Der Krieg in Tschetschenien verändert Rußland. Die Analyse setzt sich mit dieser Rückwirkung auseinander. Der erste Teil untersucht den Übergang von der verdeckten zur massiven militärischen Intervention Moskaus in Tschetschenien und den ihn begleitenden Meinungsprozeß in Rußland. Schon weit im Vorfeld der militärischen Intervention vom 11. Dezember 1994 waren aus unterschiedlichen Teilen der politischen Öffentlichkeit Rußlands massive Warnungen vor einer konfrontativen Politik im Kaukasus ergangen. (BIOst-Mrk)
Die Regierung der Vereinigten Staaten unter George W. Bush hat sich zur Aufrechterhaltung der militärischen Interventionsfähigkeit einer Transformation der US-Streitkräfte verschrieben. Der Irakkrieg 2003 galt diesbezüglich als Lackmustest. Wie die Studie zeigt, hat der Krieg zwar die militärische Überlegenheit der US-Streitkräfte eindrucksvoll demonstriert, war jedoch nur eingeschränkt aussagefähig für den bisherigen Erfolg der Transformation. Schwächen der irakischen Armee, bewaffnete Aufstände nach dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen sowie in Zukunft wahrscheinlichere Konfliktformen begrenzen den nachweisbaren Erfolg der bisherigen Streitkräftereform. Gleichwohl steht das Konzept des Network Centric Warfare (NCW) als bestimmendes Element der Transformation in der amerikanischen Militärpolitik nicht mehr zur Disposition, lediglich Geschwindigkeit und Ausprägung der Umsetzung sind offen. Auch die Europäer sind gefordert, ihre Streitkräfte verstärkt auf eine netzwerk-zentrierte Kriegführung auszurichten, wollen sie die Möglichkeit haben, im 21. Jahrhundert ihre Interessen auch mit militärischen Mitteln zu sichern. Dies gilt sowohl im NATO-Rahmen, als auch für den Aufbau einer handlungsfähigen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Das NCW-Konzept eröffnet der Bundeswehr die Chance, bestehende Fähigkeitslücken gegenüber den USA oder den europäischen Verbündeten zu verringern bzw. zu schließen. Einen Rahmen dafür liefert der von den USA eingeleitete multilaterale Prozeß des Concept Development & Experimentation (CD&E), an dem Deutschland sich beteiligen möchte. Hier werden anhand von Simulationen, Modellbildung und Experimenten neue technologische Lösungsansätze und Verfahrensabläufe auf ihre Tauglichkeit im Rahmen militärischer Koalitionsoperationen getestet.
Der Föderationsrat rügte am 17. Dezember 1994 Präsident El'cin wegen Mißachtung des Parlamentsbeschlusses, in Tschetschenien so lange keine Gewalt einzusetzen, bis die Staatsorgane in Übereinstimmung mit der Verfassung eine andere Entscheidung gefällt haben. Während die Staatsduma am 13. Dezember 1994 ebenfalls noch die sofortige Einstellung der Kampfhandlungen forderte, machte sie sich zehn Tage später die offizielle Begründung zu eigen, daß es in Tschetschenien um die Entwaffnung illegaler militärischer Formationen gehe, was nicht ohne Gewaltanwendung möglich sei. Am 13. Januar 1995 setzte die Staatsduma eine Kommission ein, die alle Umstände untersuchen sollte, die zur Tschetschenien-Krise geführt hatten. Weder wurde der Regierung das Mißtrauen ausgesprochen noch wurde beschlossen zu prüfen, ob ein Verfahren zur Amtsenthebung des Präsidenten wegen des nicht von der Verfassung gedeckten Einsatzes der Armee und wegen massiver Verletzung wichtiger in der russischen Verfassung verankerter Grundrechte einzuleiten sei. Am 10. März 1995 setzte die Staatsduma den Menschenrechtsbeauftragten des Parlaments, Sergej Kovalev, wegen seiner Kritik an der Militärintervention ab. (BIOst-Mrk)
Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Afghanistan und Libyen sind der Öffentlichkeit maßgeblich als (Bürger-)Kriegsländer in Erinnerung. Untrennbar verbunden sind damit aber auch jene militärischen Interventionen des Nordatlantikbündnisses, die für eine Entwicklung der NATO vom Verteidigungsbündnis hin zur transatlantischen Interventionsstreitmacht stehen. Gleichermaßen markieren sie prototypisch die Fortentwicklung eines völkerrechtlichen Vertrages in seiner Handhabung fernab des Vertragstextes. Losgelöst vom Gründungsvertrag ist die NATO neuen Zwecken dienstbar gemacht worden, ohne dass sich diese »Umwidmung« in einer förmlichen Vertragsänderung niedergeschlagen hätte. -- Ausgehend von diesem Befund widmet sich die Arbeit der zentralen Fragestellung, in welchem Rahmen und unter welchen Voraussetzungen militärische Maßnahmen eines Verteidigungsbündnisses wie der NATO als rechtmäßig i.S.d. Völkerrechts anzusehen sind und wie weit der NATO-Vertrag als ein völkerrechtlicher Vertrag ausgelegt bzw. »fortgebildet« werden darf. / »The Legitimacy of NATO Military Operations since the End of Soviet Union with Regard to the North Atlantic Treaty and International Law« -- The NATO military interventions in Bosnia-Herzegovina, Kosovo, Afghanistan and Libya mark the development of NATO from a defensive military alliance to a transatlantic interventional force. They also show how the handling of an international treaty moves away from its original contract text, without this repurposing being reflected in a formal change of treaty yet. This work analyses if and how military measures of a defensive alliance such as NATO are legitimate in the light of international law.
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Bei der Rechtfertigung der russischen Militäraktion in Tschetschenien werden weit übertriebene Angaben über die wirtschaftliche Bedeutung der Republik gemacht. Weder verfügt Tschetschenien über Bodenschätze, die im Rahmen der Rußländischen Föderation ins Gewicht fallen, noch ist es unersetzlich für den Güter- und Rohrleitungstransport im kaukasischen Raum. Auch die Vernichtung Tschetscheniens als 'kriminelle Freihandelszone' nimmt eher verbreitete Ressentiments auf, als daß sie den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird. Die russische Intervention kann vielmehr als Betonung der Vormachtstellung Moskaus gegenüber einer befürchteten Umorientierung der zentralasiatischen GUS-Republiken nach Süden verstanden werden. Die laufenden Ausgaben für die Kriegsführung werden die russische Wirtschaft voraussichtlich weniger belasten als die auf Druck der Rüstungslobby zu erwartende Erhöhung der Rüstungsausgaben. (BIOst-Mrk)
In der Arbeit des UN-Sicherheitsrates gewinnen die Menschenrechte zunehmend an Bedeutung. So versucht der Sicherheitsrat in thematischen Resolutionen, den Schutz der Menschenrechte zu verbessern und behandelt verstärkt Ländersituationen, wie am Beispiel des Arabischen Frühlings gezeigt wird. Der Essay geht insbesondere auf die Entscheidungsprozesse und die politischen und rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe ein und richtet besonderes Augenmerk auf die deutsche Rolle im Sicherheitsrat. Er untersucht das Zusammenspiel von Sicherheitsrat und anderen UN-Menschenrechtsorganen sowie die Beteiligungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft und entwickelt Empfehlungen für die künftige UN-Politik.
In der Arbeit des UN-Sicherheitsrates gewinnen die Menschenrechte zunehmend an Bedeutung. So versucht der Sicherheitsrat in thematischen Resolutionen, den Schutz der Menschenrechte zu verbessern und behandelt verstärkt Ländersituationen, wie am Beispiel des Arabischen Frühlings gezeigt wird. Der Essay geht insbesondere auf die Entscheidungsprozesse und die politischen und rechtlichen Beurteilungsmaßstäbe ein und richtet besonderes Augenmerk auf die deutsche Rolle im Sicherheitsrat. Er untersucht das Zusammenspiel von Sicherheitsrat und anderen UN-Menschenrechtsorganen sowie die Beteiligungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft und entwickelt Empfehlungen für die künftige UN-Politik.
Sergej Kovalev, als Dissident 1975 bis 1985 inhaftiert und verbannt, wurde von Präsident El'cin zum Vorsitzenden der im Herbst 1993 geschaffenen Menschenrechtskommission beim Präsidenten der Rußländischen Föderation ernannt und ist zugleich von der Duma berufenener Menschenrechtsbevollmächtigter der RF. Kovalev wirft der russischen Führung massenhafte grobe Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung Tschetscheniens vor. (BIOst-Mrk)
Der zweite Teil der Analyse setzt sich mit den Rechtfertigungen russischer Machtpolitik in Tschetschenien auseinander. Die beiden Hauptelemente der Rechtfertigung waren die 'territoriale Integrität' Rußlands und die Bekämpfung 'grenzüberschreitender Gesetzlosigkeit' auf einem Teil seines Hoheitsgebiets. Darüber hinaus werden die Hauptthemen der Ängste in Rußland und der internationalen Besorgnis behandelt. Diese betreffen die regionale Eskalation, den drohenden Abnutzungskrieg, die Restauration in Rußland und die Veränderungen im Verhältnis Rußlands zur Außenwelt. (BIOst-Mrk)
Während die Untersuchung des Giftgas-Einsatzes in Syrien noch andauert, wird in Washington, London und Paris darüber beraten, ob, wann und in welcher Form auf den Angriff reagiert werden soll. Am wahrscheinlichsten sind momentan gezielte und zeitlich begrenzte Luftschläge gegen militärische Stellungen der Regierungsstreitkräfte. Die Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit wird zwar nicht den Ausschlag dafür geben, ob solche Schläge geführt werden. Dennoch werden die USA und ihre Verbündeten dazu Stellung nehmen müssen, um ihr Vorgehen zu legitimieren.(Autorenreferat)
Trotz der umfangreichen Berichterstattung über die Tschetschenien- Krise sind längst nicht alle Etappen und Motive der Moskauer Interventionsentscheidung bekannt. Beunruhigend ist, daß viele Argumente der Moskauer Propaganda ungeprüft von ausländischen Kommentatoren übernommen werden. Es wird immer noch nicht ausreichend beachtet, daß Präsident El'cin spätestens seit Herbst 1993 in erster Linie Verbündeter der höchsten Militär- und Sicherheitskreise ist, daß es aber darüber hinaus keinerlei Mechanismus der zivilen Kontrolle über die militärischen Strukturen gibt. Entscheidungsprozesse werden nicht von den in der Verfassung vorgesehenen Organen und wohl nicht einmal nach Routine-Verfahren getroffen, vielmehr scheinen dafür bestimmte Personenkonstellationen und Interessengruppen zunehmend wichtiger zu werden. (BIOst-Mrk)
Bislang funktioniert in Rußland kein demokratisches Institutionengefüge. Weder ist das Gewaltmonopol des Staates durchgesetzt, noch existiert ein Grundkonsens darüber, daß Gewalt ohne rechtsstaatliche Sanktion bei der Lösung von Konflikten ausscheidet. Der Tschetschenien-Krieg zeigt, wie tief die Gesellschaft gespalten ist. Die gefährlichste Folge des Kriegs für Rußland ist die Delegitimierung von Person und Amt des Präsidenten. Wieder beginnt eine Auseinandersetzung darüber, wie Rußland regiert werden soll. Westliche Politik sollte die demokratischen Kräfte, gesellschaftliche Eigenständigkeit und jene Ansätze unterstützen, die Rußland auf dem Wege zu einer bürgerlichen Gesellschaft voranbringen. El'cin ist nicht mehr der Träger der Reformen. (BIOst-Mrk)