Welche Machtlogiken wirken bei der Interpretation von Prostitution als Problem individueller moralischer Führung einerseits und als gesamtgesellschaftliches, politisches Problem andererseits? Die Autorin verbindet zwei Schlüsselkonzepte aktueller politischer und feministischer Theorie – Intersektionalität und Gouvernementalität – mit der historischen Analyse der Problematisierung von Prostitution und ihren Regierungsweisen Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie zeigt empirisch auf, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen jeweils spezifisch moralisch regiert wurden und plädiert für ein politisches und prozessorientiertes Verständnis von Intersektionalität, so dass differenzierte Mechanismen der Machtausübung erfassbar werden.
Which power logics work in the interpretation of prostitution as a problem of individual moral leadership on the one hand and as a political problem for society as a whole on the other? The author combines two key concepts of current political and feminist theory - intersectionality and governmentality - with the historical analysis of the problematization of prostitution and its modes of government at the beginning of the 20th century. It empirically shows that different social groups were each specifically morally governed and argues for a political and process-oriented understanding of intersectionality, so that differentiated mechanisms of the exercise of power can be grasped.
Das Konzept der Intersektionalität auf dem besten Weg, zu einem neuen Paradigma in den Gender und Queer Studies zu avancieren. Zwar sind in der Fassung, wie es seit einigen Jahren in die deutschsprachige Diskussion sickert, vor allem Wechselwirkungen zwischen den ungleichheitsgenerierenden Kategorien Geschlecht, Klasse und Rasse gemeint; Kategorien wie Sexualität, Alter, (Dis)Ability, Religion oder Nationalität sind aber prinzipiell integrierbar. Ziel ist dabei die umfassendere theoretische und vor allem empirische Analyse, welche Bedeutung verschiedene Differenzkategorien bei Phänomenen und Prozessen unterschiedlichster Art haben. Zur Konkretisierung dieses bislang nur rudimentär ausgearbeiteten Theorieansatzes schlagen wir mit unserem Konzept der Intersektionalität als Mehrebenenanalyse Erweiterungen, Differenzierungen und Präzisierungen in verschiedenerlei Hinsicht vor.
US-amerikanische Schwarze Feminist*innen entwickelten den Begriff Birth Justice, um strukturell verankerte Ungleichheits- und Gewaltverhältnisse rund um Schwangerschaft, Geburt und frühe Elternschaft sichtbar zu machen (Oparah 2015). Birth Justice verortet sich im Kontext des Konzeptes von Reproductive Justice und ist durch eine menschenrechtsbasierte, intersektionale Analyse reproduktiver Ungleichheitsverhältnisse gekennzeichnet (Oparah 2015; Ross und Solinger 2017). Die individuellen Erfahrungen Schwangerer* und Gebärender* werden geprägt durch die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Merkmalen wie geschlechtlicher Identität, Race/Ethnizität/Nationalität, Klasse, Alter, sog. Behinderung und sexueller Orientierung (ebd.). Subjektive Erfahrungen wirken sich auf Zufriedenheit mit der gesundheitlichen Versorgung aus und beeinflussen zukünftige Gesundheitsentscheidungen (Ohlbrecht 2016). Dadurch können Ungleichheiten fortgeschrieben werden. Zufriedenstellende intersektional orientierte quantitative und qualitative Studien zu peripartalen Outcomes sowie zum Erleben der gesundheitlichen Versorgung stehen im deutschsprachigen Raum aus. Quantitative Erhebungen zu Outcomes Gebärender* mit Migrationshintergrund in Deutschland sind sehr begrenzt und kritisch zu betrachten, da sie nicht auf der Grundlage differenzierter Antidiskriminierungsdaten durchgeführt wurden. Qualitative Studien zu Erfahrungen marginalisierter/minorisierter Personen mit peripartaler Betreuung gibt es nur sehr unzureichend in Quantität und Qualität. Ergebnisse zu Diskriminierungserfahrungen sind bisher noch nicht publiziert. Um menschenrechtsbasierte, respektvolle Betreuung als Qualitätsmerkmal der Gesundheitsversorgung Realität werden zu lassen und gesundheitliche Ungleichheiten abzubauen, braucht es verlässliche Erhebungen zu Erfahrungen mit der peripartalen Versorgung insbesondere von marginalisierten und minorisierten Personen. Diese sollten in ihrem Design intersektional reflektiert und diskriminierungssensibel angelegt sein. ...
Diskriminierung und Herrschaft stehen mit der Würde des Menschen im Widerspruch. Intersektionalität bietet eine analytische Perspektive auf Macht- und Herrschaftsstrukturen. Sie ist die Erkenntnis um das Zusammenspiel verschiedener Differenz- beziehungsweise Diversitätskategorien. Diese Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der Frage nach den Zugängen und Perspektiven durch Intersektionalität, die das bisherige Analyse- und Methodenrepertoire der Sozialen Arbeit erweitern können. Theorien sozialer Ungleichheit und sozialer Gerechtigkeit werden zur Beschreibung des sozialen Problems als relevanten Gegenstand sozialarbeiterisch-intersektionaler Analysen beigezogen. Die Autorin folgt in dieser Literaturarbeit einem kritisch-emanzipatorischen Verständnis Sozialer Arbeit als Menschenrechtsprofession. Mittels themenspezifischer Literatur (wie jene von Silvia Staub-Bernasconi, Pierre Bourdieu, Nina Degele und Gabriele Winker) und anhand theoretischer Überlegungen werden Potentiale und Herausforderungen in Bezug auf Intersektionalität herausgearbeitet. Die Arbeit zeigt auf, dass eine theoretische und praktische Verknüpfung von subjektiven und strukturellen Elementen in der intersektionalen Bearbeitung sozialer Probleme vordringlich ist. Nicht minder deutlich wird die Notwenigkeit nach politischem Handeln der Professionellen der Sozialen Arbeit. Intersektionalität gibt ihnen das Werkzeug, soziale Praxen in ihrer Komplexität besser zu verstehen, die dahinterliegenden Strukturen herrschafts- und machtkritisch in Frage zu stellen und auf deren Veränderung hinzuwirken. Intersektionalität bietet der Sozialen Arbeit politische Gestaltungsmacht. ; + Code Diss LU: hslusa basa be 2018 + NL-Code: NLLUHSA201804 + Fussnote: Bachelorarbeit, Hochschule Luzern - Soziale Arbeit, Ausbildungsgang Sozialarbeit, 2018
In ihrer erziehungswissenschaftlichen Habilitationsschrift untersucht Christine Riegel das emanzipatorische Potential und die sozialen Ungleichheitsverhältnisse, die durch Bildung und Bildungsorganisationen erzeugt bzw. konsolidiert werden. Damit greift sie ein bildungspolitisch relevantes Thema auf, das auf fundiertem, theoretisch versiertem Niveau bearbeitet wird. Sie systematisiert die intersektionale Analyseperspektive, um kritische, veränderungsorientierte Aussagen über akute macht- und herrschaftsbasierte Bildungspraktiken in Schule und Jugendarbeit zu treffen. Die qualitativ-empirische Studie zielt darauf ab, Differenz- und Dominanzverhältnisse in der sozialen Praxis offenzulegen und bewusst zu machen, inwieweit permanente Reflexion essentieller Bestandteil pädagogischen Handelns ist. ; In her postdoctoral thesis in educational science Christine Riegel examines both the emancipatory potential and the social inequalities that are produced or consolidated by education and educational institutions. Thus, she addresses a crucial topic in education policy and does so in a profound and theoretically well-versed way. She systematizes the perspective of intersectional analysis, in order to describe current educational practices in schools and youth work that are power-based or authority-based, and offers both criticism and suggestions for change. This qualitative empirical research aims at revealing difference and dominance in social practice and to raise an awareness for the question whether constant self-reflection is an essential part of pedagogical interactions.
Heike Mauer hat eine materialreiche und überzeugende Intervention in deutschsprachige Intersektionalitätsdebatten vorgelegt, in der sie theoretisch darlegt und am empirischen Material ausweist, dass Foucault'sche Gouvernementalitätstheorie und die Intersektionalitätstheorie voneinander lernen können. Obwohl sie dabei nicht nur einen historischen Gegenstand behandelt, sondern auch ein gegenwärtiges politisches Erkenntnisinteresse verfolgt, macht sie aber keinen Gebrauch von Foucaults genealogischen Verfahren und bedient sich einer eingeschliffenen und schematischen Foucaultrezeption. ; Heike Mauer has presented a comprehensive and convincing intervention in German-language intersectional debates in which she sets forth theories and empirical evidence that Foucault's theory of Governmentality and the theory of intersectionality can learn from each other. While not only treating a historical subject, but also pursuing a current political epistemological interest, she does not make use of Foucault's genealogical procedures and falls back on to a common and schematic reception of Foucault.
Ausgehend von der Debatte um Sammlungen in Bibliotheken stelle ich im Folgenden die Sammlung Max Kirmsse ; ihre jeweiligen Teile in Marburg und Berlin sowie den bisherigen Umgang mit ihnen vor ; die erste Hälfte der Arbeit hat daher einen bibliotheks- bzw. wissenschaftsgeschichtlichen Fokus. Anschließend erarbeite ich Vorschläge für eine verbesserte Sichtbarkeit und Möglichkeiten der Öffentlichkeitsarbeit im Sinne eines angemessenen bibliothekarischen Umgangs mit einer Sammlung ; die sich ; wie bereits gesagt ; durch die gesellschaftspolitische Relevanz ihres Gegenstands vom Groß der Sondersammlungen in Deutschland abhebt. Diesbezüglich stelle ich eine Internetpräsentation vor ; die ich als Teil der Arbeit auf der Homepage der UB Marburg eingerichtet habe. Außerdem gehe ich auf die mediale Inszenierung der Universitätsstadt Marburg im Kontext von Behinderung ein ; um Impulse für eine Ausstellung mit der Sammlung zu geben. Angeregt werden soll letztlich die virtuelle Zusammenführung der Marburger und Berliner Sammlungsteile im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts. Weil es dazu einer belastbaren Grundlage bedarf ; anhand derer sich ein ausgeprägtes und lange schon bestehendes wissenschaftliches Interesse an der Sammlung belegen lässt ; soll diese Arbeit auch als entsprechender Nachweis dienen. Sie enthält daher einige längere Auszüge aus fachwissenschaftlichen Texten. Der Arbeit sind Abbildungen beigefügt.
In retrospect Yvonne Rainer commented on her film Privilege: "How could I in good conscience, as a white middle-class woman, portray working-class people of color, especially men? The script drove me half crazy to the point where I was ready to give up filmmaking and go back to school." The problem which Rainer expresses hereby concerns not only the aesthetic but also the political sphere. The text explores the relationship of both by contextualizing Rainers Film with contemporary examples from the visual arts (Cindy Sherman, Betye Saar et al.) and argues that the aesthetic strategy of these works as well as Rainers film can be adaequately described by referring to the theoretical concept of intersectionality.Im Rückblick auf die Produktion ihres Films Privilege stellte Rainer sich folgende Frage: "How could I in good conscience, as a white middle-class woman, portray working-class people of color, especially men? The script drove me half crazy to the point where I was ready to give up filmmaking and go back to school." Das Problem, das Rainer hiermit zum Ausdruck bringt, beruht auf der Verknüpfung von politischem und ästhetischem Feld. Der Text beleuchtet diese Verknüpfung im Kontext zeitgenössischer Beispiele aus der bildenden Kunst (Cindy Sherman, Betye Saar u.a.) unter dem Begriff der Intersektionalität und argumentiert für eine Verwendung des Begriffs zur Analyse der erwähnten Verbindungen zwischen Ästhetik und Politik.
Die Masterarbeit unter dem Titel "1 + 1 = 2 ? Mehrfachdiskriminierung(en) in Österreich. Darstellung der rechtlichen und gesellschaftspolitischen Situation" setzt sich kritisch mit Diskriminierungen im Allgemeinen und Mehrfachdiskriminierungen bzw. intersektionellen Diskriminierungen im Speziellen auseinander. Da dieses Thema sowohl von großer rechtlicher Relevanz als auch gesellschaftspolitisch stark geprägt ist, werden im Rahmen der Arbeit zunächst grundlegende Gesetzestexte und Rechtsdokumente auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene dargestellt. Der Fokus liegt hierbei auf den österreichischen rechtlichen Antidiskriminierungsgrundlagen und den Lücken die diese aufweisen. Im Anschluss daran wird, ausgehend vom Konzept der Intersektionalität, die Bedeutung des Zusammenwirkens einzelner Diskriminierungsmerkmale herausgearbeitet. Anhand der Diskriminierungsmerkmale Religion und Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung wird analysiert, inwieweit eine diesbezügliche Erweiterung des Diskriminierungsschutzes gesellschaftlich gefestigte Wertestrukturen und hegemoniale Konzepte gefährdet bzw. herausfordert. Verschiedene Fallbeispiele machen darüber hinaus deutlich, wie unumgänglich bewusste gesellschaftliche und auch politische Diskussionen über Veränderungen der rechtlichen Lage, aber vor allem auch der gesellschaftlichen Denkweisen, im Hinblick auf Diskriminierungen jeglicher Art sind. ; The Master Thesis "1 + 1 = 2 ? Multiple discrimination in Austria from a legal and social policy point of view" focuses on the aspects of discrimination, especially on multiple respectively intersectional discrimination. In most of the cases an intertwining of motives for discrimination can be observed, although the relevant attributes often cant be identified as such. By analyzing international human rights treaties, as well as the European and national anti-discrimination law, the Master Thesis describes the legal situation concerning discrimination in Austria, as well as some missing aspects to guarantee a better legal protection of individuals. Furthermore, the Master Thesis highlights some arguments which are crucial in the discussion about upgrading the anti-discrimination law in Austria using examples of the three essential attributes religion, age and sexual orientation. Pulling all of these attributes together with significant concepts of social structures and values, for example; heteronormativity, provides a more detailed view of possible obstacles in the discussion of the legal base. Last but not least, some case studies are quoted to emphasize how multiple and intersectional discrimination takes place in our society. Findings generally support the hypotheses that the debate regarding multiple and intersectional discrimination must be enforced within the social and political context in order to improve the legal base against discrimination. ; vorgelegt von Alina Samonig ; Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers ; Graz, Univ., Masterarb., 2014 ; (VLID)243080
This article examines abolitionist strategies of COVID safety that present alternatives to the logics of racial profiling and risk management that are at the basis of the state's COVID regulations. As in previous crises, queer, antiracist and other self-organized movements are leading the transformation of safety and the development of new societal visions. This article is grounded in interviews with activists in Berlin that critique a necropolitical COVID policy which treats Black people, migrants and people of colour as infectious rulebreakers – as risks rather than risk groups. This is explored with regard to three media and political debates: the so-called taboo regarding the high number of migrant COVID patients on German ICUs, the vaccination campaign in the so-called hotspots, and the protests against anti-Black racism and to commemorate the victims of the racist mass murder in Hanau (Hesse), which politicians and journalists declared to be superspreader events. Nevertheless, it is on the conjuncture of pandemic and protest that new possibilities of care and of collectivity are arising that open up worlds beyond racial capitalism.
Ziel des vorliegenden «Gleichstellungsbericht Luzern» ist es, den aktuellen Stand der Gleichstellung von Personen unterschiedlichen Geschlechts sowie von LGBTIQ-Personen (lesbian (lesbisch), gay (schwul), bisexual (bisexuell), trans* (transident, transgender), intersex (intergeschlechtlich) im Kanton Luzern aufzuzeigen. Dieser Stand wird vor dem Hintergrund geltender kantonaler, nationaler und internationaler Normen analysiert. Während die Gleichstel-lung von Frau und Mann bereits weiter ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt ist, werden LGBTIQ-Anliegen auf kantonaler Ebene gerade erst thematisiert.Methodisch wurde der Gleichstellungsbericht in vier Modulen erarbeitet und verfolgt eine Daten- und Methoden-triangulation: Es wurden unterschiedliche Erhebungs- und Auswertungsmethoden kombiniert, um ein differenziertes Bild über Gleichstellung und Handlungsbedarf zu erhalten. Mit Literaturrecherchen und statistischen Auswertungen wurden bestehende Daten analysiert. Mit qualitativen Methoden, wie Expert*innen-Interviews, explorativen Fokus-gruppengesprächen oder problemzentrierten Interviews, wurde aufgezeigt, welche Lücken es gibt und welche Anliegen mit möglichen Massnahmen im Kanton aufgegriffen werden sollten.Der Bericht bearbeitet ein breites Themenspektrum von der Verankerung der Gleichstellung im Kanton Luzern in den Bereichen Gesellschaft, Familie, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Mit seiner thematischen Breite und seiner fundierten, methodischen Herangehensweise ist der Bericht schweizweit einzigartig. Er bietet dem Kanton Luzern eine gute Grundlage, um seine Gleichstellungspolitik für die kommenden Jahre auszurichten und kann auch anderen Kantonen als best practice dienen. ; + ID der Publikation: hslu_85281 + Art des Beitrages: Bericht + Sprache: Deutsch + Letzte Aktualisierung: 2021-10-28 10:17:01
Der vorliegende Band enthält Beiträge zu den aktuell intensiv geführten Debatten um die Notwendigkeit einer deutlichen Positionierung von Queer Theorie zu Theorien der Ökonomiekritik und Intersektionalität. Dabei werden historische und aktuelle Beispiele herangezogen. Exzellent und besonders hervorzuheben sind die Aufsätze von Jin Haritaworn – ein anti-rassistischer Beitrag, der sich fundiert in aktuelle politische Queer-Auseinandersetzungen einmischt – sowie von Jo Bucher und Angelika Göres, die an einem zeitgeschichtlichen Beispiel queerende Momente des Widerstands herausarbeiten. Wie der vor acht Jahren erschienene erste Band der AG Queer Studies an der Hamburger Universität ist auch dieser für den deutschsprachigen Raum hochaktuell und wärmstens zu empfehlen. ; The volume at hand contains articles on the current and intense debate over the necessity of queer theory's clear position in relation to theories of economic critique and intersectionality. It does so using historical and current examples. Essays deserving of special note include an article by Jin Haritaworn that engages in current queer political discussions and an article by Jo Bucher and Angelika Göres that highlights queer moments of resistance using a contemporary example. As was the case with the first volume of the AG Queer Studies at Hamburg University, published eight years ago, this volume is extremely current for the German-language market and is highly recommended.
Dieser Beitrag nimmt die Skepsis in der Geschlechterforschung gegenüber Herrschaftskritik privilegierter Personen zum Anlass, erneut über das Verhältnis von sozialem Standort und politischem Standpunkt nachzudenken. Argumentiert wird, dass feministische Standpunkttheorie, welche einen weiblichen oder marginalisierten Standort voraussetzt, hegemonieselbstkritisch weiterentwickelt werden muss, um feministische Hegemonieselbstkritik von einem privilegierten männlichen Standort wahrnehmen und anerkennen zu können. Das herrschaftskritische Projekt der Multidimensionalität bzw. Intersektionalität inklusive Hegemonieselbstkritik privilegierter Personen wird hier darum um den Aspekt der Hegemonieselbstkritik von einem marginalisierten Standort ergänzt. Der Begriff der Hegemonieselbstkritik beschreibt den Prozess der kritischen Infragestellung der eigenen Selbstsetzung als hegemonial bezogen auf eine hegemonial männliche wie auch eine sich hegemonial setzende weibliche feministische Positionierung. Feministische Standpunkttheorie ermöglicht es, beide zu differenzieren und in ihrem spezifischen Standort zu situieren. Die Hegemonieselbstkritik aller (Geschlechter) hat Potential, breite emanzipatorische Bündnispolitiken zu ermöglichen und ein Umschlagen von Emanzipation in Herrschaft zu vermeiden.
Während die Diskussion um Geschlechterverhältnisse an deutschen Hochschulen seit Längerem geführt wird, ist eine Auseinandersetzung mit rassistischen Strukturen nach wie vor randständig. Auch Klassenverhältnisse werden gemeinhin nicht unter Labels wie 'Gleichstellung' oder 'Diversität' gefasst, sie prägen die Hochschullandschaft aber auch seit den Reformen der 1970er Jahre noch stark. In welchem Verhältnis steht die (mangelnde) Auseinandersetzung mit Rassismus zu Diskussionen um Geschlechter- und Klassenverhältnisse? Welche Auswirkungen hat die zunehmend wettbewerbsorientierte Steuerung der Hochschulen auf unterschiedliche Machtformen und Teilhabemöglichkeiten? Und welche Formen des praktischen Umgangs und der politischen Intervention können ausgehend von verschiedenen Positionen der Marginalisierung entwickelt werden? Diese Fragen diskutiert Jan Hutta mit fünf Wissenschaftler_innen, die dazu bereits eine Reihe von Studien und Analysen veröffentlicht haben.