Der Beitrag liefert auf Grundlage eines Forschungsreviews erstmals einen systematischen und differenzierten Überblick zur empirischen Befundlage zum islamischen Religionsunterricht (IRU) in Deutschland. Der IRU erweist sich zunehmend als Gegenstand einer dezidiert empirischen, disziplinübergreifenden Forschung, in der sich die mehrdimensionale Interessenlage ihm gegenüber spiegelt, sich im Bildungssystem zu etablieren und gleichzeitig integrationspolitischen Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei wird sowohl unmittelbar gegenstandbezogenes als auch kontextuelles Wissen zum IRU generiert, wobei die Forschung häufig eher (extrinsisch) auf den IRU im Verhältnis zur Gesellschaft und dessen Legitimation, Akzeptanz und Nutzen und weniger (intrinsisch) auf das Verstehen und die Entwicklung des IRU ausgerichtet ist. Daraus resultieren drei zentrale Erkenntnisse: Erstens liefert die bisherige Forschung wichtige Befunde, erlaubt jedoch kaum verlässliche und verallgemeinerbare Aussagen zum IRU hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Situiertheit und (integrativen) Wirkung. Zweitens wird die auf das Verstehen und die Entwicklung des IRU gerichtete eher intrinsische Forschung teilweise durch Integrationsimperative überlagert und stellt weiterhin ebenso ein wichtiges Desiderat dar. Drittens ist die Forschung zum IRU stark am Status Quo orientiert und thematisiert kaum Fragen der zukünftigen Entwicklungen und Herausforderungen einer zunehmend multireligiösen säkularen Gesellschaft. Der Beitrag versteht sich damit als Momentaufnahme und zugleich Impulsgeber der IRU-Forschung, die sowohl Spiegel wie auch mögliche Triebkraft der Entwicklungen im Feld des IRU sein kann.
'Einige europäische Länder haben den islamischen Religionsunterricht in ihr Schulsystem eingeführt, nicht nur um für eine fachliche Vermittlung religiöser Inhalte zu sorgen, sondern vor allem um den Religionsunterricht überschaubar zu machen und ihn vor Instrumentalisierung zu schützen. Erfahrungen mit dem islamischen Religionsunterricht in Österreich und Deutschland zeigen, dass die Anforderungen an diesen Unterricht durch eine gezielte Kooperation des Staates mit den islamischen Religionsgemeinschaften erfüllt werden können. In diesem Zusammenhang stellt sich aber die Frage: Wie viel Autonomie und wie viel Staat braucht der islamische Religionsunterricht, damit durch ihn ein Beitrag zur Integration gerade der jungen MuslimInnen in die säkularen europäischen Gesellschaften gewährleistet werden kann? Widerspricht eine staatliche Mitbestimmung beim Religionsunterricht dem Neutralitätsgebot des modernen Staates? In diesem Beitrag wird versucht, anhand eines Vergleichs der Situation des Religionsunterrichts in Österreich und in Deutschland auf diese Fragen Antwort zu geben, um daraus Schlüsse für andere europäische Staaten ziehen zu können.' (Autorenreferat)
ZusammenfassungDer Beitrag liefert auf Grundlage eines Forschungsreviews erstmals einen systematischen und differenzierten Überblick zur empirischen Befundlage zum islamischen Religionsunterricht (IRU) in Deutschland. Der IRU erweist sich zunehmend als Gegenstand einer dezidiert empirischen, disziplinübergreifenden Forschung, in der sich die mehrdimensionale Interessenlage ihm gegenüber spiegelt, sich im Bildungssystem zu etablieren und gleichzeitig integrationspolitischen Ansprüchen gerecht zu werden. Dabei wird sowohl unmittelbar gegenstandbezogenes als auch kontextuelles Wissen zum IRU generiert, wobei die Forschung häufig eher (extrinsisch) auf den IRU im Verhältnis zur Gesellschaft und dessen Legitimation, Akzeptanz und Nutzen und weniger (intrinsisch) auf das Verstehen und die Entwicklung des IRU ausgerichtet ist. Daraus resultieren drei zentrale Erkenntnisse: Erstens liefert die bisherige Forschung wichtige Befunde, erlaubt jedoch kaum verlässliche und verallgemeinerbare Aussagen zum IRU hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Situiertheit und (integrativen) Wirkung. Zweitens wird die auf das Verstehen und die Entwicklung des IRU gerichtete eher intrinsische Forschung teilweise durch Integrationsimperative überlagert und stellt weiterhin ebenso ein wichtiges Desiderat dar. Drittens ist die Forschung zum IRU stark am Status Quo orientiert und thematisiert kaum Fragen der zukünftigen Entwicklungen und Herausforderungen einer zunehmend multireligiösen säkularen Gesellschaft. Der Beitrag versteht sich damit als Momentaufnahme und zugleich Impulsgeber der IRU-Forschung, die sowohl Spiegel wie auch mögliche Triebkraft der Entwicklungen im Feld des IRU sein kann.
In: Orient: deutsche Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur des Orients = German journal for politics, economics and culture of the Middle East, Band 32, S. 543-550
Reviews pan-Islamic endeavors towards the Islamization of education since the mid-1960s; some focus on the World Center for Islamic Education, Mecca, Saudi Arabia, and the Islamic Organization for Education, Science, and Culture, Fez, Morocco. Summary in English p. 657.
In: Orient: deutsche Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur des Orients = German journal for politics, economics and culture of the Middle East, Band 39, S. 85-101
Discusses measures to transform the Imam Hatip schools, established to provide an Islamic education, based on the Koran, into vocational schools, in accordance with a resolution adopted by the National Security Council of Turkey on Feb. 28, 1997. Summary in English p. 183-4.
Der Band leistet einen differenzierten Beitrag zur Frage nach Verhältnisbestimmungen von Islam und Sozialisation, indem er Einblicke in qualitativ ausgerichtete Forschungsarbeiten bietet, die der Frage nach der Bedeutung islamischer Religiosität für das Aufwachsen bzw. das 'Sein in der Welt' nachgehen. Die Beiträge richten die Aufmerksamkeit u.a. auf Prozesse der Adressierung und Kategorisierung, Bedeutungsdimensionen der Anerkennung, bildungsbezogene Praktiken und deren biographische Bedeutung, moralische Orientierungen und ästhetische Rezeptionsformen sowie geschlechtsbezogene Rollenverständnisse im Zusammenhang mit islamischer Religiosität. Der Inhalt Subjektivierungs- und Anerkennungsprozesse im Kontext der frühen Kindheit • Muslimische Religiosität aus der Sicht von Elementarpädagoginnen • Islamischer Religionsunterricht an einer Schule • Sozialisationsprozesse in studentischen sohbetler der 'Gülen-Bewegung' • Jugendliche auf der Suche nach biografisch relevanten Werten • Die Bedeutung des Kopftuchs in sozialisatorischer Hinsicht • Sozialisation, Erziehung und Geschlechterrollen in muslimischen Familien • Religiös-normative Orientierungen muslimischer Jugendlicher • Islamische Religiosität im Kontext ästhetischer Darstellungsformen Die Zielgruppen Studierende, Lehrende, ForscherInnen und PraktikerInnen aus der Erziehungswissenschaft, Sozialen Arbeit, Soziologie und Religionswissenschaft Die Herausgeber Dr. Gerald Blaschke-Nacak ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln. Dipl. Päd. Stefan E. Hößl ist Doktorand an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln
After 9/11, the Taleban movement established itself again in Afghanistan, and the number of suicide attacks steadily increased. Schools became a battlefield for in¬fluence between the state and insurgents. The paper explores the roots of militancy and violence against schools. As suicide attacks have become part of the Taleban's military strategy, the education background of suicide bombers is examined. Recent studies allow a brief sketch of the mindset and attitudes of the Taleban movement towards education. At the same time, madrasas, religious education institutions, are linked to international terrorism. They are suspected of fostering fundamentalist views and training Taleban fighters. This has led to misconceptions about madrasa edu¬ca¬tion in general and its role in Afghanistan in particular. The misconceptions about the role of madrasas in Afghanistan are analysed and the efforts of the Afghan Ministry of Education to reform Islamic education discussed. Even when the crisis over schools was at its height, negotiations between the communities and the local Taliban continued. It thus remains to be seen whether the reopening of schools indicates greater flexibility towards education on the part of the majority of the Taleban. (Internationales Asienforum/DIE)
After 9/11, the Taleban movement established itself again in Afghanistan, and the number of suicide attacks steadily increased. Schools became a battlefield for in-fluence between the state and insurgents. The paper explores the roots of militancy and violence against schools. As suicide attacks have become part of the Taleban's military strategy, the education background of suicide bombers is examined. Recent studies allow a brief sketch of the mindset and attitudes of the Taleban movement towards education. At the same time, madrasas, religious education institutions, are linked to international terrorism. They are suspected of fostering fundamentalist views and training Taleban fighters. This has led to misconceptions about madrasa educa-tion in general and its role in Afghanistan in particular. The misconceptions about the role of madrasas in Afghanistan are analysed and the efforts of the Afghan Ministry of Education to reform Islamic education discussed. Even when the crisis over schools was at its height, negotiations between the communities and the local Taliban continued. It thus remains to be seen whether the reopening of schools indicates greater flexibility towards education on the part of the majority of the Taleban.
Some European countries introduced the Islamic religious education into their school system, not only to ensure a professional educational & didactical teaching of religious contents, but also & particularly to make the religious education clear & to protect it from abuse or instrumentalization. Experience with the Islamic religious education in Austria & Germany has shown, that the demands on those classes can only be achieved by a specific cooperation of the state with the Islamic denomination, but which leads to the question: How much autonomy & how much state are necessary for the Islamic religious education, so that a contribution to the integration particularly of young Muslims - in secular European societies can be guaranteed? Is a participation in the religious education by the state inconsistent with the precept of neutrality of a modern state? This article, with the help of the comparison of the situation of the Islamic religious education in Austria & Germany, tried to give an answer to those questions, to be able to draw conclusions for other European countries. Adapted from the source document.
"Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts stellt aktuell wohl das größte institutionelle Unternehmen zur Integration des Islams als Religion in Deutschland dar. Wie wird dieser Prozess von der Seite der Ministerien und der Schulen geplant und strukturiert? Wie positionieren sich die Experten islamischer Religionsverbände selbst zu diesem Vorgehen? Die Arbeit von Kinan Darwisch zeigt den aktuellen Stand der Ausbildungssituation in Bezug auf den Islam in Deutschland aus der Perspektive der Länder ebenso wie der Verbände, auf die Qualifizierung der Dozierenden an den Universitäten, wie auf dessen Vermittlung an die künftigen bzw. aktuellen Lehrenden an Schulen, wie in einer dritten Ebene auf die Schüler selbst. […] Damit sei diese Arbeit jedem empfohlen, der sich mit der aktuellen Debatte der Einführung des islamischen Religionsunterrichts als interessierter Begleiter oder gar beruflich befasst." (Professor Dr. Dr. Bertram Schmitz) Biographische Informationen Kinan Darwisch studierte an der Georg-August-Universität Göttingen Pädagogik und Rechtswissenschaften und wurde dort zum Doktor der Sozialwissenschaften promoviert. Reihe Religionen aktuell - Band 11.
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Islamischer Radikalismus ist spätestens seit 9/11 zu einem globalen Thema geworden. Die meisten Analysen befassen sich mit militärischen und polizeilichen Gegenmaßah-men um dem Terror Einhalt zu gebieten. Wir wissen wenig über die psychische Verfassung von Radikalen. Um einen Einblick in psychologische und soziale Determinanten von Radikalisierung zu geben, analysiere ich in meinem Text das Interview mit einem Ex-Radikalen aus Saudi Arabien. Dabei werde ich mich auf zwei zentrale Begriffe der Individualpsychologie Alfred Adlers stützen: die Fiktion und die Gegenfiktion. Ich werde zeigen, wie sich Radikalität als Ergebnis einer Auseinandersetzung zwischen der persönlichen Fiktion des Individuums und der gesellschaftlichen Gegenfiktion Saudi Arabiens ergibt. Weiters analysiere ich die Bedingungen unter denen Radikalismus wieder aufgegeben wird. Ich komme zu dem Schluss, dass die eigentliche Ursache von Radikalität in der Vernachlässigung von Pluralismus bzw. in einer alternativlosen Erziehung liegt. Radikalität ist kein "irrationales" Phänomen. Schlüsselwörter Terror; Radikalisierung; Islam; Saudi Arabien; Erziehung; politisches System; Fiktion; Gegenfiktion; Alfred Adler; Individualpsychologie. ; Islamic radicalism has become a global issue since 9/11, if not before. Most analyses deal with military and police counter-measures to curb terrorism. We know very little about the psycho-logical constitution of radicals. In order to gain insight into the psychological and social determinants of radicalization, in this text I analyze an interview with a former radical from Saudi Arabia. In doing so I will draw on two central concepts from Alfred Adler's individual psychology: fiction and counter fiction. I will show that extremism results from the conflict between the personal fiction of the individual and Saudi Arabia's societal counter fiction. I further analyze the conditions under which radicalism is then given up. I reach the conclusion that the underlying cause of extremism lies in the neglect of pluralism or in an education without alternatives. Extremism is not an "irrational" phenomenon. Keywords Terrorism; radicalization; Islam; Saudi Arabia; education; political system; fiction; counter fiction; Alfred Adler; Individual Psychology. ; Jusqu'il y a quelques décennies, seules certaines disciplines académiques s'intéressaient à l'Islam et leur travail retenait l'attention uniquement de quelques philologues et autres historiens des religions. Or, à dater de 9/11 l'Islam est devenu un thème global. Après la série d'attentats à New York, Londres, Madrid et Mombassa, de nombreuses réflexions stratégiques ont été élaborées pour définir une réponse au terrorisme. La plupart des analyses traitent de contre-mesures d'ordre militaire et policier ; il reste que nous en savons encore beaucoup trop peu sur le psychisme des membres de la mouvance radicale. Dans le cadre d'un projet de recherche, j'ai eu plusieurs occasions durant la période 2006 à 2009 d'interviewer des hommes originaires d'Arabie saoudite ; il s'agissait entre autres d'étudiants, de politiciens, d'hommes d'affaires, d'avocats et d'une personne qui disait être un « exradical ». J'analyse dans mon article l'interview que j'ai menée avec lui, en vue de mieux percevoir les déterminantes psychologiques et sociales qui conduisent au radicalisme. J'utilise deux concepts centraux à la psychologie individuelle selon Alfred Adler : la fiction et la contre-fiction. Je montre que les individus qui adoptent une attitude radicale le font en raison d'un conflit entre leur fiction personnelle et la contre-fiction à laquelle adhère la société. Le conflit qui oppose Kadim (ce n'est pas son vrai nom) aux autorités musulmanes le force à prendre une décision personnelle qui provoque chez lui une première crise et le conduit à devenir takfiri. Sa démarche ne peut être saisie que si l'on tient compte des conditions sociétales et de la culture religieuse qui existent dans son pays : ce n'est en tout cas pas une question de caractère. J'analyse ensuite les conditions qui font qu'une personne renonce à son radicalisme. Dans le cas de Kadim, c'est la rencontre avec la contre-fiction à laquelle adhère un chinois chrétien qui ébranle son identité de takfiri. La trahison d'un ami provoque ensuite une deuxième crise, marquée de dépression et de retrait sur soi. Aujourd'hui, Kadim vit la vie d'un bourgeois bien intégré qui ne renie pas ses opinions, mais qui ne les traduit pas par des actes radicaux ; par contre, il envoie fréquemment des commentaires à des quotidiens et ceux-ci sont publiés. Je parviens à la conclusion suivante : une attitude radicale se manifeste dès lors que le pluralisme est négligé et que l'éducation n'offre pas de solutions alternatives. Il ne s'agit pas d'un phénomène « irrationnel », mais du produit de conditions de socialisation rigides, que ce soit au niveau de la culture, de la société ou de la religion.
Einleitung -- Verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Rahmenbedingungen für die Beziehung zwischen dem Staat und dem Islam in der Schule -- Empirische Erkenntnisse über den Islam und IRU im schulischen Kontext aus der Perspektive von IGGÖ-SA und MSD -- Rechtssoziologische Erkenntnisse zum 'Islam und IRU in Wiener (Mittel-)Schulen' -- Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten religionsrechts- und schulrechtssoziologischen Erkenntnisse. .
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