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Quo vadis, EU? Das Projekt, das zu Anfang für Frieden sorgen sollte, hat inzwischen so manches umgesetzt, was in der Gründungszeit, im Mai 1951, für visionär gehalten wurde. Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die zu Beginn aus sechs Staaten (Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Italien) bestand, entwickelte sich schnell weiter: Von einem Gemeinsamen Markt über weitere Mitgliedsländer bis hin zu einer gemeinsamen Währung transformierte sich die einstige Gemeinschaft zur heutigen Europäischen Union."Spill over"-Effekte sorgten dafür, dass ausgehend vom Gemeinsamen Markt auch gemeinsame Arbeitsbereiche außerhalb der Ökonomie entstanden: Das Wirtschaftsprojekt wurde zunehmend politisch und steht heute zwischen Supranationalismus und Intergouvernementalismus. Die EU, so wird gerne gesagt, ist ein System sui generis, weder ganz internationale Organisation noch ganz Staat. Doch gerade weil die EU in machen Belangen staatliche Züge angenommen hat, stellt sich die Frage, ob ihre demokratische Legitimation ausreicht. Angela Merkel drückte das in einer Regierungserklärung von 2006 folgendermaßen aus:"Kurz gesagt muss man feststellen: Europa steht bei den Europäerinnen und Europäern nicht so hoch im Kurs […]. Wir müssen […] den Stand des Projekts Europa kritisch überprüfen. Wir müssen den Bürger in den Mittelpunkt stellen" (Bundesregierung 2006, S. 3f.).Doch worunter leidet die demokratische Legitimation der EU? Und wie könnte man der Union zu mehr Demokratie verhelfen? Diesen Fragen geht der folgende Beitrag nach. Ausgehend vom Aufbau der EU wird das sogenannte Demokratiedefizit in institutioneller und struktureller Hinsicht erläutert. Abschließend werden mögliche Lösungsvorschläge vorgestellt und Kritikpunkte geäußert.Aufbau der EU und DemokratiedefizitDie Aufbau der Union wird häufig als abstrakt und kompliziert erachtet. Auch die ZDF-Satiresendung Die Anstalt greift den komplexen Aufbau der EU zusammen mit dem Demokratiedefizit in der Sendung vom 06.09.2015 auf. Um auf das Demokratiedefizit aufmerksam zu machen, beginnen die Satiriker Claus von Wagner und Max Uthoff so: Claus von Wagner (C.v.W.): "Die meisten Nutzer [gemeint sind hier die Bürger*innen der Europäischen Union] beschweren sich, dass unser Haus [gemeint ist die Europäische Union] nicht den demokratischen Anforderungen entspricht."Max Uthoff (M.U.): "Diese Leute sind doch gar nicht in der Lage, ein so komplexes Haus wie unseres zu verstehen."C. v. W.: "Aber sie sollen drin wohnen ... wie soll denn das gehen?! Vielleicht können Sie's mir erklären, schau'n Sie mal, wir haben da hinten doch den Grundriss von unserem Hotel [gemeint ist hier abermals die Europäische Union]."M. U.: "Ja ... ja, was suchen Sie denn?"C. v. W.: "Na, die Demokratie!"M. U.: "Ach Demokratie ... Demokratie ... was heißt schon Demokratie?"C. v. W.: "Na, das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk." (von Wagner/Uthoff 2016, 00:00:00 – 00:01:00). Wie Markus Preiß, Leiter des ARD-Studios in Brüssel, in seinem #kurzerklärt-Video erläutert, ist die Europäische Union "demokratisch mit Schönheitsfehlern" (Preiß 2019, 00:02:07-00:02:10) und sicherlich weit weg davon, undemokratisch zu sein. Doch über ihr Demokratiedefizit lässt sich schlecht hinwegsehen. Es fußt im Wesentlichen auf zwei Gründen: "zu wenig Bürgerbeteiligung infolge mangelnder Transparenz und eine[r] unzureichende[n] Legitimation der Institutionen der Europäischen Union" (Bollmohr 2018, S. 73). Doch politische Systeme sind auf Legitimation angewiesen, "um Herrschaft dauerhaft zu sichern" (Abels 2019, S. 2). Um dieses Demokratiedefizit besser verstehen zu können, ist eine Beschreibung des Aufbaus der Europäischen Union und ihrer Institutionen unerlässlich. Autor*innen, die die Europäische Union für demokratisierbar halten, begreifen die EU als als ein politisches System, das durch institutionelle und strukturelle Reformen verändert werden kann (vgl. Schäfer 2006, S. 354). Sie gehen hierbei von einem Demokratieverständnis gemäß der Übersetzung des Wortes Demokratie (= Volksherrschaft) aus. Wie in der Inszenierung der Anstalt angeklungen, wird von einer Auslegung des Wortes ausgegangen, das das Regieren des Volkes durch das Volk für das Volk als Grundlage nimmt und auf eine Aussage von Abraham Lincoln zurückgeht ("government of the people, by the people, for the people"). Die EU hat sieben Organe (vgl. Weidenfeld 2013, S. 116). Den Kern bildet dabei das "institutionelle Dreieck" bzw. nach der Inklusion des Europäischen Rates durch den Vertrag von Lissabon das "institutionelle Viereck", bestehend aus dem Europäischen Rat, der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union. Zu den Organen gehört darüber hinaus der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und der Rechnungshof. Beginnend mit dem Europäischen Parlament werden nachfolgend alle Institutionen nach der Reihenfolge aufgelistet, wie sie im Vertrag von Lissabon stehen, und ihr Demokratie- bzw. Legitimationsdefizit erläutert. Europäisches Parlament In das Bewusstsein der europäischen Bevölkerung kam das Europäische Parlament (EP) erst mit der ersten Direktwahl im Jahr 1979 (vgl.: ebd.). Damit war "[d]er Schritt hin zu einem von den Bürgern legitimierten europäischen Einigungswerk […] getan" (ebd.). Seither gewann das EP an Befugnissen. So wurde beispielsweise mit dem Vertrag von Maastricht (1992) das Mitentscheidungsverfahren eingeführt, "welches das Parlament dem Rat im Gesetzgebungsprozess gleichstellt" (ebd.). Wahlen für das Europäische Parlament finden alle fünf Jahre statt (vgl.: Weidenfeld 2006, S. 65). Insbesondere hinsichtlich des Demokratiedefizits ist es wichtig festzuhalten, dass das EP die einzig direkt gewählte Institution der Europäischen Union darstellt. Als solche stellt sie "die unmittelbare Vertretung der Unionsbürger auf der europäischen Ebene dar" (Weidenfeld 2013, S. 116). Dabei werden die Sitze "degressiv-proportional" verteilt (ebd., S. 117). Dies führt allerdings dazu, dass "ein deutscher Abgeordneter mehr als 13 Mal so viele Bürger vertritt wie ein Parlamentsmitglied aus Luxemburg oder Malta" (ebd.). Von einer gleichen Wahl, wie es das Grundgesetz in der Bundesrepublik Deutschland für die Bundestagswahlen vorgibt, kann nicht gesprochen werden. Die Funktionen und Aufgaben des EP sind vielfältig. Es "fungiert zusammen mit dem Ministerrat der Union als Gesetzgeber" (ebd.) und stellt mit ihm die Haushaltsbehörde dar (vgl. ebd.). Gleichzeitig "kontrolliert [es] die Arbeit der Kommission" (ebd.). Generell kann von fünf Funktionen des EP gesprochen werden: Systemgestaltungsfunktion, Politikgestaltungsfunktion, Wahlfunktion, Kontrollfunktion und Repräsentations- bzw. Artikulationsfunktion (vgl.: ebd., S. 121ff.). Mit der Systemgestaltungsfunktion hat das Europäische Parlament einen, wenn auch geringen, Spielraum zur "konstitutionellen Weiterentwicklung des EU-Systems" (ebd., S. 121). Beispielsweise darf das Parlament "Entwürfe zur Änderung der Verträge [vorlegen]" (ebd.). Außerdem kann eine Erweiterung der Europäischen Union nur mit Zustimmung der Parlaments durchgeführt werden. Die Politikgestaltungsfunktion bezeichnet die Möglichkeit des EP, die Kommission auffordern zu können, eine Gesetzesinitiative zu starten (= indirektes Initiativrecht). Die Kommission muss dieser Bitte innerhalb von drei Monaten nachkommen oder andernfalls ihr Verhalten wohlbegründet erläutern. Das indirekte Initiativrecht teilt sich das EP mit dem Rat. Ebenso teilen sich beide Organe das Haushaltsrecht, wobei das EP in diesem Belang, zumindest auf Ausgabenseite, das letzte Wort behält (vgl.: ebd., S. 122). Die Wahlfunktion wird durch die Wahl des Kommissionpräsidenten erfüllt, der vom Europäischen Rat vorgeschlagen wird. Das EP ist auch an der Bestellung der Kommission beteiligt und muss der Zusammensetzung zustimmen. Die Repräsentations- und Artikulationsfunktion des Europäischen Parlaments wird kritisch gesehen. Aufgrund einer fehlenden europäischen Öffentlichkeit kann eine Repräsentation der europäischen Bürger*innen nicht in dem Maße stattfinden, wie es in nationalstaatlichen Parlamenten der Fall ist. Das Europäische Parlament arbeitet in Fraktionen, die sich nach der politischen Ausrichtung organisieren und sich aus den Mitgliedern des EP aus den verschiedenen Mitgliedsstaaten zusammensetzen. Im Gegensatz zu nationalen Parlamenten gibt es kein "Regierungs-Oppositions-Schema" (vgl.: ebd., S. 124) und es wird mit Ad-hoc-Mehrheiten gearbeitet. Wie Weidenfeld (2013) klarstellt, bietet diese Herangehensweise "immer wieder neue Möglichkeiten zur persönlichen Einflussnahme […]; [allerdings wird es] für die Öffentlichkeit […] dadurch schwierig, politische Verantwortung zuzuordnen" (ebd.). Auch wenn sich das EP durch verschiedene Vertragsreformen immer weiter an die "Rolle nationaler Parlamente angenähert" (ebd., S. 121) hat, besitzt es nicht alle Funktionen der Parlamente der Mitgliedsstaaten. Bezogen auf das EP werden "drei wesentliche Legitimationsmängel" (Bollmohr 2018, S. 99) aufgezeigt. Einer der Mängel ist der Wahlmodus, denn statt eines "kodifizierten Wahlrechts […] gelten nationale Wahlgesetze mit zum Teil erheblichen Unterschieden" (ebd., S. 86). Die Sitzverteilung im Europäischen Parlament nach der degressiven Proportionalität verstärkt die Ungleichheit der Wähler*innenstimmen bei der Europawahl. Zu erwähnen ist hierbei auch, dass es zur Europawahl, anders als bei nationalen Wahlen, kaum einen erkennbaren Wahlkampf gibt. Dies hängt unter anderem damit zusammen, dass es keine europäischen Parteien und deshalb kein parteienspezifisches Wahl- bzw. Parteiprogramm und kaum europäische Themen gibt (vgl.: ebd., S. 86f.). Auswirkungen hat das auf die Arbeitsweise des Europäischen Parlaments. Ohne Parteiprogramm können Mitglieder der Fraktionen lediglich fallbezogen "über Vorgänge beraten und abstimmen, die von der Europäischen Kommission vorgegeben werden", was den Prozess "unvorhersehbar" macht (ebd., S: 87). Ein weiterer Mangel ist die eingeschränkte Gesetzgebungsfunktion. Die Rechtsetzungsverfahren werden, trotz Aufwertung des EP, von den Räten dominiert (vgl.: ebd.). Wie Bollmohr (2018) auf Seite 99 feststellt, ist die Beteiligung an der Gesetzgebung mit unter zehn Prozent noch "zu gering". Zusätzlich wird der fehlende Austausch zwischen Unionsbürger*innen und den Abgeordneten des EP als Mangel gesehen. Das einzige von den Unionsbürgern direkt gewählte Organ hat zwar in den letzten Jahrzehnten an Kompetenzen gewonnen, ist aber in wichtigen Bereichen (Außenpolitik, Steuerpolitik) nach wie vor nicht gleichberechtigt mit den nationalen Regierungen im Rat. Europäischer Rat Der Europäische Rat besteht aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der EU und entscheidet im Konsens. Er nimmt formal nicht am Gesetzgebungsprozess teil, sondern hat eine gewichtige Rolle bei der "Systemgestaltung und bei der Besetzung von Schlüsselpositionen" (Weidenfeld 2013, S. 127). Der Europäische Rat hat drei zentrale Funktionen: Lenkungsfunktion, Wahlfunktion und Systemgestaltungsfunktion. Die Lenkungsfunktion erlaubt es dem Europäischen Rat, allgemeine Leitlinien für die Politik der EU, vornehmlich für die Außenpolitik, zu erlassen. Er wählt mit dem Präsidenten des Europäischen Rats und dem Hohen Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik die zwei wichtigsten "Vertreter der EU-Außenpolitik" (ebd.). Darüber hinaus nimmt er eine "Schlüsselstellung" in der Systemgestaltung ein (ebd.). Schließlich sind die Mitgliedsstaaten die Herren der Verträge und sie entscheiden, welche Kompetenzen sie an die europäische Ebene abgeben. Rat der EU/Ministerrat"Der Rat [der EU] besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, verbindlich für die Regierung zu handeln" (ebd., S. 129). Er ist nach Fachgebiet in Fachministerräte unterteilt. Zunehmend entscheidet der Rat mit Mehrheit. Halbjährlich wechselt die Präsidentschaft des Rates (vom 01.01.2023-30.06.2023 hat beispielsweise Schweden die Ratspräsidentschaft inne). Der Rat besitzt zentrale Befugnisse in der EU-Außen- und Sicherheitspolitik. Daneben ist seine Legislativ- und Exekutivfunktion entscheidend. Inzwischen teilt sich der Rat die Legislativfunktion, genauso wie das Haushaltsrecht, mit dem Europäischen Parlament. Beide Organe besitzen überdies das Recht, auf die Kommission zuzugehen und einen Gesetzentwurf vorzuschlagen. Die Exekutivfunktion nimmt der Rat wahr, "indem er Vorschriften zur Durchführung von Rechtsakten erlässt, die Durchführung selbst ausführt oder sie an die Kommission delegiert" (ebd., S. 132). Der Rat übernimmt gegenüber der Kommission darüber hinaus eine Kontrollfunktion.Die Räte, also der Europäische Rat und der Rat der Europäischen Union, beziehen ihre Legitimation durch die Nationalstaaten. Daraus entsteht dennoch ein Legitimationsmangel bzw. ein Demokratiedefizit, weil der Ministerrat maßgeblich am Gesetzgebungsverfahren in der EU beteiligt, aber nicht auf EU-Ebene legitimiert ist (vgl.: Bollmohr 2018, S. 99). Zusätzlich hält Bollmohr (2018) fest, dass der Rat (der EU) "zwar von den nationalen Parlamenten beeinflusst wird, aber da die qualitative Mehrheit im Rat auch Abstimmungsniederlagen für einzelne Länder nach sich ziehen kann, sind die Möglichkeiten der Parlamente begrenzt" (ebd.). KommissionWie Weidenfeld (2013) auf Seite 135 schreibt, ist die Kommission "vertragsrechtlich auf das allgemeine EU-Interesse verpflichtet und soll unabhängig von den nationalen Regierungen handeln". Während der Europäische Rat das prototypische intergouvernementale Organ darstellt, ist die Kommission die klassische supranationale Institution in der Europäischen Union. Das Kollegium, aus dem sich die Kommission zusammensetzt, besteht aus einem Kommissar pro Mitgliedsland. Es wird "in einem Zusammenspiel zwischen den Staats- und Regierungschefs und dem EP [bestimmt]" (ebd., S. 137). Der/die Kommissionspräsident*in und der Verwaltungsapparat ergänzen die Kommission. Der Europäische Rat schlägt ein*e Kandidat*in für das Amt der/des Kommissionpräsident*in vor, welche*r sich dann einer Wahl im EP unterziehen muss. Bei Ablehnung unterbreitet der Rat einen neuen Vorschlag, bei Annahme schlagen die Staats- und Regierungschefs mit dem/der Präsident*in die weiteren Kommissionsmitglieder vor, die ebenso der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Eine Amtsperiode der/des Präsident*in dauert fünf Jahre. Außerdem hat das EP die Befugnis, die Kommission durch ein Misstrauensvotum ihres Amtes zu entheben. Hierfür ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Kommission hat vier wichtige Funktionen: Sie fungiert sowohl als Exekutive als auch als Außenvertretung und hat die Legislativ- und Kontrollfunktion inne. Als Exekutive ist die Kommission für die Durchführung von Rechtsakten und die "Umsetzung und Verwaltung der Unionspolitiken verantwortlich, die vom Parlament und vom Rat verabschiedet wurden" (ebd., S. 138). Die Ausführung des vom Europäischen Parlament beschlossenen Haushalts gehört ebenso zu den exekutiven Aufgaben der Kommission. Die Legislativfunktion umfasst das Initiativmonopol. Die Kommission darf als einzige EU-Institution Gesetzesvorschläge einbringen. Sie ist "agenda-setter" (ebd., S. 139) und kann die EU-Integration vorantreiben. Als Hüterin der Verträge ist die Kommission für die Einhaltung des Unionsrechts verantwortlich und kann, bei Verletzung des Unionsrechts, ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnen. Sie vertritt überdies die vergemeinschaftete Handels- und Entwicklungspolitik nach außen und nimmt "im Namen der EU an den Verhandlungen im Rahmen der WTO teil" (vgl.: ebd., S. 140). Die Mängel der Legitimation der Europäischen Kommission zeigen sich bei der Wahl der Mitglieder und der/des Präsident*in. Kandidat*innen werden von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament bestätigt. Dies ist in den Verträgen zwar so festgehalten, "aber der Legitimationsglaube in die wichtigste Institution der EU ist gering" (Bollmohr 2018, S. 99). Schließlich ist "das EP durch das bestehende Wahlverfahren nur bedingt als legitimiert [anzusehen] […] und der Europäische Rat durch die Nationalparlamente nicht im Eigentlichen für EU-Fragen legitimiert" (ebd., S. 80). Zudem stellt die Kommission eine Art Exekutive, also Regierung dar. Diese ist momentan weder wähl- noch abwählbar. Doch genau das, eine wähl- und abwählbare Regierung, zeichnet eine Demokratie aus, weswegen das Demokratiedefizit der EU an dieser Stelle besonders zum Vorschein kommt. EuGH, Europäische Zentralbank und RechnungshofDer Europäische Gerichtshof mit Sitz in Luxemburg ist verantwortlich für die Wahrung und die Einheitlichkeit des Unionsrechts. Er wird dann aktiv, wenn eine Klage oder eine Anfrage vorliegt und agiert deshalb reaktiv. Gleichzeitig stellt er – wie die Kommission – ein supranationales Organ dar. Der Gerichtshof besteht aus einem Richter je Mitgliedsstaat, die von "den nationalen Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen für eine Amtszeit von sechs Jahren ernannt [werden]" (Weidenfeld 2013, S. 143). Das Europäische Parlament spielt bei der Ernennung der Richter keine Rolle, was den Gerichtshof von anderen obersten Gerichten, wie dem Supreme Court oder dem Bundesverfassungsgericht, unterscheidet. Zusätzlich unterscheidet ihn vom höchsten Gericht der Bundesrepublik Deutschland, dass eine Wiederwahl der Richter möglich ist. Der Europäische Gerichtshof hat die Befugnis, gegenüber den Mitgliedsstaaten "bindende Urteile [zu] sprechen" (ebd., S. 143). Das hat zur Folge, dass seine Entscheidungen die Bevölkerung der EU direkt betreffen. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden seine Kompetenzen von der supranationalen Säule zudem auf die Innen- und Justizpolitik erweitert (vgl.: ebd.). Entscheidungen fallen meist einvernehmlich oder per einfacher Mehrheit. Der Gerichtshof hat "in der Geschichte der Integration immer wieder eine Motorrolle übernommen" (ebd., S. 145). Seine Urteile fallen überwiegend integrationsfreundlich aus (in dubio pro communitate – (ugf.) im Zweifel für die Europäische Union). Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main wurde 1998 mit der Einführung der gemeinsamen Währung eingerichtet. Sie ist für die Geldpolitik der EU verantwortlich und hat als Organ einen supranationalen Charakter. In ihrer Arbeitsweise ist sie von anderen EU-Organen und von den Mitgliedsstaaten unabhängig. Bei der Währungspolitik arbeitet die EZB mit nationalen Zentralbanken zusammen. Ihr vorrangiges Ziel ist es, Preisstabilität zu sichern. Darüber hinaus unterstützt sie die Wirtschaftspolitik der Europäischen Union. Der Vertrag von Maastricht (1992) hob den Rechnungshof zu einem Organ an. Seine Aufgabe ist die Rechnungsprüfung der EU, was alle Einnahmen und Ausgaben betrifft. Er besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedsstaat, welche vom Rat ernannt werden. Hierbei verfügt das Europäische Parlament über ein Anhörungsrecht. Alle drei Organe, der EuGH, die Zentralbank und der Rechnungshof, werden nicht gewählt, sind aber dennoch in besonderem Maße am Integrationsprozess beteiligt. Dieser Umstand ist keine Besonderheit der EU, sondern auch in Nationalstaaten üblich. Dennoch gibt es Kritik und Reformvorschläge. Die Wiederwahl der Richter am EuGH gilt als besonders problematisch. Ebenso gibt es Forderungen nach mehr Transparenz in allen drei Organen.Die bisher genannten Defizite beziehen sich auf die Institutionen der Europäischen Union und werden deswegen institutionelle Defizite genannt. Daneben gibt es das strukturelle Demokratiedefizit, das die nach wie vor fehlende Kommunikations-, Erfahrungs- und Erinnerungsgemeinschaft beschreibt, in der sich eine kollektive Identität herausbildet, etabliert und tradiert (vgl. Graf Kielmannsegg 2003, S. 57ff.). Oder einfacher ausgedrückt: Es mangelt an einer "Wir-Identität", denn es fehlt eine gemeinsame Sprache, es gibt kein gemeinsames Politikverständnis und kein einheitliches Rechtssystem (vgl. Bollmohr 2018, S. 74). Schließlich schafft ein auf Effizienz ausgelegter Gemeinsamer Markt noch keine Demokratie, geschweige denn einen gemeinsamen Demos. Darauf ist der Markt auch gar nicht angewiesen. Das strukturelle Demokratiedefizit macht sich beispielsweise bei den Europawahlen durch eine geringe Wahlbeteiligung bemerkbar (im Jahr 2009 lag die Wahlbeteiligung bei gerade mal 43%, vgl.: Decker 2017, S. 166). Diese Defizite sind nicht neu und seit der zunehmenden Politisierung der Europäischen Union bekannt. Seit Ende der 1980er Jahre ist man auf EU-Ebene bemüht, sie zu beheben (vgl.: Bollmohr 2018, S. 71). Doch wie könnten weitere Schritte in Richtung weniger Demokratiedefizit in einem "Mehrebenensystem ohne einheitlichen Demos […], ohne einheitliche Regierung […] und ohne nennenswerte intermediäre Strukturen" (ebd., S. 73) aussehen? Nachfolgend werden exemplarisch Lösungsvorschläge für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit vorgestellt. Sie erheben nicht den Anspruch, die Gesamtheit aller Lösungsvorschläge abzudecken. Potenzielle Lösungsansätze für das institutionelle und strukturelle Demokratiedefizit der EUInstitutionelles DemokratiedefizitIn ihrem Beitrag "Neue Governance-Formen als Erweiterung der europäischen Demokratie" (2017) nennt Gesine Schwan eine bessere Zusammenarbeit von europäischen und nationalen Parlamentariern als Stellschraube für mehr demokratische Teilhabe. Die Überwindung des Gegensatzes zwischen "renationalisierender" und "supranationaler" europäischer Integration hätte einige Vorteile. Beispielsweise bewirke diese "verschränkte Parlamentarisierung" (S. 158), wie sie diese Form der Zusammenarbeit nennt, eine bessere Verständigung über die Perspektiven von nationalen und europäischen Abgeordneten. Außerdem führe der intensivere Austausch zu einer früheren Information der nationalen Parlamentarier über Debatten und Entscheidungen im Europäischen Parlament. Dies hat folgende, demokratiefördernde Konsequenzen: Einerseits gebe es dadurch eine breitere öffentliche Diskussion und eine daraus resultierende Legitimation. Andererseits eine verstärkte parlamentarische Kontrolle. Einen Einbezug von Wissenschaft und Medien hält Schwan für geboten. Zusätzlich fördere dies die grenzüberschreitende Kommunikation und Kooperation. Nach wie vor, bemängelt Schwan, existiere ein Mangel an intermediären Vermittlerstrukturen in der Europäischen Union, was beispielsweise Medien, Parteien und Verbände betrifft. Etwas konkreter wird Frank Decker in seinem Beitrag "Weniger Konsens, mehr Wettbewerb: Ansatzpunkte einer institutionellen Reform" (2017). Er benennt die seiner Meinung nach drei wichtigsten "demokratischen Stellschrauben" (S. 167), um das institutionelle Demokratiedefizit zu beheben. Er sieht im einheitlichen Wahlrecht, in der Wahl des Kommissionspräsidenten und der Bestellung der Gesamtkommission Potenziale, um die Europäische Union institutionell zu legitimieren.Decker moniert, dass gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, Art. 223 Abs. 1) ein einheitliches Wahlrecht längst hätte erfüllt sein müssen (vgl. Decker 2017, S. 168). Nun gebe es die "paradoxe Situation" (ebd.), dass europäische Parteien zwar den Parlamentsbetrieb bestimmen, bei den Europawahlen aber nach wie vor nur die nationalen Parteien kandidieren (vgl.: ebd.). Eine Aufhebung dieser Tatsache sieht Decker in einer "Einführung eines europaweiten Verhältniswahlsystems mit moderater Sperrklausel" (ebd.). Diese wäre ein starker Anreiz dafür, sich als Parteien zusammenzuschließen, was einerseits der Fragmentierung im Europäischen Parlament entgegenwirken würde und andererseits förderlich für die Arbeitsfähigkeit des EP wäre. Diese Regelung würde zudem zu einer Vereinheitlichung des Wahlsystems innerhalb der Europäischen Union beitragen. Die Mitgliedsstaaten dürften weiterhin selbst entscheiden, wie das Wahlrecht genau geregelt ist und wie die Wahl durchgeführt wird. Unbedingt geboten sei hingegen eine Wahlpflicht oder alternativ eine Verteilung der Sitze nach der Wahlbeteiligung. So würde ein Anreiz für eine hohe Teilnahme geschaffen werden und die Wahlen für das EP könnten ihre Bewertung als Nebenwahl ein wenig verlieren. Jede*r EU-Bürger*in hätte nach wie vor eine Stimme, die er/sie bei der Verhältniswahl mit "starren Listen" vergeben darf (ebd., S. 170). Auf diese Weise, schlussfolgert Decker, könnte mit der heutigen Diskrepanz zwischen Parteiensystem auf der parlamentarischen und elektoralen Ebene gebrochen werden (vgl.: ebd.). Die Wahl der/des Kommissionspräsident*in ist eine weitere Stellschraube, mit der man Decker zufolge das institutionelle Demokratiedefizit der EU schmälern kann. Für zentral hält er die Frage nach dem Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Decker schlägt an dieser Stelle das präsidentielle System vor, mit der Begründung, dass die Bürger*innen selbst die Chance hätten, ihre*n Präsident*in direkt zu wählen. Ob der/die Kommissionspräsident*in mit relativer oder absoluter Mehrheit gewählt wird, müsste geklärt werden. Die Wahl des/der Kommissionspräsident*in auf diese Art zu verändern, würde zum einen dafür sorgen, dass "[d]ie europäische Politik […] endlich ein Gesicht [bekäme]" (ebd., S. 174). Zum anderen würde diese Änderung dazu führen, dass die EU eine wählbare Exekutive hätte, was einer Regierung im nationalstaatlichen Sinn gleichkäme. Ebenso sieht Decker die Bestellung der Kommissare kritisch. Momentan ist das Gremium durch den gleichberechtigten Vertretungsanspruch aller Mitgliedsstaaten zu groß, was negative Auswirkungen auf die Arbeitsweise hat (vgl.: ebd., S. 175). Daneben kann der/die Kommissionspräsident*in kaum Einfluss auf die Auswahl der Kommissare nehmen, was zur Folge hat, dass "[d]ie Zusammensetzung der Kommission […] insofern eher die nationalen Wahlergebnisse [reflektiert] als das Ergebnis der Europawahlen" (ebd.). Deswegen schlägt Decker vor, dem/der direkt gewählten Kommissionspräsident*in das Recht zu erteilen, die Kommissare selbst zu ernennen. Alternativ könnten die Wähler*innen befugt werden, neben dem/der Präsident*in noch die Kommissar*innen zu wählen (vgl.: ebd., S. 176). Dies, so Decker, würde die Kommission nicht nur weiter demokratisch aufwerten, sondern wäre auch ein Beitrag zur Europäisierung der Europawahlen. Antoine Vauchez geht in seinem Beitrag "Die Regierung der 'Unabhängigen': Überlegungen zur Demokratisierung der EU" (2017) auf die mangelnde Transparenz mancher Institutionen der Europäischen Union ein. Er merkt bezüglich der Demokratisierung an:"Um die Stellung dieser Institutionen [gemeint sind hier Kommission, Zentralbank und EuGH, Anm. A.B.] im politischen Prozess neu zu justieren, muss man an den drei Säulen rütteln, auf denen ihre Autorität in der europäischen Politik bislang beruhte: der vollständigen Souveränität in der Auslegung ihres Mandats, dem Anspruch auf wissenschaftliche Objektivität in ihren Diagnosen und Urteilen und einem bestimmten Verständnis von Unabhängigkeit als Abgrenzung von den vorhandenen politischen und sozialen Interessen. Diese Trias bildet eine Blockade, die zu durchbrechen jede Demokratisierungsstrategie bemüht sein muss" (Vauchez 2017, S. 187f.). Vauchez prangert Kommission, EuGH und EZB als "Mysterien des Staates" (ebd., S. 188) an. Beispielsweise mische sich die EZB inzwischen in Bereiche wie "das Rentensystem, die Lohnpolitik, das Arbeitsrecht und die Organisation des Staatswesens" ein (ebd.). Ähnliches gilt für den Europäischen Gerichtshof. In diesen Institutionen liege damit auch Regierungsgewalt. Deren Mandate sollten politisch erweitert werden, um dem Demokratiedefizit entgegenzuwirken. Antoine Vauchez vertritt deswegen die Ansicht, dass Themen, die in diesen Institutionen behandelt werden, "das Produkt öffentlicher Debatten und Auseinandersetzungen […] in einer Vielzahl nationaler und transnationaler Arenen [sein sollten]" (ebd.). Er nennt als Beispiel das Europäische Parlament, schließt aber andere politische Mittel, um EuGH und EZB zu überprüfen, wie beispielsweise das Frühwarnsystem, das mit dem Lissabonner Vertrag eingeführt wurde, nicht aus. Hierbei können "[e]ine Mindestzahl von einem Drittel der nationalen Parlamente […] den Entwurf eines Gesetzgebungsaktes vor die Kommission bringen, wenn er die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit missachtet" (ebd., S. 189). Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, Entscheidungen von EZB und EuGH für nichtig erklären zu können, sollten "diese den von der Union zu vertretenden 'Werten, Zielen und Interessen' [entgegenstehen]" (ebd.).Um der Intransparenz der Arbeitsweise dieser EU-Institutionen entgegenzuwirken, schlägt Vauchez zudem vor, der Öffentlichkeit Zugang zu Archiven, Daten, vorbereitenden Dokumenten und Beratungsprotokollen zu verschaffen. Auch hier hält er die Schaffung eines öffentlichen Forums für Dissens und Diskussion für notwendig (vgl.: ebd., S. 190). Abschließend hält es Vauchez für geboten, den repräsentativen Charakter der 'unabhängigen' Institutionen zu stärken. Damit meint er nicht nur die Repräsentanz aller Mitgliedsstaaten, sondern auch die Abbildung der Komplexität und Vielfalt der Bürger*innen der Europäischen Union in den Gremien und Ausschüssen der Institutionen. So, schlussfolgert Vauchez, stelle "man letztlich die Fähigkeit unter Beweis, ein europäisches Allgemeininteresse zu verkörpern" (ebd., S. 191). Institutionelle Reformen, wie sie hier gefordert werden, sind prinzipiell möglich. Doch kann mit ihnen allein das strukturelle Demokratiedefizit nicht behoben werden (vgl. Bartolini 2000, S. 156, zitiert nach: Schäfer 2006, S. 356). Strukturelles Demokratiedefizit Das strukturelle Demokratiedefizit beruht darauf, dass es kein europäisches Wir-Gefühl bzw. kein europäisches Volk im Sinne eines Staatsvolkes gibt. Dabei verfolgt die EU bereits seit geraumer Zeit eine Politik, die identitätsstiftend sein soll (vgl.: Thalmaier 2006, S. 4). Seit den 1970er Jahren haben Parlament und Kommission versucht, die EU-Bürgerschaft voranzutreiben und die europäischen Bürger*innen an europäische Themen heranzuführen (vgl.: Wiener 2006, S. 8). Diese Politik hat bisher jedoch nicht zu einem 'Wir-Gefühl' geführt (vgl.: ebd.). Doch möchte die EU ihr strukturelles Demokratiedefizit schmälern, ist sie auf ebenjenes 'Wir-Gefühl' angewiesen, denn eine Unterstützung wird von den Bürger*innen für die Europäische Union unbedingt gebraucht. Thalmaier (2006) unterscheidet hierbei zwischen spezifischer und diffuser Unterstützung. Während Bürger*innen ein politisches System spezifisch unterstützen, wenn es Ergebnisse hervorbringt, die den Interessen der Bürger*innen entsprechen, beschreibt die diffuse Unterstützung ein Vertrauen und eine Identifikation mit einem System, auch wenn die eigenen Interessen nicht immer durchgesetzt werden (vgl.: ebd., S. 6). Auf dieses grundsätzliche Vertrauen in das Handeln der Institutionen ist die Europäische Union als politisches System angewiesen. Eine kollektive Identität, die jedoch nicht mit einer nationalen Identität vergleichbar sein soll, ist dabei unerlässlich. Die Behebung des Öffentlichkeitsdefizit ist bei der Herausbildung einer kollektiven Identität erforderlich. Thalmaier schreibt deswegen, dass die "Ausbildung einer europäischen Identität […] entscheidend von der Entstehung einer europäischen Öffentlichkeit [abhängt]" (ebd., S. 10). Zu lange habe es eine mangelnde Dynamik in der europapolitischen Kommunikation gegeben. Eine "stärkere Politisierung europäischer Politik" ist geboten, um eine europäische Öffentlichkeit überhaupt herauszubilden (ebd., S. 12). Daneben soll die Identitätserweiterung für eine kollektive Identität sorgen. Sie soll nach Thalmaier über die Schließung von Wissensdefiziten und -lücken über die Europäische Union erreicht werden. Der Schule kommt hier eine tragende Rolle zu. Deren Lehrpläne sollen angepasst und europäisiert werden, sodass die Bildungsinhalte in Fremdsprachen oder auch in sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern die europäische Ebene beleuchten. Dadurch soll zusätzlich die Relevanz der Europäischen Union vermittelt werden. Das minimiere die Fremdheit der EU (vgl.: ebd., S. 10) und könne identitätsstiftend wirken. Schließlich, so Thalmaier, erreiche man eine Reduzierung des strukturellen Demokratiedefizits nicht ohne eine Schaffung von mehr Partizipationsmöglichkeiten für die Bürger*innen bei Themen, die die Politik der EU betreffen. Neben institutionellen Reformen, die in diesem Beitrag bereits thematisiert wurden, spricht sich Thalmaier für europaweite Referenden aus, beispielsweise bei Angelegenheiten, die das Primärrecht oder EU-Beitritte betreffen. Dazu gehöre ein intensiver Austausch mit den Bürger*innen der Europäischen Union. Bereits im Weißbuch der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2006 ist ein Austausch und Dialog in der Dienstleistungsrichtlinie festgeschrieben. Bisher wird sie jedoch wenig genutzt. Thalmaier schlägt deswegen vor, enger in den Austausch mit den EU-Bürger*innen zu gehen. Eine Begründung jedes Projekts in einem öffentlichen Interaktionsprozess sei geboten, genauso sollte um Zustimmung für jede politische Neuerung auf EU-Ebene gerungen werden. Neue Wege der Kommunikation und des Dialogs mit Bürger*innen seien dabei zentral. Mehr Interaktion und Kommunikation schlägt auch Antje Wiener in ihrem Artikel "Bürgerschaft jenseits des Staates" (2006) vor, um die EU-Identität zu stärken und das strukturelle Demokratiedefizit zu mindern. Insbesondere die "Kommunikation über europäische Rechte innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten sowie intra- oder transeuropäisch in den entsprechenden institutionellen beziehungsweise medialen Kontexten, kurz jede Art von öffentlicher Diskussion zum Thema Rechte" (ebd., S. 11), trage dazu bei und mobilisiere auch das "Interesse am europäischen Projekt" (ebd.). Interaktion mit Institutionen, (EU-)Politiker*innen und Mitbürger*innen hätten das Potenzial, zu mehr "Staats- und Gemeinschaftsbildung" (ebd.) zu führen und die Bürger*innen enger an die EU zu binden. Durch Teilhabe und Teilnahme "im öffentlichen Diskurs soll eine zivile republikanische Identität geschaffen werden" (ebd.).Ähnliches fordert Ulrike Guérot, wenn es um die "Ausgestaltung einer europäischen Demokratie geht" (2018, S. 71). Damit "Europa" (ebd., S. 76) entstehe, brauche es Gemeinsames in der Europäischen Union über einheitliche bürgerliche und soziale Rechte. Sie argumentiert: "Es ist die Konvergenz von Recht, die Gemeinsamkeit entstehen lässt. In diesem Fall von Wahlrecht, Steuerrecht und sozialen Anspruchsrechten" (ebd.). Einigkeit und Einheitlichkeit seien auf dem europäischen Markt gegeben, bei den Bürger*innen sei Europa ihrer Ansicht nach aber noch zu fragmentiert. Solle sich daran etwas ändern, müsse mehr Gleichheit geschaffen werden, was am ehesten durch gemeinsame Rechte und Gesetze passiere. Guérot spricht hierbei von einem "Paradigmenwechsel" (ebd., S. 75) hin zu mehr Demokratie. Denn sollte einheitliches europäisches Recht eingeführt werden, wende man sich hin zu einer "Europäischen Republik, bei der die Souveränität bei den Bürger*innen Europas liegt […]" (ebd.). Kritik an diesen Ansätzen einer Demokratisierung der EU Kritiker*innen dieser Vorschläge sehen in einer "politisierte[n] EU eine Lähmung" der Europäischen Union (Schäfer 2006, S. 357). Für sie stellt die EU einen starren Verwaltungsapparat dar, "[e]ine Bürokratie, die sachlich und zielgerichtet arbeitet [und die] vom politischen Tagesgeschäft abgeschottet werden [muss]" (ebd.; Føllesdal/Hix, 2006, S. 538). Kritiker*innen sehen das Problem nicht in einem fehlenden Demos oder mangelnder Beteiligung der Bürger*innen, sondern in "vielfältigen Blockaden" (Schäfer 2006, S. 357) bei der Entscheidungsfindung und -durchsetzung. Ihrer Ansicht nach müsse die Europäische Union effizienter sein, um an Legitimität zu gewinnen, was nicht durch eine Demokratisierung erreicht werden könne (vgl.: ebd.). Schließlich müsse das Gemeinwohl über den Partikularinteressen der aktuellen Regierungen stehen. Für diejenigen, die einer Demokratisierung skeptisch gegenüberstehen, ist die Europäische Union bereits jetzt eine "aufgeklärte Bürokratie, die im Interesse der Bevölkerung entscheidet" (ebd./vgl.: Føllesdal/Hix, 2006, S. 546). Eine Demokratisierung bzw. "Politisierung der Europäischen Union liefe ihrem Aufgabenprofil zuwider" (Schäfer 2006, S. 357). Ebenso merken Kritiker*innen an, dass Macht in der EU geteilt werde und Entscheidungen durch Verhandlungen und nicht durch "Hierarchie" zustande kämen (vgl.: ebd., S. 360). Würde Macht in einem so fragmentierten Raum wie Europa zentralisiert, müsse das "für Minderheiten bedrohlich wirken" (ebd.). Zudem gründe der Erfolg des Konkordanzsystems der EU auf dem "Verzicht auf partizipatorische Entscheidungsverfahren" (ebd.). Gerade das Demokratiedefizit, so die Kritiker*innen, sei deshalb der wesentliche Faktor für den Zusammenhalt der Europäischen Union. Fazit und Ausblick Das sogenannte Demokratiedefizit existiert in institutioneller und struktureller Form. Das Problem ist dabei nicht unbekannt und es wird auf EU-Ebene durchaus versucht, es zu beheben. Reformvorschläge, beispielsweise von führenden Politikwissenschaftler*innen, gibt es zuhauf. Institutionell wird vorgeschlagen, dass sich verschiedene Organe der EU durch demokratische Wahlen legitimieren. Bei den Lösungsvorschlägen wird hierbei häufig auf die Kommission und die Wahl der/des Präsident*in und die Bestimmung der Beamten eingegangen. Eine (direkte) Wahl der/des Präsident*in und gegebenenfalls der Beamten würde das Interesse an der Europäischen Union stärken und das Demokratiedefizit schmälern. Andere Organe, wie beispielsweise der EuGH und die EZB sollten in ihrer Arbeitsweise transparenter werden, indem sie ihre Vorhaben/Gesetzesinitiativen vorab bekanntgeben, sodass sie in öffentlichen Debatten diskutiert werden können. Ein weniger auf konkrete Organe zugeschnittener Vorschlag ist ein engerer Austausch zwischen nationalen Parlamenten und dem EP. Um das strukturelle Demokratiedefizit zu beheben, ist eine europäische Öffentlichkeit, bzw. deren Herausbildung, von besonderer Bedeutung. Stellschrauben sind hier ein intensiver Austausch mit den EU-Bürger*innen und europaweite Referenden. Eine andere wäre die Europäisierung des Schulcurriculums. Damit könnte die Bedeutung der EU vermittelt und Wissenslücken über sie geschlossen werden. Tiefgreifender sind Forderungen nach gleichen Rechten und Pflichten für EU-Bürger*innen in allen Mitgliedsstaaten. Dies würde sicherlich zu einer höheren Identifikation mit der EU und den Mitbürger*innen führen – und somit zu einem Abbau des strukturellen Demokratiedefizits –, bräuchte jedoch weitreichende institutionelle Veränderungen und somit die Zustimmung der Mitgliedsstaaten zu einer EU in supranationalem Gewand.Kritiker*innen einer Demokratisierung der EU stellen sich deswegen die Frage, ob die EU überhaupt einen Demokratisierungsprozess durchlaufen soll. Für sie ist die Union bereits jetzt eine demokratisch legitimierte Gemeinschaft, die effizient und zielgerichtet arbeitet. Eine Demokratisierung, so die Kritiker*innen, laufe dem Aufgabenprofil der "aufgeklärten Bürokratie" (Føllesdal/Hix, 2006, S. 546) zuwider und ist zwecks Effizienzmangel deshalb gar nicht wünschenswert. Die Europäische Union steht vor einem Dilemma: Einerseits fehlt ihr demokratische Legitimität, wie sie in Nationalstaaten vorhanden ist, beispielsweise durch eine wähl- und abwählbare Regierung, gleiche Wahlen mit bedeutendem, europäischem Wahlkampf und Transparenz. Andererseits ist sie, qua Ursprung, eine effiziente Bürokratie, die dem Ziel des Wohlstandserhalts verpflichtet ist. LiteraturverzeichnisAbels, Gabriele (2020): Legitimität, Legitimation und das Demokratiedefizit der Europäischen Union. In: Becker, Peter/Lippert, Barbara (Hrsg.): Handbuch Europäische Union, SpringerVS: Wiesbaden, S. 175-193.(AEUV) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (2009): Sechster Teil: Institutionelle Bestimmungen und Finanzvorschriften, Titel I: Vorschriften über die Organe, Abschnitt 1: Das Europäische Parlament (Art. 223). Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/AEUV/223.html [zuletzt abgerufen am 23.01.2023].Andersen, Uwe (Hrsg.) (2014): Das Europa der Bürger. 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"Of course, a little bit of force is needed when doing push-backs."Kolinda Grabar-Kitarović, ehemalige kroatische PräsidentinKroatien, ein Staat, der gemeinsam mit Slowenien am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit vom jugoslawischen Bundesstaat erklärte und damit einer der Akteure der schwersten Kriege in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg wurde, ist seit 2013 Mitglied der Europäischen Union, die vor allem als Friedens- und Wirtschaftsgemeinschaft gegründet wurde. Doch viele Stimmen äußern sich kritisch gegenüber dem Beitritt des Staates und sind der Meinung, dass Kroatien besonders im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext noch nicht bereit dazu wäre, Mitglied der Gemeinschaft zu sein.Die Europäische Kommission sieht das allerdings anders und ist der Meinung, dass die kroatische Politik große Fortschritte macht. Sie äußert sich bereits zuversichtlich über den kommenden Beitritt in den Schengen-Raum, der Bürger*innen der EU die Freiheit gibt, ohne ein Visum in viele Länder der Welt reisen zu dürfen. Doch an den kroatischen Grenzen gibt es Berichten zufolge immer wieder Fälle von Gewalt und Rechtswidrigkeiten von Seiten der Polizei gegenüber Asylsuchenden. Die ehemalige kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović äußert sich in einem Interview mit dem oben aufgeführten Zitat zu den Menschenrechtsverletzungen.Wenn die kroatische Wirtschaft betrachtet wird, können einige Problematiken beobachtet werden, vor denen kroatische Politiker*innen stehen, wie beispielsweise die Arbeitsmigration von kroatischen Jugendlichen aufgrund von Umständen wie niedrigen Löhnen.Der folgende Beitrag soll auf diese und weitere Aspekte der kroatischen Politik näher eingehen und damit eine Bilanz nach 8 Jahren EU-Mitgliedschaft Kroatiens ziehen. Wie kam es zum Beitritt Kroatiens in die EU und welche Kriterien mussten erfüllt werden? Vor welchen Hindernissen steht der Staat und wie geht die Europäische Union mit diesen um? Diese Fragen sollen im Anschluss geklärt werden, bevor die Frage gestellt werden kann: Ist Kroatien überhaupt bereit für die Europäische Union?EU-Beitritt2003 ging das Beitrittsgesuch Kroatiens nach Brüssel und 10 Jahre später wurde das Land schließlich Mitglied der Europäischen Union. 2011 unterschrieb die Regierungschefin Jadranka Kosor den Beitrittsvertrag und legte damit den Grundstein für den 2013 in Kraft getretenen Beitritt des Landes in die Europäische Union. In diesem langen Prozess kam es zu einigen Hindernissen, die die Beitrittsverhandlungen herauszögerten und nach wie vor die Problematiken innerhalb des Landes widerspiegeln. (vgl. BPB 2013)Die Bevölkerung Kroatiens wurde erst nach dem unterschriebenen Beitrittsvertrag zu der Thematik befragt. Dabei stimmten 67% für einen Beitritt in die Europäische Union. Die Wahlbeteiligung fiel allerdings sehr gering aus, was unter anderem daran liegen könnte, dass die Abstimmung nur sechs Wochen zuvor angekündigt wurde. (vgl. ebd)Der 2011 unterschriebene Beitrittsvertrag war mit einigen Bedingungen verbunden, die bis zum letztendlichen Beitritt im Jahr 2013 erfüllt werden sollten. Hierbei ging es darum, grundlegende Defizite innerhalb des Landes zu beseitigen. Beispielsweise musste der Justizapparat gestärkt werden. Außerdem sollte stärker gegen Korruption vorgegangen sowie eine effizientere Verwaltung gewährleistet werden. Der letzte Punkt umfasst die Privatisierung der Staatsbetriebe. (vgl. ebd)Im Großen und Ganzen möchte die Europäische Union durch die Eingliederung Kroatiens den Übergang zu Marktwirtschaft und Demokratie vorantreiben. Denn Kroatien war Teil des blockfreien, sozialistischen Jugoslawiens mit all den Folgewirkungen (vgl. Kušić 2013).Kopenhagener KriterienAuf dem EU-Gipfel in Kopenhagen wurden im Jahr 1993 Kriterien aufgestellt, anhand derer geprüft wird, ob ein Land dazu bereit ist, in die Europäische Union aufgenommen zu werden. Zusammengefasst sind das folgende Faktoren:Die Gesamtlage innerhalb des Landes muss stabil sein. Das heißt, politische Institutionen, der Rechtsstaat und die Demokratie muss gesichert sein. Außerdem müssen Menschen- und Minderheitsrechte gewahrt werden. (vgl. Grosse-Hüttmann 2004, S. 7)Zudem muss eine funktionierende Marktwirtschaft vorhanden sein, die auf Wettbewerb und Privateigentum beruht. Dadurch sollen die Staaten in der Lage sein, dem Konkurrenzdruck im Binnenmarkt standhalten zu können. (vgl. ebd., S. 7)Der Aquis Communautaire, also alle Verträge der Europäischen Gemeinschaft sowie alle europäischen Gesetze, müssen in nationales Recht übernommen werden. Alle Pflichten und Regeln müssen von dem jeweiligen Staat akzeptiert und eingehalten werden. (vgl. ebd., S. 7 f.)Der Staat muss mit den weitreichenden Zielen der EU sowie der Währungs- und Wirtschaftsunion einverstanden sein, wie sie im Vertrag von Maastricht estgelegt wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass neue Mitglieder einen anderen Weg einschlagen als die Europäische Union. (vgl. ebd., S. 8)Da Kroatien nun seit 8 Jahren Mitglied der Europäischen Union ist, scheinen diese Kriterien aus Sicht der Institutionen der Europäischen Union erfüllt zu sein. Dennoch musste der Staat zunächst an einigen Stellen arbeiten, um dieses Ziel erreichen zu können.Flüchtlingsrückkehr und KriegsverbrecherprozesseEine wichtige Bedingung, die im Jahr 2005 gestellt wurde und ein großes Hindernis für den Beitritt darstellte, war der Umgang mit kroatischen Kriegsverbrechern, die in den Unabhängigkeitskriegen Verbrechen begangen haben und zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreichend sanktioniert wurden. Die Europäische Union forderte volle Kooperation mit dem Internationalen Strafgerichtshof. Vor allem ging es dabei um die Auslieferung von Ante Gotovina, der in der kroatischen Offensive Operation "Oluja" Kriegsverbrechen begangen hat. (vgl. Kušić 2021)Gerade wenn es um die Ahndung von Kriegsverbrechern sowie um die Flüchtlingspolitik geht, kann bisher nur ein eher mäßiger Erfolg verzeichnet werden. Die Problematik kann darauf zurückgeführt werden, dass die Staatswerdung Kroatiens mit kriegerischen Auseinandersetzungen erfolgt ist, so dass sich nationalistische Strukturen innerhalb der Gesellschaft und der Politik verfestigt haben. (vgl. Richter 2009, S. 7) Trotz alledem gilt Kroatien als eines der stabilsten Länder auf dem Balkan, der sich derzeit innerhalb eines Prozesses der Wechselwirkung zwischen innenpolitischer Demokratisierung und Stabilisierung befindet. (vgl. Richter 2009, S. 19)Die Premierminister Ivica Račan (2000-2003) und Ivo Sanader (2003-2009) haben versucht, die Wünsche der Europäischen Union im Bereich Flüchtlingsrückkehrer und Kriegsverbrechen umzusetzen. Dabei ging es hauptsächlich um Aspekte wie den Koalitionsfrieden, einen parteiübergreifenden Konsens zugunsten der Union, Stabilisierung und Konsolidierung. Der Preis waren allerdings Reformdefizite im Justizsektor, die die EU ebenfalls zuvor bemängelte.Durch blockierte Anträge, nicht veröffentlichte Fristen oder nicht ausgeführte richterliche Anweisungen kam es schließlich zu Defiziten im Bereich der Rückkehrpolitik und Kriegsverbrechen. Diese Politik führte zwar zu mehr Stabilität und Kontinuität des innenpolitischen Reformprozesses, jedoch wurden die Kopenhagener Kriterien vernachlässigt, so dass sich Defizite im Justiz- und Verwaltungsprozess verfestigen konnten. (vgl. Richter 2009, S. 19)Die von der Europäischen Union anerkannte Genfer Flüchtlingskonvention soll Flüchtlingen auf der ganzen Welt Schutz bieten. Doch oftmals sieht die Realität, auch innerhalb der EU anders aus. Vor allem an der kroatischen Grenze zu Bosnien und Herzegowina berichten Menschen davon, über die grüne Grenze zurückgeschickt zu werden. Ihnen zufolge haben sie keinen Zugang zu Asyl und erfahren oftmals exzessive Gewalt von Seiten der kroatischen Polizei. (vgl. Strippel 2021)Dieses Phänomen wird auch Push-Back genannt und bedeutet, dass Menschen, die auf Asyl in Kroatien hoffen, wieder nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben werden, wo sie ebenfalls nicht empfangen werden. Diese Verfahren sollten im Normalfall zur Kenntnis genommen und geprüft werden, doch die kroatische Regierung dementiert das Vorgehen der Polizei. Es wird lediglich betont, dass die kroatischen Außengrenzen geschützt werden.Dadurch, dass es keine Einigkeit über diese Vorfälle gibt, werden diese von der Europäischen Union nicht sanktioniert beziehungsweise zur Kenntnis genommen, obwohl es sich hierbei um die Verletzung von Menschenrechten und Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention handeln würde. (vgl. Strippel 2021) Einen interessanten Podcast zu dieser Thematik wurde vom Bayerischen Rundfunk veröffentlicht, dieser ist unter diesem Link zu finden.Kroatien und der SchengenraumLänder, die Teil des Schengen-Raums der EU sein wollen, müssen sich einer Vielzahl von Evaluierungen unterziehen, die prüfen, ob alle für den Schengen-Raum erforderlichen Vorschriften erfüllt worden sind. Die Evaluierungen bewerten, ob das jeweilige Land in der Lage ist, Verantwortung für die Außengrenzen im Namen der anderen Mitglieder des Raumes zu übernehmen. (vgl. Europäische Kommission 2019)2016 wurde der Schengen-Evaluierungsprozess eingeleitet, der bewerten soll, ob Kroatien die Schengen-Vorschriften und Normen erfüllt. Die Europäische Kommission ist dabei der Auffassung, dass Kroatien Fortschritte bei der Erfüllung der Voraussetzungen gemacht hat, weiterhin aber an deren Erfüllung, insbesondere am Management der Außengrenzen, arbeiten muss. (vgl. ebd.) Der Kommissar Dimitris Avramopoulos, welcher für Migration, Bürgerschaft und Inneres zuständig ist, äußert sich im folgenden Zitat über den voraussichtlichen Beitritt Kroatiens zum Schengen-Raum:"Schengen ist eine der größten und greifbarsten Errungenschaften der europäischen Integration. Seine Stärke hängt jedoch von seiner Aufnahmebereitschaft ab. Kroatien hat nun die Maßnahmen zur Erfüllung der notwendigen Bedingungen ergriffen, und wir müssen dies anerkennen. Als vollwertiges Schengen-Mitglied wird das Land zu einer weiteren Stärkung des Schengen-Raums beitragen und dafür sorgen, dass die EU-Außengrenzen besser geschützt werden." (Dimitris Avramopoulos, Europäische Kommission 2019)Das gesamte Statement der Europäischen Kommission zu dieser Thematik wurde auf deren Internetseite veröffentlicht.Wirtschaftliche Maßnahmen im EU-KontextNach Weidenfeld und Wessels (2002) hat die Europäische Union zusammengefasst drei grundlegende Ziele, wenn es um die Struktur ihrer Mitgliedstaaten und vor allem um Regionen mit Entwicklungsrückstand geht. Zum einen sollen diese Regionen und Länder besonders gefördert werden. Nach Auffassung der Europäischen Union besteht dann ein Rückstand, wenn sich das BIP je Bürger*in auf weniger als 75% des EU-Durchschnitts beläuft. Dieses Ziel gilt als Priorität, weshalb mehr als zwei Drittel der Strukturfonds zur Beseitigung dieser Rückstände verwendet werden. (vgl. Weidenfeld/Wessels 2002)Als zweites Ziel gilt die soziale und wirtschaftliche Umstellung von Gebieten, deren Entwicklungsniveau über dem Durchschnitt liegt. Dennoch weisen diese Gebiete Strukturprobleme, wie beispielsweise Deindustrialisierung, eine hohe Arbeitslosenquote, Bevölkerungsrückgang oder Krisensituationen auf, die mit Hilfe der Mittel der Europäischen Union aufgefangen werden sollen. Das dritte Ziel ist die Anpassung und Modernisierung von Ländern und Regionen. (vgl. ebd.)Das EU-Förderprogramm für den Staat Kroatien beinhaltet 10,74 Milliarden Euro und soll die kroatische Wirtschaft unterstützen. Dabei gehen 40% in Fonds für regionale Entwicklung, 24% in Kohäsionsfonds, 19% in Landwirtschaftsfonds, 14% in Sozialfonds und der Rest in Meeres- und Fischereifonds sowie in eine Jugendbeschäftigungsinitiative. (vgl. Holzner/Vidovic 2018, S. 10)Ziel der Unterstützung ist es vor allem, die wirtschaftliche Entwicklung Kroatiens voranzutreiben, die Armut innerhalb der Gesellschaft zu bekämpfen und den Arbeitsmarkt zu verbessern. Die Inanspruchnahme ist im Vergleich zu anderen EU-Ländern allerdings gering, nimmt aber immer weiter zu. Das langsame Vorgehen könnte damit zusammenhängen, dass die Entwicklungsfähigkeit des Landes derzeit noch nicht so weit ausgeprägt ist, dass die Fonds angemessen verwaltet werden können. (vgl. ebd., S. 25)Ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das sich derzeit in Baumaßnahmen befindet und von der kroatischen Regierung mithilfe der EU-Fonds gestartet wurde, ist der Bau der Pelješac-Brücke, welche das Festland mit der vorgelagerten Halbinsel verbinden soll. 357 Millionen von 550 Millionen Kosten werden von der EU getragen. Allerdings erhielt der chinesische Staatskonzern Communications Construction Company den Zuschlag für den Bau, was vielerorts für Erstaunen sorgte. (vgl. Mihm 2021)Weitere Ziele, die die EU-Mitgliedschaft mit sich bringen soll, sind die Ansiedlung einer EU-Einrichtung, die Einführung der goldenen Investitionsregel sowie vor allem der Eintritt in den Schengenraum. (vgl. Holzner, Vidovic 2018)Einfluss des BrexitDas Vereinigte Königreich selbst führte den Euro als Währung nicht ein und trotzdem hat der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union einen großen Einfluss auf die Währungsintegration und somit auch auf die Währungspolitik Kroatiens und das Verhältnis zur Europäischen Union.Bei den acht Mitgliedsstaaten, die den Euro noch nicht eingeführt haben, den so genannten "Euro-Outs", kann zunehmend die Befürchtung beobachtet werden, dass ihr Einfluss auf den Willensbildungsprozess innerhalb der Union verringert wird. Als Folge dieser Sorge hat sich eine Art Koalition von Staaten entwickelt, die die Interessen einiger Mitglieder vereint. Der Brexit kann also als Auslöser für eine neue Dynamik und Treiber für die Ausdehnung der Eurozone gesehen werden. (vgl. Tokarski; Funk 2018, S. 1)Kroatien gehört zu der Gruppe der "Euro-Outs". Sie sind eine heterogene Gruppe von Staaten, die verschiedenen Wirtschaftsmodellen folgen und sich in unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung befinden. Rumänien und Kroatien sind darunter die Staaten, die ein Wechselkursregime mit kontrolliertem, variablem Wechselkurs unterhalten. Die Problematik hinsichtlich der ungleichen ökonomischen Bedingungen ist, dass diese die Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten erschweren. Allerdings gilt Kroatien als Spezialfall, denn auch wenn der Euro als Währung noch nicht eingeführt wurde, ist die Wirtschaft weitgehend "euroisiert", da 67% der Verbindlichkeiten und 75% der Anlagen auf dem Euro basieren. (vgl. ebd., S. 1 f.) Die Einführung der europäischen Währung ist also nur eine Frage der Zeit und eine Frage des politischen Fortschritts.ArbeitsmarktAufgrund der Überbewertung des realen Wechselkurses befand sich die Wirtschaft Kroatiens zwischen 2009 und 2014 in einer tiefen Rezession, was dazu führte, dass die Beschäftigungszahlen sanken und das BIP um fast 13% einbrach. Seit dieser Zeit sinken die Zahlen der Arbeitslosen, somit erreichte die Arbeitslosenquote innerhalb des Landes im Mai 2017 den niedrigsten Wert mit 11,7%. (vgl. Holzner, Vidovic 2018, S. 2 f.)Bis heute ist der kroatische Arbeitsmarkt gekennzeichnet durch geringe Erwerbstätigkeit und niedrige Beschäftigung, was ein massives Problem darstellt. Die Beschäftigtenrate ist niedriger als der EU-Durchschnitt. Neben Italien und Rumänien hat Kroatien den höchsten Anteil an inaktiven Bürger*innen innerhalb der Europäischen Union. (vgl. ebd., S. 4 f.)Besonders Jugendliche und Kroat*innen mit primären Ausbildungen sind von Arbeitslosigkeit betroffen. Personen mit Sekundärbildung können die geringste Arbeitslosigkeit aufweisen. Trotzdem wird oft der Mangel an Arbeitskräften vor allem in touristischen Gebieten bemängelt. (vgl. ebd., S. 5 f.)Zur Lösung dieser Problematik fordern Gewerkschaften höhere Löhne für Arbeiter*innen. Einige Vertreter*innen von Unternehmen fordern allerdings die Erhöhung der Quoten für Arbeitsplätze aus dem Ausland. (vgl. ebd., S. 6)ArbeitsmigrationBereits seit den 60er Jahren, in denen viele Gastarbeiter*innen vom Balkan in Länder wie Deutschland und Österreich immigrierten, um ihre Familien zu ernähren, spielt die Thematik Arbeitsmigration in Kroatien eine wichtige Rolle. Bis heute nutzen viele Kroat*innen die besseren Arbeitsumstände und Löhne in Ländern wie Deutschland, um ihren Familien ein besseres Leben ermöglichen zu können.Seit dem Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union sind die Zahlen der Migrant*innen aus Kroatien um 38% gestiegen. Insbesondere war hierfür die Öffnung des kroatischen Arbeitsmarktes verantwortlich, der es kroatischen Staatsbürger*innen ermöglichte, in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Mehrheit der Kroat*innen ist im Alter zwischen 25 und 54 Jahren und findet Beschäftigung in der Industrie sowie in der Bauwirtschaft. (vgl. Holzer, Vidovic 2018)Aufgrund von Faktoren wie der unterdurchschnittlichen Entlohnung hat Kroatien der Auswanderung dieser Bürger*innen wenig entgegenzusetzen. Dem Regierungsprogram 2016-2020 ist lediglich ein vages Statement zu der Auswanderung kroatischer Jugendliche und junger Erwachsenen zu entnehmen. Das Ziel ist es, mehr Arbeitsplätze zu schaffen und dadurch junge Leute dazu zu bewegen, in Kroatien zu bleiben. (vgl. ebd., S. 9)EuroskeptizismusSeit einiger Zeit befindet sich die gesamte Europäische Union in einer Krise, die mehrere Teilkrisen umfasst und deshalb auch Polykrise genannt wird. Dazu zählt unter anderem auch der Euroskeptizismus, der in allen Mitgliedsländern zunehmend wahrzunehmen ist. Dieser kann mit einzelnen Politiken oder dem Erhalt von Souveränitätsrechten begründet werden. (vgl. Weiss, S. 14)Auch wenn der Euroskeptizismus mittlerweile weit verbreitet ist, gibt es zwischen den Mitgliedsstaaten Unterschiede in der Ausprägung. Besonders neue Mitgliedstaaten, wie auch Kroatien, empfinden die Thematik des Kompetenz- und Souveränitätstransfers an die Europäische Union problematisch. Dieser Machtverlust wird als sensibel, historisch abrufbar aber auch politisch instrumentalisierbar wahrgenommen. (vgl. ebd., S. 14)LegitimitäskriseDie Europäische Union leidet also derzeit unter einem Stimmungstief, das mehrere Ursachen hat. Vor allem aber hagelt es immer mehr Kritik zum Thema Demokratiedefizit, Handlungsunfähigkeit und mangelnder Bürgernähe. Viele Bürger*innen begegnen der EU misstrauisch, da sie für sie sehr intransparent und wenig demokratisch erscheint. (vgl. Höreth 2004, S. 41)Aufgrund dessen machte es sich die EU bereits im Jahr 2002 zum Ziel, verfassungsmäßige und institutionelle Voraussetzungen zu schaffen, die demokratische Grundsätze innerhalb der erweiterten EU sowie die Steuerungsfähigkeit nach innen und die Handlungsfähigkeit nach außen ermöglichen sollen. Dieses ambitionierte Ziel konnte allerdings bislang nicht erreicht werden, da einzelne Mitgliedsstaaten auf die Gewichtung ihrer Stimmen im Ministerrat nicht verzichten wollten. (vgl. ebd., S. 41) Nach Höreth (2004) basiert das Demokratiedefizit nicht nur auf technische Probleme des Politikmanagements, sondern auf grundlegende Legitimitätsprobleme, die die Anerkennungswürdigkeit der EU in Frage stellen.FazitWie auch die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat Kroatien mit den Hindernissen der Polykrise zu kämpfen. Doch die Gesamtsituation des Staates zeigt, dass das Land sich vor allem mit Themen wie dem Umgang mit Flüchtlingen im Rückstand befindet, was damit zusammenhängen könnte, dass sich politische, soziale und ideologische Strukturen, die sich im Laufe der Geschichte, aber vor allem während der Unabhängigkeitskriege gebildet haben, verfestigt haben.Die geringe Wahlbeteiligung und die 67%ige Zustimmung zum Beitritt in die Europäische Union lässt relativ offen, wie die kroatische Gesellschaft zu der Europäischen Union steht. Zunächst konnte allerdings das Gefühl geweckt werden, dass eine gewisse EU-Euphorie in der Gesellschaft Kroatien zu beobachten war. Nun aber äußern sich, wie in der gesamten Europäischen Union erkennbar, immer mehr Menschen skeptisch gegenüber der EU. Es erscheint immer noch so, als ob die Gesellschaft den Entscheidungsprozessen der Europäischen Union nur schwer folgen kann und sie sich damit unsicher fühlen.Die kroatische Regierung hat einige Maßnahmen getroffen, um den EU-Beitritt des Staates zu ermöglichen. Trotzdem gibt es Kritiker*innen, die der Meinung sind, die EU habe es Kroatien zu einfach gemacht. Nach ihr wurden die Kopenhagener Kriterien erfüllt, sonst hätte das Land nicht zu einem offiziellen Mitglied der Europäischen Union werden können.Doch ein genauerer Blick in die Strukturen des Staates und vor allem auf die Grenze zu Bosnien und Herzegowina zeigen: das Land muss weiterhin an sich arbeiten, um den Kriterien gerecht werden zu können. Die Europäische Union darf die Augen nicht verschließen, wie es derzeit getan wird, indem zuversichtlich über den Beitritt in den Schengen-Raum diskutiert wird. Als Friedensgemeinschaft ist die Aufgabe der Europäischen Union, Menschenrechte zu wahren und dort genauer hinzuschauen, wo diese verletzt werden. Allerdings setzt der Beitritt Kroatiens in die Europäische Union gleichzeitig auch ein wichtiges Zeichen und bringt den Staat, als einer der stabilsten Länder auf dem Balkan, dazu, aktiv zu werden und als Vorbild für den restlichen Balkan zu fungieren.Auch wenn der Beitritt kritisch hinterfragt werden kann, sollte also gesagt werden, dass der Staat durchaus Schritte macht, die ohne die Europäische Union wahrscheinlich nicht stattgefunden hätten. Kroatien profitiert sowohl wirtschaftlich, als auch gesellschaftlich von den Vorteilen der EU. Allerdings verlangsamen Defizite innerhalb der Politik, wie beispielsweise lange Verwaltungsverfahren die Fortschritte, so dass die Europäische Union zum einen Geduld zeigen, aber zum anderen die Problematiken innerhalb des Landes nicht ignorieren sollte.LiteraturverzeichnisBundeszentrale für politische Bildung (2013): 1. Juli: Kroatien tritt der EU bei. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/164274/1-juli-kroatien-tritt-der-eu-bei-28-06-2013, zuletzt geprüft am 14.09.2021.Europäische Kommission (2019): Schengen-Beitritt: Kroatien vor dem Beitritt zum Schengen-Raum. Online verfügbar unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_19_6140, zuletzt geprüft am 30.09.2021.Holzner, Mario (2018): Wirtschaftliche Perspektiven für Kroatien. wiiw Forschungsbericht. Wien: The Vienna Institute for International Economic Studies.Horeth, Marcus (2004): Die erweiterte EU in der Legitimitätskrise. In: Der Bürger im Staat 54 (1), S. 41–48.Kušić, Siniša (2021): Kroatiens Weg in die EU . Hg. v. Bundeszentrale für politische Bildung. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/apuz/158164/kroatiens-weg-in-die-eu, zuletzt geprüft am 14.09.2021.Mihm, Andreas (2021): Chinesen bauen Brücke in Kroatien, die EU zahlt. Hg. v. Frankfurter Allgemeine Zeitung. Online verfügbar unter https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kroatien-china-baut-peljesac-bruecke-und-die-eu-zahlt-17461739.html, zuletzt geprüft am 30.09.2021.Richter, Solveig (2009): Zielkonflikte der EU-Erweiterungspolitik? Kroatien und Makedonien zwischen Stabilität und Demokratie. Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik.Schrooten, Mechthild (2004): Ökonomische Perspektiven der EU-Osterweiterung. In: Der Bürger im Staat 54 (1), S. 17–20.Steindorf, Ludwig (2013): Ein kurzer Gang durch die Geschichte Kroatiens. Hg. v. Bundeszentrale für politische Bildung. Online verfügbar unter https://www.bpb.de/apuz/158166/ein-kurzer-gang-durch-die-geschichte, zuletzt geprüft am 30.09.2021.Tokarski, P.; Funk, S. (2018): Die Nicht-Euro-Staaten in der EU nach dem Brexit. In: SWP-Aktuell (68), S. 1–8.Weidenfeld, W.; Wessels, W. (2002): Jahrbuch der Europäischen Integration 2002/2003. Bonn: Europa Union Verlag.Weiss, S. (2004): Die Erweiterung aus der Sicht der Beitrittskandidaten. In: Der Bürger im Staat 54 (1), S. 11–17.
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Daniel Levine on Hidden Hands, Vocation and Sustainable Critique in International Relations
Daniel Levine is part of a new generation of IR scholars that takes a more pluralist approach to addressing the hard and important questions generated by international politics. While many of those interviewed here display a fairly consistent commitment to a certain position within what is often referred to as 'the debate' in IR, Levine straddles the boundaries of a diverse range of positions and understandings. Time to ask for elaboration.
Print version of this Talk (pdf)
What is, according to you, the biggest challenge / principal debate in current IR? What is your position or answer to this challenge / in this debate?
The question I'd like us to be asking more clearly than we are is, 'are we a vocation and, if so, what kind of vocation are we'? This points to a varied set of questions that we, as scholars, gesture to but spend relatively little theoretical time developing or unpacking. There's an assumption that the knowledge we produce is supposed to be put good for something, practical in light of some praiseworthy purpose. Even theorists who perceive themselves to be epistemologically value-free hope, I think, at least on an intuitive level, that some practical good will emerge from what they do. They hope that they are doing 'good work' in the sense that some Christians use this term. But, there is not really a sustained project of thinking through how those works work: how our notions of vocation might be different or even mutually exclusive, and how the differences in our notions of vocation might be bound up in non-obvious ways to our epistemological, methodological, and theoretical choices.
Moreover, except for a few very important and quite heroic (and minoritarian) efforts, we don't really have a way to think systematically about the structure of the profession: how it influences or intervenes or otherwise acts on particular ideas as they percolate through it, and how those ideas get 'taken up' into policy. Brian Schmidt has done work like that, so has Inanna Hamati-Ataya, Ole Waever, Ido Oren, Oded Löwenheim, Elizabeth Dauphinee, Naeem Inayatullah, and Piki Ish-Shalom; and it's good work, but they are doing what they are doing with limited resources, and I think without due appreciation from a big chunk of the field as to why that work is important and what it means.
When I started writing Recovering International Relations, I had wanted to recover the 'view from nowhere' that many social scientists idealize. You know, that methodological conceit where we imagine we are standing on Mars, watching the earth through a telescope, or we're Archimedes standing outside of the world, leveraging it with distance and dispassion. I had worked on the Israeli-Palestinian conflict for a long time, was living in Tel Aviv, working for a think tank, and was—am—an Israeli citizen and an American citizen. I had this somewhat shocking discovery right after the Second Intifada broke out. Most of my senior colleagues were deploying their expertise in what seemed to me to be a very tendentious way: to show why the second Intifada was Yassar Arafat's fault or the Palestinian Authority's fault—or, in a few cases, the Israelis' fault. There were some very simplistic political agendas that were driving this research. People were watching the evening news, coming into work the next morning, and then running Ehud Yaari's commentary through their respective fact-values-methods mill. Or if they were well-connected, they were talking to their friends on the 'inside', and doing the same thing.
It was hard to admit this for a long time, but I was very naïve. I found that very unsettling and quite disillusioning. That's why the view from nowhere was so appealing. I wanted to be able to talk about Israel and Palestine without taking a position on Israel and Palestine—but without eschewing the expertise I had acquired along the way, in part because I was a party to this conflict, and cared about its outcome. I was young, inexperienced, and slightly arrogant to boot—neither yet a scholar, nor an 'expert,' nor really aware of the game I was playing. So my objections were not well received, nor did I pose them especially coherently. To their credit, my senior colleagues did recognize something worthwhile in my diatribes, and they did their best to help me get into graduate school.
As the project developed, and as I started engaging with my mentors in grad school, it appeared that the view from nowhere was essentially impossible to recover. With Hegel and with the poststructuralists, we can't really think from nowhere; the idea of it is this kind of intellectual optical illusion, as though thinking simply happens, without a mind that is conditioned by being in the world. Therefore, there needs to be a process by which we give account of ourselves.
There are a variety of different ways to consider how one might do that. There's what we might call the agentic approach, in which we think through the structure of thought itself: its limitations, our dependence on a certain image of thinking notwithstanding those limits—thought's work on us, on our minds. This is closest to what I do, drawing on Adorno and Kant, and Adorno's account of how concepts work in the mind; how they pull us away from the things we mean to understand even as they give us the words to understand them. And drawing on Jane Bennett, William Connolly, Hannah Arendt, Cornel West, JoanTronto, and JudithButler to think through how one conditions oneself to accept those limitations from a space of love, humility and service. Patrick Jackson's (TheoryTalk #44) Conduct of Research in IR is quite similar to this approach; and so is Colin Wight's Agents, Structures and International Relations; though they use more philosophy of science than I do.
One could also do this more 'structurally.' One could say 'this is how the academy works and this is how the academy interconnects with the larger political community' and then try to trace out those links: I mentioned Hamati-Ataya, Oren, and Ish-Shalom, or you could think of Isaac Kamola, Helen Kinsella, or Srdjan Vucetic.
Any of those approaches—or really, some admixture of them—would be pieces of that project. I would like us to be doing more of that—alongside, not instead of, all the other things we are already doing, from historical institutionalism to formal modeling, to large-N and quantitative approaches, and normative, feminist and critical ones. I would like such self-accounting to be one of the things scholars do, that they take it as seriously as they take methods, epistemology, data, etc. Driving that claim home in our field, as it's presently constituted, is our biggest challenge.
How did you arrive at where you currently are in IR?
I'm 42, so the Cold War was a big deal. I'm American-born, and I was raised in a pretty typical suburb. John Stewart from the Daily Show is probably the most famous product of my hometown, though I didn't know him. My view of history was a liberal and progressive in the Michael Waltzer/Ulrich Beck/Anthony Giddens, vein, but I was definitely influenced by the global circumstances of the time, and by the 'End of History' discourse that was in the air. I thought that the US was a force of good in the world. I was a nice Jewish boy from New Jersey. I really wanted to live in Israel for personal reasons, and the moral challenge of living in Israel after the Intifada seemed to go away with the peace process. So, it seemed to me that it was a kind of golden moment: you could 'render unto Caesar what was due to Caesar', and do the same for the Lord. I could actually be a Jewish-Israeli national and also a political progressive. (That phrase is, of course, drawn from the Gospels, and that may give you some sense of how my stated religious affiliations might have differed from the conceptual and theological structures upon which they actually rested—score one for the necessity of reflexivity. But in any case, those events were important.)
I moved to Israel when I was 22 and was drafted into the military after I took citizenship there. In the IDF, I was a low-level functionary/general laborer—a 'jobnik', someone who probably produces less in utility than they consume in rations. Our job was to provide support for the combatants that patrolled a certain chunk of the West Bank near Nablus—Shechem, as we called it, after the biblical name. I was not a particularly distinguished soldier. But we were cogs in a very large military occupation, and being inside a machine like that, you can see how the gears and pieces of it meshed together, and I started taking notice of this. Sometimes I'd help keep the diary in the operations room. You saw how it all worked, or didn't work; or rather, for whom it worked and for whom it didn't. All that was very sobering and quite fascinating.
I once attended a lecture given by the African politics scholar Scott Straus, and he said the thing about being present right after genocide is that you come across these pits full of dead bodies. It's really shocking and horrific—there they are, just as plain as day. Nothing I saw in the sheer level of violence compares to that in any way—I should stress this. But that sense of it all just being out there, as plain as day, and being shocked by this—that resonated with me. Everyone who cared to look could understand how the occupation worked, or at least how chunks of it worked. So I would say in terms of events, those things were the big pieces that structured my thinking.
Here's two anecdotal examples. Since I was a grade of soldier with very limited skills, I was on guard duty a lot. We had a radio. I could hear the Prime Minister on the radio saying we are going to strike so-and-so in response to an attack on such-and-such, and then I could see helicopters pass overhead to Nablus, and then I could see smoke. Then I could see soldiers come back from going out to do whatever it was the helicopter had provided air support for. I'd see ambulances with red crescents or red Stars of David rush down the main road. It began to occur to me that there was a certain economy of violence in speech and performance. I didn't think about it in specifically theoretical terms before I went back to graduate school, but Israelis had been killed, political outrage had been generated. There was a kind of affective deficit in Israeli politics that demanded a response, and some amount of suffering had to be returned—so the government could say it was doing its job. I found this very depressing. My odd way of experiencing this—neither fully inside nor outside—is certainly not the most important or authentic, and I'm not trying to set myself up as an expert on this basis. I'm only trying to account for how it made me think at the time and how that shows up in what and how I write now.
Later, when I was in the reserves, I was in the same unit with the same guys every year. One year, we were lacing our boots and getting our equipment for our three weeks of duty in a sector of the West Bank near Hebron, I think it was. I remember one guy, one of the more hawkish guys, said 'we'll show 'em this time, we'll show them what's what'. Three weeks later, that same guy said 'Jeez, it's like we're like a thorn in their backside; no wonder they hate us so much.' (He actually used some colorful imagery that I can't share with you.) I remember thinking, 'well, ok, he'll go home and he'll tell his family and his friends; some good will come of this.' The next year, I saw the same guy saying the same thing at the start, 'we'll show those SOBs.' And then three weeks later, 'oh my God, this is so pointless, no wonder they hate us…' So after a few years of this I finally said to him, 'tagid, ma yihiyeh itcha?'—Like, dude, what's your deal? 'We've had this conversation every year! What happens to you in the 48 weeks that you're not here that you forget this?' And I think he looked at me like, 'what are you talking about?'
I thought about that afterwards: we have these moments of experience when we're out of our everyday environment and discourse, the diet of news and fear, PR and political nonsense—that's when these insights become possible. So, when this guy comes in and says 'ok, we'll get those SOBs,' he's carrying with him this discourse that he has from home, from the news and TV, from his 'parliament' with his friends where they get together and talk about politics and war and economics and whatever else—and then a few weeks of occupation duty disrupts all that, makes him see it in a different light, and he has these kinds of fugitive experiences which give him a weirdly acute critical insight. Suddenly, he's this mini-Foucault.
In a few weeks, though, he goes back to his life, there's no space or niche into which that uncomfortable, fugitive insight can really grow, so it just sort of disappears or withers on the vine, its power is dissipated. This is a very real, direct experience of violence and it's covered over by all of this jibber-jabber. So there's a moment where you start to wonder: what exactly happens there? What happens in those 48 weeks? What happens to me during those weeks? You can see how a kind of ongoing critical self-interrogation would evolve out of that. Again, none of those things are exactly what my book's about, but it gives you a sense of how you might find Adorno's kind of critical relentlessness and negativity vital and important and really useful and necessary. You can see how that might inform my thinking.
In terms of books, as an undergraduate, I had read, not very attentively, Said and Foucault, and all of the stuff at the University of Chicago we had to take in what they called the 'Scosh Sequence,' from sociologists like Elijah Anderson and William Julius Wilson to Charles Lindblom and Mancur Olsen: texts from the positive and the interpretive to the post-structural. I had courses with some very smart Israeli and Palestinian profs—Ephraim Yaar, Salim Tamari, Ariela Finkelstein. And of course Rashid Khalidi was there at that time. Once I was in the military, the Foucault and Said suddenly started popping around in my head. Suddenly, this sort of lived experience of being on guard duty made the Panopticon and the notion of discipline go from being a rather complicated, obscure concept to something concrete. 'Oh! That's what discipline is!'
When I went back to graduate school, I was given a pretty steady diet of Waltz, rational deterrence theory, Barry Posen, Stephen Walt (Theory Talk #33), and Robert Jervis (Theory Talk #12). Shai Feldman was a remarkable teacher, so were Ilai Alon in philosophy, Shlomo Shoham in sociology and Aharon Shai in History. Additionally I had colleagues at work who were PhD students at the Hebrew University working with Emanuel Adler; they gave me Wendt (Theory Talk #3), Katzenstein's (TheoryTalk # 15) Culture of National Security, Adler and Barnett, and Jutta Weldes' early article on 'Constructing National Interests' in the EJIR (PDF here). My job was to help them publish their monographs, so I got really into the guts of their arguments, which were fascinating. I am not really an agency-centered theory guy anymore and I am not really a constructivist anymore, but that stuff was fantastic. I saw that one could write from a wholly different viewpoint, perspective, and voice. This is all very mainstream in IR now, but at the time, it felt quite edgy, very novel. Part of the reason why the middle chapters of Recovering IR has these long discussions about different kinds of constructivism is that I wouldn't have had two thoughts to rub together if it was not for those books. I do disagree with them now and strongly, but they were very important to me all the same.
What would a student need to become a specialist in IR or understand the world in a global way?
I'd be more comfortable answering that question as someone who was, until relatively recently, a grad student. I've not been productive long enough to say 'Well, here's how to succeed in this business and be a theorist of enduring substance or importance' with any authority. But I can say, 'here's how I'm trying to be one.' There's a famous article by Albert O. Hirschman called 'The Principle of the Hiding Hand,' (PDF here) and in it he says that frequently, the only way one can get through really large or complicated projects is to delude oneself as to how hard the project is actually going to be. He takes as an example these ambitious, massively complicated post-colonial economic projects of the Aswan High Dam variety. The only way such enormous projects ever get off the ground, he says, is if one either denies their true complexity or deludes oneself. Otherwise you despair and you never get it done. From the first day of seminar to dissertation proposal to job—thank God I had no idea what I was in for, or I might have quit.
Also, the job market being what it was, we had to be very, very passionate scholars who wrote and argued for the sheer intellectual rush and love of writing. And yet, we also had to be very practical and almost cynical about the way in which the academic market builds on the prestige of publications and the way in which prestige becomes shorthand for your commodity value. At least in the US, the decline of tenure and the emergence of a kind of new class of academics whose realm of responsibility is specifically to engage in uncomfortable kinds of political and moral critique—but without tenure, and at the mercy of a sometimes feckless dean, an overburdened department chair or fickle colleagues—that's very scary. If you're doing 'normal science', it's a different game and the challenges are different. But if your job is to do critique, in the last ten years, it's a very big deal. Very difficult. I'm very fortunate in that regard; at Alabama I've had great support from my department, my chair, and my college.
I was a Johns Hopkins PhD, and my department was fantastic in terms of giving me support, encouragement, getting out of my way while throwing interesting books at me, reading drafts that were bad and helping me make them good—or at least telling me why they were bad. We did not get particularly good professional training, because I think they did not want us to get professionalized before we found our own voice. I'm really grateful for that, truly. But then there's this period in which you have to figure out how to make your voice into a commodity. That's really tough, it's a little bit disheartening—even to discover that you must be a commodity is dismaying; didn't we go into the academy to avoid this sort of logic? But just like Marx says, commodities have a double life, and so do you. The use-value of your scholarship and its exchange-value do not interlock automatically and without friction. So you spend all this time on the use-value of it—writing a cool, smart, interesting dissertation—thinking that will translate into exchange-value, and it turns out that it sort of does, but a lot of other things translate into exchange-value too that aren't really about how good your work is necessarily. And many of your colleagues, if what you're doing is original, won't really understand what you're doing; the value or the creativity of it won't be apparent to them unless they spend a lot of time sifting through your bad drafts of it, which only a few—but God bless those—will do. So how you create exchange-value for yourself is important. So is finding people who will care about you, your project, your future—and learning when to take their advice, when to ignore it, and how to do so tactfully.
If all that's hard, you're probably doing it right. It's unfortunate that that's how it is, but at all events, that's how it was for me.
Would you elaborate on the concept of vocation and why this is so important to the view from nowhere? It is important to say that the view from nowhere is perhaps difficult. So is vocation, or a kind of Weberian approach, a way to articulate that for you?
There's a quote in a book from a Brazilian novelist named Machado de Assis. His protagonist is this fellow Bras Cubas, who's writing a posthumous memoir of his own life. He's writing from beyond the grave. From there, he can view his whole life and his entire society from outside; he's finally achieved positivism's view from nowhere. But the thing about this view—and the book means to be a sendup of the Comtean positivism that was fashionable in Brazil in those days—is that it gives him no comfort. He now knows why he lived his life the way he did; how he failed and what was—and what was not—his fault. The absurdity of it all makes sense. But it changes nothing: he has died unfulfilled, unloved, and essentially alone: a minor poet and back-bench politician who was ultimately of little use to anyone nor of much to himself. All he knows is how that happened.
In the end, if we're all playing a role in how a world comes into being and it's in some sense our job simply to accept this, and our job as scholars merely to explain it, this gives us no comfort in the face of suffering, in the face of violence and evil. To some extent as scholars, and to some extent as a discipline, we exist as a response to evil, to suffering, to foolishness, to folly; it's not a coincidence that the first professorship of IR is created in Britain in the wake of WWI, and that it's given to someone like E. H. Carr.
If we don't have a view from nowhere because we've given up anything like a moral sense that can't be reduced to fractional, material, or ideological sensibilities, and if we know that sometimes those 'views from somewhere' can provide cover for terrible kinds of evil or justify awful kinds of suffering, then the notion of vocation seems to come in at that point and say well, 'here's what I hope I'm doing', or 'here's what I wish to be doing', or 'here's what I'd like to think I'm doing', and then allowing others to weigh in and give their two cents. Vocation, in the sense of Weber's lectures, comes out of that. It's Kant for social scientists: What can I know? What should I do? For what may I hope? In other words, what the necessity and obligation of thinking is on the one hand, and on the other what its limitations are.
This is a way to save International Relations from two things: one, from relativism and perspectivism, and the other, from a descent into the technocratic or the managerial. I am trying to stand between the two. My own intellectual background was in security studies at Tel Aviv University in the 1990s: the period immediately after Maastricht, in the period of the Oslo Process, the end of Apartheid. My hope back in the days when the peace process seemed to me to be going well was that I'd be able to have a kind of technocratic job in Israel's Ministry of Foreign Affairs or Defense. Counting tanks, or something similar. I thought that would be a pretty good job. I would be doing my part to maintain a society that had constructed a stable, long-term deterrent by which to meaningfully address the problem of Jewish statelessness and vulnerability, but without the disenfranchisement of another people. I could sit down and count my tanks with a clear conscience, because the specter of evil was being removed from that work. The problem of the occupation was being be solved. Again, it's somewhat embarrassing to admit this now.
I would say in the US academy, there is definitely a balance in favor of the technocrats. We have enormous machines for the production and consumption of PhDs in this country. The defense establishment is an enormous player. Groups like the Institute for Defense Analysis need a lot of PhDs, the NSF funds a lot of PhDs (for now, at least), and that tips the balance of the profession in a certain way. My ability to use ideas compellingly at ISA won't change that fact all by itself, there's a base-superstructure issue in play there.
In Europe, it's a different story, for a bunch of reasons. The defense establishments of the EU member states aren't as onerous a presence. And, there are more of them; so there's a kind of diversity there and a need to think culturally about how these various institutions interlock and how people learn to talk to each other: the Martha Finnemore-to-Vincent Pouliot-to-Iver Neumann (Theory Talk #52) study of ideas and institutions and officials. Plus, you have universities like the EUI and the CEU, which are not reducible to any particular national interest or education system; creating knowledge, but for a political/state form that's still emergent. No one knows exactly what it is, what its institutions and interests will ultimately be. Because of that, it's hard to imagine the EUI producing scholars with obviously nationally-inflected research programs, like Halford Mackinder, Mahan, Ratzel from a century ago. There will still be reifications and ideologies, but there's more 'give' since the institutions are still in play. And there's fantastically interesting stuff happening in Australia, and in Singapore—think of people like Janice Bialley-Mattern, Tony Burke and Roland Bleiker.
Critique has a long and controversial history in our discipline. Could you perhaps elaborate, as a kind of background or setting, how critique can be used in IR and why you've placed it at the center of your approach to IR theory?
Critique as term of art comes into the profession through Robert Cox (Theory Talk #37) and through the folks that were writing after him in the '90s, including Neufeld, Booth, Wyn-Jones, Rengger, Linklater and Ashley—though pieces of the reflexive practice of critique are present in the field well before. For Cox, the famous line is that theory is always 'for something and for someone.' The question is, if that's true how far down does that problem go? Is it a problem of epistemology and method, or is it a problem of being as such, a problem of ontology? Is it fundamental to the nature of politics?
If the set of processes to which we refer when we speak of 'thinking' is inherently for someone and for something, and that problem harkens back to the idea that all thinking is grounded in one's interests and perspectives, i.e., that all practical or systematic attempts to understand politics are 'virtuous' in the Machiavellian sense (they serve princely interests) but not necessarily in the Christian sense (deriving from transcendent values), then we have a real problem in keeping those two things separate in our minds. Think of Linklater's book Men and Citizens in International Relations as a key node in that argument, though Linklater ultimately believes (at least in that book) that a reconciliation between the two is possible. I'm less convinced.
Now recall the vocation point we discussed before. IR as a discipline has a deep sense of moral calling which goes beyond princely interest. And the traditions on which it draws are as much transcendently normative as anything else. So encoded in our ostensibly practical-Machiavellian analyses is going to be something like a sense of Christian virtue; we'll believe we're not merely correct in our analyses, but really and truly right in some otherworldly, transcendent way. True or not, that sense of conviction will attach itself to our thinking, to the political forces and agendas that we're serving. We'll come to believe that we are citing Machiavelli in the service of something greater: whether that's 'scientific truth' or the national interest, or what have you. Nothing could be more dangerous than that. Critique, as an intervention, comes here: to dispel or chasten those beliefs. Harry Gould, Brent Steele, and especially Ned Lebow (Theory Talk #53) write about prudence and a sense of finitude: these are the close cousins of this kind of critique.
If we take seriously the notion that people sometimes fight and kill in the service of really awful causes while believing they are doing right, and that scholars sometimes help them sustain those convictions rather than disabuse them of them—even if they do not intend this—then critique becomes an awfully big problem and it really threatens to undermine the profession as such. It opens up a whole new level of obligation and responsibility, and it magnifies what might otherwise be staid 'inside baseball'—Intramural scholarly or methodological debates. Part of the reason why the 'great debates' were so great—so hotly fought—had to do with this: our scholarly debates were, in fact, ideological ones.
It undermines the field in another way as well. If we take critique seriously, there's got to be a lot of moral reflection by scholars. That will make it hard to produce scholarship quickly, to be an all-purpose intellectual that can quickly produce thought-product in a policy-appropriate way, because I will want to be thinking from another space, and of course precisely what policy-makers want is that you don't think from some other space; that you present them with 'shovel ready' policy that solves problems without creating new ones.
So you now have not just a kind of theoretical or methodological interruption in the discussion of, say, absolute or relative gains. You now have to give an account of yourself. And for me, that's what critique in IR means. To unpack the definition I gave above, it's the attempt to give an account of what the duties and limits of one's thinking are in the context of politics, given the nature of politics as we understand it. Because IR comes out of the Second World War, we're bound to take the most capacious notions of what political evil and contingency can be; if we are not always in the midst of genocide and ruin, then we are at least potentially so. And so contingency and complexity and all the stuff that we're talking about must face that. I want to hold out that Carl Schmitt and Hans Morgenthau might be right—in ways which neither they, nor I, can completely fathom. Then I have to give accounts of thinking that take a level of responsibility commensurate with that possibility.
In that vein, when I look at accounts of thinking in the context of the political, when I look at what concepts are and how they work and how they do work on the world so that it can be rendered tractable to thought, I realize that what we come up with when we're done doesn't look very much like politics anymore. We have tools which, when applied to politics, change it quite dramatically; they reify or denature it. To be critical in the face of that, you're going to be obliged to an extensive degree of self-interrogation and self-checking, which I call chastening.
That process of chastening reason, is, in effect, what remains of the enlightenment obligation to use practical reason to improve what Bacon called the human estate. What's left of that obligation is to think in terms of the betterment of other human beings as best as you can, knowing you can't do that very well, but that you may still be obliged to try.
That's really hard to do and it's an odd form of silence and non-silence. After all, if I were to look at the Shoah while it was happening, or look at what happened in Rwanda, and say 'well, I don't really have a foundational position on which to stand so I can't analyze or condemn that'—that would not be a morally acceptable position. Price and Reus-Smit (TheoryTalk #27) say this in their 1998 article and they are absolutely right. But then there's the fact that I don't quite know what to say beyond 'stop murdering people!' The world is so easy to break with words, and so hard to put back together with them—assuming anyone cares at all about anything we say. So I am obliged to respond to those kinds of events when I see them, and I am also obliged to acknowledge that I can't respond to them well, because my authority comes from the conceptual tools I have, and they aren't really very good. Essentially, what I'm doing as scholar of IR is the equivalent is using the heel of my shoe to hammer in a nail. (That's a nice line, no? I wish it was mine, but it's Hannah Arendt.) It will probably work, but it will take a while, and the nail won't go in so straight. To chasten one's thinking is to remind oneself that the heel of one's shoe is not yet a hammer; that all we're doing is muddling through—even when we do our work with absolute seriousness and strict attention to detail, context and method—as of course we should.
You discuss IR theory in terms of different reifications. In which was does that also lead you to take a stand against a Weberian understanding of IR?
I think where I depart from Weber is that he has more faith than I do that, at some point, disenchantment produces something better. There is faith or hope on their part that the iron cage that we experience as a result of disenchantment and as a result of the transformation from earlier forms of charismatic and traditional authority to contemporary rational ones won't always be oppressive, not forever. New forms and ways of being will emerge, in which those disenchanted modes actually will fulfill their promise for a kind of improvement in the human estate. If it's a long, complicated process—hence the image of slow boring into hard wood—but faith is still justified, good things can still happen.
For me, the question is how would you manage a society that is liable to go insane or to descend into moments of madness because of the side-effects or intervening effects of disenchantment and modernization, while holding fast to the notion that at some point, this is going to get better for most people? I'm a bit less certain about that than I read Patrick and Weber being. I think that even if they're right, it makes sense morally as scholars, not necessarily as citizens or individuals or people, to dwell in the loss of those who fall along the way.
I find myself thinking about the people who are gone a lot. My ex-wife teaches on slavery, and I think a lot about this terrible thing she once told me. On slave ships, when there was not enough food they would throw the people overboard because ship masters got insurance money if their property went overboard, but not if human beings succumbed on-ship. There's a scene depicting this in Spielberg's film Amistad and it haunts me. I find myself thinking about those people, dragged under with their chains. I wonder what they looked like, what they had to say. I wonder what they might have created or how their great-great grandchildren children would have played with my child. I wonder if my best friend or true love was never born because her or his ancestor died in this way. An enormous number of people perished. I can't quite believe this, even if I know it's true.
Yoram Kaniuk, the recently deceased Israeli novelist, wrote that the Israeli state was built on the ground-up bones of the Jews who couldn't get there because it was founded too late. I wonder about them too. And when I taught course modules on Cambodia, I would find myself looking at the photographs made of the people in Tuol Sleng before they were killed, the photo archives which the prison kept for itself. There is a mother, daughter, father, brother, son, and I find myself drawn into their eyes and faces. I don't want those people to disappear into zeros or statistics. I want somehow to give them some of their dignity back, and I want to dwell in the tragic nature my own feeling because it bears remembering that I cannot ever really do that. If I remember that, I will have some sense of what life's worth is, and I won't speak crassly about interventions or bombings or wars—wherever I might come down on them. I would say that it's almost a religious obligation to attend to the memory of those people. My desire to abide with them makes me very, very suspicious of hope or progress. I want this practice of a kind of mourning or grief to chasten such hope.
There's a problem with that position. Some will point out to me that this will turn into its own kind of Manichean counter-movement, a kind of Nietzschean ressentiment. Or else that dwelling in mourning has a self-congratulatory quality to it. And there are certainly problems with this position at the level of popular or mass politics. We do see a lot of ressentiment in our politics. On the left, there's a lot of angry, self-aggrandizing moral superiority. And you can think about someone like Sarah Palin in the US as a kind of populist rejection of guilt and responsibility from the right.
But as social scientists, we might have space to be the voice for that kind of grief, to take it on and disseminate the ethics that follow from it; to give that grief a voice. That kind of relentless self-chastening is what I'm all about. I think it opens you up to new agendas and possibilities. I think it's a much deeper way to be 'policy relevant' than most of my colleagues understand this term. If we are relentlessly self-critical as scholars, and if we relentlessly resist the appropriation of scholarly narratives to simplistic moral or political ends and if we, as a society, help to build an intolerance of that and a sense of the mourning that comes out of that, we also open our society up to say things like, 'ok, well what's left?'
And then, well, maybe a lot of things are left, and some of them are not so bad. Maybe we start to imagine something better. That's where I'd rejoin Jackson and Weber; after that set of ethical/emotional/spiritual moves. I think, by the way, that Patrick mostly agrees with me; it's only a question of what his work emphasizes and what mine has emphasized. On this point, consider Ned Lebow's notion of tragedy. He and I disagree on some of the details of that notion. But on top of his remarkable erudition, he's a survivor of the Shoah. I suspect he has thought very deeply about grief and mourning, and in ways that might not be open to me.
The final question I want to pose to you is a substantive one: Your understanding of critique somehow does relate to sustaining progress, in a way. Perhaps on the one hand, you are not so optimistic as Weber was, but on the other hand, your work conveys the sense that it is possible to bridge the gap between concepts and things. I'm not sure if it's possible, but perhaps you can relate it to the substantive example of how your work relates to concrete political situations. I think the example of Israel-Palestine comes to mind best.
Again, I don't think I am as optimistic as that. In my heart of hearts, I desperately wish this to be the case. To think of the people who were most influential on my intellectual development—my cohort of fellow grad students at Johns Hopkins and our teachers, to whom as a group I owe, really, everything in intellectual terms—I was certainly in the minority view. Most of them were, I think, working in the Deleuzian vein of making 'theory worthy of the event.' I just don't believe that's possible; or anyway I think it's really, really, really hard, the work of a generation to tell that story well and have it percolate out into our discipline and our culture. In the meantime, we must muddle through. I hope I'm wrong and I hope they're right. I'm rooting for them, even as I try to give them a hard time—just as I give Keohane (Theory Talk #9) and Waltz and Wendt and everyone else I write about a hard time. But I'd be happy, very happy, to be wrong.
What I do think can be done is that you can sustain an awareness of the space between things-in-themselves and concepts, and by extension some sense of the fragility and the tenuousness of the things that you think and their links to the things that you do. Out of this emerges a kind of chastened political praxis.
You mentioned Israel and Palestine, which I care a great deal about and am trying to address more squarely in the work I'm doing now, partly on my own and partly in pieces I've worked on with my colleague Daniel Monk. What we observe is that though the diplomatic negotiations failed pretty badly twelve and a half years ago, we're still looking at the same people running the show: the same principal advisers and discussants and interlocutors: in the US and Israel and in the Palestinian Authority. The same concepts and assumptions too. Just a few days ago, Dennis Ross published a long op-ed about how we get the peace process back on track, and you might think that you're reading something from another time—as though the conflict were a technical challenge rather than a political one. You know that Prince song about 'partying like it's 1999'?
I don't know what a peaceful, enriching, meaningful Israeli-Jewish-Arab-Palestinian-Muslim-Christian collective co-existence or sharing of space or world looks like, but I know that this pseudo-politics ain't that. When I see something that's just a re-hashing, I can say, 'come on guys, that is not thinking, that's recycling the old stuff and swapping out dates, proper nouns and a few of the verbs.' Nor is it listening to other voices who might inspire us in different ways, or might help us rethink our interests, categories and beliefs. Lately, I've been listening to a band called System Ali, hip-hop guys from Jaffa's Ajami quarter, who sing in four languages. What they say matters less to me than the fact that they really seem to like another, they trust each other, they let each voice sing its song and use its words. They have something to teach me about listening, thinking, acting and feeling—because it's music after all—and that can produce its own political openings.
Of course, there are pressure groups, from industry and AIPAC to whatever else in the US, and those groups merit discussion and debate, but I'm also wary of the counter-assumption which follows from folks who talk about this too reductively: that there actually is an American interest, or a European or Arab or Israeli one, which somehow transcends partisan interest—one that can be recovered once the diaspora Jews, the oil moguls, the arms dealers or the Christian 'Left Behind' people are taken out of the picture. That feels like the same heady brew that Treitschke and Meinecke and the German realpolitik scholars poured and drank: that the national state has some transcendent purpose to which we gain access by rising above or tuning out the voices of the polity or its chattering classes. Only with a light liberal-internationalist gloss: Meinecke meets David Lake (Theory Talk # 46), Anne-Marie Slaughter or John Ikenberry.
I can also go meet starry-eyed idealists who want to hold hands and sing John Lennon, I can say to them yes, I want to hold your hand and sing John Lennon, but I am also enough of a social scientist to know that if a policy does not respond to real and pressing problems—water, land, borders etc.—that any approach that does not respond to those things will be hopelessly idealist. It will be what my granny called luftmentsch-nachess—the silly imaginings of men with their heads in the clouds, like the parable about Thales and the Thracian maiden. I am not interested in being either a luftmentsch nor a technocrat. So what does that leave with you with? You need to balance.
You can look at groups at the margins of political culture to see what they can tell you. In Israel and Palestine, it's groups like Ta'ayush, Breaking the Silence and Zochrot, and this settler leader who recently died, Rabbi Frohman, who was going out and meeting every Palestinian leader he could because for him, being a Jew in the land was not, in the first instance about his Israeli passport. There were and are possibilities for discussion that feel really pregnant and feel very different from the conversation we are sustaining now; which reveal its shallowness and its limitations and its pretentiousness. These other voices are of course not ideal either, they are going to have their own problems and limitations, their own descent into power and exclusion and so on, but they reveal some of the lie of what we're doing now.
I guess in the end, social scientists make a living imagining the future on the basis of the past. I also spend a lot of time reading novels and watching books and films. Partly because I am lazy and I like them. Partly because I'm looking for those novels and films to help me imagine other possibilities of being that aren't drawn from the past. Art, Dewey tells us in The Public and its Problems, is the real bearer of newness. Maybe then, I get to grab onto those things and say ok, what if we made those them responsive to an expansive materialist analysis of what an Israeli-Palestinian peace would need to survive? What if we held the luftmentsch's feet to the materialist/pragmatic fire, even as we held the wonk's feet to the luftmentsch's fire? Let them both squeal for a while. There's possibility there.
Daniel J. Levine is assistant professor at the University of Alabama. Among his recent publications (see below) stands out his book Recovering International Relations.
0 0 1 7019 40009 School of Global Studies/University of Gothenburg 333 93 46935 14.0
Faculty Profile at U-Alabama Read the first chapter of Levine's Recovering IR (2012) here (pdf) Read Barder and Levine's The World is Too Much (Millennium, 2012) here (pdf) Read Levine's Why Morgenthau was not a Critical Theorist (International Relations, 2013) here (pdf) Read Monk and Levine's The Resounding Silence here (pdf)