Die Rolle der UNO und des Sicherheitsrates im Irakkonflikt
In: S + F: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, Band 21, Heft 1, S. 28-35
ISSN: 0175-274X
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In: S + F: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, Band 21, Heft 1, S. 28-35
ISSN: 0175-274X
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In: Internationale Politik: das Magazin für globales Denken, Band 59, Heft 6, S. 25-32
ISSN: 1430-175X
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In: Humanitäres Völkerrecht: Informationsschriften ; HuV-I = Journal of international law of peace and armed conflict, Band 18, Heft 4, S. 245-253
ISSN: 0937-5414
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In: S + F: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden, Band 17, Heft 1, S. 26-29
ISSN: 0175-274X
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In: Stichworte für die Öffentlichkeitsarbeit und Truppeninformation
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Die italienische Literatur außerhalb Italiens erlangt in der Literaturwissenschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts zunehmend ihre verdiente Aufmerksamkeit, sobald nämlich die soziokulturelle Analyse der verschiedenen Formen des äußeren und inneren Postkolonialismus an Bedeutung gewinnt. Imperialismus und Nationalismus werden in gleicher Weise für die kulturelle Entfremdung der außerhalb, aber auch innerhalb der nationalen Grenzen liegenden Gebiete verantwortlich gemacht und als ideologische Konstrukte entlarvt. Die in Bezug auf Produktion von italienischer Literatur außerhalb Italiens vermutlich herausragende Region, nämlich Österreich bzw. die Länder der Habsburgermonarchie, welche über beinahe 500 Jahre vom Frühhumanismus bis zum Ersten Weltkrieg quantitativ und qualitativ die reichhaltigste Tradition aufweist, wird von der Forschung allerdings immer noch unzureichend gewürdigt. Diese Lücke soll durch den vorliegenden ersten Teil einer umfassenden Geschichte der italienischen Literatur in Österreich geschlossen werden. Immerhin wird die außergewöhnliche Position des Wiener Hofes, der das Italienische zumindest von der Mitte 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts als offizielle Sprache der Repräsentation nach außen und nach innen als familiäre Sprache der kulturellen Kommunikation verwendet, inzwischen uneingeschränkt anerkannt. Zu den wichtigsten Grundlagen des vielfältigen Kulturtransfers zwischen den österreichischen Ländern und den italienischen Territorien zählen ohne Zweifel die zahlreichen dynastischen Verbindungen zwischen den Habsburgern und den Herrscherfamilien Italiens. Die dynastisch motivierten Eheschließungen bedingen intensive kulturelle Beziehungen und ökonomische Verflechtungen zwischen den jeweiligen Staaten Österreichs und Italiens, aber auch die fallweise daraus resultierenden Verwicklungen in territoriale Konflikte sowie militärische Bündnisse, welche nicht immer zur gegenseitigen Sympathie beitragen. Die aus den wechselseitigen wirtschaftlichen und dynastischen Beziehungen resultierenden politischen Interventionen der Habsburger in Italien erleben zunächst in der Frühen Neuzeit - vor allem unter Karl V. und Ferdinand I. - ihren Höhepunkt, während sich die administrative Präsenz im Königreich Neapel 1707-34 und in der Lombardei beinahe während des gesamten 18. Jahrhunderts (1714-97) als markant für die beiderseitigen Beeinflussungen herausstellt, bevor die italienische Einheitsbewegung des 19. Jahrhunderts völlig neue Voraussetzungen schafft. Die geistigen Strömungen des Humanismus, des Barock und der Aufklärung, welche in diesem Band ihre gebührende Würdigung finden sollen, werden in ihrem Vordringen aus den italienischen Gebieten nach Österreich durch die genannten dynastischen Beziehungen maßgeblich gefördert und verwurzeln sich nachhaltig durch die Zuwanderung bzw. die zum Teil sehr langen Schaffensperioden italienischer Autoren in den österreichischen Kulturzentren, allen voran Wien. Deren Aktivitäten in den habsburgischen Gebieten sind in der Forschung bisher nur unzulänglich und unsystematisch dokumentiert, weil ihre Produktion in einem fremden Land für fremde Herrscher mit den im 19. Jahrhundert entworfenen Visionen von einer Nationalliteratur unvereinbar sind. Sie finden in der österreichischen Literatur keine Berücksichtigung, weil die Werke nicht in der Landessprache abgefasst sind, und sie tauchen kaum in den italienischen Darstellungen auf, weil sie keinen Beitrag zur nationalen Tradition leisten. ; Towards the end of the 20th century the Italian literature created outside Italy finally started to receive proper attention, because research began to focus on the socio-cultural analysis of the different forms of internal and external postcolonialism. As a result, both imperialism and nationalism are seen as responsible for phenomena of cultural alienation in many territories outside as well as inside the national borders of the country and are exposed as ideological constructs. Nevertheless research still neglects the one undoubtedly outstanding region in the production of Italian literature outside Italy, i.e. Austria, more precisely the territories of the Habsburg Monarchy, where for nearly 500 years - from early Humanism to the First World War - the tradition was the richest in quantity as well as in quality. This first part of a comprehensive history of the Italian literature created in Austria for an Austrian public has been written with the intention of filling this gap. The unique position the Italian language held at Vienna's imperial court at least from the middle of the 17th to the middle of the 18th century is well known: Italian was not only an official language for the purpose of representation, it also served as a vehicle of cultural communication in the inner circle of the imperial family. The numerous political connections between the House of Habsburg and the ruling Italian dynasties are a major reason for the manifold cultural transfers between the Austrian territories and the Italian States. The great number of strategic marriages led to intense cultural as well as economical relations, which obviously did result in occasional implications in territorial conflicts and in military alliances not always favorable to the mutual understanding. As a consequence of the above mentioned economical and dynastical connections the Habsburgs often intervened politically in Italy, first in the Early Modern Period, especially during the reigns of Charles V and Ferdinand I. Two centuries later, the Habsburg administration of the Kingdom of Naples (1707-1734) as well as of Lombardy during most of the 18th century (1714-1797) was decisive for the continuation of those interchanges, which ended however, when the Italian movement of unification began to create a totally new situation. Humanism, baroque and enlightenment, three currents which are amply discussed in the present volume, could more easily expand from Italy to Austria because of the before described dynastical connections and they established themselves still deeper because of the immigration or the long stays of Italian authors in the cultural centers of the Austrian monarchy, first of all of course in Vienna. Not surprisingly however, we possess so far only an inadequate and unsystematic documentation of the activities and literary productions of the great majority of those authors: As is well known, the 19th century created a nationalistic base for literary studies, a view which still for a long time influenced the 20th century for a long time. The Italian authors working and publishing in Austria did so in their own language, but in a foreign country and for a foreign sovereign. For this reason they obtained practically no attention in Austrian literary studies, because there works were not composed in the national language, and their appearance in Italian studies is all but nonexistent because they made no direct contribution to the national literary tradition.
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In: Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten: INAMO ; Berichte & Analysen zu Politik und Gesellschaft des Nahen und Mittleren Ostens, Band 24, Heft 95, S. 35-38
ISSN: 0946-0721, 1434-3231
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Inhaltsübersicht -- Erstes Buch. Grundlagen -- §1. Wesen des Völkerrechts -- I. Begriff des Völkerrechts -- II. Rechtsnatur des Völkerrechts -- III. Dispositives Recht -- IV. Allgemeines und partikuläres Völkerrecht -- V. Völkerrecht und Landesrecht -- §2. Quellen des Völkerrechts -- I. Rechtsübung und Rechtssatzung -- II. Kodifikation des Völkerrechts -- III. Vereinigungen für Vorarbeiten -- §3. Für die Geschichte des Völkerrechts bedeutsame Vorgänge (bis zum Weltkriege) -- I. Vor dem Westfälischen Frieden -- II. Vom Westfälischen Frieden bis zum Wiener Kongreß -- III. Wiener Kongreß — Krimkrieg -- IV. Vom Pariser Frieden (1856) bis zur Berliner Balkankonferenz (1878) -- V. Von der Balkankonferenz über die Haager Friedenskonferenzen (1899, 1907) an den Weltkrieg -- A. Der nahe Osten; Bündnisse; Kolonialfragen -- B. Die Haager Friedenskonferenzen -- C. Der ferne Osten; Marokko; Balkankriege (1900–1914) -- §4. Der Weltkrieg -- A. Ursachen (Schuldfrage) -- B. Anlaß und Verlauf -- C. Der Friedensvertrag von Versailles -- D. Die Friedensverträge mit den andern Mittelmächten -- E. Wandlung der Friedensverträge -- F. Wanken und Wiederaufbau des Völkerrechtes -- §5. Entwicklung einer Wissenschaft des Völkerrechts -- §6. Völkerrechtswissenschaft und -Literatur -- I. Das Völkerrecht innerhalb des Rechtssystems -- II. Systematik des Völkerrechts -- III. Einteilung des Lehrbuches -- IV. Neuere Literatur -- Zweites Buch. Die Rechtssubjekte des völkerrechtlichen Staatenverbandes I. Die Staaten -- §7. Die Staaten als Rechtssubjekte des Völkerrechts -- I. Staaten Subjekte des Völkerrechts -- II. Begriff des Staates -- III. Entstehung und Untergang des Staates -- IV. Völkerrechtliche Anerkennung -- V. Änderung der Regierungsform -- VI. Der Papst -- II. Die völkerrechtliche Handlungsfähigkeit -- §8. Allgemeines -- §9. Staatenverbindungen -- §10. Halbsouveränität und Protektorat -- I. Halbsouveränität -- II. Einzelne halbsouveräne Staaten -- III–V. Protektorat -- §11. Neutralisierte Staaten -- I. Wesen der Neutralisation -- II. Dauernd neutrahsierte Staaten -- III. Einseitige Neutralitätserklärungen -- §12. Anhang: Das "Mandat" des Völkerbundes -- III. Die Staatsgewalt -- §13. Äußere Unabhängigkeit (Grundrechte der Staaten) -- I. Die Grundrechte der Staaten -- II. Gleichberechtigung -- III. Selbständigkeit und Unabhängigkeit (Intervention) -- IV. Exterritorialität fremder Staaten -- V. Recht und Pflicht des Verkehrs -- §14. Innere Selbständigkeit -- I. Abgrenzung des Machtbereiches -- IL Autonomie der Staatsgewalt -- III. Gebietshoheit (Staatsservituten; Exterritoriahtät) -- IV. Personalhoheit -- IV. Das Staatsgebiet -- §15. Umfang des Staatsgebietes im allgemeinen -- I. Das Landgebiet -- II. Das Wassergebiet -- III. Luftraum u. a. -- §16. Einzelfragen (Küstengewässer u.a.) -- I. Küstengewässer -- II. Staats- und Handelsschiffe als "schwimmende Gebietsteile" -- III. Luftfahrzeuge -- §17. Erwerb und Verlust von Staatsgebiet (Allgemeines — Plebiszit, Option) -- I. Allgemeines -- II. Plebiszit und Option -- §18. Einzelne Erwerbsarten (Okkupation u.a.) -- I. Okkupation -- II. Übernahme "zur Besetzung und Verwaltung" -- III. Mandat? (vgl. §12) -- V. Das Staatsvolk -- §19. Das Staatsvolk -- I. Begriff und Umfang -- II. Staatsangehörigkeit (Erwerb und Verlust) -- III. Schutzgewalt des Staates -- IV. Völkerrechtliches Indigenat -- V. Juristische Personen -- VI. See- und Binnenschiffe -- Drittes Buch. Der völkerrechtliche Verkehr innerhalb des Staatenverbandes -- Vorbemerkung -- Erster Abschnitt -- §20. Der Grundsatz der Verkehrsfreiheit (Fremdenrecht) -- I. Erschließung des Landes -- II. Rechtsstellung der Staatsfremden -- III. Fremdenpolizei (Ausweisung) -- IV. Handelsschiffe -- V. Fremde Truppenkörper und Kriegsschiffe -- Zweiter Abschnitt. Die nationalen Organe des zwischenstaatlichen Verkehrs -- §21. Die völkerrechtliche Vertretungsbefugnis -- I. Staatsrechtliche Grundlage -- II. Die Organe für die Vertretung -- III. Anteil des Parlaments -- §22. Das Staatshaupt -- I. Allgemeine Rechtstellung -- II., III. Exterritorialität -- §23. Die Gesandten -- I. Geschichtliches -- II. Das Gesandtschaftsrecht -- III. Rangordnung der Gesandten -- IV. Der Gesandte als Staatsbeamter -- V. Begründung und Beendigung der völkerrechtlichen Stellung -- VI. Vertretungsmacht -- VII., VIII. Exterritorialität -- §24. Die Konsuln -- I. Geschichtliches — Begriff -- II. Arten der Konsuln -- III. Staatsrechtliche Stellung -- IV. Völkerrechtliche Stellung -- §25. Die Konsulargerichtsbarkeit -- I. Entwicklung und Rechtsgrundlage (gegenwärtige Ausdehnung) -- II.–IV. Rechte der Jurisdiktionskonsuln -- Dritter Abschnitt. Die Organisation der Verbandsstaaten -- §26. Die Organisation des allgemeinen Staatenverbandes -- I. Die genossenschaftliche Organisation der Gegenwart -- II. Internationale Gerichtshöfe -- III. Völkerbund (vgl. § 50) -- §27. Die Organisation der besonderen Zweckverbände -- I. Das Wesen der besonderen Zweckverbände -- II. Die internationalen Fluß- und Kanalkommissionen -- III. Internationale Luftfahrtkommission -- IV. Internationale Sanitätskommissionen -- V. Internationale Finanzkommissionen -- §28. Die Ämter der internationalen Verwaltungsgemeinschaften -- I. Allgemeines -- II. Die einzehien "Internationalen Ämter" der Gegenwart -- III. Das Internationale Arbeitsamt (vgl. § 48) -- §29. Die gemischten Gerichte -- I. Arten der "gemischten Gerichte" -- II. In der Türkei -- III. In Ägypten -- IV. Der besondere Gerichtshof der Algecirasakte -- V. Gemischte Schiedsgerichtshöfe des Versailler Vertrages -- Vierter Abschnitt. Die völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse -- §30. Rechtsverhältnisse und rechtserhebliche Tatsachen -- I. Begriff des völkerrechtlichen Rechtsverhältnisses -- II. Einteilung der völkerrechtlichen Rechtsverhältnisse -- III. Völkerrechtlich erhebliche Tatsachen -- IV. Das völkerrechtliche Rechtsgeschäft -- §31. Die völkerrechtlichen Verträge 1. Begriff — Abschluß — Ratifikation -- I. Begriff der völkerrechtlichen Verträge -- II. Vertragsfähigkeit -- III. Abschluß -- IV. Ratifikation -- V. Mitwirkung der Volksvertretung -- VI. Veröffentlichung -- §32. Die völkerrechtlichen Verträge. 2. Wirkung — Auslegung — Aufhebung -- I. Die Wirkung der Staatsverträge (Meistbegünstigungsklausel) -- II. Auslegung -- III. Aufhebung -- §33. Die Sicherung völkerrechtlicher Rechtsverhältnisse -- I. Allgemeines -- II. Reale Sicherungen (Pfand, militärische Besetzung, Kontrollen) -- III. Garantievertrag -- §34. Rechtsnachfolge in völkerrechtliche Rechtsverhältnisse (sog. Staatensukzession) -- I. Höchstpersönliche Natur der Völkerrechtsverhältnisse -- II. Anlaß der Rechtsnachfolge -- III. Gebietsveränderungen -- IV. Örtlich gebundene Rechtsverhältnisse -- V. Rechtsverhältnisse vermögensrechtlichen Inhalts (Staatsschulden) -- §35. Das völkerrechtliche Delikt (Notwehr, Notstand) -- I. Begriff -- II. Der Staat als unmittelbares Deliktssubjekt -- III. Der Staat als mittelbares Dehktssubjekt -- IV. Ausschluß der Rechtswidrigkeit (insbes. Notwehr, Notstand) -- V. Rechtsfolgen -- VI. Zwangswirkungen -- Viertes Buch. Die Interessengemeinschaft des völkerrechtlichen Staatenverbandes -- Vorbemerkung -- Erster Abschnitt. Die Interessengemeinschaft der Staaten auf dem Gebiete des Verkehrs -- §36. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres -- I. Grundsatz der Meeresfreiheit -- II. Durchführung -- III. Hoheitsrechte auf offener See -- IV. Seeraub -- V. Das internationale Seerecht (Seestraßenrecht) -- §37. Internationale Kanäle -- 1. Suezkanal -- 2. Panamakanal -- 3. Nordostseekanal -- §38. Die Binnenschiffahrt -- A. Die internationalen Ströme -- I. Im allgemeinen -- II. Rhein, Mosel, Elbe, Moldau, Oder, Memel -- III. Donau -- IV. Kongo, Niger -- B. Die nationalen Gewässer -- §39. Wirtschaft (Handel und Industrie) -- I., II. Autonome Handelspolitik. Handelsverträge -- III. Einfuhr, Durchfuhr, Ausfuhr -- IV. Schiedsgerichtsklausel -- V. Zollverbände -- VI. Veröffentlichung der Zolltarife -- VII. Verträge über Produktion (Brüsseler Zuckerkonvention) -- VIII. Internationale Handelsstatistik -- §40. Die Verkehrsanstalten -- A. Post, Telegraphie, Fernsprechwesen -- I. Postverkehr -- II. Telegraphenverkehr -- III. Fernsprechverkehr -- B. Eisenbahnverkehr -- C. Kraftwagenverkehr -- D. Luftfahrt -- §41. Münz-, Maß- und Gewichtswesen -- I. Münzwesen -- II. Internationale Meterkonvention -- Zweiter Abschnitt. Gesetzgebung und Rechtspflege -- §42. Allgemeines -- I. Internationales Recht (internationales Privatrecht) -- II. Das internationale öffentliche Recht -- §43. Privatrecht und Zivilprozeß -- I. Einzelverträge -- II. Schutz des gewerblichen und des geistigen Eigentums -- III. Rechtshilfe im Zivilprozeß. Die Haager Abkommen über Privatrecht und Prozeß -- IV. Internationales Handelsrecht, Wechselrecht, Seeprivatrecht -- §44. Strafrecht und Auslieferung -- I. Internationales Strafrecht -- II. Die Auslieferung -- III. Weitere Rechtshilfe in Strafsachen -- IV., V. Auslieferung von Schiffsmannschaften und Wehrpflichtigen -- VI. Die Nacheile -- Dritter Abschnitt -- §45. Der Schutz von Leben und Gesundheit -- I. Einzelverträge -- II. Gruppenvertrage (Cholera, Pest, Gelbfieber) -- III. Bekämpfung des Mißbrauchs von Alkohol und Opium -- IV. Arbeiterschutz -- V. Schutz des Lebens auf offener See -- Vierter Abschnitt -- §46. Der Schutz von Tieren und Pflanzen -- A. Schutz von Tieren -- B. Schutz von Pflanzen -- C. Internationales Landwirtschaftliches Institut -- D. Internationaler Naturschutz -- Fünfter Abschnitt. Schutz ideeller Interessen -- §47. Im einzelnen -- I. Religiöse Interessen -- II. Sittliche und humanitäre Interessen (Mädchenhandel, Eingeborenenschutz) -- III. Kunst und Wissenschaft -- IV. Im Kriege -- §48. Arbeiterschutz -- I.
In: Vereinte Nationen: Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Band 64, Heft 6, S. 248-251
ISSN: 0042-384X
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In: KAS-Auslandsinformationen, Band 23, Heft 5, S. 28-73
ISSN: 0177-7521
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In: OSZE-Jahrbuch, Band 13, S. 25-37
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In: Europäische Sicherheit & Technik: ES & T ; europäische Sicherheit, Strategie & Technik, Band 67, Heft 10, S. 34-37
ISSN: 2193-746X
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In: Europa-Archiv / Beiträge und Berichte, Band 47, Heft 2, S. 31-41
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"Wenn es anderen Leuten bedauerlich scheine, daß eine immer größere Anzahl von Kindern keine Milch mehr bekomme, so scheine es ihnen [den Kunsthistorikern] bedauerlich, dass eine immer kleinere Anzahl von Leuten Kunstwerke bekomme. Es sei auch ihrer Ansicht nicht in der Ordnung, daß genauso wie die Bergwerke auch die Kunstwerke nur mehr einigen wenigen Leuten gehören sollten. So meinen sie und kommen sich soweit ganz revolutionär vor. […] In Wirklichkeit besteht nämlich zwischen dem Zustand, in dem hungernde Kinder keine Milch bekommen, und den Bildwerken und Plastiken ein tiefer und böser Zusammenhang. Der gleiche Geist, der jene Kunstwerke geschaffen hat, hat diesen Zustand geschaffen."[1] Der von Eva Knopf, Sophie Lembcke und Mara Recklies herausgegebene Sammelband Archive dekolonialisieren. Mediale und epistemische Transformationen in Kunst, Design und Film setzt an, einen solchen "bösen Zusammenhang" zu entschlüsseln. Basierend auf Beiträgen zur Tagung Translating Pasts into the Future – Dekoloniale Perspektiven auf Dinge der HFBK Hamburg setzt sich die Sammlung mit den kolonialen Fundamenten europäischer Museen, Archive und ihrer historiographischen Deutungsmacht auseinander. Es werden ästhetische, kreative und intellektuelle Verfahren besprochen, die es ermöglichen sollen zu "intervenieren in Fortschreibungen kolonialer Zusammenhänge" (S. 7). Die Autor_innen gehen der Leitfrage nach, inwieweit diese "strukturelle Verschiebungen auslösen" (S. 8) oder "neue Erzählungen hervorbringen" (S. 8). Der Fokus auf das Wissen der Objekte, die durch ihre Eigenschaft als Zeit- und Geschichten-Speicher der europäisch-wissenschaftlich ideologischen Modellierung ihrer Historiographie widersprechen und ihr andere Erzählformen entgegenstellen, zeichnet den Band aus. Viele Beiträger_innen fordern ein Mitspracherecht der Gegenstände als Zeug_innen kolonialer Gewalt, Enteignung und Ausbeutung. Verwendung und Anwendung des Archivbegriffs durch die Autor_innen leiten sich deshalb sowohl von konkreten Praxisbeispielen als auch von einem stark von Foucault geprägten Konzept des Archivs als sozial umgrenzten Speicherorts des Sagbaren und Sichtbar-Sein-Könnenden innerhalb bestimmter gesellschaftlicher Milieus ab. Akademisches Schreiben wird von Text- und Bildkombinationen unterbrochen, die sich in Artikeln von Marie Kirchner, Anna Morkowska, Veronika Darian und Jana Seehusen als Transkriptionen von Performances und Experimentieren mit sprachlichen Möglichkeiten lesen. Schwellen-Texte, die zwischen akademischem und experimentellem Schreiben siedeln – von Ofri Lapid zu subversiven Lesetechniken von Schriftzeichen und Undine Stabrey zur Überwindung des Anthro-Kolonialismus, der auf andere Lebensformen dieses Planeten permanent übergriffig wird – lassen Passagen zwischen diesen Komponenten zu. Dem Gedanken folgend, dass jedes Archiv auch der Scherenschnitt seiner Lücken ist, integrieren die Herausgeber_innen einen ins Deutsche übersetzten Textausschnitt von Trinh T. Minh-Ha, der das Fehlen von Information durch Zensur in einen potentiellen Raum für rebellische Imagination transformiert. Die weiteren Schauplätze der Dekolonisierungs-Bemühungen umfassen eine Bandbreite von Archiven, die von ethnographischen Sammlungen über Film- und Musikarchive bis hin zum Körperwissen im Tanz reicht. Alyssa Großmann, deren Artikel den Auftakt des Buches darstellt, untersucht "ethnographische Archive, Kataloge und Lager" (S. 13), welche "Objekte in ideologisch begrenzten Kategorien gefangen" (ebd.) halten. Aus einer kunsthistorischen Perspektive betrachtet sie künstlerische Praktiken des Surrealismus wie 'Bricolage' und 'Assemblage' als aktuelle Strategien zur kolonialkritischen Auseinandersetzung mit Museumskollektionen. Hier wie im Großteil der Beiträge wird jedoch eine Hinterfragung der Zugänglichkeit dieser Sammlungen und Kataloge und damit eine klassenkritische Überlegung dazu, wer "zum Assembleur, zur Assembleurin werden und anhand eines in sich geschlossenen Inhalts mit dessen Form experimentieren" (S. 19) kann, ausgespart. Zwei Texte setzen sich aus jeweils entgegengesetzter Perspektive mit Filmarchiven der kolonialen Welt auseinander. Eva Knopf skizziert auf Grundlage ihres eigenen Filmschaffens die widerständigen Spuren von Majub Bin Adam Mohamed Husseins Alltags-Rebellionen in den Archiven der deutschen Kolonial- und NS-Bürokratie. Knopf fragt, ob es möglich sei, dem später als Statist beim deutschen Film arbeitenden Hussein "posthum seine erste Hauptrolle [zu] geben" (S. 83) bzw. "die Kolonisierten wieder in die 'große' Geschichte einzuschreiben" (S. 85). Sie übersieht jedoch, dass dies durch Hussein und viele andere längst geschehen ist: "Decolonization […] transforms spectators crushed with their inessentiality into privileged actors, with the grandiose glare of history's floodlights upon them"[2]. Aus einer tatsächlich dekolonialen Sichtweise heraus, muss die "große Geschichte" – so man daran festhalten will – also von wo anders angefangen, von anderen Stimmen erzählt werden. Cornelia Lund geht auf zwei Filmarchive der Befreiungskämpfe Palästinas und Guinea-Bissaus ein. Beide Archive haben innerhalb der vergangenen Jahre im deutschsprachigen Raum durch das Arsenal Institut für Film und Videokunst in Berlin einen relativen Bekanntheitsgrad erlangt. Eine Analyse dessen, wie bestimmte, machtvolle Institutionen die öffentliche Wahrnehmung bestimmter Archive formatieren (und die Grundlage des Wissens der Autorin zu großen Teilen konstituieren), fehlt auch an dieser Stelle. Daher bietet das Interview mit Mitwirkenden des Projekts Colonial Neighbours in Berlin indirekt Aufschluss über die Nachbarschaft (!) des Arsenals und die neokolonialen Verhältnisse des Sammelns. Sich diesen Strukturen zu widersetzen, heißt für Colonial Neighbours, das "Sammeln radikal zu öffnen" (S. 152), um gerechtere Praktiken des Archivierens zu erfinden und "gegenwärtige Erinnerungspolitiken in Bezug auf den deutschen Kolonialismus zu verändern" (S. 152). Marc Wagenbach und Holger Lund setzen sich mit dem Machtmissbrauch von Kulturinstitutionen Europas auseinander. Wagenbach untersucht das europäische Ballett als politisch aufgeladene Tanztradition, die als Institution und "Praktik zur Disziplinierung und Normierung von Körpern" (S. 200) rassistisches koloniales Gedankengut verankert und fortschreibt. Holger Lund benennt Kontinuitäten zwischen Zentrum und Peripherie in den Wertschöpfungsketten der Popmusikindustrie anhand konkreter Ungleichheiten in der Musik-Label Arbeit, wo "Europa und die USA […] immer noch zentrale Macht- und Entscheidungszentren" (S. 243) darstellen und "die nicht-westlichen Elemente nicht-westlicher Pop-Musik als exotischer Wert gleichsam kulinarisch genossen" (S. 245) werden. Zwei weitere Beiträge gehen auf Designgeschichte als bislang unzureichend in kolonialen Kontexten betrachtet ein, verharren jedoch bei einer Zusammenfassung mittlerweile standardisierter Theorien zu Nationalismus und Transnationalismus, Globalisierung und Postkolonialismus. Daher tut es dem Buch gut, mit einem Interview mit Ruth Sonderegger zur Kolonialialität der europäischen Ästhetik zu schließen. Denn wenn Sonderegger sagt, dass " [d]ie westliche Ästhetik seit ihrer Gründung eine – wie auch immer schräg verschobene – Auseinandersetzung mit imperial-kapitalistischen Verhältnissen" (S. 251) sei, dann verdeutlicht sie auch, dass das Buch selbst innerhalb dieser Klammern gelesen werden muss. Sie spricht gezielt einen "Kreativkapitalismus" (S. 255) an, dessen Ursprünge ebenfalls in einem auf Versklavung der 'Anderen' basierenden Wirtschaftssystem zu suchen sind. Dies stellt die Rhetorik des 'Dekolonialen' auf den Prüfstand. Denn während die Terminologie rund um Archive auf nachvollziehbare Weise offengelegt und dann angewendet wird, wirft die verwendete Begrifflichkeit hinsichtlich Dekolonisierung Fragen auf. Auch die im Titel verwendete Abweichung vom regulär gebrauchten Verb 'dekolonisieren', das in der deutschen Sprache definiert wird als "die politische, wirtschaftliche und militärische Abhängigkeit einer Kolonie vom Mutterland beseitigen, aufheben"[3], bleibt unbegründet. Es ist zudem auffällig, dass als häufigste und mitunter einzige Referenz zur Besetzung des Begriffs 'dekolonial' Walter Mignolo genannt wird. Nur vereinzelt wird zusätzlich Anìbal Quijano als der Vordenker von Mignolos Texten angeführt. Diese verkürzte Herleitung des Begriffs verschweigt nicht nur die Arbeit der Coloniality Working Group,[4] welche die Grundlage für Mignolos Publizieren erarbeitete. Sie radiert Geschichte, Gegenwart und Zukunft der antikolonialen Kämpfe, deren Theoretiker_innen wie Pratiker_innen aus. Sie bringt weitere Wortschöpfungen wie beispielsweise den in Alyssa Grossmanns Text aufkommenden Begriff des "gegen-kolonialen" (S. 14) mit sich. Ein derartiges Ignorieren der langen Geschichte des Antikolonialismus und seiner vielfältigen Widerstandsformen und -theorien in allen Bereichen des Lebens stellt einen performativen Widerspruch zu den rhetorischen Intentionen dar. Offengelegt wird der Widerspruch auch durch den bereichernden Beitrag von Sophie Lembcke zur Kunstgeschichte von Reproduktionen und Kopien im Kontext des Kolonialraubs. Ausgestattet mit detailliertem Hintergrundwissen zum Fall der Nofretete von Tell Al-Amarna, skizziert Lembcke eine koloniale Kontinuität, die in die aktuelle Digitalisierung der kolonialen Raubkunst durch das Neue Museum Berlin mündet, welches nun "als staatliche Institution nicht nur die Büste, sondern auch die Daten ihres Scans unter Verschluss hält" (S. 56). Auch das darauffolgende Interview mit Nora Al-Badri und Jan Nikolai Nelles kritisiert die von Konzernen wie dem Google Cultural Institute angetriebene "Verzerrung des kulturellen Gedächtnisses im digitale Raum" (S. 57), da diese Unternehmen mit staatlichen Museen zusammenarbeiten, um Archivbestände zu digitalisieren, welche dann theoretisch allen, in Wirklichkeit aber nur sehr wenigen Menschen zugänglich sind und "derzeit nur recht beschränkte, auf Konsumieren und digitales (Daten-)Sammeln ausgerichtete Anwendungen möglich" (S. 58) machen. Reale Dekolonisierung als Befreiung aus diesen Strukturen hat diese Machtzentren anzugreifen, wie es das Künstlerduo mit seinem Nefertiti Hack getan tat. Hier wird in der Zusammenschau der Artikel der fundamentale Unterschied deutlich zwischen jenen Interventionen, die gegen das gesamte Kolonialsystem in all seinen Verstrickungen aufbegehren, und solchen, die innerhalb einer dominanten Ordnung lediglich 'umordnen' oder 'transformieren'. "Decolonization, which sets out to change the order of the world, is, obviously, a program of complete disorder. But it cannot come as a result of magical practices, nor of a natural shock, nor of a friendly understanding"[5]. Ein freundliches Verständnis, wie es auch die Kunsthistoriker_innen bei Brecht zeigen, schafft für ein Denken Raum, welches an "dekoloniale Optionen" (S. 44, wieder in Referenz zu Mignolo) glaubt, ohne sich die Frage zu stellen, für wen Dekolonisierung eine "Option" sein und bleiben kann und für wen sie in Form von anti-kolonialem Widerstand immer schon eine Notwendigkeit des Über-Lebens war und ist. Ein freundliches Verständnis sieht denn auch die "Befreiungskämpfe der 1960er und 1970er Jahre" als "gescheitert" an (S. 164), deren Filmarchive folglich als "alternative institutionelle Ordnungsstruktur" und nicht als der einzige Ausweg angesehen werden. Dies macht es möglich, dass ein ins Deutsche übersetzter Text zur Dekolonisierung von Design mit offenkundig rassistischen Vokabeln arbeitete und von "Ethnien" und "verstreute[n] Völker[n] wie Juden und Roma" (S. 230) spricht. Dies alles hinterlässt nach Lektüre des Sammelbandes ein Unbehagen, das die Skepsis und Selbstkritik gegenüber der derzeit inflationären Verwendung des Dekolonialen im deutschen akademischen Sprachgebrauch stärkt. Verhält es sich nun mit der 'Dekolonisierung' als Worthülse der Ent-Schuldigung wie mit der 'Ent-Nazifizierung', damit "der gleiche Geist", der Kolonialismus und Faschismus gleichermaßen und immer schon gemeinsam am Leben hält, Stabilität und Sicherheit der Zustände garantiert in einer Zeit, in der sich mit den Geistern der kolonialen und anderen Weltkriege viel 'Geschäft' machen lässt? [1] Bertolt Brecht: "Über die Notwendigkeit von Kunst in unserer Zeit" [Dezember 1930]. In: Ders.: Über Kunst und Politik. Leipzig 1977, S. 34–35. Hervorhebung im Original. [2] Frantz Fanon: The Wretched of the Earth. New York 1963, S. 36. [3]https://www.duden.de/rechtschreibung/dekolonisieren, letzter Zugriff 29.09.2019. [4] Zur Arbeit der Coloniality Working Group siehe Coloniality's Persistence, Sonderausgabe von CR: The New Centennial Review 3/3, 2003. [5] Frantz Fanon: The Wretched of the Earth. New York 1963, S. 36.
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In: Magisterarbeit
Aus der Einleitung: Seit mittlerweile über 30 Jahren ist das zentralandine Land Bolivien Schauplatz des Konflikts um die Coca-Pflanze. Im weiten Spannungsbogen des Konflikts kollidieren die traditionelle, mythisch-spirituelle Weltsicht der Indios im Bezug auf die planta divina mit den Verwertungsinteressen der Spaß- und Konsumgesellschaften westlicher Prägung. Als Rohstoff für die Drogenproduktion international geächtet, erwachsen für Bolivien aus der exzessiven Coca-Produktion erhebliche politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme. In diesem Zusammenhang lassen sich anhand des Coca-Kokain-Komplexes exemplarisch einige typisch entwicklungsgeografische Problemfelder nachzeichnen: - Die Wirtschaftsstrukturen rund um die Coca sind von reiner Ressourcenextraktion und dem Verbleib des allergrößten Teils der Wertsteigerung in den Konsumentenländern gekennzeichnet. Durch den Umfang der Coca-Kokain-Ökonomie entstehen für Bolivien zudem bei nur geringer Exportdiversifikation prekäre gesamtwirtschaftliche Abhängigkeiten vom Export eines Agrarprodukts und seiner Derivate. - Durch die weitgehende Illegalität dieses Sektors wird Bolivien international unter erheblichen politischen Druck gesetzt und damit die nationale Selbstbestimmung eingeschränkt. Darüber hinaus wird die nationale Souveränität infolge der nicht angemessenen Beteiligung Boliviens an Entscheidungsprozessen und der Intervention verschiedener nicht-bolivianischer Akteure unterminiert. - Die rein antidrogenpolitisch motivierte Stigmatisierung der Coca reflektiert nicht ihren traditionellen Stellenwert für die indianischen Gesellschaften und zeigt so die fortgesetzte Nicht-Anerkennung und Nicht-Achtung der Lebens- und Wirtschaftsweisen der bolivianischen Urbevölkerung. Diese Form kultureller Marginalisierung verweist auf die fortgesetzte politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Marginalisierung eines Großteils der autochthonen Bevölkerung. Im Rahmen eines neu aufkeimenden indianischen Selbstbewusstseins im Kampf um die indigene Emanzipation gewinnt dieser Umstand erheblich an gesellschaftlicher Brisanz und Sprengkraft. An diesen Gegebenheiten hat sich trotz eines über 20 Jahre währenden, intensiven Antidrogenkrieges nur wenig geändert. Die zahllosen antidrogenpolitischen Strategien können damit weitgehend als gescheitert angesehen werden. Die grundsätzlich veränderten politischen Konstellationen des Landes nach den Wahlen im Dezember 2005 leisteten jedoch einer gänzlich neuen Herangehensweise an die Problematik Vorschub, die insbesondere aus drei politischen Prämissen von Präsident und Regierungspartei herrührt: - der Rolle und Bedeutung von Morales als erstem indigenen Präsidenten Südamerikas; - der politischen Herkunft Morales' aus der Coca-Bauernbewegung; - der sozialistischen Ausrichtung der Regierungspartei. Vor diesem Hintergrund sind neue Untersuchungen, die sowohl die historischen Strukturen und Prozesse als auch mögliche aktuelle Veränderungen in den genannten Problemfeldern unter den veränderten politisch-ökonomisch-sozialen Vorzeichen analysieren, absolut notwendig. Durch die Ergebnisse solcher Studien wird es möglich, die Auswirkungen einer veränderten Coca-Politik zu vergleichen und zu bewerten. Eine theoretisch stringente Untersuchung, die sowohl die historischen als auch die aktuellen Entwicklungen des Coca-Kokain-Komplexes einbezieht, steht trotz der Fülle von Sekundärmaterial bisher noch aus. Die vorliegende Arbeit will in bescheidenem Rahmen einen Beitrag leisten, diese Lücke schließen zu helfen. Die Untersuchungen dieser Arbeit werden in den theoretischen Rahmen der Dependenztheorien eingebettet, da sie einen konsistenten Erklärungszusammenhang der oben genannten Problemfelder anzubieten scheinen. Gleichwohl soll im Hinblick auf die entwicklungstheoretische Debatte dieser Rahmen nicht allzu eng aufgefasst werden. Weder wird ein globaler Gültigkeitsanspruch postuliert, noch wird angenommen, dass alle Theoreme im konkreten Fall zwingend gleichermaßen zutreffend sein müssen. Vielmehr sollen sie als theoretisches Modell verstanden werden, das es ermöglicht, sich einem Verständnis des Zusammenhangs von Entwicklung mit Strukturen und Prozessen des Coca-Kokain-Komplexes anzunähern. Insofern handelt es sich also bei der Untersuchung um eine theoriegeleitete Studie, in der Aktualität und Gültigkeit modelltheoretischer Annahmen anhand eines konkreten Fallbeispiels überprüft werden sollen. Die konkreten Zielsetzungen dieser Arbeit sind mit Bezug auf die oben genannten Problemfelder: 1. den Coca-Kokain-Komplex und seine historische Genese im undogmatisch aufgefassten, dependenztheoretischen Rahmen darzustellen. 2. die inhärenten Strukturen und Prozesse des Coca-Kokain-Komplexes zu analysieren und im Bezug auf ihre Auswirkungen auf eine dependenztheoretisch verstandene Entwicklungskonzeption zu bewerten. Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden anlässlich eines Forschungsaufenthaltes zwischen Februar und August 2008 intensive Recherchen durchgeführt. Dabei konnte neben der gezielten Untersuchungsarbeit ganz allgemein ein Bild vom Land und der Thematik gewonnen werden. Die Beantwortung der untersuchten Fragestellungen wird durch die Auswertung und argumentative Kontextualisierung der im Rahmen des Forschungsaufenthaltes gewonnenen oder anderweitig verfügbaren Sekundärmaterialien erfolgen. Konkret wurden folgende methodische Schritte durchgeführt: - Intensive Bibliotheksrecherche (Verzeichnis der besuchten Bibliotheken im Anhang.). - Ausgiebige Interviews mit Experten fast aller relevanten Bereiche (Verzeichnis der Interviews im Anhang.). - Zeitungsrecherche in deutschen, bolivianischen und anderen Tages-, Wochen- und Fachzeitungen. - Internetrecherche auf einschlägigen Seiten und in dort veröffentlichten Dokumenten. - Beschaffung öffentlichen und nicht-öffentlichen Daten- und Informationsmaterials. - Intensive teilnehmende Beobachtung der politischen und sozialen Prozesse im Land mit besonderem Fokus auf die Problematik der refundación (Neugründung) Bolivien und die Coca-Thematik. Im Verlaufe der Untersuchung stellte sich heraus, dass viele der notwendigen Daten nicht zu beschaffen oder sehr widersprüchlich waren. Dies liegt vor allem an folgenden Eigenheiten des Untersuchungsgegenstandes: Drogenhandel: Diese illegale Wirtschaftsaktivität nicht wird offiziell erfasst, sie hat per se das Bestreben, unentdeckt zu bleiben und verfügt über potente Schutzpatrone. Politischer Gehalt: Die Problematik ist explizit politisch gefärbt, die Datenhandhabung, -erfassung und -publizierung hat daher erhebliche politisch-ökonomische Konsequenzen, wodurch Daten nicht nur wissenschaftlich, sondern nach politischem Kalkül zu betrachten sind. Insuffizienz des bolivianischen Staates: Für eine adäquate, konsequente und transparente Handhabung der Thematik fehlen finanzielle, logistische, personelle und institutionelle Ressourcen. Geografische Schwierigkeiten: Durch die Lage der Anbaugebiete und Boliviens an sich wird die Kontrolle von Coca- und Drogenproduktion sowie deren Handel erheblich erschwert. In den Produktionsgebieten, aber auch in den größtenteils unerschlossenen Grenzgebieten ist der Staat in weiten Teilen nicht oder kaum präsent. Hinzu kommen die Bedeutung nicht-quantifizierbarer Sachverhalte in dependenztheoretischen Ansätzen sowie die angesichts der Komplexität der behandelten Problemstellungen sehr beschränkten Möglichkeiten einer angemessenen, vollständigen und tiefgehenden Analyse im Rahmen einer studentischen Magisterarbeit. Trotz des bedeutenden illegalen Anteils dieses Wirtschaftssektors soll hier betont werden, dass die Mechanismen des Handels auf dieses Gut wie auf jedes andere zutreffen. Die Illegalität führt lediglich dazu, dass Gewinnspannen höher ausfallen und politische und polizeilich-militärische Kontrollmaßnahmen mit einem ungestörten Handelsverlauf interferieren. Die Drogenkontrolle gliedert sich in vier Teilbereiche: - Prävention und Rehabilitation: Vorbeugung von Drogenkonsum und Wiedereingliederung ehemaliger Konsumenten; - Erradikation: Vernichtung von Pflanzen, die als Drogenrohstoff dienen können; - Interdiktion: polizeiliche Arbeit zur Unterbindung von Drogenproduktion und -handel sowie zugehöriger Delikte; - Alternative Entwicklung: produzentenbezogener Entwicklungsansatz zur Schaffung ökonomischer Alternativen zur Drogenpflanzenproduktion. Die Arbeit wird die genannten Fragestellungen vor dem geografischen Hintergrund Boliviens bearbeiten. Dazu muss eingeschränkt werden, dass ein konkreter räumlicher Bezug aufgrund der Problemstellung als Makroanalyse eines ursächlich internationalen Problemkomplexes nur bedingt gelten kann. Zentrale analytische Kategorien wie zum Beispiel Abhängigkeit können nur anhand des Abstraktums des politischen Raumes, beziehungsweise des Wirtschaftsraumes Boliviens erarbeitet werden. Ein konkret eingrenzbarer räumlicher Bezug ist hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Coca-Anbau, den Erradikationsmaßnahmen und der Produktion von und dem Handel mit Drogen gegeben. Außerdem waren die sozialen Konflikte größtenteils an die Produktionsgebiete gebunden, wie auch die drogenkontrollpolitisch motivierten Maßnahmen der alternativen Entwicklung sich direkt auf Coca-Anbau- und Abwanderungsgebiete konzentrieren. Lediglich für diese Bereiche lässt sich die Analyse also gezielt räumlich abgrenzen. Der zeitliche Horizont der Untersuchung wird vom Gegenstand bestimmt. Eine organisierte, explizit international ausgerichtete Drogenproduktion entstand in Bolivien erstmals unter dem Diktator Hugo Banzer Suárez, der 1971 die Macht ergriff. Alle folgenden Entwicklungen sind bis ungefähr August des Jahres 2008 berücksichtigt. Daten zu Coca-Anbau und Wirtschaft lagen für 2008 noch nicht vor, sodass viele aktuelle Aspekte mit Bezug auf das Jahr 2007 dargestellt werden. Die Arbeit formuliert im ersten Abschnitt A den zugrunde liegenden Entwicklungsbegriff (A: 1). Nach der Darstellung der Dependenztheorien und ihrer Grundannahmen (A: 2.1) werden diese in der entwicklungstheoretischen Diskussion verortet (A: 2.2). Anschließend wird kurz die Auswahl dieses theoretischen Ansatzes begründet (A: 2.3). Der folgende Abschnitt B stellt die allgemeinen Rahmenbedingungen des bolivianischen Coca-Kokain-Komplexes vor. Nach der botanischen und physiologischen Charakterisierung des Coca-Blatts (B: 1.1 - 1.2) werden die Anbaugebiete vorgestellt (B: 1.3). Anschließend wird ein kulturhistorischer Überblick über die Verwendung der Coca im lateinamerikanischen und bolivianischen Kontext gegeben (B: 2). Darauf folgt die Darstellung der Problematik des weltweiten Kokainkonsums und -handels. Auch auf die Grundlagen der Kokain-Herstellung wird an dieser Stelle eingegangen (B: 3). Das abschließende Kapitel (B: 4) widmet sich der Beschreibung der geschichtlich-politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen des heutigen Boliviens. Der folgende Hauptteil der Arbeit (C) beschreibt die Entwicklung des Coca-Kokain-Komplexes in Bolivien. Dabei wird zunächst kurz auf historische Entwicklungen eingegangen (C: 1.1 - 1.2) und anschließend mit der Darstellung des UN-Einheitsabkommens zu Betäubungsmitteln die Grundlage der internationalen Drogenkontrolle vermittelt (C: 1.3). Anschließend werden die eigentlichen Entwicklungen des bolivianischen Coca-Kokain-Komplexes ausgeführt. Die Entwicklungen werden in drei Phasen eingeteilt. Die erste Phase markiert Entstehung und ersten Boom der bolivianischen Kokain-Ökonomie (C: 2). Ab 1987/88, dem Beginn der zweiten Phase (C: 3), wurde im Land durch die Schaffung eines umfangreichen rechtlichen und institutionellen Rahmens der Drogenkontrolle der Kampf gegen den Drogenhandel aufgenommen. In der letzten Phase hatte 2005 eine aus der Coca-Bauernbewegung stammende Regierung die Macht übernommen und es wurde versucht, neue und eigenständige Wege in der Coca-Politik zu gehen (C: 4). In dem abschließenden Analyseabschnitt D werden die Auswirkungen der historischen und aktuellen Entwicklungen des Coca-Kokain-Komplexes auf die dependenztheoretisch verstandene Entwicklungskonzeption untersucht.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: Einleitung1 ATHEORETISCHE EINBETTUNG6 1.Entwicklungsbegriff und Entwicklungsziele6 2.Entwicklungstheoretische Einbettung9 2.1Dependenztheoretische Grundaussagen und -annahmen9 2.2Die Dependenztheorien in der entwicklungstheoretischen Diskussion18 2.3Rechtfertigung der theoretischen Einbettung20 2.3.1Die Aktualität dependenztheoretischer Prämissen vor dem gewandelten Hintergrund des 21. Jahrhunderts20 2.3.2Dependenztheoretische Prämissen im bolivianischen Kontext22 BBOLIVIEN: RAHMENBEDINGUNGEN DES COCA-KOKAIN-KOMPLEXES23 1.Botanische Grundlagen und Einordnung der Anbaugebiete23 1.1Botanische Grundlagen23 1.2Physiologische Eigenschaften des Coca-Blattes24 1.3.Beschreibung der Anbaugebiete25 2.Kulturhistorischer Überblick über Nutzung und Verbreitung des Coca-Blattes29 2.1Coca in den präkolumbianischen Kulturen29 2.2Die aktuelle kulturelle und soziale Funktion der Coca in den indianisch geprägten Gesellschaften des bolivianischen Andenraums30 2.2.1Religiös-ritueller Gebrauch30 2.2.2Medizinischer Gebrauch31 2.2.3Sozialer Gebrauch31 2.3.4Aufputschender Gebrauch32 2.2.5Die Verbreitung traditioneller Coca-Nutzung in Bolivien32 3.Drogenkonsum und Drogenhandel34 3.1Kokainherstellung34 3.2Kokainkonsum in den USA, Europa und Lateinamerika35 3.3Internationaler Drogenhandel36 4.Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen in Bolivien37 4.1Abriss der jüngeren bolivianischen Geschichte seit der nationalen Revolution 195237 4.2Wirtschaftliche Kenndaten40 4.3Gesellschaftliche Kenndaten41 CDER COCA-KOKAIN-KOMPLEX IN BOLIVIEN42 1.Der Bedeutungswandel der Coca von der Konquista bis zum Drogenrohstoff42 1.1Kirche, Silber und Coca42 1.2Coca im Wandel veränderter Nutzungsmöglichkeiten44 1.3Das Einheitsabkommen zu Betäubungsmitteln der UNO 196145 2.1971-1987: Militärdiktatoren und Kokainmafia. Die Entstehung der bolivianischen Kokain-Ökonomie46 2.1Die Entstehung der Kokain-Ökonomie unter Banzer46 2.2Die Narcocracia49 2.3Nach der Demokratisierung51 2.3.1Migrationsbewegungen in den Chapare51 2.3.2Militarisierung und soziale Konflikte53 2.3.3Alternative Entwicklung56 3.1987-2005: Der Krieg gegen die Drogen. Bolivianische Drogenkontrollpolitik unter US-amerikanischen Vorzeichen58 3.1Internationaler Rahmen der Drogenkontrollpolitik58 3.1.1Multilaterale Übereinkünfte58 3.1.2Grundlagen US-amerikanischer Drogenkontrolle im Ausland59 3.1.3Bilaterale Verträge62 3.2Antidrogenstrategien in Bolivien64 3.2.1Der 'Plan trienal' und die Gründung der bolivianischen Drogenkontrollinstitutionen64 3.2.2Das Gesetz 100865 3.2.3Bolivianische Ansätze66 3.2.4Die Opción Cero und der Plan für die Würde68 3.2.5Der Niedergang US-amerikanisch-bolivianischer Ansätze der Drogenkontrolle70 3.2.6Militärisch-polizeiliche Interdiktionsmaßnahmen72 3.3Soziale Widerstandsbewegungen73 3.4Alternative Entwicklung76 4.2005-2008: Der bolivianische Weg. Entwicklung mit Coca79 4.1Die politische Situation Boliviens nach der Wahl 200579 4.2Eckpfeiler der neuen Coca-Politik81 4.2.1Normativer Rahmen81 4.2.2Neuerungen im institutionellen Rahmen84 4.3Umsetzung und Einschätzung85 DDER BOLIVIANISCHE COCA-KOKAIN-KOMPLEX IM LICHTE DEPENDENZTHEORETISCHER MODELLVORSTELLUNGEN89 1.Grundlagen: Das Einheitsabkommen von 1961 und die revalorización der Coca89 2.Wirtschaft91 3.Politik98 4.Sozialer Kontext102 5.Entwicklung104 Schlussbetrachtung und Ausblick106 Anhang111 Verzeichnis der besuchten Bibliotheken112 Verzeichnis der Interviews113 Abbildung 1: Nährwertvergleich von 100g Coca-Blättern mit 50 pflanzlichen lateinamerikanischen Nahrungsmitteln117 Karte 1: Coca-Anbau in Bolivien, 2007118 Karte 2: Coca-Anbau in den Yungas und Apolo, 2007119 Karte 3: Coca-Anbau im Chapare, 2007120 Tabelle 1:Prävalenzen des Kokainkonsums 2007 oder letztes verfügbares Jahr in ausgewählten Ländern und Regionen121 Tabelle 2: Prävalenzen des Crack- und pasta base-Konsums 2007 in ausgewählten Ländern121 Tabelle 3: Coca-Anbau und Erradikation in Bolivien 1970 - 2008, nach Regionen122 Abbildung 2: Coca-Anbau und Alternativer Anbau im Chapare 1976 - 2003124 Tabelle 4: Bolivien: Coca-Kokain-Ökonomie 1980125 Tabelle 5: Bolivien: Coca-Kokain-Ökonomie 1993126 Tabelle 6: Bolivien: Coca-Kokain-Ökonomie 2007127 Literaturverzeichnis129Textprobe:Textprobe: Kapitel 4.3, Umsetzung und Einschätzung: Da der normative und institutionelle Rahmen der Coca-Politik der MAS-Regierung erst vor relativ kurzer Zeit festgeschrieben wurde, sind die konkrete Umsetzung und Auswirkungen derselben noch schwer zu erfassen oder zu bewerten. Insgesamt sorgen die fundamental geänderte Regierungspolitik, aber auch der Ausschluss der USAID aus dem Chapare Ende Juni 2008, sowie die Ausweisung des US-Botschafters Goldberg nach dem von Morales mit 63% der Stimmen gewonnenen referendum revocatorio Ende August 2008 für ein grundsätzlich verändertes Entwicklungspanorama in diesem Bereich. Revalorización: Die Neubewertung des Coca-Blatts konnte intern durch die Aufnahme in die neue Verfassung, sowie die Verabschiedung des PND und die veränderte Ausrichtung der Estrategia de Lucha Contra el Narcotráfico y Revalorización de la Hoja de Coca weitestgehend umgesetzt werden. Auf internationaler Ebene ist die angestrebte Neubewertung der Coca hingegen ungleich schwieriger umzusetzen. Das Projekt auf diplomatischer Ebene voran zu treiben sind der Außenminister David Choquehuanca und der Vizeminister des Viceministerio de Defensa Social y Sustancias Controladas (VDS-SC), Felipe Cáceres beauftragt, die beide über wenig diplomatische Erfahrung verfügen. Konkret ist bisher nur ein relativ erfolgloser Vorstoß gemacht worden. In den relevanten internationalen Politik- und Machtstrukturen spielt Bolivien eine nur untergeordnete Rolle. Die Änderung der Einheitskonvention ist ein langwieriger und komplizierter diplomatischer Prozess. Zur gänzlichen Herausnahme der Coca aus der Liste I müsste ein Plenarsbeschluss auf UN-Ebene erreicht werden. Aber auch für andere, geringfügigere Änderungen müsste mindestens ein Beschluss von circa 30 Staaten getroffen werden. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass es Bolivien gelingen wird, eine solche Allianz zu schmieden: Die USA und – bisher – die EU stehen einem solchen Projekt ablehnend gegenüber. Gleichzeitig haben sie ausreichend Einfluss, dass auch andere Länder in ihrem Sinne abstimmen. Die beiden anderen Coca-produzierenden Ländern Peru und Kolumbien verweigern sich dem Projekt ebenfalls. Die Anbauflächen in diesen Ländern sind wesentlich größer, der traditionelle Konsum wesentlich geringer. So existiert einerseits keine Bolivien vergleichbare breite Verankerung der Coca in der lokalen Kultur, während andererseits die Probleme des organisierten Drogenhandels in beiden Ländern in politischer, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht wesentlich eklatanter sind. Für die Nachbarstaaten Chile, Argentinien und Brasilien stellt das bolivianische Kokain eine erhebliche Gesundheits- und Sicherheitsbedrohung dar. Im südamerikanischen Kontext ist folglich nur eine Unterstützung von Seiten Venezuelas und Ecuadors zu erwarten. Im globalen Kontext versucht Bolivien neue Allianzen als geostrategischen Gegenentwurf zur US-Hegemonie zu schmieden. In diesem Zusammenhang könnte das Projekt der revalorización Unterstützung durch Länder wie China, Nordkorea oder Südafrika erfahren, mit denen, wie auch mit den engen lateinamerikanischen Verbündeten Venezuela, Kuba und Ecuador Verhandlungen über den Handel mit alternativen Coca-Produkten für Verwendungen im medizinischen oder Nahrungsmittelbereich geführt wurden. Große Hoffnungen werden von Bolivien in die regelmäßige Revision des Wiener Abkommens gesetzt, die im Frühjahr 2009 ansteht. Kontrolle des Drogenhandels: Bei der Kontrolle des Drogenhandels ist Bolivien seit 2005 deutlich effektiver geworden. Gegenüber 2005 sind die Beschlagnahmungen um 55,6% gestiegen, während die Flächen im gleichen Zeitraum nur um 13,8% zunahmen. Bis zum August des Jahres 2008 war schon mehr Kokain und Base als im gesamten Vorjahr beschlagnahmt worden (17,94 t). Dennoch ist die absolute Zunahme des Coca-Anbaus auf zuletzt (2007) 28 900 ha bedenklich. 2007 wurden 62,11% der Yungas-Coca und nur 4,22% der Chapare-Coca auf den legalen Märkten Villa Fatima und Sacaba gehandelt (vergl. Tab. 6 (Anhang)). Damit erhöhte sich die potenzielle Kokain-Produktion in Bolivien von 2006 auf 2007 um 11% auf 104 t. Die wichtigste Coca-Anbauregion sind heute die Yungas (19 800 ha). Dort verschiebt sich der Coca-Anbau zunehmend in die tieferen, tropischen Lagen (La Asunta, Palos Blancos), wo höhere Erträge erzielt werden und infolge der spontanen Kolonisationsprozesse die staatliche Kontrolle noch nicht greift. Auch die Drogenproduktion ist heute nicht mehr an die Anbau-Gebiete gebunden. Insgesamt zeigt aber die gesteigerte Effektivität, wie auch die Zusage sich 2009 mit 16 Mio. US-$ erstmalig an der Finanzierung der Interdiktion in nennenswertem Maßstab zu beteiligen den Willen und die Fähigkeit der Regierung Morales gegen Drogenhandel und -produktion auf dem nationalen Territorium vorzugehen. Control social und cato-Regelung: Das Konzept der control social stellt ein effektives Instrument zur Kontrolle und Regulierung des Coca-Anbaus auf kooperativer, konfliktfreier Basis dar. Die Regierung wertet die Produzenten deutlich auf, indem sie nicht mehr nur als Objekt, sondern auch als Partner der Anbaukontrolle begriffen werden. Das Konzept der geteilten Verantwortung wird in dieser Hinsicht auch auf den Bereich Staat-Zivilgesellschaft ausgeweitet. Gleichzeitig wird die Rolle und Bedeutung der cocalero-Organisationen als regionale Verwaltungsinstitutionen anerkannt. Sie haben gegenüber ihren Mitgliedern erhebliche Durchsetzungs- und Kontrollmacht. Die Strafen (Lizenzverlust, Flächenverlust, Ausschluss aus der Gemeinschaft) sind effektive Abschreckungsmechanismen, die auf den traditionellen Sozial- und Wirtschaftsstrukturen der Anbaugebiete basieren. Durch das Konzept kann die racionalización von Coca-Feldern durchgeführt werden, ohne die hohen sozialen Kosten der erzwungenen Erradikation zahlen zu müssen. Obwohl von Zwangsmaßnahmen abgesehen wurde und kooperative Kontrollmechanismen in Zusammenarbeit mit den cocaleros angewendet wurden, konnten 2006 (6 073 ha) und 2007 (6 269 ha) die internationalen Erradikationsverpflichtungen erfüllt werden. Die cato-Regelung ermöglichte die Legalisierung der Lebensgrundlage eines Großteils der Chapare-Bauern. Ein cato erlaubt bei legaler Vermarktung ein jährliches Einkommen von knapp 1 400 US-$, das damit höher als das durchschnittliche PKE und deutlich über dem ländlichen landwirtschaftlichen Durchschnittslohn von 347 US-$ im Jahr liegt. Beide Regelungen haben wesentlich zur Befriedung der Anbaugebiete beigetragen und ermöglichen die Gestaltung der weiteren Coca-Politik auf einer legalen und kooperativen Basis. Auf dieser Grundlage kann ein neues Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Produzenten aufgebaut werden, das dem geteilten Interesse der verminderten Drogenproduktion nur förderlich sein kann. Transformación productiva: Hauptprojekt der transformación productiva ist die Industrialisierung der Coca, anhand der bedeutendere Mehrwertgewinne erzeugt werden könnten. In Planung sind dafür aktuell drei Fabriken zur Herstellung von Coca-Tees. Darüber hinaus existieren viele und innovative Ideen und Ansätze, aber es ist in diesem Fall fraglich, ob ein ausreichender Markt in Bolivien zur Verfügung steht. Die bisher hergestellten alternativen Coca-Produkte haben keine besondere Akzeptanz in der bolivianischen Bevölkerung gefunden. Weitere Probleme ergeben sich aus dem Finanzierungsbedarf solcher Projekte. Auch Fachpersonal ist womöglich nicht ausreichend vorhanden. Über Absichtserklärungen ist der Ansatz der produktiven Transformation bisher nicht hinausgekommen. Dass, wie angestrebt, 4 000 ha Coca durch die industrielle Weiterverarbeitung im Land absorbiert werden könnten, erscheint ohne den Zugang zu Auslandsmärkten illusorisch. Alternative Entwicklung: Im Bereich alternative, beziehungsweise integrale Entwicklung gibt es bisher kaum Fortschritte. Insbesondere der Ausschluss der USAID aus dem Chapare und die befristete Arbeit in den Yungas beeinflussen die zukünftige Entwicklungen stark. Für die Regierungsprojekte besteht weiterhin Finanzierungsbedarf, der noch nicht geklärt werden konnte. Die mit der integralen Entwicklung beauftragte DIGPROCOCA ist bisher noch ausschließlich mit der Erfassung und Rationalisierung von Coca-Flächen beschäftigt.