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On 20th and 21st April 2023, EUHealthGov headed to Brussels for a 2-day workshop discussing research and teaching connected with EU health policy and law. The overarching theme of "Maastricht at 30" provided a useful starting-point to consider both aspects, with the emergence of EU health law and policy as a discipline in its own […] The post Maastricht at 30: Exploring past, present, and future drivers of EU health integration appeared first on Ideas on Europe.
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The Treaty of Maastricht (1993), which established the EU and introduced a three-pillar system of policymaking, formalised intergovernmental cooperation in the field of asylum and migration between the 12 EC states. The first pillar, also known as the European Community, was the only pillar with a legal personality and covered the vast majority of EU […] The post The Treaty of Maastricht: issues of asylum and migration become 'matters of common interest' appeared first on Irregular Migration.
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In most historiographic accounts of European integration, the Maastricht Treaty marks an important step forward on "the long road to unity". The post The Maastricht Treaty and the End of Integration Through Law: Bits and Pieces of a Legal Ideology appeared first on Crossroads Europe.
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The Maastricht Centre for Human Rights of Maastricht University and the International Commission of Jurists are pleased to announce the adoption of the Maastricht Principles on Extra-Territorial Obligations (ETOs) of States in the area of Economic, Social and Cultural Rights. These international legal principles clarify the human rights obligations of States beyond their own borders. The Principles cover all economic, social and cultural rights, including among others the right to just and favourable conditions of work, social security, an adequate standard of living, food, housing, water, sanitation, health, education and participation in cultural life.
read more at http://www.maastrichtuniversity.nl/web/Institutes/MaastrichtCentreForHumanRights.htm
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For our weekly "Ideas on Europe" editorial by UACES, the University Association for European Studies, we welcome Dr Patrick Bijsmans, from Maastricht University. The post (De)internationalisation in the European Higher Education Area? appeared first on Ideas on Europe.
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Nach der Vollendung des Binnenmarkts ("Europa '92", EEA), der Währungsunion (Maastricht) und der Osterweiterung hat sich die Kommission unter Ursula von der Leyen mit dem "Green Deal" eine noch ambitioniertere Vision gegeben. Die wesentlichen Dimensionen dieser Mammutaufgabe und die außenpolitischen und geostrategischen Implikationen skizziert der folgende Beitrag in der aktuellen Ausgabe von "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ 3-4/2022): Susanne Dröge: Der europäische Green Deal. Ziele, Hintergründe und globale Dimension - Der Green Deal ist die ehrgeizigste Agenda, die sich die EU je gegeben hat. Die Kommission verfolgt nicht bloß den Klimaschutz als Ziel, sondern will durch den Deal auch wirtschaftlich und geopolitisch zu den USA und China aufschließen.
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By Patrick Bijsmans (Maastricht University) In recent decades criticism on the European Union (EU) and even the complete dismissal of European integration – a range of positions generally grouped under the umbrella term 'Euroscepticism' – have gained ground. Euroscepticism has become mainstream, as “it has become increasingly more legitimate and salient (and in many ways […] The post What is Actually Being Mainstreamed in the Mainstreaming of Euroscepticism? appeared first on Ideas on Europe.
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By Patrick Bijsmans (Maastricht University) In recent decades criticism on the European Union (EU) and even the complete dismissal of European integration – a range of positions generally grouped under the umbrella term 'Euroscepticism' – have gained ground. Euroscepticism has become mainstream, as “it has become increasingly more legitimate and salient (and in many ways […] The post What is Actually Being Mainstreamed in the Mainstreaming of Euroscepticism? appeared first on The JCMS Blog.
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European cooperation in the field of asylum and migration accelerated after the entry into force of the Maastricht Treaty in 1993 which involved a major overhaul of the founding treaties, establishing the EU and formalising intergovernmental cooperation in the area of Justice and Home Affairs (JHA) under the third pillar. Subsequently, in 1999, the Treaty […] The post The evolution of EU asylum and migration policies: Towards supranational cooperation? appeared first on Irregular Migration.
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by Ana E. Juncos, Bristol University and Sophie Vanhoonacker, Maastricht University EU Strategic autonomy: different trajectories in security and external economic relations Global shifts in power distribution and successive international crises have challenged key ideas and policies underpinning European Union (EU) external action and led to the formulation of a new narrative in which geopolitical […] The post The ideational power of strategic autonomy in EU security and external economic policies appeared first on The JCMS Blog.
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by Giselle Bosse (Maastricht University) The EU’s response to the invasion of Ukraine by Russia in February 2022 has been unprecedented, displaying rare unity among its member states, especially during the first four months following the invasion. The EU agreed on far-reaching economic and financial sanctions, the most severe sanctions ever imposed by the EU […] The post The EU’s response to the Russian invasion of Ukraine: Invoking norms and values appeared first on The JCMS Blog.
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Das Wintersemester hat für Deutschlands Studierende eine dramatische Verschlechterung ihrer sozialen Lage mit sich gebracht, zeigen unsere Befragungsergebnisse. Deshalb sind die Bafög-Sparpläne der Bundesregierung grundfalsch. Ein Gastbeitrag von Clemens Weitz und Philipp Seegers.
DER SEIT WENIGEN TAGEN vorliegende Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht für das kommende Jahr substanzielle Einsparungen beim Bafög vor. Im Raum steht auf der studentischen Seite der Förderung ein Minus von über 400 Millionen Euro gegenüber diesem Jahr. Auch beim Schüler-Bafög dürften laut Vorlage viele Millionen wegfallen.
Freilich war absehbar, dass nach einer Reihe budgetärer Ausnahmejahre – geprägt von Not-, Sonder- und Extraausgaben – der Sparanspruch wieder tief ins Zentrum aller fiskalischen Planspiele rücken würde. Dennoch sei die Frage erlaubt, warum ausgerechnet bzw. auch bei Studierenden und Schüler*innen der Rotstift angesetzt wird. Noch dazu tiefrot, da die auf dem Tisch liegenden Zahlen den Topf de facto um über 20 Prozent kleiner machen würden. Zur Erinnerung: Vorgesehen waren laut Koalitionsvertrag eigentlich deutliche Verbesserungen, verbunden mit einer Bafög-Reform.
Die Studie und wer mitgemacht hat
Seit 2012 befragen" jobvalley" (die Studitemps GmbH) und das Department of Labour and Economics der Universität Maastricht halbjährlich Studierende aus ganz Deutschland. An der 23. Erhebung zur Studienreihe "Fachkraft 2030" nahmen 15.469 Personen teil, es handelt sich um eine bundesweite, repräsentative Stichprobe.
Für den in diesem Artikel auszugsweise dargestellten Fragenkomplex wurden die Teilnehmenden mit insgesamt 15 Ich-Aussagen zu Reaktionen auf die gestiegenen Verbraucherpreise konfrontiert. Eine Ergebnisdarstellung im pdf-Format mit weiteren Hinweisen zur Methodik findet sich unter diesem Link.
Zwar heißt es, dass bereits bestehende Förderungen von den Kürzungen keineswegs betroffen sein sollen. Immerhin. Und dennoch wohnt den Plänen der Regierung etwas Strukturgefährdendes inne, was vor allem beim Blick zurück ins Wintersemester 2022/23 deutlich wird. Ein Semester, um es klar auszusprechen, das für einen Gutteil aller Hochschülerinnen und Hochschüler wohl beispiellose Einschnitte mit sich gebracht hat.
Zu diesem Ergebnis kommt die jüngste Erhebung der repräsentativen Studie "Fachkraft 2030", die jobvalley zusammen mit der Universität Maastricht im April dieses Jahres durchgeführt hat. Bundesweit haben daran rund 16.000 Studierende teilgenommen. Um die problematische Richtung des vorliegenden Haushaltsentwurfs zu verdeutlichen, folgen einige ausgesuchte Ergebnisse.
200.000 Studienabbrüche und -unterbrechungen aus finanzieller Not
Im Rahmen der Befragung gaben für das Wintersemester 2022/23 bundesweit 7 Prozent der Teilnehmenden an, ihr Studium aus Kostengründen entweder komplett aufgegeben oder pausiert zu haben (Aussage: "Ich musste mein Studium aufgeben/pausieren"). Hochgerechnet auf die Gesamtzahl der Studierenden dürften damit über 200.000 Immatrikulierte von einer der beiden "Optionen" Gebrauch gemacht haben, über deren Nachteile für den deutschen Bildungs- und Wirtschaftsstandort man wohl kein Wort verlieren muss.
Neben regionalen Unterschieden konnten in dieser Frage vor allem auf individueller Ebene teils erhebliche Disparitäten herausgearbeitet werden. So lag der Anteil der Studienabbrüche und -unterbrechungen bei Befragten mit Migrationshintergrund bei neun Prozent – also messbar über dem Durchschnitt. Ähnlich ist das Bild mit Blick auf die Dimension "Alter". Hier zeigte sich, dass in der Gruppe der mindestens 23-Jährigen rund acht Prozent der Befragten im Untersuchungszeitraum ihr Studium abgebrochen oder unterbrochen haben. Zum Vergleich: Bei den Jüngeren waren es aus Kostengründen "lediglich" vier Prozent.
Fast 20 Prozent der Studierenden mussten ihre Wohnung aufgeben
Die vorliegenden Ergebnisse zur Aussage "Ich musste meine Wohnsituation verändern (Auszug, Verkleinerung etc.)" legen nahe, dass bewusstes Energiesparen im Wintersemester für fast jeden fünften Befragten nicht ausreichte, um die eigenen vier Wände halten zu können. Konkret gaben 18 Prozent der Teilnehmenden an, ihre Wohnsituation ungewollt verändert zu haben. Dazu auch hier die absolute Zahl: Gemessen an der Gesamtheit der Studierenden in Deutschland entspricht diese Quote über 500.000 Hochschülerinnen und Hochschülern, wobei allerdings nicht explizit erfragt wurde, welchen Anteil an den kostenbedingten Umzügen – als vermeintlich "einfachste" Alternative – die Rückkehr ins Elternhaus hatte.
Erhebliche Abweichungen liegen mit Bezug zur Wohnsituation auch in regionaler Hinsicht vor. So mussten laut eigener Aussage im vorangegangenen Semester in Sachsen-Anhalt und Brandenburg jeweils 25 Prozent (!) der Befragten ihren Wohnraum kostensparend anpassen (Auszug, Verkleinerung etc.) – deutliche Höchstwerte vor Stadtstaat Hamburg, wo die Quote bei 21 Prozent lag. Hinzu kommt: Fast jeder zweite Teilnehmende sah sich im Wintersemester 2022/23 aus finanziellen Gründen gezwungen, im Wohnbereich weniger Energie zu verbrauchen. So gaben bei der Aussage "Ich musste mich beim Heizen meines Zimmers/meiner Wohnung einschränken bzw. Strom sparen" exakt 49 Prozent der Hochschülerinnen und Hochschüler an, ihren Verbrauch entsprechend nach unten angepasst zu haben. Interessanterweise weichen hierzu die Angaben von weiblichen und männlichen Befragten deutlich voneinander ab. Denn während Hochschülerinnen in bundesweit 57 Prozent der Fälle angaben, den Energieverbrauch gesenkt zu haben, geschah dies auf Seite der Hochschüler deutlich seltener (41 Prozent).
Erhebliche Einschränkungen auch beim Lebensmitteleinkauf
Welch gravierenden Einfluss die gestiegenen Verbraucherpreise im Wintersemester 2022/23 auch auf das alltägliche Konsumleben der Studierenden hatten, zeigt die Auswertung für die Aussage „Ich musste mich beim Lebensmittelkauf einschränken“. Sie wurde von 58 Prozent (!) aller Befragten bejaht. Ferner fällt dazu auf, dass die Quote in keinem der 16 Bundesländer unterhalb der 50-Prozent-Marke liegt, hoch bedenkliche Spitzenwerte konnten in Mecklenburg-Vorpommern (67 Prozent) und Thüringen (69 Prozent) gemessen werden.
Auch in zwei weiteren Bereichen des studentischen Konsumlebens musste laut Umfrage deutlich Verzicht geübt werden. Und zwar beim Einkauf von Kleidung sowie beim Essengehen und -bestellen. Was letztgenanntes Thema betrifft, lag die studentische Verzichts-Quote ebenfalls (und erwartungsgemäß) auf hohem Niveau. So stimmten insgesamt 64 Prozent der Befragten der Aussage "Ich musste mich beim Essengehen/-bestellen einschränken" zu. Auf weiblicher Seite waren es sogar 69 Prozent, während die Quote auf männlicher Seite bei 58 Prozent lag.
Was den Aspekt Kleidung betrifft, gab weit mehr als jeder zweite Befragte an, im Untersuchungszeitraum weniger als geplant / gewünscht erworben zu haben. Konkret: Die Aussage "Ich musste mich beim Einkaufen von Kleidung einschränken" wurde von fast 60 Prozent der Studierenden bejaht, wobei auch hier die Quote auf weiblicher Seite recht deutlich über der Quote der männlichen Befragten lag.
Freizeitaktivitäten aus Kostengründen deutlich runtergefahren
Dass die allgemein gestiegenen Verbraucherkosten im studentischen Leben auch abseits von Studium und alltäglichem Bedarf tiefe Spuren hinterlassen haben, zeigen die vorliegenden Zahlen für die Aussage "Ich musste mich bei meiner Freizeitgestaltung (Sport, Theater, Kino etc.) einschränken". Sie wurde von nahezu 60 Prozent aller Befragten bejaht, was folglich gerade an den Hochschulstandorten zu messbaren Umsatzeinbußen in primär studentisch genutzten Freizeiteinrichtungen und -unternehmen geführt haben dürfte. Überdies gaben rund 30 Prozent der Befragten an, im zurückliegenden Wintersemester eine bereits fest eingeplante Reise aus Kostengründen verschoben oder abgesagt zu haben.
Die Umfrageergebnisse schreien nicht nach weniger Bafög, sondern eindeutig nach mehr
"Die Bundesregierung lässt das Bafög ausbluten", hat sich dieser Tage – allen voran – Matthias Anbuhl, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Studierendenwerks, mit markigen Worten des Unverständnisses zu den Plänen der Regierung geäußert. In seiner Kritik verweist er auf unzureichende Erhöhungen "über viele Jahre", die nun, vor dem Hintergrund der gestiegenen Verbraucherpreise, ihre ganze Negativwirkung entfalten würden. "Studienabbrüche aus Geldmangel kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten. Diese jungen Menschen sind die künftigen Lehrkräfte, Ärzt*innen und Ingenieur*innen, die wir so händeringend brauchen", lautet sein dringlicher Appell nach Berlin.
Aus der Perspektive unserer eigenen Forschung kann man Matthias Anbuhl da nur zustimmen. Denn hinter den Studierenden in Deutschland liegt (mindestens) ein Halbjahr, das in vielerlei Hinsicht nicht nach gleich viel und schon gar nicht nach weniger schreit, sondern eindeutig nach mehr – und zwar nicht nur für den Bereich Bafög. Daher: Mit ihren Planungen setzt die Bundesregierung ein erschreckend kaltes Signal gegen die Verbesserung der Chancengleichheit, das dem deutschen Bildungs- und Wirtschaftsstandort langfristig schaden wird. Noch dazu ein Signal zur Unzeit, weit an der ohnehin verzichtsreichen Lebensrealität vieler Studierender vorbei.
Clemens Weitz ist Geschäftsführer von jobvalley. Philipp Seegers ist Research Fellow an der Universität Maastricht.
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Quo vadis, EU? Das Projekt, das zu Anfang für Frieden sorgen sollte, hat inzwischen so manches umgesetzt, was in der Gründungszeit, im Mai 1951, für visionär gehalten wurde. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die zu Beginn aus sechs Staaten (Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Italien) bestand, entwickelte sich schnell weiter: Von einem Gemeinsamen Markt über weitere Mitgliedsländer bis hin zu einer gemeinsamen Währung transformierte sich die einstige Gemeinschaft zur heutigen Europäischen Union."Spill over"-Effekte sorgten dafür, dass ausgehend vom Gemeinsamen Markt auch gemeinsame Arbeitsbereiche außerhalb der Ökonomie entstanden: Das Wirtschaftsprojekt wurde zunehmend politisch und steht heute zwischen Supranationalismus und Intergouvernementalismus. Die EU, so wird gerne gesagt, ist ein System sui generis, weder ganz internationale Organisation noch ganz Staat. Doch gerade weil die EU in machen Belangen staatliche Züge angenommen hat, stellt sich die Frage, ob ihre demokratische Legitimation ausreicht. Angela Merkel drückte das in einer Regierungserklärung von 2006 folgendermaßen aus:"Kurz gesagt muss man feststellen: Europa steht bei den Europäerinnen und Europäern nicht so hoch im Kurs […]. Wir müssen […] den Stand des Projekts Europa kritisch überprüfen. Wir müssen den Bürger in den Mittelpunkt stellen" (Bundesregierung 2006, S. 3f.).Doch worunter leidet die demokratische Legitimation der EU? Und wie könnte man der Union zu mehr Demokratie verhelfen? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag nach. Ausgehend vom Aufbau der EU wird das sogenannte Demokratiedefizit in institutioneller und struktureller Hinsicht erläutert. Abschließend werden mögliche Lösungsvorschläge vorgestellt und Kritikpunkte geäußert.Aufbau der EU und DemokratiedefizitDie Aufbau der Union wird häufig als abstrakt und kompliziert erachtet. Auch die ZDF-Satiresendung Die Anstalt greift den komplexen Aufbau der EU zusammen mit dem Demokratiedefizit in der Sendung vom 06.09.2015 auf. Um auf das Demokratiedefizit aufmerksam zu machen, beginnen die Satiriker Claus von Wagner und Max Uthoff so: Claus von Wagner (C.v.W.): "Die meisten Nutzer [gemeint sind hier die Bürger*innen der Europäischen Union] beschweren sich, dass unser Haus [gemeint ist die Europäische Union] nicht den demokratischen Anforderungen entspricht."Max Uthoff (M.U.): "Diese Leute sind doch gar nicht in der Lage, ein so komplexes Haus wie unseres zu verstehen."C. v. W.: "Aber sie sollen drin wohnen ... wie soll denn das gehen?! Vielleicht können Sie's mir erklären, schau'n Sie mal, wir haben da hinten doch den Grundriss von unserem Hotel [gemeint ist hier abermals die Europäische Union]."M. U.: "Ja ... ja, was suchen Sie denn?"C. v. W.: "Na, die Demokratie!"M. U.: "Ach Demokratie ... Demokratie ... was heißt schon Demokratie?"C. v. W.: "Na, das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk." (von Wagner/Uthoff 2016, 00:00:00 – 00:01:00). Wie Markus Preiß, Leiter des ARD-Studios in Brüssel, in seinem #kurzerklärt-Video erläutert, ist die Europäische Union "demokratisch mit Schönheitsfehlern" (Preiß 2019, 00:02:07-00:02:10) und sicherlich weit weg davon, undemokratisch zu sein. Doch über ihr Demokratiedefizit lässt sich schlecht hinwegsehen. Es fußt im Wesentlichen auf zwei Gründen: "zu wenig Bürgerbeteiligung infolge mangelnder Transparenz und eine[r] unzureichende[n] Legitimation der Institutionen der Europäischen Union" (Bollmohr 2018, S. 73). Doch politische Systeme sind auf Legitimation angewiesen, "um Herrschaft dauerhaft zu sichern" (Abels 2019, S. 2). Um dieses Demokratiedefizit besser verstehen zu können, ist eine Beschreibung des Aufbaus der Europäischen Union und ihrer Institutionen unerlässlich. Autor*innen, die die Europäische Union für demokratisierbar halten, begreifen die EU als als ein politisches System, das durch institutionelle und strukturelle Reformen verändert werden kann (vgl. Schäfer 2006, S. 354). Sie gehen hierbei von einem Demokratieverständnis gemäß der Übersetzung des Wortes Demokratie (= Volksherrschaft) aus. Wie in der Inszenierung der Anstalt angeklungen, wird von einer Auslegung des Wortes ausgegangen, das das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk als Grundlage nimmt und auf eine Aussage von Abraham Lincoln zurückgeht ("government of the people, by the people, for the people"). Die EU hat sieben Organe (vgl. Weidenfeld 2013, S. 116). Den Kern bildet dabei das "institutionelle Dreieck" bzw. nach der Inklusion des Europäischen Rates durch den Vertrag von Lissabon das "institutionelle Viereck", bestehend aus dem Europäischen Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union. Zu den Organen gehört darüber hinaus der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und der Rechnungshof. Beginnend mit dem Europäischen Parlament werden nachfolgend alle Institutionen nach der Reihenfolge aufgelistet, wie sie im Vertrag von Lissabon stehen, und ihr Demokratie- bzw. Legitimationsdefizit erläutert. Europäisches Parlament In das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung kam das Europäische Parlament (EP) erst mit der ersten Direktwahl im Jahr 1979 (vgl.: ebd.). Damit war "[d]er Schritt hin zu einem von den Bürgern legitimierten europäischen Einigungswerk […] getan" (ebd.). Seither gewann das EP an Befugnissen. So wurde beispielsweise mit dem Vertrag von Maastricht (1992) das Mitentscheidungsverfahren eingeführt, "welches das Parlament dem Rat im Gesetzgebungsprozess gleichstellt" (ebd.). Wahlen für das Europäische Parlament finden alle fünf Jahre statt (vgl.: Weidenfeld 2006, S. 65). Insbesondere hinsichtlich des Demokratiedefizits ist es wichtig festzuhalten, dass das EP die einzig direkt gewählte Institution der Europäischen Union darstellt. Als solche stellt sie "die unmittelbare Vertretung der Unionsbürger auf der europäischen Ebene dar" (Weidenfeld 2013, S. 116). Dabei werden die Sitze "degressiv-proportional" verteilt (ebd., S. 117). Dies führt allerdings dazu, dass "ein deutscher Abgeordneter mehr als 13 Mal so viele Bürger vertritt wie ein Parlamentsmitglied aus Luxemburg oder Malta" (ebd.). Von einer gleichen Wahl, wie es das Grundgesetz in der Bundesrepublik Deutschland für die Bundestagswahlen vorgibt, kann nicht gesprochen werden. Die Funktionen und Aufgaben des EP sind vielfältig. Es "fungiert zusammen mit dem Ministerrat der Union als Gesetzgeber" (ebd.) und stellt mit ihm die Haushaltsbehörde dar (vgl. ebd.). Gleichzeitig "kontrolliert [es] die Arbeit der Kommission" (ebd.). Generell kann von fünf Funktionen des EP gesprochen werden: Systemgestaltungsfunktion, Politikgestaltungsfunktion, Wahlfunktion, Kontrollfunktion und Repräsentations- bzw. Artikulationsfunktion (vgl.: ebd., S. 121ff.). Mit der Systemgestaltungsfunktion hat das Europäische Parlament einen, wenn auch geringen, Spielraum zur "konstitutionellen Weiterentwicklung des EU-Systems" (ebd., S. 121). Beispielsweise darf das Parlament "Entwürfe zur Änderung der Verträge [vorlegen]" (ebd.). Außerdem kann eine Erweiterung der Europäischen Union nur mit Zustimmung der Parlaments durchgeführt werden. Die Politikgestaltungsfunktion bezeichnet die Möglichkeit des EP, die Kommission auffordern zu können, eine Gesetzesinitiative zu starten (= indirektes Initiativrecht). Die Kommission muss dieser Bitte innerhalb von drei Monaten nachkommen oder andernfalls ihr Verhalten wohlbegründet erläutern. Das indirekte Initiativrecht teilt sich das EP mit dem Rat. Ebenso teilen sich beide Organe das Haushaltsrecht, wobei das EP in diesem Belang, zumindest auf Ausgabenseite, das letzte Wort behält (vgl.: ebd., S. 122). Die Wahlfunktion wird durch die Wahl des Kommissionpräsidenten erfüllt, der vom Europäischen Rat vorgeschlagen wird. Das EP ist auch an der Bestellung der Kommission beteiligt und muss der Zusammensetzung zustimmen. Die Repräsentations- und Artikulationsfunktion des Europäischen Parlaments wird kritisch gesehen. Aufgrund einer fehlenden europäischen Öffentlichkeit kann eine Repräsentation der europäischen Bürger*innen nicht in dem Maße stattfinden, wie es in nationalstaatlichen Parlamenten der Fall ist. Das Europäische Parlament arbeitet in Fraktionen, die sich nach der politischen Ausrichtung organisieren und sich aus den Mitgliedern des EP aus den verschiedenen Mitgliedsstaaten zusammensetzen. Im Gegensatz zu nationalen Parlamenten gibt es kein "Regierungs-Oppositions-Schema" (vgl.: ebd., S. 124) und es wird mit Ad-hoc-Mehrheiten gearbeitet. Wie Weidenfeld (2013) klarstellt, bietet diese Herangehensweise "immer wieder neue Möglichkeiten zur persönlichen Einflussnahme […]; [allerdings wird es] für die Öffentlichkeit […] dadurch schwierig, politische Verantwortung zuzuordnen" (ebd.). Auch wenn sich das EP durch verschiedene Vertragsreformen immer weiter an die "Rolle nationaler Parlamente angenähert" (ebd., S. 121) hat, besitzt es nicht alle Funktionen der Parlamente der Mitgliedsstaaten. Bezogen auf das EP werden "drei wesentliche Legitimationsmängel" (Bollmohr 2018, S. 99) aufgezeigt. Einer der Mängel ist der Wahlmodus, denn statt eines "kodifizierten Wahlrechts […] gelten nationale Wahlgesetze mit zum Teil erheblichen Unterschieden" (ebd., S. 86). Die Sitzverteilung im Europäischen Parlament nach der degressiven Proportionalität verstärkt die Ungleichheit der Wähler*innenstimmen bei der Europawahl. Zu erwähnen ist hierbei auch, dass es zur Europawahl, anders als bei nationalen Wahlen, kaum einen erkennbaren Wahlkampf gibt. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass es keine europäischen Parteien und deshalb kein parteienspezifisches Wahl- bzw. Parteiprogramm und kaum europäische Themen gibt (vgl.: ebd., S. 86f.). Auswirkungen hat das auf die Arbeitsweise des Europäischen Parlaments. Ohne Parteiprogramm können Mitglieder der Fraktionen lediglich fallbezogen "über Vorgänge beraten und abstimmen, die von der Europäischen Kommission vorgegeben werden", was den Prozess "unvorhersehbar" macht (ebd., S: 87). Ein weiterer Mangel ist die eingeschränkte Gesetzgebungsfunktion. Die Rechtsetzungsverfahren werden, trotz Aufwertung des EP, von den Räten dominiert (vgl.: ebd.). Wie Bollmohr (2018) auf Seite 99 feststellt, ist die Beteiligung an der Gesetzgebung mit unter zehn Prozent noch "zu gering". Zusätzlich wird der fehlende Austausch zwischen Unionsbürger*innen und den Abgeordneten des EP als Mangel gesehen. Das einzige von den Unionsbürgern direkt gewählte Organ hat zwar in den letzten Jahrzehnten an Kompetenzen gewonnen, ist aber in wichtigen Bereichen (Außenpolitik, Steuerpolitik) nach wie vor nicht gleichberechtigt mit den nationalen Regierungen im Rat. Europäischer Rat Der Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU und entscheidet im Konsens. Er nimmt formal nicht am Gesetzgebungsprozess teil, sondern hat eine gewichtige Rolle bei der "Systemgestaltung und bei der Besetzung von Schlüsselpositionen" (Weidenfeld 2013, S. 127). Der Europäische Rat hat drei zentrale Funktionen: Lenkungsfunktion, Wahlfunktion und Systemgestaltungsfunktion. Die Lenkungsfunktion erlaubt es dem Europäischen Rat, allgemeine Leitlinien für die Politik der EU, vornehmlich für die Außenpolitik, zu erlassen. Er wählt mit dem Präsidenten des Europäischen Rats und dem Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik die zwei wichtigsten "Vertreter der EU-Außenpolitik" (ebd.). Darüber hinaus nimmt er eine "Schlüsselstellung" in der Systemgestaltung ein (ebd.). Schließlich sind die Mitgliedsstaaten die Herren der Verträge und sie entscheiden, welche Kompetenzen sie an die europäische Ebene abgeben. Rat der EU/Ministerrat"Der Rat [der EU] besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, verbindlich für die Regierung zu handeln" (ebd., S. 129). Er ist nach Fachgebiet in Fachministerräte unterteilt. Zunehmend entscheidet der Rat mit Mehrheit. Halbjährlich wechselt die Präsidentschaft des Rates (vom 01.01.2023-30.06.2023 hat beispielsweise Schweden die Ratspräsidentschaft inne). Der Rat besitzt zentrale Befugnisse in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Daneben ist seine Legislativ- und Exekutivfunktion entscheidend. Inzwischen teilt sich der Rat die Legislativfunktion, genauso wie das Haushaltsrecht, mit dem Europäischen Parlament. Beide Organe besitzen überdies das Recht, auf die Kommission zuzugehen und einen Gesetzentwurf vorzuschlagen. Die Exekutivfunktion nimmt der Rat wahr, "indem er Vorschriften zur Durchführung von Rechtsakten erlässt, die Durchführung selbst ausführt oder sie an die Kommission delegiert" (ebd., S. 132). Der Rat übernimmt gegenüber der Kommission darüber hinaus eine Kontrollfunktion.Die Räte, also der Europäische Rat und der Rat der Europäischen Union, beziehen ihre Legitimation durch die Nationalstaaten. Daraus entsteht dennoch ein Legitimationsmangel bzw. ein Demokratiedefizit, weil der Ministerrat maßgeblich am Gesetzgebungsverfahren in der EU beteiligt, aber nicht auf EU-Ebene legitimiert ist (vgl.: Bollmohr 2018, S. 99). Zusätzlich hält Bollmohr (2018) fest, dass der Rat (der EU) "zwar von den nationalen Parlamenten beeinflusst wird, aber da die qualitative Mehrheit im Rat auch Abstimmungsniederlagen für einzelne Länder nach sich ziehen kann, sind die Möglichkeiten der Parlamente begrenzt" (ebd.). KommissionWie Weidenfeld (2013) auf Seite 135 schreibt, ist die Kommission "vertragsrechtlich auf das allgemeine EU-Interesse verpflichtet und soll unabhängig von den nationalen Regierungen handeln". Während der Europäische Rat das prototypische intergouvernementale Organ darstellt, ist die Kommission die klassische supranationale Institution in der Europäischen Union. Das Kollegium, aus dem sich die Kommission zusammensetzt, besteht aus einem Kommissar pro Mitgliedsland. Es wird "in einem Zusammenspiel zwischen den Staats- und Regierungschefs und dem EP [bestimmt]" (ebd., S. 137). Der/die Kommissionspräsident*in und der Verwaltungsapparat ergänzen die Kommission. Der Europäische Rat schlägt ein*e Kandidat*in für das Amt der/des Kommissionpräsident*in vor, welche*r sich dann einer Wahl im EP unterziehen muss. Bei Ablehnung unterbreitet der Rat einen neuen Vorschlag, bei Annahme schlagen die Staats- und Regierungschefs mit dem/der Präsident*in die weiteren Kommissionsmitglieder vor, die ebenso der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Eine Amtsperiode der/des Präsident*in dauert fünf Jahre. Außerdem hat das EP die Befugnis, die Kommission durch ein Misstrauensvotum ihres Amtes zu entheben. Hierfür ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Kommission hat vier wichtige Funktionen: Sie fungiert sowohl als Exekutive als auch als Außenvertretung und hat die Legislativ- und Kontrollfunktion inne. Als Exekutive ist die Kommission für die Durchführung von Rechtsakten und die "Umsetzung und Verwaltung der Unionspolitiken verantwortlich, die vom Parlament und vom Rat verabschiedet wurden" (ebd., S. 138). Die Ausführung des vom Europäischen Parlament beschlossenen Haushalts gehört ebenso zu den exekutiven Aufgaben der Kommission. Die Legislativfunktion umfasst das Initiativmonopol. Die Kommission darf als einzige EU-Institution Gesetzesvorschläge einbringen. Sie ist "agenda-setter" (ebd., S. 139) und kann die EU-Integration vorantreiben. Als Hüterin der Verträge ist die Kommission für die Einhaltung des Unionsrechts verantwortlich und kann, bei Verletzung des Unionsrechts, ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnen. Sie vertritt überdies die vergemeinschaftete Handels- und Entwicklungspolitik nach außen und nimmt "im Namen der EU an den Verhandlungen im Rahmen der WTO teil" (vgl.: ebd., S. 140). Die Mängel der Legitimation der Europäischen Kommission zeigen sich bei der Wahl der Mitglieder und der/des Präsident*in. Kandidat*innen werden von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament bestätigt. Dies ist in den Verträgen zwar so festgehalten, "aber der Legitimationsglaube in die wichtigste Institution der EU ist gering" (Bollmohr 2018, S. 99). Schließlich ist "das EP durch das bestehende Wahlverfahren nur bedingt als legitimiert [anzusehen] […] und der Europäische Rat durch die Nationalparlamente nicht im Eigentlichen für EU-Fragen legitimiert" (ebd., S. 80). Zudem stellt die Kommission eine Art Exekutive, also Regierung dar. Diese ist momentan weder wähl- noch abwählbar. Doch genau das, eine wähl- und abwählbare Regierung, zeichnet eine Demokratie aus, weswegen das Demokratiedefizit der EU an dieser Stelle besonders zum Vorschein kommt. EuGH, Europäische Zentralbank und RechnungshofDer Europäische Gerichtshof mit Sitz in Luxemburg ist verantwortlich für die Wahrung und die Einheitlichkeit des Unionsrechts. Er wird dann aktiv, wenn eine Klage oder eine Anfrage vorliegt und agiert deshalb reaktiv. Gleichzeitig stellt er – wie die Kommission – ein supranationales Organ dar. Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedsstaat, die von "den nationalen Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt [werden]" (Weidenfeld 2013, S. 143). Das Europäische Parlament spielt bei der Ernennung der Richter keine Rolle, was den Gerichtshof von anderen obersten Gerichten, wie dem Supreme Court oder dem Bundesverfassungsgericht, unterscheidet. Zusätzlich unterscheidet ihn vom höchsten Gericht der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Wiederwahl der Richter möglich ist. Der Europäische Gerichtshof hat die Befugnis, gegenüber den Mitgliedsstaaten "bindende Urteile [zu] sprechen" (ebd., S. 143). Das hat zur Folge, dass seine Entscheidungen die Bevölkerung der EU direkt betreffen. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden seine Kompetenzen von der supranationalen Säule zudem auf die Innen- und Justizpolitik erweitert (vgl.: ebd.). Entscheidungen fallen meist einvernehmlich oder per einfacher Mehrheit. Der Gerichtshof hat "in der Geschichte der Integration immer wieder eine Motorrolle übernommen" (ebd., S. 145). Seine Urteile fallen überwiegend integrationsfreundlich aus (in dubio pro communitate – (ugf.) im Zweifel für die Europäische Union). Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main wurde 1998 mit der Einführung der gemeinsamen Währung eingerichtet. Sie ist für die Geldpolitik der EU verantwortlich und hat als Organ einen supranationalen Charakter. In ihrer Arbeitsweise ist sie von anderen EU-Organen und von den Mitgliedsstaaten unabhängig. Bei der Währungspolitik arbeitet die EZB mit nationalen Zentralbanken zusammen. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Preisstabilität zu sichern. Darüber hinaus unterstützt sie die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Der Vertrag von Maastricht (1992) hob den Rechnungshof zu einem Organ an. Seine Aufgabe ist die Rechnungsprüfung der EU, was alle Einnahmen und Ausgaben betrifft. Er besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedsstaat, welche vom Rat ernannt werden. Hierbei verfügt das Europäische Parlament über ein Anhörungsrecht. Alle drei Organe, der EuGH, die Zentralbank und der Rechnungshof, werden nicht gewählt, sind aber dennoch in besonderem Maße am Integrationsprozess beteiligt. Dieser Umstand ist keine Besonderheit der EU, sondern auch in Nationalstaaten üblich. Dennoch gibt es Kritik und Reformvorschläge. Die Wiederwahl der Richter am EuGH gilt als besonders problematisch. Ebenso gibt es Forderungen nach mehr Transparenz in allen drei Organen.Die bisher genannten Defizite beziehen sich auf die Institutionen der Europäischen Union und werden deswegen institutionelle Defizite genannt. Daneben gibt es das strukturelle Demokratiedefizit, das die nach wie vor fehlende Kommunikations-, Erfahrungs- und Erinnerungsgemeinschaft beschreibt, in der sich eine kollektive Identität herausbildet, etabliert und tradiert (vgl. Graf Kielmannsegg 2003, S. 57ff.). Oder einfacher ausgedrückt: Es mangelt an einer "Wir-Identität", denn es fehlt eine gemeinsame Sprache, es gibt kein gemeinsames Politikverständnis und kein einheitliches Rechtssystem (vgl. Bollmohr 2018, S. 74). Schließlich schafft ein auf Effizienz ausgelegter Gemeinsamer Markt noch keine Demokratie, geschweige denn einen gemeinsamen Demos. Darauf ist der Markt auch gar nicht angewiesen. Das strukturelle Demokratiedefizit macht sich beispielsweise bei den Europawahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung bemerkbar (im Jahr 2009 lag die Wahlbeteiligung bei gerade mal 43%, vgl.: Decker 2017, S. 166). Diese Defizite sind nicht neu und seit der zunehmenden Politisierung der Europäischen Union bekannt. Seit Ende der 1980er Jahre ist man auf EU-Ebene bemüht, sie zu beheben (vgl.: Bollmohr 2018, S. 71). Doch wie könnten weitere Schritte in Richtung weniger Demokratiedefizit in einem "Mehrebenensystem ohne einheitlichen Demos […], ohne einheitliche Regierung […] und ohne nennenswerte intermediäre Strukturen" (ebd., S. 73) aussehen? Nachfolgend werden exemplarisch Lösungsvorschläge für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit vorgestellt. Sie erheben nicht den Anspruch, die Gesamtheit aller Lösungsvorschläge abzudecken. Potenzielle Lösungsansätze für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit der EUInstitutionelles DemokratiedefizitIn ihrem Beitrag "Neue Governance-Formen als Erweiterung der europäischen Demokratie" (2017) nennt Gesine Schwan eine bessere Zusammenarbeit von europäischen und nationalen Parlamentariern als Stellschraube für mehr demokratische Teilhabe. Die Überwindung des Gegensatzes zwischen "renationalisierender" und "supranationaler" europäischer Integration hätte einige Vorteile. Beispielsweise bewirke diese "verschränkte Parlamentarisierung" (S. 158), wie sie diese Form der Zusammenarbeit nennt, eine bessere Verständigung über die Perspektiven von nationalen und europäischen Abgeordneten. Außerdem führe der intensivere Austausch zu einer früheren Information der nationalen Parlamentarier über Debatten und Entscheidungen im Europäischen Parlament. Dies hat folgende, demokratiefördernde Konsequenzen: Einerseits gebe es dadurch eine breitere öffentliche Diskussion und eine daraus resultierende Legitimation. Andererseits eine verstärkte parlamentarische Kontrolle. Einen Einbezug von Wissenschaft und Medien hält Schwan für geboten. Zusätzlich fördere dies die grenzüberschreitende Kommunikation und Kooperation. Nach wie vor, bemängelt Schwan, existiere ein Mangel an intermediären Vermittlerstrukturen in der Europäischen Union, was beispielsweise Medien, Parteien und Verbände betrifft. Etwas konkreter wird Frank Decker in seinem Beitrag "Weniger Konsens, mehr Wettbewerb: Ansatzpunkte einer institutionellen Reform" (2017). Er benennt die seiner Meinung nach drei wichtigsten "demokratischen Stellschrauben" (S. 167), um das institutionelle Demokratiedefizit zu beheben. Er sieht im einheitlichen Wahlrecht, in der Wahl des Kommissionspräsidenten und der Bestellung der Gesamtkommission Potenziale, um die Europäische Union institutionell zu legitimieren.Decker moniert, dass gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, Art. 223 Abs. 1) ein einheitliches Wahlrecht längst hätte erfüllt sein müssen (vgl. Decker 2017, S. 168). Nun gebe es die "paradoxe Situation" (ebd.), dass europäische Parteien zwar den Parlamentsbetrieb bestimmen, bei den Europawahlen aber nach wie vor nur die nationalen Parteien kandidieren (vgl.: ebd.). Eine Aufhebung dieser Tatsache sieht Decker in einer "Einführung eines europaweiten Verhältniswahlsystems mit moderater Sperrklausel" (ebd.). Diese wäre ein starker Anreiz dafür, sich als Parteien zusammenzuschließen, was einerseits der Fragmentierung im Europäischen Parlament entgegenwirken würde und andererseits förderlich für die Arbeitsfähigkeit des EP wäre. Diese Regelung würde zudem zu einer Vereinheitlichung des Wahlsystems innerhalb der Europäischen Union beitragen. Die Mitgliedsstaaten dürften weiterhin selbst entscheiden, wie das Wahlrecht genau geregelt ist und wie die Wahl durchgeführt wird. Unbedingt geboten sei hingegen eine Wahlpflicht oder alternativ eine Verteilung der Sitze nach der Wahlbeteiligung. So würde ein Anreiz für eine hohe Teilnahme geschaffen werden und die Wahlen für das EP könnten ihre Bewertung als Nebenwahl ein wenig verlieren. Jede*r EU-Bürger*in hätte nach wie vor eine Stimme, die er/sie bei der Verhältniswahl mit "starren Listen" vergeben darf (ebd., S. 170). Auf diese Weise, schlussfolgert Decker, könnte mit der heutigen Diskrepanz zwischen Parteiensystem auf der parlamentarischen und elektoralen Ebene gebrochen werden (vgl.: ebd.). Die Wahl der/des Kommissionspräsident*in ist eine weitere Stellschraube, mit der man Decker zufolge das institutionelle Demokratiedefizit der EU schmälern kann. Für zentral hält er die Frage nach dem Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Decker schlägt an dieser Stelle das präsidentielle System vor, mit der Begründung, dass die Bürger*innen selbst die Chance hätten, ihre*n Präsident*in direkt zu wählen. Ob der/die Kommissionspräsident*in mit relativer oder absoluter Mehrheit gewählt wird, müsste geklärt werden. Die Wahl des/der Kommissionspräsident*in auf diese Art zu verändern, würde zum einen dafür sorgen, dass "[d]ie europäische Politik […] endlich ein Gesicht [bekäme]" (ebd., S. 174). Zum anderen würde diese Änderung dazu führen, dass die EU eine wählbare Exekutive hätte, was einer Regierung im nationalstaatlichen Sinn gleichkäme. Ebenso sieht Decker die Bestellung der Kommissare kritisch. Momentan ist das Gremium durch den gleichberechtigten Vertretungsanspruch aller Mitgliedsstaaten zu groß, was negative Auswirkungen auf die Arbeitsweise hat (vgl.: ebd., S. 175). Daneben kann der/die Kommissionspräsident*in kaum Einfluss auf die Auswahl der Kommissare nehmen, was zur Folge hat, dass "[d]ie Zusammensetzung der Kommission […] insofern eher die nationalen Wahlergebnisse [reflektiert] als das Ergebnis der Europawahlen" (ebd.). Deswegen schlägt Decker vor, dem/der direkt gewählten Kommissionspräsident*in das Recht zu erteilen, die Kommissare selbst zu ernennen. Alternativ könnten die Wähler*innen befugt werden, neben dem/der Präsident*in noch die Kommissar*innen zu wählen (vgl.: ebd., S. 176). Dies, so Decker, würde die Kommission nicht nur weiter demokratisch aufwerten, sondern wäre auch ein Beitrag zur Europäisierung der Europawahlen. Antoine Vauchez geht in seinem Beitrag "Die Regierung der 'Unabhängigen': Überlegungen zur Demokratisierung der EU" (2017) auf die mangelnde Transparenz mancher Institutionen der Europäischen Union ein. Er merkt bezüglich der Demokratisierung an:"Um die Stellung dieser Institutionen [gemeint sind hier Kommission, Zentralbank und EuGH, Anm. A.B.] im politischen Prozess neu zu justieren, muss man an den drei Säulen rütteln, auf denen ihre Autorität in der europäischen Politik bislang beruhte: der vollständigen Souveränität in der Auslegung ihres Mandats, dem Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität in ihren Diagnosen und Urteilen und einem bestimmten Verständnis von Unabhängigkeit als Abgrenzung von den vorhandenen politischen und sozialen Interessen. Diese Trias bildet eine Blockade, die zu durchbrechen jede Demokratisierungsstrategie bemüht sein muss" (Vauchez 2017, S. 187f.). Vauchez prangert Kommission, EuGH und EZB als "Mysterien des Staates" (ebd., S. 188) an. Beispielsweise mische sich die EZB inzwischen in Bereiche wie "das Rentensystem, die Lohnpolitik, das Arbeitsrecht und die Organisation des Staatswesens" ein (ebd.). Ähnliches gilt für den Europäischen Gerichtshof. In diesen Institutionen liege damit auch Regierungsgewalt. Deren Mandate sollten politisch erweitert werden, um dem Demokratiedefizit entgegenzuwirken. Antoine Vauchez vertritt deswegen die Ansicht, dass Themen, die in diesen Institutionen behandelt werden, "das Produkt öffentlicher Debatten und Auseinandersetzungen […] in einer Vielzahl nationaler und transnationaler Arenen [sein sollten]" (ebd.). Er nennt als Beispiel das Europäische Parlament, schließt aber andere politische Mittel, um EuGH und EZB zu überprüfen, wie beispielsweise das Frühwarnsystem, das mit dem Lissabonner Vertrag eingeführt wurde, nicht aus. Hierbei können "[e]ine Mindestzahl von einem Drittel der nationalen Parlamente […] den Entwurf eines Gesetzgebungsaktes vor die Kommission bringen, wenn er die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit missachtet" (ebd., S. 189). Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, Entscheidungen von EZB und EuGH für nichtig erklären zu können, sollten "diese den von der Union zu vertretenden 'Werten, Zielen und Interessen' [entgegenstehen]" (ebd.).Um der Intransparenz der Arbeitsweise dieser EU-Institutionen entgegenzuwirken, schlägt Vauchez zudem vor, der Öffentlichkeit Zugang zu Archiven, Daten, vorbereitenden Dokumenten und Beratungsprotokollen zu verschaffen. Auch hier hält er die Schaffung eines öffentlichen Forums für Dissens und Diskussion für notwendig (vgl.: ebd., S. 190). Abschließend hält es Vauchez für geboten, den repräsentativen Charakter der 'unabhängigen' Institutionen zu stärken. Damit meint er nicht nur die Repräsentanz aller Mitgliedsstaaten, sondern auch die Abbildung der Komplexität und Vielfalt der Bürger*innen der Europäischen Union in den Gremien und Ausschüssen der Institutionen. So, schlussfolgert Vauchez, stelle "man letztlich die Fähigkeit unter Beweis, ein europäisches Allgemeininteresse zu verkörpern" (ebd., S. 191). Institutionelle Reformen, wie sie hier gefordert werden, sind prinzipiell möglich. Doch kann mit ihnen allein das strukturelle Demokratiedefizit nicht behoben werden (vgl. Bartolini 2000, S. 156, zitiert nach: Schäfer 2006, S. 356). Strukturelles Demokratiedefizit Das strukturelle Demokratiedefizit beruht darauf, dass es kein europäisches Wir-Gefühl bzw. kein europäisches Volk im Sinne eines Staatsvolkes gibt. Dabei verfolgt die EU bereits seit geraumer Zeit eine Politik, die identitätsstiftend sein soll (vgl.: Thalmaier 2006, S. 4). Seit den 1970er Jahren haben Parlament und Kommission versucht, die EU-Bürgerschaft voranzutreiben und die europäischen Bürger*innen an europäische Themen heranzuführen (vgl.: Wiener 2006, S. 8). Diese Politik hat bisher jedoch nicht zu einem 'Wir-Gefühl' geführt (vgl.: ebd.). Doch möchte die EU ihr strukturelles Demokratiedefizit schmälern, ist sie auf ebenjenes 'Wir-Gefühl' angewiesen, denn eine Unterstützung wird von den Bürger*innen für die Europäische Union unbedingt gebraucht. Thalmaier (2006) unterscheidet hierbei zwischen spezifischer und diffuser Unterstützung. Während Bürger*innen ein politisches System spezifisch unterstützen, wenn es Ergebnisse hervorbringt, die den Interessen der Bürger*innen entsprechen, beschreibt die diffuse Unterstützung ein Vertrauen und eine Identifikation mit einem System, auch wenn die eigenen Interessen nicht immer durchgesetzt werden (vgl.: ebd., S. 6). Auf dieses grundsätzliche Vertrauen in das Handeln der Institutionen ist die Europäische Union als politisches System angewiesen. Eine kollektive Identität, die jedoch nicht mit einer nationalen Identität vergleichbar sein soll, ist dabei unerlässlich. Die Behebung des Öffentlichkeitsdefizit ist bei der Herausbildung einer kollektiven Identität erforderlich. Thalmaier schreibt deswegen, dass die "Ausbildung einer europäischen Identität […] entscheidend von der Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit [abhängt]" (ebd., S. 10). Zu lange habe es eine mangelnde Dynamik in der europapolitischen Kommunikation gegeben. Eine "stärkere Politisierung europäischer Politik" ist geboten, um eine europäische Öffentlichkeit überhaupt herauszubilden (ebd., S. 12). Daneben soll die Identitätserweiterung für eine kollektive Identität sorgen. Sie soll nach Thalmaier über die Schließung von Wissensdefiziten und -lücken über die Europäische Union erreicht werden. Der Schule kommt hier eine tragende Rolle zu. Deren Lehrpläne sollen angepasst und europäisiert werden, sodass die Bildungsinhalte in Fremdsprachen oder auch in sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern die europäische Ebene beleuchten. Dadurch soll zusätzlich die Relevanz der Europäischen Union vermittelt werden. Das minimiere die Fremdheit der EU (vgl.: ebd., S. 10) und könne identitätsstiftend wirken. Schließlich, so Thalmaier, erreiche man eine Reduzierung des strukturellen Demokratiedefizits nicht ohne eine Schaffung von mehr Partizipationsmöglichkeiten für die Bürger*innen bei Themen, die die Politik der EU betreffen. Neben institutionellen Reformen, die in diesem Beitrag bereits thematisiert wurden, spricht sich Thalmaier für europaweite Referenden aus, beispielsweise bei Angelegenheiten, die das Primärrecht oder EU-Beitritte betreffen. Dazu gehöre ein intensiver Austausch mit den Bürger*innen der Europäischen Union. Bereits im Weißbuch der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 ist ein Austausch und Dialog in der Dienstleistungsrichtlinie festgeschrieben. Bisher wird sie jedoch wenig genutzt. Thalmaier schlägt deswegen vor, enger in den Austausch mit den EU-Bürger*innen zu gehen. Eine Begründung jedes Projekts in einem öffentlichen Interaktionsprozess sei geboten, genauso sollte um Zustimmung für jede politische Neuerung auf EU-Ebene gerungen werden. Neue Wege der Kommunikation und des Dialogs mit Bürger*innen seien dabei zentral. Mehr Interaktion und Kommunikation schlägt auch Antje Wiener in ihrem Artikel "Bürgerschaft jenseits des Staates" (2006) vor, um die EU-Identität zu stärken und das strukturelle Demokratiedefizit zu mindern. Insbesondere die "Kommunikation über europäische Rechte innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten sowie intra- oder transeuropäisch in den entsprechenden institutionellen beziehungsweise medialen Kontexten, kurz jede Art von öffentlicher Diskussion zum Thema Rechte" (ebd., S. 11), trage dazu bei und mobilisiere auch das "Interesse am europäischen Projekt" (ebd.). Interaktion mit Institutionen, (EU-)Politiker*innen und Mitbürger*innen hätten das Potenzial, zu mehr "Staats- und Gemeinschaftsbildung" (ebd.) zu führen und die Bürger*innen enger an die EU zu binden. Durch Teilhabe und Teilnahme "im öffentlichen Diskurs soll eine zivile republikanische Identität geschaffen werden" (ebd.).Ähnliches fordert Ulrike Guérot, wenn es um die "Ausgestaltung einer europäischen Demokratie geht" (2018, S. 71). Damit "Europa" (ebd., S. 76) entstehe, brauche es Gemeinsames in der Europäischen Union über einheitliche bürgerliche und soziale Rechte. Sie argumentiert: "Es ist die Konvergenz von Recht, die Gemeinsamkeit entstehen lässt. In diesem Fall von Wahlrecht, Steuerrecht und sozialen Anspruchsrechten" (ebd.). Einigkeit und Einheitlichkeit seien auf dem europäischen Markt gegeben, bei den Bürger*innen sei Europa ihrer Ansicht nach aber noch zu fragmentiert. Solle sich daran etwas ändern, müsse mehr Gleichheit geschaffen werden, was am ehesten durch gemeinsame Rechte und Gesetze passiere. Guérot spricht hierbei von einem "Paradigmenwechsel" (ebd., S. 75) hin zu mehr Demokratie. Denn sollte einheitliches europäisches Recht eingeführt werden, wende man sich hin zu einer "Europäischen Republik, bei der die Souveränität bei den Bürger*innen Europas liegt […]" (ebd.). Kritik an diesen Ansätzen einer Demokratisierung der EU Kritiker*innen dieser Vorschläge sehen in einer "politisierte[n] EU eine Lähmung" der Europäischen Union (Schäfer 2006, S. 357). Für sie stellt die EU einen starren Verwaltungsapparat dar, "[e]ine Bürokratie, die sachlich und zielgerichtet arbeitet [und die] vom politischen Tagesgeschäft abgeschottet werden [muss]" (ebd.; Føllesdal/Hix, 2006, S. 538). Kritiker*innen sehen das Problem nicht in einem fehlenden Demos oder mangelnder Beteiligung der Bürger*innen, sondern in "vielfältigen Blockaden" (Schäfer 2006, S. 357) bei der Entscheidungsfindung und -durchsetzung. Ihrer Ansicht nach müsse die Europäische Union effizienter sein, um an Legitimität zu gewinnen, was nicht durch eine Demokratisierung erreicht werden könne (vgl.: ebd.). Schließlich müsse das Gemeinwohl über den Partikularinteressen der aktuellen Regierungen stehen. Für diejenigen, die einer Demokratisierung skeptisch gegenüberstehen, ist die Europäische Union bereits jetzt eine "aufgeklärte Bürokratie, die im Interesse der Bevölkerung entscheidet" (ebd./vgl.: Føllesdal/Hix, 2006, S. 546). Eine Demokratisierung bzw. "Politisierung der Europäischen Union liefe ihrem Aufgabenprofil zuwider" (Schäfer 2006, S. 357). Ebenso merken Kritiker*innen an, dass Macht in der EU geteilt werde und Entscheidungen durch Verhandlungen und nicht durch "Hierarchie" zustande kämen (vgl.: ebd., S. 360). Würde Macht in einem so fragmentierten Raum wie Europa zentralisiert, müsse das "für Minderheiten bedrohlich wirken" (ebd.). Zudem gründe der Erfolg des Konkordanzsystems der EU auf dem "Verzicht auf partizipatorische Entscheidungsverfahren" (ebd.). Gerade das Demokratiedefizit, so die Kritiker*innen, sei deshalb der wesentliche Faktor für den Zusammenhalt der Europäischen Union. Fazit und Ausblick Das sogenannte Demokratiedefizit existiert in institutioneller und struktureller Form. Das Problem ist dabei nicht unbekannt und es wird auf EU-Ebene durchaus versucht, es zu beheben. Reformvorschläge, beispielsweise von führenden Politikwissenschaftler*innen, gibt es zuhauf. Institutionell wird vorgeschlagen, dass sich verschiedene Organe der EU durch demokratische Wahlen legitimieren. Bei den Lösungsvorschlägen wird hierbei häufig auf die Kommission und die Wahl der/des Präsident*in und die Bestimmung der Beamten eingegangen. Eine (direkte) Wahl der/des Präsident*in und gegebenenfalls der Beamten würde das Interesse an der Europäischen Union stärken und das Demokratiedefizit schmälern. Andere Organe, wie beispielsweise der EuGH und die EZB sollten in ihrer Arbeitsweise transparenter werden, indem sie ihre Vorhaben/Gesetzesinitiativen vorab bekanntgeben, sodass sie in öffentlichen Debatten diskutiert werden können. Ein weniger auf konkrete Organe zugeschnittener Vorschlag ist ein engerer Austausch zwischen nationalen Parlamenten und dem EP. Um das strukturelle Demokratiedefizit zu beheben, ist eine europäische Öffentlichkeit, bzw. deren Herausbildung, von besonderer Bedeutung. Stellschrauben sind hier ein intensiver Austausch mit den EU-Bürger*innen und europaweite Referenden. Eine andere wäre die Europäisierung des Schulcurriculums. Damit könnte die Bedeutung der EU vermittelt und Wissenslücken über sie geschlossen werden. Tiefgreifender sind Forderungen nach gleichen Rechten und Pflichten für EU-Bürger*innen in allen Mitgliedsstaaten. Dies würde sicherlich zu einer höheren Identifikation mit der EU und den Mitbürger*innen führen – und somit zu einem Abbau des strukturellen Demokratiedefizits –, bräuchte jedoch weitreichende institutionelle Veränderungen und somit die Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu einer EU in supranationalem Gewand.Kritiker*innen einer Demokratisierung der EU stellen sich deswegen die Frage, ob die EU überhaupt einen Demokratisierungsprozess durchlaufen soll. Für sie ist die Union bereits jetzt eine demokratisch legitimierte Gemeinschaft, die effizient und zielgerichtet arbeitet. Eine Demokratisierung, so die Kritiker*innen, laufe dem Aufgabenprofil der "aufgeklärten Bürokratie" (Føllesdal/Hix, 2006, S. 546) zuwider und ist zwecks Effizienzmangel deshalb gar nicht wünschenswert. Die Europäische Union steht vor einem Dilemma: Einerseits fehlt ihr demokratische Legitimität, wie sie in Nationalstaaten vorhanden ist, beispielsweise durch eine wähl- und abwählbare Regierung, gleiche Wahlen mit bedeutendem, europäischem Wahlkampf und Transparenz. Andererseits ist sie, qua Ursprung, eine effiziente Bürokratie, die dem Ziel des Wohlstandserhalts verpflichtet ist. LiteraturverzeichnisAbels, Gabriele (2020): Legitimität, Legitimation und das Demokratiedefizit der Europäischen Union. In: Becker, Peter/Lippert, Barbara (Hrsg.): Handbuch Europäische Union, SpringerVS: Wiesbaden, S. 175-193.(AEUV) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (2009): Sechster Teil: Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften, Titel I: Vorschriften über die Organe, Abschnitt 1: Das Europäische Parlament (Art. 223). Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/AEUV/223.html [zuletzt abgerufen am 23.01.2023].Andersen, Uwe (Hrsg.) (2014): Das Europa der Bürger. 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"Of course, a little bit of force is needed when doing push-backs."Kolinda Grabar-Kitarović, ehemalige kroatische PräsidentinKroatien, ein Staat, der gemeinsam mit Slowenien am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit vom jugoslawischen Bundesstaat erklärte und damit einer der Akteure der schwersten Kriege in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, ist seit 2013 Mitglied der Europäischen Union, die vor allem als Friedens- und Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde. Doch viele Stimmen äußern sich kritisch gegenüber dem Beitritt des Staates und sind der Meinung, dass Kroatien besonders im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext noch nicht bereit dazu wäre, Mitglied der Gemeinschaft zu sein.Die Europäische Kommission sieht das allerdings anders und ist der Meinung, dass die kroatische Politik große Fortschritte macht. Sie äußert sich bereits zuversichtlich über den kommenden Beitritt in den Schengen-Raum, der Bürger*innen der EU die Freiheit gibt, ohne ein Visum in viele Länder der Welt reisen zu dürfen. Doch an den kroatischen Grenzen gibt es Berichten zufolge immer wieder Fälle von Gewalt und Rechtswidrigkeiten von Seiten der Polizei gegenüber Asylsuchenden. Die ehemalige kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović äußert sich in einem Interview mit dem oben aufgeführten Zitat zu den Menschenrechtsverletzungen.Wenn die kroatische Wirtschaft betrachtet wird, können einige Problematiken beobachtet werden, vor denen kroatische Politiker*innen stehen, wie beispielsweise die Arbeitsmigration von kroatischen Jugendlichen aufgrund von Umständen wie niedrigen Löhnen.Der folgende Beitrag soll auf diese und weitere Aspekte der kroatischen Politik näher eingehen und damit eine Bilanz nach 8 Jahren EU-Mitgliedschaft Kroatiens ziehen. Wie kam es zum Beitritt Kroatiens in die EU und welche Kriterien mussten erfüllt werden? Vor welchen Hindernissen steht der Staat und wie geht die Europäische Union mit diesen um? Diese Fragen sollen im Anschluss geklärt werden, bevor die Frage gestellt werden kann: Ist Kroatien überhaupt bereit für die Europäische Union?EU-Beitritt2003 ging das Beitrittsgesuch Kroatiens nach Brüssel und 10 Jahre später wurde das Land schließlich Mitglied der Europäischen Union. 2011 unterschrieb die Regierungschefin Jadranka Kosor den Beitrittsvertrag und legte damit den Grundstein für den 2013 in Kraft getretenen Beitritt des Landes in die Europäische Union. In diesem langen Prozess kam es zu einigen Hindernissen, die die Beitrittsverhandlungen herauszögerten und nach wie vor die Problematiken innerhalb des Landes widerspiegeln. (vgl. BPB 2013)Die Bevölkerung Kroatiens wurde erst nach dem unterschriebenen Beitrittsvertrag zu der Thematik befragt. Dabei stimmten 67% für einen Beitritt in die Europäische Union. Die Wahlbeteiligung fiel allerdings sehr gering aus, was unter anderem daran liegen könnte, dass die Abstimmung nur sechs Wochen zuvor angekündigt wurde. (vgl. ebd)Der 2011 unterschriebene Beitrittsvertrag war mit einigen Bedingungen verbunden, die bis zum letztendlichen Beitritt im Jahr 2013 erfüllt werden sollten. Hierbei ging es darum, grundlegende Defizite innerhalb des Landes zu beseitigen. Beispielsweise musste der Justizapparat gestärkt werden. Außerdem sollte stärker gegen Korruption vorgegangen sowie eine effizientere Verwaltung gewährleistet werden. Der letzte Punkt umfasst die Privatisierung der Staatsbetriebe. (vgl. ebd)Im Großen und Ganzen möchte die Europäische Union durch die Eingliederung Kroatiens den Übergang zu Marktwirtschaft und Demokratie vorantreiben. Denn Kroatien war Teil des blockfreien, sozialistischen Jugoslawiens mit all den Folgewirkungen (vgl. Kušić 2013).Kopenhagener KriterienAuf dem EU-Gipfel in Kopenhagen wurden im Jahr 1993 Kriterien aufgestellt, anhand derer geprüft wird, ob ein Land dazu bereit ist, in die Europäische Union aufgenommen zu werden. Zusammengefasst sind das folgende Faktoren:Die Gesamtlage innerhalb des Landes muss stabil sein. Das heißt, politische Institutionen, der Rechtsstaat und die Demokratie muss gesichert sein. Außerdem müssen Menschen- und Minderheitsrechte gewahrt werden. (vgl. Grosse-Hüttmann 2004, S. 7)Zudem muss eine funktionierende Marktwirtschaft vorhanden sein, die auf Wettbewerb und Privateigentum beruht. Dadurch sollen die Staaten in der Lage sein, dem Konkurrenzdruck im Binnenmarkt standhalten zu können. (vgl. ebd., S. 7)Der Aquis Communautaire, also alle Verträge der Europäischen Gemeinschaft sowie alle europäischen Gesetze, müssen in nationales Recht übernommen werden. Alle Pflichten und Regeln müssen von dem jeweiligen Staat akzeptiert und eingehalten werden. (vgl. ebd., S. 7 f.)Der Staat muss mit den weitreichenden Zielen der EU sowie der Währungs- und Wirtschaftsunion einverstanden sein, wie sie im Vertrag von Maastricht estgelegt wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass neue Mitglieder einen anderen Weg einschlagen als die Europäische Union. (vgl. ebd., S. 8)Da Kroatien nun seit 8 Jahren Mitglied der Europäischen Union ist, scheinen diese Kriterien aus Sicht der Institutionen der Europäischen Union erfüllt zu sein. Dennoch musste der Staat zunächst an einigen Stellen arbeiten, um dieses Ziel erreichen zu können.Flüchtlingsrückkehr und KriegsverbrecherprozesseEine wichtige Bedingung, die im Jahr 2005 gestellt wurde und ein großes Hindernis für den Beitritt darstellte, war der Umgang mit kroatischen Kriegsverbrechern, die in den Unabhängigkeitskriegen Verbrechen begangen haben und zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreichend sanktioniert wurden. Die Europäische Union forderte volle Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof. Vor allem ging es dabei um die Auslieferung von Ante Gotovina, der in der kroatischen Offensive Operation "Oluja" Kriegsverbrechen begangen hat. (vgl. Kušić 2021)Gerade wenn es um die Ahndung von Kriegsverbrechern sowie um die Flüchtlingspolitik geht, kann bisher nur ein eher mäßiger Erfolg verzeichnet werden. Die Problematik kann darauf zurückgeführt werden, dass die Staatswerdung Kroatiens mit kriegerischen Auseinandersetzungen erfolgt ist, so dass sich nationalistische Strukturen innerhalb der Gesellschaft und der Politik verfestigt haben. (vgl. Richter 2009, S. 7) Trotz alledem gilt Kroatien als eines der stabilsten Länder auf dem Balkan, der sich derzeit innerhalb eines Prozesses der Wechselwirkung zwischen innenpolitischer Demokratisierung und Stabilisierung befindet. (vgl. Richter 2009, S. 19)Die Premierminister Ivica Račan (2000-2003) und Ivo Sanader (2003-2009) haben versucht, die Wünsche der Europäischen Union im Bereich Flüchtlingsrückkehrer und Kriegsverbrechen umzusetzen. Dabei ging es hauptsächlich um Aspekte wie den Koalitionsfrieden, einen parteiübergreifenden Konsens zugunsten der Union, Stabilisierung und Konsolidierung. Der Preis waren allerdings Reformdefizite im Justizsektor, die die EU ebenfalls zuvor bemängelte.Durch blockierte Anträge, nicht veröffentlichte Fristen oder nicht ausgeführte richterliche Anweisungen kam es schließlich zu Defiziten im Bereich der Rückkehrpolitik und Kriegsverbrechen. Diese Politik führte zwar zu mehr Stabilität und Kontinuität des innenpolitischen Reformprozesses, jedoch wurden die Kopenhagener Kriterien vernachlässigt, so dass sich Defizite im Justiz- und Verwaltungsprozess verfestigen konnten. (vgl. Richter 2009, S. 19)Die von der Europäischen Union anerkannte Genfer Flüchtlingskonvention soll Flüchtlingen auf der ganzen Welt Schutz bieten. Doch oftmals sieht die Realität, auch innerhalb der EU anders aus. Vor allem an der kroatischen Grenze zu Bosnien und Herzegowina berichten Menschen davon, über die grüne Grenze zurückgeschickt zu werden. Ihnen zufolge haben sie keinen Zugang zu Asyl und erfahren oftmals exzessive Gewalt von Seiten der kroatischen Polizei. (vgl. Strippel 2021)Dieses Phänomen wird auch Push-Back genannt und bedeutet, dass Menschen, die auf Asyl in Kroatien hoffen, wieder nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben werden, wo sie ebenfalls nicht empfangen werden. Diese Verfahren sollten im Normalfall zur Kenntnis genommen und geprüft werden, doch die kroatische Regierung dementiert das Vorgehen der Polizei. Es wird lediglich betont, dass die kroatischen Außengrenzen geschützt werden.Dadurch, dass es keine Einigkeit über diese Vorfälle gibt, werden diese von der Europäischen Union nicht sanktioniert beziehungsweise zur Kenntnis genommen, obwohl es sich hierbei um die Verletzung von Menschenrechten und Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention handeln würde. (vgl. Strippel 2021) Einen interessanten Podcast zu dieser Thematik wurde vom Bayerischen Rundfunk veröffentlicht, dieser ist unter diesem Link zu finden.Kroatien und der SchengenraumLänder, die Teil des Schengen-Raums der EU sein wollen, müssen sich einer Vielzahl von Evaluierungen unterziehen, die prüfen, ob alle für den Schengen-Raum erforderlichen Vorschriften erfüllt worden sind. Die Evaluierungen bewerten, ob das jeweilige Land in der Lage ist, Verantwortung für die Außengrenzen im Namen der anderen Mitglieder des Raumes zu übernehmen. (vgl. Europäische Kommission 2019)2016 wurde der Schengen-Evaluierungsprozess eingeleitet, der bewerten soll, ob Kroatien die Schengen-Vorschriften und Normen erfüllt. Die Europäische Kommission ist dabei der Auffassung, dass Kroatien Fortschritte bei der Erfüllung der Voraussetzungen gemacht hat, weiterhin aber an deren Erfüllung, insbesondere am Management der Außengrenzen, arbeiten muss. (vgl. ebd.) Der Kommissar Dimitris Avramopoulos, welcher für Migration, Bürgerschaft und Inneres zuständig ist, äußert sich im folgenden Zitat über den voraussichtlichen Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum:"Schengen ist eine der größten und greifbarsten Errungenschaften der europäischen Integration. Seine Stärke hängt jedoch von seiner Aufnahmebereitschaft ab. Kroatien hat nun die Maßnahmen zur Erfüllung der notwendigen Bedingungen ergriffen, und wir müssen dies anerkennen. Als vollwertiges Schengen-Mitglied wird das Land zu einer weiteren Stärkung des Schengen-Raums beitragen und dafür sorgen, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt werden." (Dimitris Avramopoulos, Europäische Kommission 2019)Das gesamte Statement der Europäischen Kommission zu dieser Thematik wurde auf deren Internetseite veröffentlicht.Wirtschaftliche Maßnahmen im EU-KontextNach Weidenfeld und Wessels (2002) hat die Europäische Union zusammengefasst drei grundlegende Ziele, wenn es um die Struktur ihrer Mitgliedstaaten und vor allem um Regionen mit Entwicklungsrückstand geht. Zum einen sollen diese Regionen und Länder besonders gefördert werden. Nach Auffassung der Europäischen Union besteht dann ein Rückstand, wenn sich das BIP je Bürger*in auf weniger als 75% des EU-Durchschnitts beläuft. Dieses Ziel gilt als Priorität, weshalb mehr als zwei Drittel der Strukturfonds zur Beseitigung dieser Rückstände verwendet werden. (vgl. Weidenfeld/Wessels 2002)Als zweites Ziel gilt die soziale und wirtschaftliche Umstellung von Gebieten, deren Entwicklungsniveau über dem Durchschnitt liegt. Dennoch weisen diese Gebiete Strukturprobleme, wie beispielsweise Deindustrialisierung, eine hohe Arbeitslosenquote, Bevölkerungsrückgang oder Krisensituationen auf, die mit Hilfe der Mittel der Europäischen Union aufgefangen werden sollen. Das dritte Ziel ist die Anpassung und Modernisierung von Ländern und Regionen. (vgl. ebd.)Das EU-Förderprogramm für den Staat Kroatien beinhaltet 10,74 Milliarden Euro und soll die kroatische Wirtschaft unterstützen. Dabei gehen 40% in Fonds für regionale Entwicklung, 24% in Kohäsionsfonds, 19% in Landwirtschaftsfonds, 14% in Sozialfonds und der Rest in Meeres- und Fischereifonds sowie in eine Jugendbeschäftigungsinitiative. (vgl. Holzner/Vidovic 2018, S. 10)Ziel der Unterstützung ist es vor allem, die wirtschaftliche Entwicklung Kroatiens voranzutreiben, die Armut innerhalb der Gesellschaft zu bekämpfen und den Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Inanspruchnahme ist im Vergleich zu anderen EU-Ländern allerdings gering, nimmt aber immer weiter zu. Das langsame Vorgehen könnte damit zusammenhängen, dass die Entwicklungsfähigkeit des Landes derzeit noch nicht so weit ausgeprägt ist, dass die Fonds angemessen verwaltet werden können. (vgl. ebd., S. 25)Ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das sich derzeit in Baumaßnahmen befindet und von der kroatischen Regierung mithilfe der EU-Fonds gestartet wurde, ist der Bau der Pelješac-Brücke, welche das Festland mit der vorgelagerten Halbinsel verbinden soll. 357 Millionen von 550 Millionen Kosten werden von der EU getragen. Allerdings erhielt der chinesische Staatskonzern Communications Construction Company den Zuschlag für den Bau, was vielerorts für Erstaunen sorgte. (vgl. Mihm 2021)Weitere Ziele, die die EU-Mitgliedschaft mit sich bringen soll, sind die Ansiedlung einer EU-Einrichtung, die Einführung der goldenen Investitionsregel sowie vor allem der Eintritt in den Schengenraum. (vgl. Holzner, Vidovic 2018)Einfluss des BrexitDas Vereinigte Königreich selbst führte den Euro als Währung nicht ein und trotzdem hat der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union einen großen Einfluss auf die Währungsintegration und somit auch auf die Währungspolitik Kroatiens und das Verhältnis zur Europäischen Union.Bei den acht Mitgliedsstaaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, den so genannten "Euro-Outs", kann zunehmend die Befürchtung beobachtet werden, dass ihr Einfluss auf den Willensbildungsprozess innerhalb der Union verringert wird. Als Folge dieser Sorge hat sich eine Art Koalition von Staaten entwickelt, die die Interessen einiger Mitglieder vereint. Der Brexit kann also als Auslöser für eine neue Dynamik und Treiber für die Ausdehnung der Eurozone gesehen werden. (vgl. Tokarski; Funk 2018, S. 1)Kroatien gehört zu der Gruppe der "Euro-Outs". Sie sind eine heterogene Gruppe von Staaten, die verschiedenen Wirtschaftsmodellen folgen und sich in unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung befinden. Rumänien und Kroatien sind darunter die Staaten, die ein Wechselkursregime mit kontrolliertem, variablem Wechselkurs unterhalten. Die Problematik hinsichtlich der ungleichen ökonomischen Bedingungen ist, dass diese die Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten erschweren. Allerdings gilt Kroatien als Spezialfall, denn auch wenn der Euro als Währung noch nicht eingeführt wurde, ist die Wirtschaft weitgehend "euroisiert", da 67% der Verbindlichkeiten und 75% der Anlagen auf dem Euro basieren. (vgl. ebd., S. 1 f.) Die Einführung der europäischen Währung ist also nur eine Frage der Zeit und eine Frage des politischen Fortschritts.ArbeitsmarktAufgrund der Überbewertung des realen Wechselkurses befand sich die Wirtschaft Kroatiens zwischen 2009 und 2014 in einer tiefen Rezession, was dazu führte, dass die Beschäftigungszahlen sanken und das BIP um fast 13% einbrach. Seit dieser Zeit sinken die Zahlen der Arbeitslosen, somit erreichte die Arbeitslosenquote innerhalb des Landes im Mai 2017 den niedrigsten Wert mit 11,7%. (vgl. Holzner, Vidovic 2018, S. 2 f.)Bis heute ist der kroatische Arbeitsmarkt gekennzeichnet durch geringe Erwerbstätigkeit und niedrige Beschäftigung, was ein massives Problem darstellt. Die Beschäftigtenrate ist niedriger als der EU-Durchschnitt. Neben Italien und Rumänien hat Kroatien den höchsten Anteil an inaktiven Bürger*innen innerhalb der Europäischen Union. (vgl. ebd., S. 4 f.)Besonders Jugendliche und Kroat*innen mit primären Ausbildungen sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Personen mit Sekundärbildung können die geringste Arbeitslosigkeit aufweisen. Trotzdem wird oft der Mangel an Arbeitskräften vor allem in touristischen Gebieten bemängelt. (vgl. ebd., S. 5 f.)Zur Lösung dieser Problematik fordern Gewerkschaften höhere Löhne für Arbeiter*innen. Einige Vertreter*innen von Unternehmen fordern allerdings die Erhöhung der Quoten für Arbeitsplätze aus dem Ausland. (vgl. ebd., S. 6)ArbeitsmigrationBereits seit den 60er Jahren, in denen viele Gastarbeiter*innen vom Balkan in Länder wie Deutschland und Österreich immigrierten, um ihre Familien zu ernähren, spielt die Thematik Arbeitsmigration in Kroatien eine wichtige Rolle. Bis heute nutzen viele Kroat*innen die besseren Arbeitsumstände und Löhne in Ländern wie Deutschland, um ihren Familien ein besseres Leben ermöglichen zu können.Seit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union sind die Zahlen der Migrant*innen aus Kroatien um 38% gestiegen. Insbesondere war hierfür die Öffnung des kroatischen Arbeitsmarktes verantwortlich, der es kroatischen Staatsbürger*innen ermöglichte, in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Mehrheit der Kroat*innen ist im Alter zwischen 25 und 54 Jahren und findet Beschäftigung in der Industrie sowie in der Bauwirtschaft. (vgl. Holzer, Vidovic 2018)Aufgrund von Faktoren wie der unterdurchschnittlichen Entlohnung hat Kroatien der Auswanderung dieser Bürger*innen wenig entgegenzusetzen. Dem Regierungsprogram 2016-2020 ist lediglich ein vages Statement zu der Auswanderung kroatischer Jugendliche und junger Erwachsenen zu entnehmen. Das Ziel ist es, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und dadurch junge Leute dazu zu bewegen, in Kroatien zu bleiben. (vgl. ebd., S. 9)EuroskeptizismusSeit einiger Zeit befindet sich die gesamte Europäische Union in einer Krise, die mehrere Teilkrisen umfasst und deshalb auch Polykrise genannt wird. Dazu zählt unter anderem auch der Euroskeptizismus, der in allen Mitgliedsländern zunehmend wahrzunehmen ist. Dieser kann mit einzelnen Politiken oder dem Erhalt von Souveränitätsrechten begründet werden. (vgl. Weiss, S. 14)Auch wenn der Euroskeptizismus mittlerweile weit verbreitet ist, gibt es zwischen den Mitgliedsstaaten Unterschiede in der Ausprägung. Besonders neue Mitgliedstaaten, wie auch Kroatien, empfinden die Thematik des Kompetenz- und Souveränitätstransfers an die Europäische Union problematisch. Dieser Machtverlust wird als sensibel, historisch abrufbar aber auch politisch instrumentalisierbar wahrgenommen. (vgl. ebd., S. 14)LegitimitäskriseDie Europäische Union leidet also derzeit unter einem Stimmungstief, das mehrere Ursachen hat. Vor allem aber hagelt es immer mehr Kritik zum Thema Demokratiedefizit, Handlungsunfähigkeit und mangelnder Bürgernähe. Viele Bürger*innen begegnen der EU misstrauisch, da sie für sie sehr intransparent und wenig demokratisch erscheint. (vgl. Höreth 2004, S. 41)Aufgrund dessen machte es sich die EU bereits im Jahr 2002 zum Ziel, verfassungsmäßige und institutionelle Voraussetzungen zu schaffen, die demokratische Grundsätze innerhalb der erweiterten EU sowie die Steuerungsfähigkeit nach innen und die Handlungsfähigkeit nach außen ermöglichen sollen. Dieses ambitionierte Ziel konnte allerdings bislang nicht erreicht werden, da einzelne Mitgliedsstaaten auf die Gewichtung ihrer Stimmen im Ministerrat nicht verzichten wollten. (vgl. ebd., S. 41) Nach Höreth (2004) basiert das Demokratiedefizit nicht nur auf technische Probleme des Politikmanagements, sondern auf grundlegende Legitimitätsprobleme, die die Anerkennungswürdigkeit der EU in Frage stellen.FazitWie auch die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat Kroatien mit den Hindernissen der Polykrise zu kämpfen. Doch die Gesamtsituation des Staates zeigt, dass das Land sich vor allem mit Themen wie dem Umgang mit Flüchtlingen im Rückstand befindet, was damit zusammenhängen könnte, dass sich politische, soziale und ideologische Strukturen, die sich im Laufe der Geschichte, aber vor allem während der Unabhängigkeitskriege gebildet haben, verfestigt haben.Die geringe Wahlbeteiligung und die 67%ige Zustimmung zum Beitritt in die Europäische Union lässt relativ offen, wie die kroatische Gesellschaft zu der Europäischen Union steht. Zunächst konnte allerdings das Gefühl geweckt werden, dass eine gewisse EU-Euphorie in der Gesellschaft Kroatien zu beobachten war. Nun aber äußern sich, wie in der gesamten Europäischen Union erkennbar, immer mehr Menschen skeptisch gegenüber der EU. Es erscheint immer noch so, als ob die Gesellschaft den Entscheidungsprozessen der Europäischen Union nur schwer folgen kann und sie sich damit unsicher fühlen.Die kroatische Regierung hat einige Maßnahmen getroffen, um den EU-Beitritt des Staates zu ermöglichen. Trotzdem gibt es Kritiker*innen, die der Meinung sind, die EU habe es Kroatien zu einfach gemacht. Nach ihr wurden die Kopenhagener Kriterien erfüllt, sonst hätte das Land nicht zu einem offiziellen Mitglied der Europäischen Union werden können.Doch ein genauerer Blick in die Strukturen des Staates und vor allem auf die Grenze zu Bosnien und Herzegowina zeigen: das Land muss weiterhin an sich arbeiten, um den Kriterien gerecht werden zu können. Die Europäische Union darf die Augen nicht verschließen, wie es derzeit getan wird, indem zuversichtlich über den Beitritt in den Schengen-Raum diskutiert wird. Als Friedensgemeinschaft ist die Aufgabe der Europäischen Union, Menschenrechte zu wahren und dort genauer hinzuschauen, wo diese verletzt werden. Allerdings setzt der Beitritt Kroatiens in die Europäische Union gleichzeitig auch ein wichtiges Zeichen und bringt den Staat, als einer der stabilsten Länder auf dem Balkan, dazu, aktiv zu werden und als Vorbild für den restlichen Balkan zu fungieren.Auch wenn der Beitritt kritisch hinterfragt werden kann, sollte also gesagt werden, dass der Staat durchaus Schritte macht, die ohne die Europäische Union wahrscheinlich nicht stattgefunden hätten. Kroatien profitiert sowohl wirtschaftlich, als auch gesellschaftlich von den Vorteilen der EU. Allerdings verlangsamen Defizite innerhalb der Politik, wie beispielsweise lange Verwaltungsverfahren die Fortschritte, so dass die Europäische Union zum einen Geduld zeigen, aber zum anderen die Problematiken innerhalb des Landes nicht ignorieren sollte.LiteraturverzeichnisBundeszentrale für politische Bildung (2013): 1. Juli: Kroatien tritt der EU bei. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/164274/1-juli-kroatien-tritt-der-eu-bei-28-06-2013, zuletzt geprüft am 14.09.2021.Europäische Kommission (2019): Schengen-Beitritt: Kroatien vor dem Beitritt zum Schengen-Raum. Online verfügbar unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_6140, zuletzt geprüft am 30.09.2021.Holzner, Mario (2018): Wirtschaftliche Perspektiven für Kroatien. wiiw Forschungsbericht. Wien: The Vienna Institute for International Economic Studies.Horeth, Marcus (2004): Die erweiterte EU in der Legitimitätskrise. 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