guilt and shame cultures which aims at taking seriously the anthropological abilities and necessities both of autonomy on the one hand and bonding on the other hand. The author proposes to presume a normative orientation towards the collective for shame cultures and the individual being prioritized before the collective in guilt cultures. Thus, groups are considered either to give top priority to the protection, integration, and harmony of the group as a community, or to encourage the individual to develop its autonomy and, thus, to individualize. This "individualization" towards autonomy characterizes, according to the typology, a guilt culture, while the orientation of the individual towards the collective is proposed as the defining criterion of a shame culture. The consequences concerning the self-concept of the individual and the concept of morality are considered, as well as the question of how shame and guilt might be related to each other in each type of cultural context.
Der Einfluss zeitgeschichtlicher Kontexte auf die Entstehung von Walter Christallers Theorie der zentralen Orte, die er im Jahr 1933 in seiner Schrift "Die zentralen Orte in Süddeutschland" veröffentlichte, ist bis heute nicht umfassend untersucht worden. Christallers Zentrale-Orte-Modell geht von der Vorstellung dezentraler Binnenwirtschaft aus und reagiert darin in mehrfacher Weise auf die Krisendiskussion im Kontext der weltwirtschaftlichen Depression um 1930. Als Idealbild einer effizienten und autarken nationalen Wirtschaftslandschaft wird das Modell nach der nationalsozialistischen Machtübernahme von Johann Wilhelm Ludowici, dem Siedlungsbeauftragten im Stab des Stellvertreters des Führers, aufgenommen. Nach Entfesselung des zweiten Weltkriegs entwerfen mehrere Institutionen der NS-Raumplanung Leitlinien zentralörtlicher Hierarchien für die Siedlungs- und Germanisierungspläne in eroberten Territorien. Schließlich wird das Modell in der Endphase der NS-Diktatur auch für die Neuordnung des "Altreiches" diskutiert. Ausschlaggebend hierfür sind bevölkerungspolitische Effizienzund Rationalisierungsziele. Diese historischen Zusammenhänge sind für die gegenwärtige Diskussion um Geltung und Fortentwicklung des Zentrale-Orte-Konzeptes nicht ohne Bedeutung, da sie die zeitspezifischen Bedingtheiten eines Erklärungsansatzes verdeutlichen, der gemeinhin als objektiv gültige Theorie gewertet wird.
Die Intention dieses Beitrages ist die Auseinandersetzung mit zentralen agrarökonomischen Argumenten in der Diskussion um landwirtschaftliche Produktivgenossenschaften. Es wurden drei zentrale ökonomische Thesen ausgewählt und deren begriffliches Verständnis und implizite theoretische Ausnahmen kritisch analysiert. Bemerkenswert ist die begriffliche Reduktion der Produktivgenossenschaften anhand des Identitätsprinzips, die eine Festlegung der theoretischen Aussagen auf Unternehmen der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft nicht zulassen. Auch das idealtypische Demokratieverständnis verschleiert das erhebliche Potential an realen Differenzierungsmöglichkeiten. Auf theoretischer Ebene werden implizite und explizite Annahmen der ausgewählten Konzepte mit Befunden der Organisationsforschung konfrontiert. Dazu wurden fünf Bereiche (Ziele, Verhaltensannahmen, hierarchische Strukturen, Technologie und die Organisationsumwelt) ausgewählt. In allen diesen Bereichen sind die Einwände erheblich, so daß die Gültigkeit der dargestellten agrarökonomischen Konzepte bezweifelt werden muß. ; The paper deals with central economic arguments within the dispute about agricultural producer co-operatives. Three central theses were chosen, and the definition of terms and implicit theoretical assumptions were analysed critically. Remarkable is the restriction of the term to the principle of identy, which does not allow us to limit the theoretical statements to enterprises with the legal basis of a co-operative. The ideal understanding of democracy disguises the large potential of actual chances for differentiations. On a theoretical level implicit and explicit assumptions of the chosen theories are confronted with experiences about organisation research. Therefore, five items (objectives, behavioural assumptions, hierarchic structures, technology and the organisational environment) are selected. In all these items fundamental contradictions are found, so the validity of the described economic concepts must be questioned.
Die Idee, dass vor allem monetäre Anreize das Verhalten von Wirtschaftsakteuren in gewünschte Richtungen lenken und sogar dabei helfen können, durch Leistungssteigerung zusätzliche Wohlfahrtseffekte zu generieren, spielt in der politischen Ökonomie seit ihren Anfängen eine zentrale Rolle. Es spricht sogar einiges dafür, dass dieser Gedanke das verbindende Glied der Ökonomik als Gesellschaftstheorie im Gegensatz zu anderen gesellschaftstheoretischen Entwürfen ausmacht. Dennoch halte ich dieses Anreizargument aus normativer Perspektive für unterentwickelt, wie ich in Auseinandersetzung mit der Ökonomischen Ethik bzw. Ordnungsethik nach Karl Homann und der Integrativen Wirtschaftsethik zeigen möchte. Weder gelingt es der Ordnungsethik nach Karl Homann, die Bedeutung von Anreizstrukturen hinreichend zu begründen, obwohl sie in Ansätzen wichtige Argumente formuliert. Noch gelingt es der Integrativen Wirtschaftsethik, die zentrale Rolle von Anreizstrukturen für die normative Theoriebildung überzeugend zurückzuweisen. Mir geht es nicht darum, den einen oder anderen wirtschaftsethischen Ansatz grundsätzlich zurückzuweisen, sondern vielmehr, auf Lücken in der Argumentation und sich daraus ergebende Forschungsfragen hinzuweisen. Vor diesem Hintergrund könnte es helfen, einen verwandten Diskurs aus der gegenwärtigen Gerechtigkeitstheorie in die Überlegungen mit einzubeziehen. Denn die grundlegende Idee der ökonomischen Gesellschaftstheorie einer Wohlfahrtssteigerung durch die gezielte Manipulation von Anreizstrukturen hat auch in der gegenwärtigen Gerechtigkeitstheorie ihre Wirkung entfaltet. In seiner Theorie der Gerechtigkeit hat John Rawls argumentiert, dass selbst Egalitaristen bestimmte Einkommensunterschiede zulassen müssen, wenn dadurch für Leistungsträgerinnen solche Anreize gesetzt werden, die gleichzeitig auch den Schlechtestgestellten zum Vorteil gereichen. Diese Argumentation ist von Gerald Cohen einer harschen Kritik ausgesetzt worden. Cohen behauptet, dass Rawls mit diesem Anreizargument seinen eigenen Egalitarismus unterläuft. Ich glaube, dass diese philosophische Diskussion des Anreizargumentes in der Gerechtigkeitstheorie für wirtschaftsethische Überlegungen relevant ist, obwohl sie innerhalb eines idealtheoretischen und egalitaristischen Bezugsrahmens geführt wird. Für diese Relevanz werde ich in vier Abschnitten argumentieren. In einem ersten Teil werde ich die Positionen der Ökonomischen Ethik von Karl Homann und der Integrativen Wirtschaftsethik von Peter Ulrich zur Rolle von Anreizen einführen und darlegen, warum ich beide Ansätze für normativ unterbestimmt halte. In einem zweiten Teil werde ich kurz die Argumentation von John Rawls und ausführlicher die Kritik von Gerald Cohen an dieser Position vorstellen. In einem dritten Teil werde ich einige Einwände gegen Cohen formulieren und die Notwendigkeit einer nichtidealen Theorie der Gerechtigkeit betonen. In einem vierten und abschließenden Teil werde ich vorschlagen, einen Teil der Wirtschaftsethik als nichtideale Gerechtigkeitstheorie zu verstehen und aus dieser Perspektive nur kurz andeuten, welche systematische Rolle dem Anreizargument zukommt. ; The idea that especially monetary incentives can steer the behaviour of agents within economy in a favoured direction, and can even help generating additional welfare effects through performance increase, has been playing a central role in the political economy since its start. Evidence suggests that this thought is the connecting link of economics as social theory in contrary to other socio-theoretical concepts. Nevertheless, I think the incentive argument is underdeveloped from a normative perspective, as I want to show with an analysis of the Economic Ethics/ Order Ethics of Karl Homann and the Integrative Economics Ethics. While the Order Ethics of Karl Homann drafts some important arguments, it cannot sufficiently justify the importance of incentive structures. And also the integrative economics ethics is not able to deny the central role of incentive structures for the normative theory building in a convincing way. My aim is not to generally reject one of the approaches of economics ethics, but rather to point out gaps in reasoning and the consequent research questions. Against this background it could help to include a related discourse of the current theory of justice. The basic idea of an economic social theory of welfare increase by means of specific manipulation of incentive structures has also taken full effect in the current theories of justice. In his theory of justice, John Rawls argues that even egalitarians need to allow for some differences in income, if this leads to incentives for the top performers, which then also benefit the lowest performers. This argumentation has been heavily criticised by Gerald Cohen. Cohen claims that Rawls undermines his own egalitarianism with the incentive argument. I think that the philosophical discussion of the incentive argument in theories of justice is relevant for economic ethical considerations, even though the discussion is carried out within an ideal-theoret ic and egalitarian frame. I argue for this relevance in four parts. In the first part I will introduce the positions regarding the role of incentives of the economic ethic of Karl Homann and the integrative economic ethic of Peter Ulrich and show why I think that both approaches are inadequately normatively defined. In the second part I will shortly present John Rawls argumentation, and more elaborately Gerald Cohens critic of it. In a third part I will formulate some objections to Cohens arguments and emphasise the necessity of a non-ideal theory of justice. In a fourth and conclusive part I will suggest an understanding of a part of economic ethics as non-ideal theory of justice and only briefly indicate which systematic role the incentive argument is assigned from this perspective. ; Christian Neuhäuser
Verortung normativer Forschung innerhalb der Politikwissenschaft -- Charakter und Struktur von normativen Hypothesen -- Die Überprüfung normativer Hypothesen mit Hilfe des Schleiers der Unwissenheit -- Die Überprüfung normativer Hypothesen mit Hilfe des Kategorischen Imperativs -- Die Überprüfung normativer Hypothesen mit Hilfe des Modells des Idealen Beobachters -- Diskurs- bzw. Deliberationsethik und Deliberative Demokratietheorie -- Ein Mordverbot für den politischen Bereich? -- Folgenorientierung und Axiologie -- Ideale und nichtideale Theorie -- Zum Abschluss ein bisschen Metaethik .
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Seit einigen Jahren hat der Begriff Kreativwirtschaft in der Wirtschaftspolitik Konjunktur. Großstädte verstehen sich als kreative Metropolen, neue Arbeits-, Wirtschafts- und Lebensformen werden mit diesem Etikett versehen. Dabei suchen die Politik auf der einen und die Kreativen auf der anderen Seite noch nach einer gemeinsamen Sprache. Der vorliegende Band will dafür Impulse setzen. Wie ist die ökonomische Landschaft der Kreativwirtschaft beschaffen? Das ist eine der Schlüsselfragen, denen die Beiträger nachgehen. Die Bedeutung kreativer Akteure für die Wirtschaftspolitik wird dabei ebenso thematisiert wie die Erwartungen, die Unternehmen der Kreativwirtschaft an die Wirtschaftspolitik stellen. Thüringen als Gründungsort des Bauhauses stellt hierfür einen idealen Ausgangspunkt dar, da das Bauhaus ein Beispiel dafür ist, dass Kreativwirtschaft keine Erfindung der aktuellen Politik ist und diese nicht auf Großstädte begrenzt bleibt.
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Dieses Lehrbuch führt umfassend und praxisrelevant in die statistische Methodenlehre ein. Verfahren der Deskriptiven Statistik, der Explorativen Datenanalyse, der Stochastik, der Induktiven Statistik sowie der Multivariaten Statistik werden auf der Basis realer Daten mit Hilfe des Statistik-Programmpakets SPSS anschaulich und leicht verständlich vermittelt. In seiner konzeptionellen und inhaltlichen Anlage ist das Lehrbuch in idealer Weise als ein vorlesungsbegleitendes und selbststudienunterstützendes Kompendium für Studierende in wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen geeignet. Die sechste Auflage basiert auf der Version 25 des Programmpakets IBM SPSS Statistics. Alle in diesem Lehrbuch verwendeten SPSS Datendateien stehen unter der im Anhang angegebenen Internet-Adresse zur freien Verfügung bereit. Der Inhalt Statistische Grundbegriffe Datenerhebung SPSS Statistics Datendeskription Stochastik Statistische Induktion Zusammenhangsanalyse Regressionsanalyse Zeitreihenanalyse Faktorenanalyse Clusteranalyse Der Autor Professor Dr. Peter P. Eckstein lehrt Statistik, Ökonometrie und Empirische Wirtschaftsforschung an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Zugriffsoptionen:
Die folgenden Links führen aus den jeweiligen lokalen Bibliotheken zum Volltext:
Diese Einführung in die Anwendung der Statistik-Programmsysteme SPSS und Excel ist der Begleitband zu "Statistik für Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Band 1". Die klare und knappe Darstellung eignet sich ideal zum Selbststudium. Beide Bücher ergänzen einander und decken sowohl den theoretischen als auch den praktischen Aspekt der Statistik ab
Verfügbarkeit an Ihrem Standort wird überprüft
Dieses Buch ist auch in Ihrer Bibliothek verfügbar:
The influential theories of Jürgen Habermas and Pierre Bourdieu have virtually nothing in common. They share the same ideal of science as a discourse free of domination. This form of discourse could only guarantee something like truth, however, if one presupposes a definite progress of knowledge. Habermas and Bourdieu have not made this presupposition explicit. Discussion about their ideal and its presuppositions could build a bridge between the schools of Habermas and Bourdieu and enrich both theories significantly. Habermas' theory would gain a new empirical dimension, Bourdieu's theory would be able to discuss its normative standards. And both theories would actually perform what they postulate: a (self-)critical discussion. Furthermore, they would integrate their normative ideal into a hermeneutical process characterized by understanding, communication and self-critique.
Gerald F. Gaus' normative theory of Justificatory Liberalism argues that the liberal ideal of public justification implies a "constitution of justification" whose core components include supermajoritarian legislative procedures. Supermajoritarian voter support is necessary to fulfill the requirements of liberal legitimacy. This article introduces Justificatory Liberalism, compares it to Rawls' Political Liberalism and criticizes the argument for supermajoritarian decision procedures. The role of these procedures in Gaus' theory is similar to the role of the "duty of civility" in Rawls' theory: both are constraints intended to help realize the ideal of public justification. Yet Gaus' theory is also subject to the same objection as Rawls': the constraint itself is not conclusively justified. Adapted from the source document.