Aus der Einleitung: Am 01.01.1999 erfolgte durch die Vollendung der EWWU ein maßgeblicher Schritt für das Zusammenwachsen der europäischen Staaten. Gleichzeitig ging die exekutive Kompetenz in geld- und währungspolitischen Fragen von den Mitgliedstaaten auf die neu geschaffene EZB über. Damit wurden erstmalig Befugnisse für dieses konstitutive Gebiet der Makroökonomie von der nationalen Zuständigkeit an eine Gemeinschaftsinstanz übergeben. Mit der Einführung des Euro-Bargeldes zum 01.01.2002 war die Währungsunion dann auch greifbar. Heute ist das Euro-Währungsgebiet nicht nur einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte weltweit, auch die Einheitswährung hat sich in dieser kurzen Zeit zu einer der bedeutendsten Währungen der Welt entwickelt. Problemstellung: Von der Konzeption bis zur täglichen Arbeit ist die EZB als operativer geld- und währungspolitischer Pfeiler der EWWU das Thema zahlloser Kontroversen. Neben den wirtschaftsfachlichen Auseinandersetzungen haben vor allem die politischen Debatten aktuell eine starke mediale Präsenz. Aufgrund der signifikanten Bedeutung der Geld- und Währungspolitik, sowie der gegenwärtig fortwährenden, oft antagonistischen Dispute ist die EZB Gegenstand dieser Arbeit. Dabei soll untersucht werden, ob die gemeinschaftliche Arbeit durch die EZB erfolgreich war. Hierfür wird der Zeitraum von 2002 bis 2006 betrachtet, da erst mit der Einführung des Euro-Bargeldes das volle Bewusstsein für die gemeinsame europäische Politik auf diesen Gebieten geweckt wurde. Weiterhin erfolgt so eine Ausklammerung der Anfangsphase, welche Vor- und Nachteile bedingt durch die Neuerrichtung dieser Institution enthalten kann, die aber keine Relevanz für die objektive Beurteilung der Zentralbankpolitik haben. Gang der Untersuchung: Da es sich bei der Geld- und Währungspolitik der EZB um ein sehr komplexes Thema handelt, ist eine differenzierte Untersuchung der Teilaspekte nötig, um eine Aussage über deren Erfolg treffen zu können. Hierbei kann nicht nur eine Fokussierung auf das Ergebnis der Zentralbankarbeit erfolgen, sondern vielmehr müssen Erkenntnisse über die zugrunde liegenden Konzeptionen, deren Umsetzung und den daraus resultierenden Auswirkungen gewonnen werden. Nach einer Einordnung in den geschichtlichen Kontext sollen zunächst die institutionellen Voraussetzungen in Form der rechtlichen Grundlagen und des organisatorischen Aufbaus vorgestellt, sowie die Aufgaben und Ziele der EZB, einschließlich der suggestiven Wirkungen dieser untereinander, vorgestellt werden. Im vierten Kapitel wird die Geldpolitik, also die Maßnahmen zur Steuerung der Liquiditäts-versorgung und des Geldumlaufes innerhalb einer Volkswirtschaft, untersucht. Hierbei soll basierend auf der Marktsituation, der zur Verfügung stehenden Instrumente und der gewählten Strategie das theoretische Handlungskonzept und dessen praktische Umsetzung analysiert werden. Anschließend wird die Währungspolitik, das heißt die nach außen gerichtete Gestaltung der Währungsordnung, dargestellt. Dazu erfolgt die Erörterung der währungspolitischen Situation und deren Einfluss auf die gegebenen Ziele der EZB. Im nachfolgenden Kapitel werden besondere Bestimmungsfaktoren betrachtet, die eine hohe Relevanz für den Erfolg der Zentralbankpolitik aufweisen. Inhalt des siebten Kapitels ist die Überprüfung des Erreichens der Zielvorgaben. Abschließend erfolgt eine Bewertung des Erfolges der gemeinsamen europäischen Geld- und Währungspolitik durch die EZB. Dabei soll auch ein Ausblick auf die Erfordernisse der zukünftigen Arbeit gegeben werden.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV ABBILDUNGSVERZEICHNISV TABELLENVERZEICHNISVI 1.EINLEITUNG1 1.1Problemstellung1 1.2Gang der Untersuchung2 2.DIE WIRTSCHAFTS- UND WÄHRUNGSUNION UND DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK3 2.1Die Entstehung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion3 2.2Die Rechtsgrundlagen der Europäischen Zentralbank4 2.3Der institutionelle Aufbau der Europäischen Zentralbank4 2.3.1Das Europäische System der Zentralbanken5 2.3.2Das Direktorium5 2.3.3Der Rat der Europäischen Zentralbank6 2.4Bewertung der Organisation der Europäischen Zentralbank7 3.DIE AUFGABEN UND ZIELE DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK10 3.1Die übertragenen Aufgaben10 3.2Die Ziele der Europäischen Zentralbank11 3.2.1Die primäre Bedeutung der Preisstabilität11 3.2.2Die quantitative Bestimmung der Preisstabilität13 3.3Die Zielbeziehungen16 4.DIE GEMEINSAME EUROPÄISCHE GELDPOLITIK20 4.1Der Transmissionsprozess20 4.2Die geldpolitischen Instrumente23 4.2.1Offenmarktgeschäfte23 4.2.2Ständige Fazilitäten26 4.2.3Mindestreserven27 4.3Die Strategie der Europäischen Zentralbank27 4.3.1Die wirtschaftliche Analyse28 4.3.2Die monetäre Analyse31 4.3.3Alternative geldpolitische Strategien35 4.4Grenzen der Geldpolitik36 4.5Bewertung der 2-Säulen-Strategie39 4.6Die geldpolitische Arbeit der Europäischen Zentralbank42 4.6.1Erste Phase: Zinssenkungen43 4.6.2Zweite Phase: Konstantes Zinsniveau44 4.6.3Dritte Phase: Zinssteigerungen46 4.6.4Bewertung der geldpolitischen Entscheidungen47 5.DIE GEMEINSAME EUROPÄISCHE WÄHRUNGSPOLITIK49 5.1Die währungspolitische Situation49 5.2Der Einfluss der Währungspolitik auf die Preisstabilität50 6.DETERMINANTEN EINER ERFOLGREICHEN ZENTRALBANKPOLITIK53 6.1Unabhängigkeit53 6.1.1Arten der Unabhängigkeit53 6.1.2Die Bedeutung der Unabhängigkeit54 6.2Transparenz55 6.2.1Das Problem der demokratischen Legitimierung55 6.2.2Transparenz als Problemlösung56 6.3Glaubwürdigkeit57 7.DIE ZIELERFÜLLUNG DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK61 7.1Die Erfüllung des Ziels der Preisstabilität61 7.2Inflationsdifferenziale im Euro-Währungsgebiet63 8.SCHLUSSBETRACHTUNGEN66 ANHANG78 LITERATURVERZEICHNIS122Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.2.1, Die primäre Bedeutung der Preisstabilität: Der Begriff der Preisstabilität wird durch den EGV nicht weiter definiert. Die wörtliche Interpretation dieses Terminus würde bedeuten, dass alle Einzelpreise einer Volkswirtschaft konstant blieben. Da dies in der Realität unmöglich ist, ist Preisstabilität als Preisniveaustabilität zu verstehen. Dies bedeutet, dass sich Preise einzelner Güter ändern können, aber der Geldwert gegenüber dem Mittelpreis aller Güter gleich bleibt. Aufgrund der praktischen Relevanz soll das Verfehlen der Preisstabilität am Beispiel der Inflation dargestellt werden, welche als anhaltender Anstieg des allgemeinen Preisniveaus definiert wird. Ursachen und Auswirkungen für Deflation stellen sich analog mit sinkendem Preisniveau dar. Eine ausführliche Betrachtung der Deflation soll nicht erfolgen, da ein über längere Zeit sinkendes Preisniveau als sehr unwahrscheinlich gilt. Neben der Einordnung nach Geschwindigkeit und Höhe, wird Inflation grundsätzlich nach ihrer Ursache in Nachfrage- und Angebotsinflation unterschieden. Bei der Nachfrageinflation übersteigt die Nachfrage durch höheren privaten oder staatlichen Konsum, zunehmende Auslandnachfrage oder erhöhte Investitionen das Angebot am Markt, woraufhin die Preise durch den Preismechanismus steigen. Auf der Angebotsseite führen gestiegene Lohnsätze, Importpreise oder Steuern zu einer Umlegung auf die Güterpreise. Ebenso vielschichtig wie die Ursachen, sind auch die Inflationsfolgen. Die Inflation wirkt auf die eigentlichen Funktionen des Geldes. Mit dem Verlust der Kaufkraft geht der Verlust der Rolle als Wertaufbewahrungsmittel und als Messgröße für Werte einher. Die Funktion als Tauschmittel nimmt ab, da der reale Gegenwert nicht mehr vorhanden ist. Durch die Geldentwertung ist die Beurteilung relativer Preise, als Grundlage fundierter Konsum- und Investitionsentscheidungen kaum möglich. Dem Markt wird so die Möglichkeit der effizienten Ressourcenallokation und damit Produktionspotenzial entzogen. Auch die Allokationseffizienz des Kapitalmarktes nimmt mit steigendem Preisniveau ab. Längerfristige Zinsen enthalten Risikoprämien, die mit steigender Inflationserwartung zunehmen und damit Investitionen unattraktiver machen. Weitere Auswirkungen ergeben sich im Bereich der Umverteilung. Gläubiger erleiden einen Realverlust, wenn sie die Inflationsrate nicht vorhersehen konnten. Demgegenüber steht ein Realgewinn auf der Schuldnerseite, da der reale Wert der Verbindlichkeiten gesunken ist. Nachteile entstehen auch für die Bezieher von Lohn- und Transfereinkommen, wenn die inflationäre Entwicklung nicht korrekt prognostiziert wurde, da eine schnelle Anpassung der Bezüge an die Inflationsrate i.d.R. nicht möglich ist. Es ergeben sich so erhebliche Vermögensverluste, wenn eine rasche Umschichtung in reale Vermögenswerte wie Immobilien oder Gold nicht erfolgen kann. Vor allem die schwächeren Gruppen der Gesellschaft, ohne ausreichende Absicherung, sind von diesen willkürlichen Einkommens- und Vermögensumverteilungen besonders betroffen. Die aufgeführten inflationären Auswirkungen machen deutlich, dass eine fehlende Geldwertstabilität die verschiedensten volks-wirtschaftlichen Bereiche mit erheblichen, teils existenzbedrohenden Folgen betrifft. Die deflationären Auswirkungen stellen sich analog mit einem sinkenden Preisniveau dar. Aufgrund des breiten Einflusses und der intensiven sozialen und wirtschaftlichen Effekte ist Preisstabilität als Grundlage für das Funktionieren einer Volkswirtschaft und die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenlebens unabdingbar. Durch diese Erkenntnisse erscheint die die hervorgehobene Stellung dieses Ziels gerechtfertigt. Die quantitative Bestimmung der Preisstabilität: Nach der qualitativen Erörterung soll geklärt werden, wie das Preisniveau im Euro-Währungsgebiet ermittelt und das Zielniveau bestimmt wird. Die Messung des Preisniveaus erfolgt über den HVPI, den das Statistische Amt der EU, Eurostat, aus den monatlichen Daten der nationalen Statistikämter ermittelt. Die Verwendung des HVPI ist nötig, da sich die nationalen Preisindizes teilweise deutlich unterscheiden. Grundlage sind die Preise für Waren und Dienstleistungen in einem repräsentativen Warenkorb mit 12 Hauptkomponenten. Außerdem werden verschiedene Teilindizes ermittelt. Da der HVPI einzig als Preisindex angelegt ist, werden nur im Euro-Raum getätigte Ausgaben erfasst. Die Preisindizes werden jedes Jahr miteinander verkettet und sowohl die Zusammensetzung des Warenkorbes, als auch die Gewichtung der Länder angepasst. Dabei hat Deutschland ein Ländergewicht von etwa 30%, Frankreich und Italien jeweils circa 20%. Als Basisjahr wurde zunächst 1996 festgelegt. Seit 2006 ist das Jahr 2005 der Referenzzeitraum. Während herkömmliche Preisindizes eine unveränderte Zusammensetzung des Warenkorbs über längere Zeit messen, besteht der Vorteil der Verkettung in der größeren Aktualität der verwendeten Verbrauchsgewohnheiten. Damit geht allerdings teilweise die Funktion des reinen Preisindexes verloren. Dies ist kritisch zu sehen, da die Inflationsraten im Vergleich zum Vorjahr durch Änderungen im Nachfrageverhalten und durch die Ländergewichtung beeinflusst werden können. Dadurch, dass die 3 großen Volkswirtschaften des Euro-Währungsgebietes mehr als 2/3 zum gesamten Preisniveau beitragen, kann sich die Inflationsrate in einem kleineren Land deutlich von der harmonisierten Preissteigerungsrate unterscheiden. Insgesamt weicht der HVPI zwar von seiner Konzeption als Preisindex ab, stellt aber durch die Orientierung an den Lebenshaltungskosten die Marktentwicklung aktueller dar. Kritik gibt es auch an der Zusammensetzung des HVPI, der eine allumfassende Inflationsrate widerspiegelt, in der kurzfristige Entwicklungen stark gewichtet sind. Es wird eine Inflationsmessung nach Vorbild der FED gefordert, die auf die Bestimmung einer Kerninflationsrate setzt, bei der die Preise für Energie und unbearbeitete Nahrungsmittel unberücksichtigt bleiben, um übermäßige Volatilität aus dem Preisindex herauszunehmen. Durch das Herausrechnen der meist wegen exogener Wirkungen kurzfristig stark schwankenden Bereiche soll das eigentliche volkswirtschaftliche Preisniveau dargestellt werden. Folgt man diesem Ansatz, ergibt sich für das Euro-Währungsgebiet allerdings ein vollkommen anderes Resultat (siehe Abb. 1: Vergleich HVPI – Kerninflation). Die Darstellung zeigt, dass sich entgegen der theoretischen Annahme die Kerninflationsrate wesentlich volatiler als der Gesamtindex präsentiert. Zwar ist der Nutzen von Teilindizes zur detailierten Analyse unbestreitbar und wird auch praktiziert, jedoch erscheint eine Fokussierung auf die Kerninflation statt des gesamten HVPI, wie in der Kritik gefordert, anhand dieser Erkenntnisse als nicht empfehlenswert. Welche jährliche Änderungsrate des HVPI mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar ist, bestimmte die EZB erstmals 1998. Demnach wird Preisstabilität definiert als "Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) von unter 2% gegenüber dem Vorjahr". Im Rahmen der Überprüfung ihrer geldpolitischen Strategie 2003 wurde diese Definition präzisiert. Als Preisstabilität ist "mittelfristig eine Preissteigerungsrate unter, aber nahe der 2%-Marke" anzusehen. Diese Zielsetzung bedeutet zum einen, dass eine Inflationsrate über 2% und zum anderen eine sehr geringe Inflationsrate mit dem Ziel der Preisstabilität nicht vereinbar sind. Bei der Kalkulation wurden mögliche Messfehler des HVPI, die das Preisniveau leicht überzeichnen können und eine Sicherheitsmarge zur Deflation berücksichtigt (EZB 2004a, S. 52). Eben diese findet in der Öffentlichkeitsdarstellung aber nur geringe Aufmerksamkeit. Deflationäre Folgen wie der reale Wertanstieg von Schulden oder der Anreiz Konsum- und Investitionsentscheidungen aufzuschieben wiegen ebenso schwer, wie die der Inflation. Darüber hinaus kann man Deflation mit geldpolitischen Mitteln nur begrenzt entgegenwirken. Auch wenn das Euro-Währungsgebiet von einem bedrohlich sinkenden Preisniveau im Gegensatz zu starken Inflationswellen noch nicht bedroht war, so zeigt der Blick auf Japan, dass die deflationären Gefahren angesichts der geringen Sicherheitsmarge zwischen Preisstabilität und Deflation nicht unterschätzt werden dürfen. Die EZB sollte daher das öffentliche Bewusstsein für die Folgen einer Deflation stärken und einen konkreten Maßstab in Form einer Preisniveauuntergrenze festlegen. Peter Leipold, Diplomverwaltungswirt, Abschluss 2008 an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung Reinfeld. Derzeit tätig bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland.
Aus der Einleitung: Umweltpolitische Themen gewinnen in der politischen wie auch in der ökonomischen Diskussion stetig an Bedeutung. "Klimawandel" und "globale Erwärmung" sind Begriffe, die stellvertretend für die Auswirkungen einer zunehmenden Umweltbelastung durch den Menschen stehen. Insbesondere seit der Industrialisierung tragen starkes exponentielles Bevölkerungswachstum, der zunehmende Abbau und Verbrauch natürlicher Ressourcen sowie die ansteigende Verbrennung fossiler Brennstoffe zu dieser Entwicklung bei.Die Eindämmung des Klimawandels stellt für die Menschheit eine der wichtigsten Aufgaben des 21. Jahrhunderts dar. Bereits 1979, auf der Weltklimakonferenz in Genf, wiesen Wissenschaftler darauf hin, dass die Zunahme von Kohlendioxid gravierende langfristige Veränderungen des globalen Klimas verursacht. Nicht zuletzt aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse in Bezug auf den anthropogenen, das heißt durch den Menschen verursachten, Klimawandel und den daraus resultierenden ökologischen wie ökonomischen Konsequenzen, vereinbarte die internationale Staatengemeinschaft im Jahre 1997, dem bevorstehenden Klimawandel durch völkerrechtlich verbindliche Ziele zu begegnen. Das sogenannte "Kyoto-Protokoll" stellt gewissermaßen den "übergeordneten Rahmen für das EU-Emissionshandelssystem" dar, welches mit Hilfe marktwirtschaftlicher Instrumente (unter anderem der Handel mit Emissions-zertifikaten) ab 2008 einen ökologischen Zusammenbruch verhindern soll. Auf europäischer Ebene installierte man bereits im Jahre 2005 ein Emissionsrechte-handelssystem, um bereits erste Erfahrungen mit diesem "neuen" System zu sammeln. Die bisherigen nationalen wie internationalen Umweltpolitiken waren nahezu vollständig geprägt durch den Einsatz traditionell ordnungsrechtlicher Umweltinstrumente. Die Installation des zunächst auf Kohlendioxid (CO2) beschränkten EU-Emissionsrechtehandels stellt damit ein neues Kapitel der internationalen Klimapolitik dar, bei dem erstmals – und noch vor Beginn der Umsetzung des Kyoto-Protokolls – der Versuch unternommen wird, länderübergreifend ein marktwirtschaftliches Instrument zu installieren, um der bevorstehenden Klimakatastrophe zu begegnen. Die Arbeit ist in drei Hauptbestandteile untergliedert: In Kapitel 2 erfolgt eine (theoretische) Einführung in den Zertifikatehandel als umweltpolitisches Instrument. Es wird deutlich, dass Umweltverschmutzungen – wie sie die CO2-Emissionen darstellen – ökonomietheoretisch als Allokationsproblem gesehen werden können und der Emissionszertifikatehandel als Instrument zur Internalisierung von externen Effekten dient. Nach dieser wirtschaftstheoretischen Einführung in die Materie, wird die Umsetzung des theoretischen Konzeptes der Emissionszertifikate in das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) dargestellt (Kapitel 3). Es wird zum einen auf die institutionellen Grundlagen eines europaweiten Emissionshandels eingegangen und zum anderen die konkreten Ausgestaltungsformen des EU-ETS aufgezeigt. Das Kapitel 4 widmet sich den Erfahrungen der ersten Handelsperiode (2005-2007) und unterzieht diese einer kritischen Analyse. Eine abschließende Zusammen-fassung mit einem Ausblick rundet diese Arbeit ab. Ziel dieser Arbeit ist es, neben einer theoretischen Einführung in den Zertifkate-handel vor allem die praktische Ausgestaltung des Konzeptes am Beispiel des EU-Emissionshandelssystem näher zu betrachten und Schlüsse für den weiteren Verlauf eines solchen Emissionsrechtehandelssystems zu ziehen. Grundlage der Betrachtung wird das EU-ETS in den Jahren 2005 bis 2007 sein. Zugleich soll eine erweiterte Darstellung des internationalen Emissionshandelssystems nach dem Kyoto-Protokoll sowie der zweiten Phase des EU-ETS ab 2008 an den Stellen erfolgen, an denen es zum Verständnis des Sachverhaltes und möglicher Wirkungs-zusammenhänge beiträgt.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: INHALTSVERZEICHNISII ABKÜRZUNGSVERZEICHNISIV ABBILDUNGSVERZEICHNISVI TABELLENVERZEICHNISVII VERZEICHNIS DER ANLAGENVIII 1.EINLEITUNG1 2.THEORETISCHE GRUNDLAGEN DES ZERTIFIKATEHANDELS ALS UMWELTPOLITISCHES INSTRUMENT3 2.1Umweltverschmutzung als Allokationsproblem3 2.2Mengen- vs. Preislösungen3 2.3Zertifikate als umweltpolitisches Instrument6 2.3.1Funktionsweise6 2.3.2Ökonomische Anforderungen an den Zertifikatemarkt9 2.4Zwischenergebnis11 3.FORMEN DER AUSGESTALTUNG UND UMSETZUNG EINES EU-ETS IN DIE PRAXIS11 3.1Institutionelle Grundlagen des EU-Emissionshandels12 3.1.1Kyoto-Protokoll13 3.1.2EU-Emissionshandelsrichtlinie (EHRL)15 3.1.3Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG)16 3.1.4Zwischenergebnis17 3.2Festlegung des Handelssystems18 3.2.1Das "Cap-and-Trade"-System18 3.2.2Alternative: Das "Baseline-and-Credit"-System18 3.3Zertifikatepflichtige Wertschöpfungsstufe19 3.3.1Downstream-Ansatz19 3.3.2Alternative: Upstream-Ansatz20 3.4Teilnehmerkreis21 3.4.1Handelsebene: Unternehmen vs. Staaten22 3.4.2Zertifikatepflichtige Branchen und Anlagen23 3.5Einbezogene Gase24 3.5.1Beschränkung auf CO224 3.5.2Alternative: Einbeziehung weiterer Treibhausgase25 3.6Gültigkeitsdauer25 3.6.1Begrenzte Gültigkeitsdauer25 3.6.2Alternative: Unbegrenzte Gültigkeitsdauer27 3.7(Intertemporale) Übertragbarkeit: Banking und Borrowing27 3.7.1Banking28 3.7.2Borrowing28 3.7.3Zwischenfazit29 3.8Allokationsverfahren29 3.8.1Grandfathering30 3.8.2Auctioning31 3.8.3Die Behandlung von Alt- und Neuemittenten31 3.8.4Die Erstzuteilung im EU-ETS: Ein Hybridsystem32 3.9Handel von Emissionsrechten auf dem Sekundärmarkt32 3.10Kontrolle und Sanktionen35 3.11Emissionshandel in Deutschland36 3.12Zwischenfazit39 4.ERFAHRUNGEN UND KRITISCHE ANALYSE DER ERSTEN HANDELSPERIODE40 4.1Preis- und Umsatzentwicklung40 4.1.1Preisdeterminanten40 4.1.2Preisentwicklung in der ersten Phase (2005-2007)44 4.1.3Umsatzentwicklung in der ersten Phase (2005-2007)46 4.2Begrenzter Teilnehmer- und Treibhausgaskreis47 4.3Das Zuteilungsverfahren51 4.4Windfall-Profits60 5.ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK62 ANLAGEN67 LITERATURVERZEICHNIS74Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.6, Gültigkeitsdauer: Die ausgegebenen Zertifikate können grundsätzlich entweder eine zeitlich befristete oder unbefristete Geltungsdauer aufweisen. Zum ersten Fall soll hier auch der Fall gezählt werden, bei dem Berechtigungen zwar innerhalb einer Periode Gültigkeit besitzen, jedoch nach Ablauf dieser Periode verfallen. Begrenzte Gültigkeitsdauer: Das europäische Emissionshandelssystem basiert auf Lizenzen, die in ihrer Gültigkeit zeitlich begrenzt sind. Die Anlagenbetreiber erhalten die Menge an Emissionsberechtigungen, die ihnen für die erste Handelsperiode nach den Bestimmungen des Nationalen Allokationsplans zugewiesen werden, gleichmäßig auf die drei Jahre verteilt. Aus den Artikeln 11 bis 13 der EU-Richtlinie geht hervor, dass die Lizenzen jährlich abgerechnet werden. Jedes Jahr werden die Zertifikate bis zum 28. Februar von der zuständigen Behörde ausgeben. Nach Artikel 12 Absatz 3 müssen Anlagenbetreiber bis spätestens 30. April eines Jahres Emissions-berechtigungen in Höhe der verifizierten Emissionen abgeben, die anschließend gelöscht werden. Obwohl die Zertifikate grundsätzlich nur eine einjährige Laufzeit besitzen, verleihen ihnen die Banking- und Borrowing-Regelungen (siehe Kapitel 3.7) eine unbegrenzte Gültigkeit für die erste Handelsperiode. Erst nach Ablauf der Handelsperiode verlieren sie ihre Gültigkeit. Im Anschluss folgt die zweite Handelsperiode von 2008 bis 2012, die mit der ersten Phase des Kyoto-Protokolls übereinstimmt. Nach Artikel 13 Absatz 2 der EU-Richtlinie werden die ungültigen Zertifikate vier Monate nach Beginn der neuen Handelsperiode von der zuständigen Behörde automatisch gelöscht. Die im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen konkreten Emissionsminderungsziele stellen sowohl hinsichtlich der Zeit als auch der Menge die Rahmenbedingungen für die Vertragsstaaten dar. Um auf diese Ziele adäquat in Form einer "punktgenaue(n; Anm. d. Verf.) Steuerung der Gesamtemissionsmenge" hinzuarbeiten, bieten sich periodisch befristete Lizenzen an. Es ist also unerheblich, welche Menge an Emissionen in welchem Jahr ausgestoßen wird. Entscheidend ist vielmehr, dass die Emittenten das Emissionsminderungsziel für den Handelszeitraum erreichen; bei dem EU-Emissionshandel entspricht dies also für die erste Phase dem Zeitraum 2005 bis 2007. Mit einer höheren Flexibilität des Lizenzgebers (Staat) geht allerdings auch eine höhere Planungsunsicherheit für die Lizenznehmer (Unternehmen) einher, da sich die Konditionen für die Vergabe der Emissionsrechte für die nächste Periode ändern können. Diese Form der Lizenzausgestaltung kann allerdings dazu beitragen, dass Emittenten erst zum Ende der Handelsperiode feststellen, dass sie das Reduktionsziel nicht erreichen und somit Gegensteuerungsmaßnahmen zu spät in Angriff genommen werden. Als Konsequenz ergibt sich dann, dass sich die Emittenten am Markt mit Berechtigungen eindecken müssen. Liegt eine Zielverfehlung bei einer großen Anzahl von Unternehmen vor, so werden diese am Markt als Nachfrager auftreten müssen und den Zertifikatepreis am Ende der Periode hochtreiben. Allerdings ist auch eine andere Situation vorstellbar, bei der am Ende der Handelsperiode eine große Anzahl von Zertifikaten am Markt angeboten wird, weil Emittenten ihre Reduktionsziele "übererfüllt" haben und überschüssige Zertifikate am Markt anbieten. Steht diesem großen Angebot keine Nachfrage in entsprechender Höhe gegenüber, wird der Zertifikatepreis gedrückt und die Zertifikate gegebenenfalls entwertet. Um den Nachteil des Flexibilitätsverlustes zu verringern, können Regelungen der intertemporalen Übertragbarkeit von Emissionsberechtigungen zwischen verschiedenen Handelsperioden festgelegt werden. Die Regelungen der sogenannten "Banking"- und "Borrowing"-Maßnahmen werden in Kapitel 3.7 näher vorgestellt. Alternative: Unbegrenzte Gültigkeitsdauer: Unter Kosteneffizienzgesichtspunkten stellen Lizenzen ohne zeitliche Befristungs-dauer die bessere Alternative dar. Die Emittenten sind in der Ausübung ihrer Emissionsminderungsmaßnahmen zeitlich flexibel und können so beispielsweise produktions- und anlagenspezifische Gegebenheiten (wie etwa die Abschreibungs-dauer) berücksichtigen. Von Nachteil ist, dass durch ein hohes Maß an Flexibilität ein vorgegebenes quantitatives und zeitliches Reduktionsziel nicht gesteuert werden kann. Befürchtungen, die Emittenten würden in den Anfangsjahren geringe Vermeidungs-anstrengungen unternehmen, werden damit begründet, dass Vermeidungstechniken in der Zukunft kostengünstiger übernommen werden können als eigene Suchanstrengungen zu tätigen. Denkt man diese Szenario weiter, so kann die dynamische Anreizwirkung, die von den unbefristeten Lizenzen ausgeht, als geringer eingestuft werden. Die Anreize können erhöht werden, in dem das Lizenzangebot verknappt wird. Denkbar wäre entweder ein staatlicher Ankauf der Emissionsrechte im Rahmen einer Offenmarktpolitik oder eine kontinuierliche Abwertung. Allerdings ist die erste Möglichkeit des staatlichen Ankaufs abzulehnen, weil sie dem eigentlichen Ziel, der Internalisierung externer Effekte, entgegensteht und die Kosten somit wieder der Allgemeinheit auferlegt werden. Um die Planungsunsicherheit für die Unternehmen bei einer periodischen Abwertung zu reduzieren, sollte die Abwertungsrate langfristig bekannt gemacht werden. (Intertemporale) Übertragbarkeit: Banking und Borrowing: Um den mit einer befristeten Gültigkeit von Zertifikaten einhergehenden Flexibilitätsverlust zu kompensieren, gibt es die Möglichkeit, die Übertragbarkeit von Emissionsrechten zwischen Handelsperioden zuzulassen. Dabei werden grundsätzlich zwei Formen der intertemporalen Übertragbarkeit unterschieden: Banking und Borrowing. Beide Formen sind grundsätzlich in der EU-Richtlinie innerhalb der Zuteilungsperioden, also zwischen 2005 und 2007 beziehungsweise zwischen 2008 und 2012, zugelassen. Es folgen nun Ausführungen zu den Grundzügen und Ideen dieser Regelungen. Für einen genaueren Einblick in die Ausgestaltung dieser Regelungen wird auf Kapitel 3.11 verwiesen, in dem die Banking- und Borrowing-Regelungen in Deutschland beschrieben werden. Banking: Unter Banking wird in diesem Zusammenhang eine Regelung verstanden, die es den Anlagenbetreibern erlaubt, (überschüssige) Lizenzen anzusparen und in den nächsten Handelszeitraum zu übernehmen. Es wird Anlagenbetreibern also gestattet, nicht benötigte Emissionsberechtigungen des einen Jahres in das folgende Jahr zu übernehmen. Aus Sicht der Unternehmen kann Banking sinnvoll sein, wenn mit einem starken Preisanstieg der Zertifikate zu rechnen ist. Auch nach ökologischen Gesichtspunkten ist das Banking zu befürworten, da es Anreize generieren kann, Reduktionsmaßnahmen früher als ursprünglich geplant durchzuführen, wenn den Emittenten gewissermaßen als Lohn dafür in Aussicht gestellt wird, die nicht benötigten Zertifikate in zukünftige Perioden übernehmen zu dürfen. Damit hat Banking "den Charakter einer Zukunftsinvestition". Andererseits kann der Banking-Mechanismus die Liquidität des Zertifikatemarktes beeinträchtigen, wenn viele Unternehmen ihre Berechtigungen "horten" und somit ihre für die laufende Periode überschüssigen Rechte nicht dem Markt zur Verfügung stellen. Borrowing: Bei der sogenannten Borrowing-Regelung geht es darum, dass Anlagenbetreibern die Möglichkeit zugestanden wird, Emissionsberechtigungen aus zukünftigen Perioden vorzuziehen. Ein solches Vorhaben ist aus Sicht der Unternehmen dann zu realisieren, wenn für zukünftige Handelsperioden sinkende Zertifikatepreise erwartet werden. Als Gefahren des Borrowing werden zum einen ein möglicher Lizenzmangel zum Ende der Handelsperiode angeführt als auch die Möglichkeit konkursnaher Unternehmen, Emissionsberechtigungen aus zukünftigen Perioden zu verkaufen, um ihre Liquiditätslage zu verbessern. Um diese Form des Missbrauchs zu verhindern, wäre eine Borrowing-Regelung vorstellbar, die an die Bedingung des ausschließlichen Eigenverbrauchs geknüpft ist.
Im Zentrum des Textes steht eine Diskussion der Bedeutung, die die Artikulation der Perspektive der ersten Person Singular, d. h. der expressive Anteil sprachlicher Verständigung, in kommunikativen Prozessen hat. Dabei geht es zum einen um Aspekte der kommunikativ-intersubjektiven Prägung binnenperspektivischer Wahrnehmung, zum anderen wird die Frage diskutiert, welche Rolle die Äußerung innerer Wahrnehmungen grundsätzlich, vor allem aber in praktischen Diskursen spielt. Neben diesem systematisch-sozialphilosophischen Erkenntnisinteresse, das darauf abzielt, die Kriterien zu bestimmen, unter denen individuelle Bindung an intersubjektive Kommunikation erzielt werden kann und die Bedingungen zu benennen unter denen erwartet werden kann, daß diskursiv gewonnene Einsichten handlungswirksame Kraft entfalten können, verfolgt die Untersuchung eine zweite Absicht: Vor dem Hintergrund der oben angedeuteten Überlegungen soll gezeigt werden, daß in der Entstehungsgeschichte des modernen Individualismus Formen der Artikulation erstpersonaler Wahrnehmungen etabliert wurden, die die spezifischen Funktionen und Potentionale öffentlicher (politischer) Diskurse beeinträchtigen bzw. reduzieren. Im Rahmen einer historisch-rekonstruktiven Argumentation soll diese Entwicklung als ein zentraler Indikator des gesellschaftlichen Strukturwandels in Europa seit Beginn der frühen Neuzeit interpretiert und als Erklärung für zeitgenössische Sozialpathologien in Anschlag gebracht werden. Diese beiden Argumentationslinien werden in der Auseinandersetzung mit Texten von Jürgen Habermas und Richard Sennett entwickelt. Im ersten Teil der Arbeit werden die zentralen Charakteristika öffentlicher Kommunikation vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Strukturveränderungen in Europa seit dem Beginn der frühen Neuzeit umrissen. Im zweiten Teil werden die dabei gewonnenen Erkenntnisse für eine Modifikation des sprechakttheoretischen Kerns der ›Theorie des kommunikativen Handelns‹ genutzt, auf deren Grundlage die Frage nach der Bedeutung der Perspektive der ersten Person Singular auf den verschiedenen Ebenen der Handlungskoordination und Konfliktlösung erörtert werden kann. Im Zentrum dieser Argumentation steht die Entwicklung eines Modells der expressiven Modalisierung zweiter Ordnung, mit dessen Hilfe den performativen Charakteristika menschlichen Sprachgebrauchs adäquat Rechnung getragen werden kann. Hierdurch kann gezeigt werden, daß in metasprachlichen Diskursen die expressiven Bestandteile sprachlicher Äußerungen vor allem dazu dienen, die Opponenten an das Prinzip diskursiver Verständigung zu binden. Auf der Grundlage dieser Einsicht wird erörtert, welche Rolle die Artikulation von Sprecherperspektiven in praktischen Diskursen erfüllt. Hierzu wird Habermas' Diskursethik mit Blick auf die Bedeutung moralischer Gefühle diskutiert. Dabei zeigt sich, daß die kognitivistischen Reduktionismen der TkH sich auch auf die Diskursethik erstrecken. Weil Habermas die affektiven Qualitäten diskursiver Praktiken als Teil der expressiven Artikulation der in ihnen engagierten Teilnehmer ausblendet, gelangt er zu einer pessimistischen Bewertung der Bindungskräfte, die prozedural begründete Normen entfalten können. Nur durch die Erfahrung der autonomiesichernden Kraft verständigungsorientierter Prozesse soll eine existentielle Wertschätzung von Seiten der Akteure erreicht werden können, die hinreichende Bindungsmomente mobilisieren kann. An diesem Punkt tritt die die Doppelfunktion von Expressivität als Medium der Erschliessung und Gestaltung von Selbst und Welt und ihre grundlegende Funktion für die Integration und Steuerung moderner Gesellschaften deutlich zutage. Die Möglichkeit, das Zusammenleben in einer posttraditionalen pluralistischen Gesellschaft befriedigend zu gestalten, hängt wesentlich davon ab, daß es den Akteuren gelingt, ihre Handlungskonflikte so zu lösen, daß alle Beteiligten das Gefühl haben, ihre individuellen Interessen seien gleichermaßen berücksichtigt worden. Die 'Hermeneutik des sozialen Selbst' erweist sich als eine Theorie des Selbst, die die artikulierte Expressivität als Brückenprinzip zwischen Selbstverständigung und Selbstbestimmung ansiedelt. Durch den verständigungsorientierten Austausch ihrer binnenperspektivischen Evaluationen knüpfen die Akteure ein Netz ethisch-existentieller Bedeutsamkeiten, mit dessen Hilfe sie den space of reason (Sellars) in der geteilten Lebenswelt verankern. Je mehr es ihnen gelingt, ihre individuellen Teilnehmerperspektiven zu entschränken und je glaubhafter sie diese Entschränkung in ihren Redebeiträgen expressiv artikulieren, desto wahrscheinlicher wird ein Grad der Selbstaufklärung, der jene Symmetrie der Anerkennungsverhältnisse als wünschenswert erscheinen läßt, die prozedural gewonnenen Normen dadurch handlungsmotivierende Schubkraft verleiht, daß sie in den Adressaten das sentiment of rationality (W. James) auslöst. ; The text focusses on the meaning that the articulation of individual worldviews i. e. the expressive part of lingual intercourse has regarding communicative processes. On one hand it deals with the way that the inner experience of individuals is formed through communicative intersubjectivity. On the other hand the question is being raised how articulation of this kind of experience affects discursive processes not only in general but with a special interest put on practical discourses. While this systematic interest aims at the criteria that have to be fulfilled for an individual tie to the principle of communicative interaction likely to be created and tries to identify the conditions necessary for discursively generated beliefs to become action-motivating the analysis put forward here follows a second intention. Based on the considerations stated above it is to be shown that throughout the formation of modern individualism ways of articulating the perspective of the first person have been established that affect the specific functions and potentials of political discourses in public in a negative way. A historical reconstruction will be sketched out to interpret this development (a) as a main indicator for the structural transformation of european societies since the end of the middle ages and (b) as an explanation for the social pathologies brought about. Both lines of argumentation are being developed through the discussion of texts written by Jürgen Habermas and Richard Sennett. The first part of the analysis deals with the characteristics of communication in the public sphere on the background of the structural transformations cited above. In the second part the insights won hereby are being used to modify the speechacttheoretical core of Habermas' ›Theory of communicative action‹ in a way that makes it possible to discuss the question on how the perspective of the first person interferes with the different modes of the solving of conflicts and the coordination of actions. The intention of this argumentation is to develop a concept of the second order modalisation of speech acts on behalf of their expressive quality that satifyingly takes the performative characteristics of language use into consideration. It is to be shown hereby that in metalingual discourses it is the main function of expressivity to tie the opponents to the principle of discursive deliberation itself. The next step of the analysis is to discuss the role of the articulation of speaker perspectives in practical discourses. To do so the meaning of moral feelings in Habermas' ethics of discourse are being focussed on. As it turns out the cognitivistic reductionisms pointed out in the analysis of the ›Theory of communicative action‹ can be detected here as well. It is because of Habermas' neglecting the affective qualitites of discursive practices that he considers the motivating power of procedural justified norms to be low. As far as he is concerned it is possible only through the experience of the autonomy securing power of consensus oriented processes that individuals accept this way of cordinating actions as an existential good. At this point of the discussion the twofold function of expressivity reveals itself: first as a means of gaining knowledge of the world and the individual self and second as an important part of the integrating and coordinating processes in modern societies. The possibilities for the social life in posttraditional pluralistic societies to be satisfying depend on how people manage to settle their differences in a way that makes them all feel that their individual needs and interests have been taken into consideration equally. The Hermeneutics of the social self turns out to be a theory of the self that regards articulated expressivity as the bridging principle between self-understanding and self-governance. It is the consensus oriented exchange of their first person evaluations through which speakers and actors tie a net of ethical-existential meanings that links the space of reasons (Sellars) to their mutual lifeworld. The more they manage to widen their individual perspective and the more convincing they articulate this widening the more likely it becomes that they reach a level of self-enlightenment that makes that symmetry of mutual acknowledgement desirable through which procedural justified norms gain action motivating power because it arouses the sentiment of rationality (W. James) in the adressee of an argument.
Erklärung der Gruppe der Sieben, abgegeben anläßlich ihres Treffens am 2.4.1989 in Washington. - Kommunique der Minister und Notenbankgouverneure der Gruppe der Zehn, abgegeben am 3.4.1989. - Rede des amerikanischen Finanzministers, Nicholas Brady, vor dem Interimsausschuß des Internationalen Währungsfonds (IWF) am 3.4.1989 . - Rede des Finanzministers der BRD, Gerhard Stoltenberg, vor dem Interimsausschuß des IWF am 3.4.1989. - Rede des Gouverneurs der Bank von Japan, Satoshi Sumita, vor dem Interimsausschuß des IWF am 3.4.1989 (Auszüge). - Kommunique der Tagung des Interimsausschusses des Gouverneursrats des IWF am 3. und 4.4.1989. - Pressekommunique der Tagung des gemeinsamen Ministerausschusses der Gouverneursräte der Weltbank (IBRD) und des IWF für den Transfer von realen Ressourcen (Entwicklungsausschuß) am 4.4.1989
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Die stetig fortschreitende Urbanisierung ist eine der prägenden Entwicklungen unserer Zeit. Mit einer immer größeren Bevölkerung, die sich in Städten niederlässt, haben sich urbane Gebiete zu den Knotenpunkten unserer Gesellschaft entwickelt. Sie sind Treffpunkt für Innovationen, Wirtschaftswachstum und kulturellen Austausch.Doch mit dieser enormen Verdichtung der Bevölkerung in städtischen Ballungsräumen geht auch eine Reihe komplexer Herausforderungen einher. Städte stehen vor einem wachsenden Druck, die Bedürfnisse ihrer Bürgerinnen und Bürger zu erfüllen, aber auch gleichzeitig ökologische und soziale Nachhaltigkeit sicherzustellen (vgl. Etezadzadeh 2015, S. 1ff.).In diesem Kontext hat sich das Konzept der "Smart City" in den letzten Jahren als zukunftsweisender Ansatz erwiesen. Die Smart City stellt eine strategische Herangehensweise dar, die auf Technologie und Innovation setzt, um Städte intelligenter, nachhaltiger und lebenswerter zu gestalten. Der Kerngedanke besteht darin, städtische Ressourcen effizienter zu nutzen und gleichzeitig die Lebensqualität der Bürger*innen zu erhöhen (vgl. Etezadzadeh 2015, S. 7f.). Eine Smart City nutzt moderne Technologien, wie künstliche Intelligenz (KI) und Big Data-Analysen, um urbane Prozesse zu optimieren.Trotz des Potenzials zur Förderung einer nachhaltigen Stadtentwicklung gibt es jedoch auch einige Herausforderungen, mit denen sich die Städte konfrontiert sehen. Datenschutz und Privatsphäre sind wichtige Anliegen, insbesondere angesichts der Vielzahl von Daten, die in einer Smart City erfasst werden. Die Finanzierung solcher umfassenden städtischen Transformationen kann ebenfalls ein Hindernis darstellen. Des Weiteren stellt die Einbeziehung der Bürgerschaft eine komplexe Aufgabe dar.Die folgende Arbeit befasst sich mit dem Konzept Smart City und fragt nach den damit zusammenhängenden Chancen und Herausforderungen. Welche Chancen bietet das Konzept für eine nachhaltige Stadtentwicklung? Um ein vertieftes Verständnis für die Smart City als einen richtungsweisenden Ansatz zur Bewältigung der städtischen Herausforderungen im Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung zu erlangen, wird die Stadt Freiburg im Breisgau herangezogen, die als ein Beispiel für eine intelligente und nachhaltige Stadtentwicklung und Stadtplanung steht.Warum Smart City?Mit dem Eintritt in das neue Jahrtausend hat sich eine bedeutende Entwicklung abgezeichnet: Das Zeitalter der Städte hat begonnen, und erstmalig in der Geschichte der Menschheit wohnt die Mehrheit der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten. Dieser Wandel ist eng mit einem Anstieg der Weltbevölkerung verbunden. Im Jahr 1950 lebte weniger als ein Drittel der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten. Seit 2007 ist dieser Anteil auf mehr als die Hälfte angestiegen. Laut Berechnungen der Vereinten Nationen werden bis zum Jahr 2050 voraussichtlich etwa zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben (vgl. bpb 2017, o.S.).Mit dem Zuwachs der urbanen Bevölkerung rücken vermehrt Potenziale und Herausforderungen hinsichtlich der Städte im globalen Entwicklungsprozess in den Fokus, darunter die Bekämpfung von Armut, die Integration marginalisierter Gruppen, das Wirtschaftswachstum sowie die Verwirklichung von Klima- und Entwicklungszielen. Der anhaltende Trend zur Urbanisierung erfordert spezifisch angepasste und nachhaltige Ansätze für die Gestaltung von urbanen Siedlungen (vgl. Jaekel 2015, S. 2f.).Durch dieses Wachstum entstehen jedoch auch Risiken. Mit dem rapiden Anstieg der Bevölkerungszahlen geht eine Zunahme des motorisierten Verkehrs einher. Dies führt u.a. zur Verkehrsstauung und verstärkten Lärm- und Schadstoffemissionen. Gleichzeitig kommt es zur Verschmutzung von Böden und Gewässern und vermehrter Bebauung landwirtschaftlicher Flächen (vgl. Weiland 2018, o.S.).Außerdem weisen Städte einen erhöhten Bedarf an Ressourcen wie z.B. Wasser, Energie und Rohstoffe für Gewerbe, Haushalte und Verkehr auf. Städte tragen damit überproportional zur Nutzung vorhandener Ressourcen bei, zu steigenden CO2-Emissionen und gelten damit als ein Verursacher der globalen Klimaerwärmung (vgl. Weiland 2018, o.S.). Natürliche Lebensräume und die Artenvielfalt sind gefährdet, wodurch die Städte gleichzeitig ihre eigene Lebensgrundlage zerstören (vgl. Etezadzadeh 2015, S. 7). Dabei sind es insbesondere die Städte, die"das Potenzial [haben], durch ihre Dichte und Struktur klima- und ressourcenschonend zu wirtschaften und durch geeignete Maßnahmen den Schutz der lebendigen Umwelt zu fördern" (Etezadzadeh 2015, S. 5).Städte spielen demnach eine entscheidende Rolle im Kontext des ökologischen Fortschritts und des Klimaschutzes. Eine auf Umweltbewusstsein basierende Stadtentwicklung kann wesentlich zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen beitragen. Dabei stellt das Konzept der Smart City einen Ansatz dar, diese Schwierigkeiten anzugehen (vgl. LpB BW 2022, o.S.). Das Konzept Smart CityFür die genannten urbanen Herausforderungen im Hinblick auf die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte gibt es verschiedene Ansätze, Konzepte und Lösungsmodelle, welche unter dem Begriff "Smart City" firmieren. Grundsätzlich wird Smart City als ganzheitlicher Lösungsansatz gesehen, bei dem eine Vielzahl von Akteuren beteiligt sind. Dabei gibt es keine einheitliche Definition des Begriffs."Aus der Erkenntnis, dass den Herausforderungen einer Stadt mit einem umfassenden Ansatz begegnet werden muss, entstand die Idee der intelligenten Stadt" (Hadzik 2016, S. 10).Das Konzept der Smart City integriert verschiedene Bereiche des urbanen Lebens: die soziale und bauliche Infrastruktur, Verkehr, Mobilität, Energie, Nachhaltigkeit, Dienstleistungen, Politik, aber auch die generelle Stadtentwicklung und ihre Planung (vgl. Hadzik 2016, S. 10). Einen zentraler Bestandteil der Welt der Smart City stellt die Verwendung von digitaler Technologie dar. Hier sehen sich die Städte dem Anspruch gegenüber, digitale Instrumente adäquat einzusetzen und damit für effizientere und nachhaltigere Prozesse zu sorgen. Durch deren Einsatz sollen intelligente Lösungen für das urbane Leben geschaffen werden (vgl. Etezadzadeh 2015, S. 46f.). Zwar gibt es keine einheitliche Vorstellung davon, was "Smart City" ist und sein soll, jedoch ist"den meisten Ansätzen […] gemein, dass man unter 'Smart City' den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zum Zwecke einer integrierten Stadtentwicklung versteht" (Hoppe 2015, S. 5).Dadurch stellen Klimaschutz, die Steigerung der Lebensqualität für Bewohner*innen, wachsende Partizipation, Inklusion und Effizienz von Ressourcen übergeordnete Ziele dar, welche mithilfe dieser Technologien erreicht werden sollen (vgl. Hoppe 2015, S. 5). Vor diesem Hintergrund sollen "smarte" Lösungen die Antwort hinsichtlich einer Optimierung urbaner Prozesse sein (vgl. Libbe 2019, S. 2). Der Unterschied zwischen einer "normalen" Stadt und einer Smart City liegt demnach darin, dass eine Smart City durch Digitalisierung"effizienter, nachhaltiger und fortschrittlicher sein [soll]. Das kann die Infrastruktur betreffen, Gebäude, Mobilität, Dienstleistungen oder die Sicherheit" (LpB BW 2022, o.S.).Es hat sich gezeigt, dass der Smart City- Ansatz nicht als fertige Lösungsstrategie betrachtet werden und auch nicht als vollständig ausgearbeitetes Modell angesehen werden kann (vgl. Jaekel 2015, S. 31), sondern vielmehr als eine Reihe von Entwicklungsstrategien (vgl. LpB 2022, o.S.). Es lassen sich jedoch verschiedene Bausteine identifizieren.Bausteine einer Smart CityNach Steinbrecher, Salg und Starzetz (2018, S. 2) lassen sich sechs Bereiche der Smart City ausmachen: Smart Economy, Smart People, Smart Governance, Smart Mobility, Smart Environment, Smart Living.Smart Economy: Das Ziel der Smart Economy besteht darin, die umfangreichen Innovationsmöglichkeiten von Städten zu nutzen, um wirtschaftliche Herausforderungen und Veränderungen erfolgreich zu bewältigen. Hierbei sollen die reichhaltigen Daten- und Informationsressourcen von Städten eingesetzt werden, um bestehende Wirtschaftszweige zu stärken, z.B. durch die Optimierung von Produktions- oder Dienstleistungsprozessen. Gleichzeitig soll die Entstehung neuer Wirtschaftszweige gefördert werden, etwa durch die Entwicklung digitaler Angebote für Bürger*innen und Unternehmen.Smart People: Für die Umsetzung aller digitalen und "smarten" Anwendungen ist es erforderlich, dass die Bürger*innen und Unternehmen über digitale Fähigkeiten verfügen, um die vorhandenen Angebote nutzen oder sogar weiterentwickeln zu können. Der Bereich "Smart People" bezieht sich darauf, das Ziel zu verfolgen, die digitalen Kompetenzen der Menschen so zu fördern und auszubauen, dass die aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt, der Wirtschaft und der Umwelt teilhaben und mitwirken können.Smart Governance: Smart Governance strebt danach, eine engere Verbindung zwischen Bürgern und Verwaltung herzustellen. Dieses Konzept zielt darauf ab, die Abläufe und Interaktionen innerhalb der Verwaltung zu optimieren und die Kommunikation zwischen der Verwaltung und den Bürgern zu verbessern. Dies erfordert nicht nur den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), sondern auch die Entwicklung neuer Methoden, um eine tiefere Beteiligung der Bürger zu ermöglichen und innovative Wege für digitale Bürgerbeteiligung zu schaffen.Smart Mobility: Der Transportsektor trägt maßgeblich zum Energieverbrauch und den Emissionen von Treibhausgasen bei. Außerdem sind andere Umweltauswirkungen wie Lärm und Luftverschmutzung stark mit dem Verkehr verknüpft. Eine effiziente Mobilitätsstrategie zielt darauf ab, die negativen Auswirkungen des Verkehrssektors zu reduzieren, während sie den hohen Mobilitätsanforderungen der modernen Gesellschaft gerecht wird. Smart Mobility strebt an, Lösungen zu entwickeln, die von IKT unterstützt werden und die Umweltbelastung und Lärmbelästigung signifikant verringern. Dies beinhaltet die Weiterentwicklung bewährter Transportkonzepte, wie autonome und emissionsfreie Verkehrslösungen, sowie die Optimierung des Verkehrsflusses durch Echtzeit-Verkehrsleitsysteme. Darüber hinaus kann auch die Integration alternativer Mobilitäts- und Stadtplanungskonzepte, wie z.B. die Förderung einer "Stadt der kurzen Wege", die idealerweise ohne motorisierten Verkehr auskommt, Teil einer Smart Mobility-Strategie sein.Smart Environment: Im Bereich des Smart Environment lassen sich intelligente Ansätze zur Verringerung des Energie- und Ressourcenverbrauchs verorten. Dazu gehört u.a. die Verbesserung der Überwachung und Steuerung von Umweltbedingungen, beispielsweise durch kontinuierliche Überwachung der Luft- oder Wasserqualität. Diese Herangehensweise erfordert gleichzeitig eine verstärkte Nutzung erneuerbarer Energiequellen. IKT-basierte Anwendungen und Infrastrukturen wie Smart Grids spielen hierbei eine entscheidende Rolle, da sie dazu beitragen, das Angebot und die Nachfrage von Energie effizienter aufeinander abzustimmen.Smart Living: Dieser Bereich zielt darauf ab, IKT-basierte Anwendungen stärker einzubinden und damit zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Bürger*innen beizutragen. Dies kann z.B. durch einen höheren Komfort bei der Bedienung drahtlos vernetzter Haushaltsgeräte, wie der Kaffeemaschine oder der Heizung, geschehen (vgl. Steinbrecher, Salg, Starzets 2018, S. 2).Im Folgenden werden konkrete Handlungsfelder und Anwendungsbereiche des Konzepts Smart City betrachtet, wobei der Fokus insbesondere auf die Umsetzung in der Stadt Freiburg im Breisgau liegt. Welche Ideen, Innovationen und Anwendungen konnten in Freiburg bisher realisiert werden und was plant die Stadt weiter in Richtung Smart City? Um ein umfassendes Bild der Thematik zu erlangen, werden im Anschluss die damit zusammenhängenden Chancen und Herausforderungen für die Transformation urbaner Räume durch das Konzept der Smart City dargestellt. Chancen von Smart City-Konzepten – die Stadt Freiburg im Breisgau"Gutes Zusammenleben, saubere Luft angenehmes Stadtklima, emissionsarme Mobilität, Raum für Fußgänger, attraktiv für Kreative und Engagierte, Unternehmen und Gäste. Sicherer Alltag, freundliche und offene Quartiere, in denen wir gerne leben" (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 1).Im Folgenden wird die Stadt Freiburg zur Betrachtung herangezogen und danach gefragt, wie diese die Inhalte und Prinzipien des Konzepts Smart City konkret umsetzt. Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich dabei für Freiburg, aber auch für andere Städte auf dem Weg in die "smarte" Richtung? Das folgende Video gibt einen Überblick über die (digitalen) Ziele der Stadt (digital.freiburg 2019: https://www.youtube.com/watch?v=3clTSCU1NjY) Freiburg ist eine der zahlreichen Städte in Deutschland, die damit begonnen haben, bestimmte Maßnahmen bezüglich des Feldes der "smarten" Stadtplanung und Stadtentwicklung anzugehen. Dabei haben die Städte Freiburg, Mannheim, Aalen und Heidenheim in Baden-Württemberg im Jahr 2020 beim Bundeswettbewerb "Smart Cities made in Germany" eine Förderung für digitale Zukunftsprojekte erhalten (vgl. LpB BW 2022, o.S.).Freiburg hat eine Digitalstrategie entwickelt hinsichtlich der Frage, wie Digitalisierung helfen kann, die Stadt nach den Vorstellungen der Menschen zu entwickeln. Diese digitale Agenda besteht aus insgesamt sechs Themenfeldern. Jedes Themenfeld umfasst Maßnahmen und Ziele, welche die Entwicklung der Stadtgesellschaft im Blick haben. Die Digitalisierungsstrategie beschreibt das Freiburg der nächsten sechs Jahre und zielt auf das Jahr 2025 ab (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 6).Digitalstrategie Freiburg: https://digital.freiburg.de/digitalstrategie Im Folgenden werden die sechs Themenfelder der Strategie und einige damit zusammenhängende Maßnahmen betrachtet, um ein umfassenderes Bild der Smart City Freiburg gewinnen zu können.1. Lebenswelten. Familie. GesundheitDigitales Nachbarschaftsnetzwerk: Freiburg entwickelt unter dem Namen "Soziale Nachbarschaft und Technik" (SoNaTe) aktuell ein digitales Kommunikationsnetzwerk. Dabei sollen soziale Nachbarschaften in Kommunen und Regionen gestärkt werden. Das Ziel ist die lokale Verbindung von Menschen, Gruppen, Organisationen und Unternehmen, aber auch die Vereinfachung des Zugangs zu Kommunikation, Dienstleistungen, Infrastruktur und Freizeitangeboten. Die Plattform als Alternative zu etablierten sozialen Medien soll bundesweit eingesetzt werden und die Teilhabe ihrer Nutzer*innen gewährleisten.Online-Vermittlung von Räumen in der Stadt: Die Stadt arbeitet in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartnern daran, ein Online-Tool zur Vermittlung von Räumlichkeiten zu entwickeln. Dieses Tool soll dazu beitragen, die gemeinsame und effiziente Nutzung von städtischen Räumen, Hallen und Vereinsräumen zu fördern. Darüber hinaus wird es dazu beitragen, das vielfältige Engagement von städtischen Initiativen besser sichtbar zu machen.Digitale Unterstützung bei Feuerwehr und Rettungsdienst: Die Integrierte Leitstelle (ILS) in Freiburg befindet sich derzeit in der Entwicklungs- und Testphase als Pilotstandort für eine fortschrittliche Handyortung namens AML (Advanced Mobile Location) im Falle eines Notrufs über Smartphones. Zusätzlich unterstützt die ILS Freiburg die Ersthilfe-App namens "FirstAED", die dazu dient, die nächstgelegenen Ersthelfer zu alarmieren. In Zukunft soll die ILS Freiburg eine automatisierte "Nächste-Rettungsmittel-Strategie" einführen, die auf GPS-Ortung direkt aus dem Einsatzleitsystem der ILS Freiburg basiert. Gleichzeitig wird im Rahmen des Landesprojekts "Leitstelle Baden-Württemberg" ein vernetzungsfähiges Einsatzleit- und Kommunikationssystem aufgebaut. Parallel dazu wird der Ausbau von vernetzten, GPS-gesteuerten Ampelvorrangschaltungen und bevorzugten Strecken vorangetrieben, die auch von Fahrzeugen der Freiwilligen Feuerwehren genutzt werden können (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 19ff.).2. Gesellschaft. Ethik. VertrauenBürgerschaftliche Beteiligung mit digitalen Mitteln: Um sicherzustellen, dass die Bürgerinnen und Bürger von Freiburg effektiv und einheitlich an städtischen Angelegenheiten teilnehmen können, wurde ein IT-gestütztes Instrument eingeführt. Die Website "mitmachen.freiburg.de" bietet verschiedene Beteiligungsmodule an, die je nach Art des Projekts flexibel eingesetzt werden können. Die Online-Beteiligung wird aktiv ausgebaut und soll als Standardmethode neben den traditionellen analogen Beteiligungsformaten etabliert werden. Zusätzlich soll die formelle Beteiligung der Bürger*innen bei der Bauleitplanung durch den Einsatz digitaler Tools vereinfacht und verbessert werden. In Zukunft wird die Stadtverwaltung verschiedene Formen der Beteiligung anbieten, die im Einklang mit dieser Digitalisierungsstrategie stehen (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 31).3. Bildung. Kultur. WissenschaftIndustrie 4.0-Labor-Walter-Rathenau-Gewerbeschule: Im Mai 2018 wurde ein Labor eingerichtet, das mit digital gesteuerten Produktionsmodulen wie Industrierobotern und Automatisierungssystemen ausgestattet ist. Ziel war es, intelligente Produktionsprozesse zu entwickeln und Schulungen auf der Grundlage realer Industriestandards durchzuführen. Dieses Labor ist äußerst flexibel, da seine Komponenten und Schnittstellen denen in der Industrie gleichen. Es kann problemlos an aktuelle Entwicklungen und neue Industriestandards angepasst werden. Die Einrichtung des Industrie 4.0-Labors erfolgte in enger Abstimmung mit den Anforderungen der Wirtschaft und wurde speziell auf den Schulbetrieb abgestimmt. Die Finanzierung für dieses Labor erfolgte ausschließlich aus dem städtischen Haushalt.Museen Digital: Die Planungen für das "Museum der Zukunft" umfassen die Erwägung neuer Ausstellungsformate im Kontext der Digitalisierung. Dabei werden innovative digitale Vermittlungswege sowie die Nutzung von Social Media in Betracht gezogen. Ein Hauptziel besteht darin, den Besucherinnen und Besuchern einen einfachen und unmittelbaren Zugang zu Informationen und den Dienstleistungen der Museen zu ermöglichen. Die Ausstellungsinhalte sollen durch vielfältige multimediale und interaktive Vermittlungsformate lebendiger erlebbar gemacht werden. Dies könnte den Einsatz von Technologien wie Augmented Reality, 3D-Visualisierungen und sogar spielerische Elemente wie Gaming-Formate einschließen. Eine zentrale Grundlage für die digitale Vermittlung ist eine umfangreiche Museumsdatenbank, die als Wissensspeicher dient und die digitale Sammlung erweitert. Auf dieser Basis kann die Museumsdatenbank in einem weiteren Schritt mit den physischen Ausstellungsobjekten verknüpft werden, um die reale Ausstellung um Informationen zu Entstehungsprozessen, Techniken, Materialien und Geschichte zu bereichern (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 43ff.).4. Digitale StadtverwaltungDigitaler Posteingang, Digitale Akten- und Vorgangsverwaltung: Die Einführung der elektronischen e-Akte ist bereits weit fortgeschritten und bildet das Fundament für die Digitalisierung in der Verwaltung. Sie eröffnet die Möglichkeit zur Effizienzsteigerung von Arbeitsabläufen und ermöglicht flexibleres Arbeiten, unabhängig von Zeit und Ort. Dies hat zur Folge, dass Informationen und Dokumente nicht mehr in vielfacher Ausführung und in verschiedenen Medien an verschiedenen Orten aufbewahrt werden müssen. Die Einführung der e-Akte ermöglicht sogenannte "medienbruchfreie" Prozesse und verbessert die Dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger. Die positiven Auswirkungen der e-Akte erstrecken sich somit über die internen Verwaltungsabläufe hinaus.Digitale Stadt- und Bauplanung: Wie viele Großstädte in Deutschland steht auch Freiburg vor der Herausforderung, schnell neuen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der gleichzeitig umweltfreundlich und nachhaltig ist. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, sollen Bauplanung und baurechtliche Verfahren mithilfe digitaler Werkzeuge vereinfacht werden. Aktuell werden die baurechtlichen Aspekte in der gesamten Stadt digital erfasst. Gleichzeitig werden neue Bauprojekte in einem standardisierten digitalen Format entwickelt (XPlanung/XBau). Dieser Ansatz ermöglicht nicht nur eine digitale Beteiligung aller Betroffenen in den verschiedenen Phasen des Planungsprozesses, sondern ebnet auch den Weg für digitale Bauanträge. Durch teilautomatisierte digitale Prüfungen wird die Zeitspanne von der Antragstellung bis zur Genehmigung verkürzt. Zusätzlich werden aus den verfügbaren digitalen Informationen dreidimensionale Pläne (ein "digitaler Zwilling") erstellt, die umfassende Analyse- und Berichtsoptionen für die Stadtentwicklung bieten. In diesem Zusammenhang ermöglicht eine detaillierte digitale Darstellung von Gebäudemodellen (Building Information Modeling - BIM) die Verknüpfung von Entwurfsvisualisierungen, Baufortschritt, Genehmigungsverfahren und Gebäudemanagement.Service Management für digitale Bürger*innenanfragen: In Zukunft sollen alle digitalen Anfragen von Bürger*innen in ein zentrales Ticketsystem geleitet werden. Dieses System soll einen einheitlichen, zentral gesteuerten Bearbeitungsprozess bieten. Die verschiedenen Dienststellen und Ämter sollen in dieses Ticketsystem integriert werden und können darüber den gesamten Kommunikationsprozess abwickeln. Die Nutzung von Automatisierung, die Möglichkeit zur Überwachung, Steuerung und Auswertung innerhalb dieses Systems soll die Servicequalität bei der Beantwortung der Anfragen verbessern (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 57ff.).5. Arbeit. Wirtschaft. TourismusNetzausbau: Masterplan digitale Infrastruktur: Um die Grundlage für den Netzausbau zu schaffen, soll ein Masterplan "digitale Infrastruktur für Freiburg" als Ausbaustrategie erstellt werden, was auch Gigabit-Breitband, 5G sowie Sensorik-Netzwerke einschließen soll. Zusätzlich soll für den Mobilfunk ein koordinierter, aber auch strahlungsmindernder Ausbau in Kooperation mit den Anbietern geschaffen werden (vgl. Digitalstrategie Freiburg, S. 72).6. Netze. Energie. VerkehrIntermodale Verkehrsplattform/App: Die bestehende ÖPNV-Auskunft namens "VAG mobil" sowie der digitale Vertrieb über "MobilTicket" und den "VAG-Online-Shop" werden um neue multimodale Funktionen erweitert. Egal an welchem Ort sich Kunden der VAG in Freiburg gerade befinden, die App zeigt auf einer Karte nicht nur Haltestellen mit Live-Abfahrtszeiten für Busse und Bahnen, sondern auch sämtliche "Sharingpoints" für Fahrzeuge und Fahrräder an. In einem ersten Schritt wurden verfügbare Mietfahrräder des Fahrradverleihsystems "FRELO" in die "VAG mobil"-App integriert, inklusive Buchung, Nutzung und Abrechnungsfunktionen.Umweltsensitives Verkehrsmanagement: Der Luftreinhalteplan sieht vor, dass bei Überschreitung bestimmter Schadstoffwerte an der Messstelle Schwarzwaldstraße die Menge des Verkehrs aus dem Osten, der über die B 31 in die Stadt einfährt, reguliert werden soll. In diesem Kontext wird derzeit untersucht, ob es sinnvoll ist, die bestehende Verkehrssteuerung zu einem umfassenden Verkehrsleitsystem für Freiburg auszubauen. Ein solches System könnte dazu verwendet werden, sicherzustellen, dass nur eine angemessene Anzahl von Fahrzeugen in das Stadtgebiet oder in bestimmte Stadtteile einfährt, die dort ohne größere Störungen bewältigt werden können. Es würde auch die Möglichkeit bieten, auf hohe Schadstoffbelastungen, beispielsweise bei ungünstiger Witterung, und auf akute Verkehrsstörungen wie Baustellen, Unfälle oder Veranstaltungen gezielt zu reagieren.Ausbau öffentliches WLAN: Ein kostenfreies WLAN an Verwaltungsstandorten und öffentlichen Einrichtungen sowie in Bussen und Stadtbahnen soll ausgebaut werden.Belegungserfassung und Leitsystem für P&R-Parkplätze: Durch die Installation von Belegungssensoren an den P+R-Anlagen wird die Belegung effizienter gestaltet und die unerlaubte Nutzung durch Dauerparker*innen oder Fremdparker*innen verringert. Dies ermöglicht es Besuchern und Pendlern, Echtzeitinformationen über die Auslastung der P+R-Parkplätze online über die städtische Website, die App "VAG mobil" und dynamische Wegweiser zu erhalten. Diese Daten werden ähnlich wie im bestehenden Parkleitsystem der Innenstadt verarbeitet. Das Ziel ist es, den Verkehr innerhalb der Stadt zu reduzieren, indem Berufspendler und Besucher leichter freie P+R-Plätze am Stadtrand finden können, um von dort auf den öffentlichen Nahverkehr oder das städtische Fahrradverleihsystem umzusteigen. Darüber hinaus wird durch die Integration weiterer Parkhäuser in das bestehende Echtzeit-Parkleitsystem in der Innenstadt vermieden, dass Parkplatzsuchende unnötige Autofahrten unternehmen müssen.In Anbetracht der vorangegangenen Entwicklungen und Maßnahmen, die in Freiburg im Kontext der Smart City-Initiative geplant und umgesetzt werden, wird deutlich, dass die Stadt aktiv bestrebt ist, intelligente Lösungen zur Bewältigung der heutigen und zukünftigen urbanen Herausforderungen zu implementieren. Freiburg setzt dabei auf Digitalisierung und Technologie, um die Lebensqualität der Bürger*innen zu steigern und gleichzeitig umweltfreundlichere, effizientere und nachhaltigere Stadtstrukturen zu schaffen. Dies zeigt sich in verschiedenen Aspekten, z.B. darin, dass Freiburg grundsätzlich den Anspruch hat, die Menschen in den Fokus der Digitalisierung zu stellen, damit diese den Prozess der Digitalisierung aktiv mitgestalten können, was im Hinblick auf die Einrichtung der Online-Beteiligungsplattform "mitmachen.freiburg" deutlich wird (Mitmachen.Freiburg: https://mitmachen.freiburg.de/stadtfreiburg/de/home). Darüber hinaus investiert die Stadt in die Entwicklung digitaler Plattformen und Services, die den Zugang der Bürger*innen zu städtischen Dienstleistungen verbessern. Im Bereich des Verkehrs und der Mobilität trägt Freiburg mit der Einführung von intelligenten Verkehrssystemen, der Optimierung des Nahverkehrs sowie im Rahmen des Belegungssystems für P+R Parklätze dazu bei, den Verkehr in der Stadt effizienter und nachhaltiger zu gestalten.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Stadt Freiburg auf unterschiedliche Weise in Richtung Smart City moderne Technologien und digitale Lösungen einsetzt, um die Lebensqualität zu steigern, Umweltbelastungen zu reduzieren und die Stadt insgesamt effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die zuvor genannten Beispiele der verschiedenen Themenfelder haben gezeigt, dass Tendenzen im Hinblick auf Konzepte und Bereiche der Smart City geplant, umgesetzt und auch funktionieren können. Trotzdem stehen Städte wie Freiburg vor einigen Herausforderungen bei der Implementierung und Umsetzung von Strategien und Plänen im Sinne von Smart City.Herausforderungen für Smart CitiesDW Shift (2020): https://www.youtube.com/watch?v=VRRPy-yEKRM Smart Cities stehen vor einer Reihe von Herausforderungen, während sie sich bemühen, technologische Lösungen zur Verbesserung der Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Effizienz in städtischen Gebieten zu implementieren. Dazu gehören die Aspekte Sicherheit, Datenschutz und Privatsphäre, Inklusion und Chancengleichheit sowie finanzielle Aspekte.Das Konzept der Smart City sieht in verschiedenen Teilbereichen das Sammeln einer Fülle von Daten vor. Hierbei gilt es zu beachten, dass Digitalisierung dem Menschen dienen sollte und die Implementierung von Smart City-Elementen nicht eine übermäßige Überwachung der Bürger*innen voraussetzt. Dabei stellen die Sicherheit und die Privatsphäre der Bürger*innen zentrale Punkte dar, die es zu beachten und zu berücksichtigen gilt (vgl. LpB BW 2022, o.S.).Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (2022, o.S.) führt an, dass sich eine Smart City an den Grundsätzen der Digitalcharta des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung orientieren sollte. Hierzu gehört in erster Linie die Wahrung der Menschenwürde im Digitalen. Darüber hinaus gilt, dass jeder Mensch das Recht auf Identität, Datenschutz und Privatsphäre hat. An dieser Stelle stellt sich bei dieser großen Menge an gesammelten Daten die Frage, was mit den gesammelten Daten passiert, wer darauf Zugriff hat und was damit gemacht wird (vgl. Stöckl 2022, o.s.). Unter einer Unsicherheit im Hinblick auf Datenschutz und Privatsphäre kann die Effizienz von Smart Cities leiden sowie das Vertrauen in öffentliche Behörden, was die Einrichtung von ausreichendem Datenschutz und Transparenz zu einer zentralen Herausforderung macht (vgl. Stöckl 2022, o.S.).Eine weitere Herausforderung für Smart Cities ist die Gewährleistung von Inklusion und Chancengleichheit. Es wird davon ausgegangen, dass digitale Infrastrukturen für alle Menschen zugänglich sein und überdies gleiche Chancen für gesellschaftliche Teilhabe und Entfaltung bieten sollten. Das stellt die Städte vor Schwierigkeiten, da es immer technikaffine und weniger technikaffine Menschen sowie Menschen unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichen Fähigkeiten geben wird. Somit sollte im Idealfall bei der Digitalisierung der Städte darauf geachtet werden, dass beispielsweise nicht-technikaffine Bürger*innen keine Nachteile oder Ausgrenzung erfahren. Es stellt sich demnach die Frage, ob es sinnvoll ist, z.B. den Kauf von Parktickets oder Bahnfahrkarten ausschließlich über Smartphones zur Verfügung zu stellen, da nicht alle Menschen ein Smartphone besitzen (vgl. LpB BW 2022, o.S.). Somit ist die Gewährleistung, dass die Vorteile der Digitalisierung niemanden abhängen oder zurücklassen, mitunter eine der größten Herausforderungen für eine Smart City (vgl. Stöckl 2022, o.S.).Was als weitere zentrale Herausforderung hinzukommt, mit der jede Stadt zwangsläufig konfrontiert wird, wenn es um die Planung und Umsetzung von Anwendungen und Strategien hinsichtlich des Smart City-Konzeptes geht, ist der Aspekt der Finanzierung. Für eine erfolgreiche Finanzierung müssen verschiedene Finanzierungsinstrumente und -strategien herangezogen werden, wozu öffentliche sowie private Akteure gehören. Die Planung und Durchsetzung von Geldern hinsichtlich der Einrichtung von Smart City muss von den Städten demnach ausreichend durchdacht und organisiert werden (vgl. Hinterberger et. al. 2015, S. 4).FazitARTE (2023): Retten Städte die Welt? https://www.youtube.com/watch?v=dUkrIDg0_8c Smart Cities bieten eine Vielzahl von Chancen und Möglichkeiten, die die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger verbessern, die Effizienz städtischer Dienstleistungen steigern und zur nachhaltigen Entwicklung beitragen können. Folgende Schlussfolgerungen konnten aus der Betrachtung der Smart City Freiburg gezogen werden:Smart City-Technologien können die Lebensqualität in städtischen Gebieten erheblich steigern. Dies umfasst eine bessere Luftqualität, weniger Verkehrsstaus, sauberes Wasser, sichere Straßen und öffentliche Plätze sowie den Zugang zu hochwertigen Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen. Sie können zusätzlich die Effizienz städtischer Dienstleistungen steigern, was den effizienten Einsatz von Energie, Wasser und Ressourcen, die Optimierung des öffentlichen Verkehrs und die Verbesserung der Verwaltung inkludiert.Einen weiteren Aspekt stellt die Bürgerbeteiligung dar. Smart City-Initiativen können die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am städtischen Leben fördern. Das schließt die Möglichkeit ein, Feedback zu geben, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen und städtische Dienstleistungen zu personalisieren. Zusätzlich können intelligente Verkehrsmanagementsysteme und vernetzte Verkehrslösungen dazu beitragen, den Verkehrsfluss zu optimieren, Staus zu reduzieren und die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. Insgesamt bieten Smart Cities die Möglichkeit, Städte lebenswerter, nachhaltiger und effizienter zu gestalten und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Durch die Integration von Technologie und Innovation können viele der heutigen urbanen Herausforderungen angegangen werden.Die Betrachtung der verschiedenen Themenfelder und Maßnahmen der Smart City Freiburg im Rahmen ihrer Digitalstrategie konnte aufzeigen, dass sich zwar viele Ideen bereits in der Planung und Entwicklung befinden, es aber an einigen Stellen noch an technischen Strukturen oder Fachkräften fehlt, die die Entwicklung und Durchsetzung vorantreiben würden.Trotz der Möglichkeiten und Chancen sind Smart Cities mit einigen Herausforderungen konfrontiert, darunter finanzielle Herausforderungen, denn die Entwicklung und Implementierung der Initiativen erfordern die nötige Technologie, Infrastruktur und Fachkräfte. Eine Stadt muss demnach Finanzierungsquellen finden, um diese Projekte umzusetzen bzw. aufrechtzuerhalten.Als weiterer Punkt wurde der Datenschutz genannt. Die Erhebung von Daten in einer Smart City erfordert Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen. Die Stadt muss sicherstellen, dass mit den Daten der Bürger*innen sorgsam umgegangen wird und dass sie vor Sicherheitsrisiken geschützt sind. Eine weitere Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass alle Bürger*innen von den Smart City-Lösungen profitieren können. Dies erfordert Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Technologie für alle zugänglich ist, unabhängig von ihrem sozioökonomischen Status oder ihrer technischen Affinität.Es hat sich gezeigt, dass die Einbeziehung der Bürger*innen in den Prozess der Smart City-Gestaltung entscheidend ist, jedoch auch eine Herausforderung darstellt. Die Stadt muss Mechanismen entwickeln, um die Meinungen und Bedenken der Bevölkerung zu berücksichtigen und transparente Entscheidungsprozesse zu gewährleisten, wie man am Beispiel der Stadt Freiburg sehen konnte. Die Betrachtung der Stadt Freiburg zeigt, dass die Herausforderungen, vor denen Städte bei der Umsetzung von Smart City-Initiativen stehen, vielfältig sind und eine sorgfältige Planung und strategische Herangehensweise erfordern. Eine ganzheitliche Betrachtung unter Berücksichtigung von finanziellen, technischen, sozialen und ökologischen Aspekten ist entscheidend für den Erfolg.QuellenARTE (2023): Retten Städte die Welt? Video: https://www.youtube.com/watch?v=dUkrIDg0_8c (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023)Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) (2017): Verstädterung, online unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/globalisierung/52705/verstaedterung/ (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023)Digitalstrategie der Stadt Freiburg, online unter: https://digital.freiburg.de/digitalstrategie (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023)DW Shift (2020): Smart City: How do you live in a Smart City? Future Smart City Projects. Surveillance or Utopia? Video: https://www.youtube.com/watch?v=VRRPy-yEKRM (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023)Etezadzadeh, Chirine (2015): Smart City- Stadt der Zukunft? Die Smart City 2.0 als lebenswerte Stadt und Zukunftsmarkt. Springer Vieweg. Wiesbaden.Hadzik, Tobias (2016): Smart Cities. Eine Bestandsaufnahme von Smart City- Konzepten in der Praxis. Epubli Ebooks. 3. Auflage.Hinterberger, Robert/ Kopf, Thomas/ Linke, Alexander/ Stühlinger, Lukas (2015): Finanzierungshandbuch Smart Cities. Smart Finance for Smart Cities. Wien, online unter: https://www.klimafonds.gv.at/wp-content/uploads/sites/16/Smart-FinanceFinanzierungshandbuch.pdf (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023).Hoppe, Klaus (2015): Der Smart City- Ansatz. Chancen und Herausforderung für Städte und Gemeinden. Klima-Bündnis. Arbeitsgruppe Energieversorgung 2050, online unter: https://klaushoppe-consulting.de/wp-content/uploads/2018/06/1_Der_Smart_Cities_Ansatz.pdf (zuletzt aufgerufen: 10.09.2023)Jaekel, Michael (2015): Smart City wird Realität. 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The thesis focuses on the inter-departmental coordination of adaptation and mitigation of demographic change in East Germany. All Eastern German States (Länder) have set up inter-departmental committees (IDCs) that are expected to deliver joint strategies to tackle demographic change. IDCs provide an organizational setting for potential positive coordination, i.e. a joint approach to problem solving that pools and utilizes the expertise of many departments in a constructive manner from the very beginning. Whether they actually achieve positive coordination is contested within the academic debate. This motivates the first research question of this thesis: Do IDCs achieve positive coordination? Interdepartmental committees and their role in horizontal coordination within the core executive triggered interest among scholars already more than fifty years ago. However, we don't know much about their actual importance for the inter-departmental preparation of cross-cutting policies. Until now, few studies can be found that analyzes inter-departmental committees in a comparative way trying to identify whether they achieve positive coordination and what factors shape the coordination process and output of IDCs. Each IDC has a chair organization that is responsible for managing the interactions within the IDCs. The chair organization is important, because it organizes and structures the overall process of coordination in the IDC. Consequently, the chair of an IDC serves as the main boundary-spanner and therefore has remarkable influence by arranging meetings and the work schedule or by distributing internal roles. Interestingly, in the German context we find two organizational approaches: while some states decided to put a line department (e.g. Department of Infrastructure) in charge of managing the IDC, others rely on the State Chancelleries, i.e. the center of government. This situation allows for comparative research design that can address the role of the State Chancellery in inter-departmental coordination of cross-cutting policies. This is relevant, because the role of the center is crucial when studying coordination within central government. The academic debate on the center of government in the German politico-administrative system is essentially divided into two camps. One camp claims that the center can improve horizontal coordination and steer cross-cutting policy-making more effectively, while the other camp points to limits to central coordination due to departmental autonomy. This debate motivates the second research question of this thesis: Does the State Chancellery as chair organization achieve positive coordination in IDCs? The center of government and its role in the German politic-administrative system has attracted academic attention already in the 1960s and 1970s. There is a research desiderate regarding the center's role during the inter-departmental coordination process. There are only few studies that explicitly analyze centers of government and their role in coordination of cross-cutting policies, although some single case studies have been published. This gap in the academic debate will be addressed by the answer to the second research question. The dependent variable of this study is the chair organization of IDCs. The value of this variable is dichotomous: either an IDC is chaired by a Line department or by a State Chancellery. We are interested whether this variable has an effect on two dependent variables. First, we will analyze the coordination process, i.e. interaction among bureaucrats within the IDC. Second, the focus of this thesis will be on the coordination result, i.e. the demography strategies that are produced by the respective IDCs. In terms of the methodological approach, this thesis applies a comparative case study design based on a most-similar-systems logic. The German Federalism is quite suitable for such designs. Since the institutional framework largely is the same across all states, individual variables and their effect can be isolated and plausibly analyzed. To further control for potential intervening variables, we will limit our case selection to states located in East Germany, because the demographic situation is most problematic in the Eastern part of Germany, i.e. there is a equal problem pressure. Consequently, we will analyze five cases: Thuringia, Saxony-Anhalt (line department) and Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern and Saxony (State Chancellery). There is no grand coordination theory that is ready to be applied to our case studies. Therefore, we need to tailor our own approach. Our assumption is that the individual chair organization has an effect on the coordination process and output of IDCs, although all cases are embedded in the same institutional setting, i.e. the German politico-administrative system. Therefore, we need an analytical approach than incorporates institutionalist and agency-based arguments. Therefore, this thesis will utilize Actor-Centered Institutionalism (ACI). Broadly speaking, ACI conceptualizes actors' behavior as influenced - but not fully determined - by institutions. Since ACI is rather abstract we need to adapt it for the purpose of this thesis. Line Departments and State Chancelleries will be modeled as distinct actors with different action orientations and capabilities to steer the coordination process. However, their action is embedded within the institutional context of governments, which we will conceptualize as being comprised of regulative (formal rules) and normative (social norms) elements. ; Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit interministerieller Koordination der Demografiepolitik in ostdeutschen Ländern. Alle ostdeutschen Länder haben interministerielle Arbeitsgruppen (IMAGs) eingerichtet, die von der jeweiligen Landesregierung beauftragt wurden, ressortübergreifende Strategien zur Bewältigung der Folgen des demografischen Wandels zu erarbeiten. IMAGs bieten potentiell einen organisatorischen Rahmen für das Gelingen positiver Koordination, also der ressortübergreifenden Bearbeitung interdependenter Problemstellungen. Ob sie jedoch tatsächlich positive Koordination herbeiführen, ist innerhalb der akademischen Debatte umstritten, was die Motivation für die erste Forschungsfrage darstellt: Führen IMAGs zu positiver Koordination? IMAGs haben bereits vor fünfzig Jahren akademische Aufmerksamkeit erregt. Dennoch ist über ihren Beitrag zur Vorbereitung ressortübergreifender Programme kaum etwas bekannt. Bislang haben nur wenige Arbeiten IMAGs in vergleichender Perspektive behandelt. Somit fehlt es an Wissen zu Determinanten des Koordinationsprozesses und –ergebnisses interministerieller Arbeitsgruppen. Jeweils einer Organisation obliegt die Federführung für die jeweilige IMAG. Die federführende Einheit kann erheblichen Einfluss ausüben, da sie den Koordinationsprozess strukturiert und organisiert. Interessanterweise haben die ostdeutschen Bundesländer zwei unterschiedliche organisatorische Modelle gewählt: Entweder obliegt die Federführung der entsprechenden IMAG einem Fachministerien oder der Staatskanzlei des entsprechenden Landes. Diese Situation erlaubt ein vergleichendes Untersuchungsdesign, das die Rolle von Staatskanzleien im Prozess ressortübergreifender Politikformulierung im politisch-administrativen System Deutschlands zu untersuchen erlaubt. Die akademische Debatte im Hinblick darauf lässt sich etwas zugespitzt in zwei Lager teilen: Während das erste Lager argumentiert, die Regierungszentrale könne horizontale Koordination verbessern und zur effektiveren Steuerung ressortübergreifenden Politikformulierung beitragen, rekurriert das zweite Lager auf die Dominanz des verfassungsrechtlichen Ressortprinzip und geht von einer klaren Begrenzung der Steuerungskapazität von Regierungszentralen aus. Dies motiviert die zweite Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit: Erreicht Federführung durch Staatskanzleien positive Koordination in IMAGs? Obwohl die Regierungszentrale schon frühzeitig Gegenstand verwaltungs- und politikwissenschaftlicher Forschung war, finden sich kaum Arbeiten, die explizit die Rolle von Staatskanzlei im Prozess der Formulierung ressortübergreifender Programme thematisieren. Die unabhängige Variable dieser Untersuchung ist die federführende Organisation einer IMAG (Staatskanzlei oder Fachministerium). Die abhängigen Variablen sind einerseits der Koordinationsprozess innerhalb von IMAGs als auch das entsprechende Koordinationsergebnis in Form ressortübergreifender Strategien zur Bewältigung des demografischen Wandels. Das Untersuchungsdesign entspricht einem most-similar-systems Ansatz. So finden sich in allen untersuchten Fällen Koalitionsregierungen, ein ähnlicher Problemdruck in Hinblick auf demografische Entwicklungen sowie ein nahezu identischer institutionelle Rahmen für Koordination. Der Einfluss der unabhängigen auf die abhängigen Variablen kann damit plausiblen isoliert werden. Die Studie untersucht IMAGs in den Ländern Thüringen, Sachsen-Anhalt (Federführung bei einem Fachministerium), Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen (Federführung bei der Staatskanzlei). Die Arbeit nutzt den akteurszentrierten Institutionalismus als analytischen Rahmen. Dieser erlaubt Koordinationsprozesse sowohl in Hinblick auf ihre institutionelle Einbettung zu untersuchen, die Rolle intentional handelnder Akteure mit unterschiedlichen Handlungsorientierungen und -möglichkeiten aus dem Blick zu verlieren.
Bei der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist die lokale Ebene von besonderer Bedeutung, da, auf dieser konkrete Maßnahmen zur Zielerreichung umgesetzt werden müssen. Aufgrund des engen Zeitplans der Wasserrahmenrichtlinie besteht akuter Handlungsbedarf. Diese Situation stellt die zuständige Verwaltung vor große Herausforderungen, insbesondere aufgrund der geringen Erfahrung mit Öffentlichkeitsbeteiligung in der Wasserwirtschaft. Zudem besteht auch ein Forschungsbedarf, um die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie auf der lokalen Ebene zu fördern. Dabei stellen sich folgende Fragen: Wer sind die lokalen Akteure bei der Gewässerbewirtschaftung und welche Interessen verfolgen sie? Welche Konfliktlagen ergeben sich daraus und wie wirken sich diese Konflikte auf Beteiligungsprozesse im Rahmen der Gewässerbewirtschaftung aus? Und ganz besonders: Welche Faktoren sind zur Steuerung dieser Beteiligungsprozesse relevant? Die Arbeit hat dieses Problemfeld praxisnah aufgegriffen. Das Hauptziel der Arbeit war es, anhand von durchgeführten Beteiligungsprozessen eine gegenstandsbezogene Theorie in der Tradition der grounded theory methodology zu generieren auf deren Basis Handlungsempfehlungen für die Umsetzung der WRRL auf lokaler Ebene abgeleitet werden konnten. Die theoretische Einordnung der Arbeit erfolgte in der Politischen Geographie im Bereich der handlungsorientierten geographischen Konfliktforschung. Durch den Praxisbezug wurden weitere Aspekte aus der Konfliktforschung, der Partizipations- und Nachhaltigkeitsforschung sowie der Planungstheorie und der Umweltpsychologie integriert. Das Forschungsdesign wurde an die Methodologie der grounded theory angelehnt. In diesem Zusammenhang fanden die Paradigmen der qualitativen und interaktiven Sozialforschung Eingang. Um zu allgemein gültigen Handlungsempfehlungen als Ziel dieser Arbeit zu gelangen, war es nötig, die Untersuchung auf mehreren Beteiligungsprojekten der lokalen Gewässerbewirtschaftung aufzubauen. Es wurden insgesamt drei Teilstudien durchgeführt, wovon zwei Einzelfallstudien und die dritte eine Vergleichsstudie darstellen. Die erste Fallstudie, das Bürgerbeteiligungsprojekt "Unsere Dreisam – Zukunft Dreisam" wurde nach dem Paradigma der interaktiven Sozialforschung auf rein lokaler Ebene durchgeführt. Die zweite Fallstudie, die "Vorgezogene aktive Öffentlichkeitsbeteiligung zur Umsetzung der WRRL im Bearbeitungsgebiet Hochrhein" wurde vom Regierungspräsidium Freiburg auf regionaler Ebene durchgeführt und nach dem Paradigma der qualitativen Sozialforschung wissenschaftlich begleitet. Bei der dritten Teilstudie wurden Fragebögen einer schriftlichen Befragung ausgewertet, die im Rahmen der DWA-Arbeitsgruppe "Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie" erhoben wurden. Als Erhebungsinstrumente kamen neben Fragebögen bei schriftlichen Befragungen auch die teilnehmende Beobachtung, problemzentrierte Interviews, cognitive maps und Moderationsmethoden zum Einsatz. Die Ergebnisse der drei Teilstudien sind aufgrund ihrer Praxisrelevanz ausführlich dargestellt. Dabei wurden in allen Teilstudien gesonderte Akteurs-, Konflikt- und Prozessanalysen durchgeführt. Das primäre Ergebnis der Arbeit war die Generierung einer gegenstandsbezogenen Theorie partizipativer Gewässerbewirtschaftung auf lokaler Ebene im Kontext der WRRL. Die Basis dafür stellen die Ergebnisse der drei Teilstudien dar. Diese datenbasierte grounded theory gliedert sich in einen Akteursteil, einen Konfliktteil sowie einen Teil der Prozessfaktoren und -merkmale. Innerhalb des Akteursteils sind sogenannte Hauptakteure benannt, deren Teilnahme an partizipativen Prozessen bei der Gewässerbewirtschaftung auf lokaler Ebene von grundlegender Bedeutung ist. Neben den Hauptakteuren sind in der Theorie auch sogenannte weitere Akteure aufgeführt, die als Kooperationspartner auf lokaler Ebene in Erscheinung treten. Im zweiten Teil der Theorie sind vier Konfliktgegenstände mit ihren verschiedenen Themenbereichen dargestellt. Innerhalb der einzelnen Themenbereiche sind die jeweiligen Konfliktlagen beschrieben. Ergänzt werden die Themenbereiche um die Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung. Die relevanten Faktoren für die Durchführung von Beteiligungsprozessen bei der Gewässerbewirtschaftung auf lokaler Ebene sind im dritten Teil der Theorie in einem Modell fünf Projektphasen zugeordnet. Ergänzt wird das Modell um Rahmenbedingungen sowie Merkmale der Projektsteuerung, Durch die Zuordnung von Faktoren zu den einzelnen Projektphasen unterstützt dieses Modell Projektverantwortliche beim gesamten Vorgang des Projektmanagements. Die Reichweite der Theorie beschränkt sich aufgrund des Datenmaterials auf die lokale Ebene in Deutschland mit Ausnahme der Seen und Küstengewässer. Den Abschluss bilden die Handlungsempfehlungen. Diese gliedern sich nach dem zuvor aufgezeigten Modell und sind abschließend in einer übersichtlichen Checkliste für die Praxis zusammengefasst. ; Within the implementation of the Water Framework Directive (WFD) the local level is of particular importance because this is the level where complementary measures according to Article 11 of the WFD have to be implemented in order to achieve all aims. The implementation of these measures will concern local property rights and rights of use.The tight time frame set by the WFD necessitates immediate action. This situation poses great challenges to the responsible public authorities. In addition, few research results exist to date. Crucial questions with regard to this issue are: Who are the local actors in water management and what are their interests? Which constellations of conflict arise from these, and what are the effects of these conflicts on participatory processes in the framework of water management? And in particular: Which factors are relevant to the facilitation of these participatory processes? This thesis tackles this complex of problems in an applied manner. The objective of this thesis is to generate a factual theory in the tradition of grounded theory methodology on the basis of participatory processes carried out in the course of the survey. This theory aims to analyze local actors, arising conflicts of interests and utilization, and relevant factors and features of processes in such a way as to allow the deduction of recommendations for the implementation of the WFD on a local level. The thesis is theoretically embedded in Political Geography, more specifically in Action-Oriented Geographical Conflict Research. The practical nature of the survey necessitated the additional consideration of aspects taken from conflict research, participation and sustainability research as well as theory of planning and environmental psychology. The research design is based on grounded theory methodology according. In this context, the paradigms of both qualitative social research and interactive social research were employed. In order to achieve the objective of developing universally applicable recommendations, the survey was based upon several local water management civic participation projects. Therefore, a total of three sub-surveys were conducted. The first case study, a civic participation project along the river Dreisam was carried out exclusively on a local level according to the paradigm of interactive social research. The second case study was conducted by the Regional Administrative Authority Freiburg on a regional level and was analyzed according to the paradigm of qualitative social research. In the course of the third sub-survey, written questionnaires which were compiled in the context of a working group of the German Association for Water, Wastewater and Waste (DWA) were analyzed. Other research methods employed in addition to questionnaires were participatory observation, problem-centred interviews, cognitive maps and facilitation techniques. Because of their relevance to practice, the results of the three sub-surveys are presented in detail. Separate analyses of actors, conflicts and processes were conducted as part of all three sub-surveys. In correspondence with the results of the sub-surveys, the data-based grounded theory is divided into a section on actors, a section on conflicts and a section on factors in and features of participatory processes. Within the actor section, so-called main actors are specified whose participation is of fundamental importance. Besides the main actors, the theory also specifies so-called other actors that emerge especially as cooperators on the local level. In the second part of the theory, the four objects of conflict are portrayed in detail. Within the individual subject areas, the respective constellations of conflict between actors and coalitions of actors as well as the corresponding framework conditions are analyzed. The relevant factors and properties in participatory processes of water management on a local level are listed in the third and final section. The factors and properties are classified in a model with five project phases. In addition, there are framework conditions as well as features that lie in the responsibility of those in charge of the process. Due to its structure and the association of identified factors with individual project phases this model constitutes a significant advancement of the current state of research. Particularly via the association of factors with individual project phases the model supports those in charge of a project in the entire process of project management. Due to the data collected, the scope of the theory is limited to the local level in Germany with the exception of lakes and coastal waters. According to the objective of the thesis, the conclusion consists of recommendations that were deduced from the grounded theory. These recommendations, which are structured according to the model presented previously, are summarized in a clear, easy-to-manage and practical checklist.
Die Frage, welches Wissen als relevant, legitim oder nützlich anerkannt wird, ist (nicht nur) in Bezug auf das Feld von Erziehung und Bildung grundlegend und steht im Zentrum vielfältiger Abgrenzungs- und Vereinnahmungsbemühungen. Wichtige, dieses Feld betreffende Veränderungen, die bis heute wirken und deren Kenntnis daher auch für gegenwärtige Entwicklungen aufklärend und erklärend sein können, erfolgten in der Zeit seit 1945. So ist etwa zu fragen, welche Verschiebungen, Vereinnahmungen und Überlagerungen im Kräfteverhältnis zwischen Wissenschaft, Politik und Profession auszumachen sind, und wie sich die Fachdisziplin und die sie bestimmenden Denkkollektive dabei verändert haben. Der theoretisch-methodische Ertrag liegt in der Sondierung des wissensgeschichtlichen Ansatzes aus bildungshistorischer Perspektive. Angesichts der Plastizität von "Wissensgeschichte", die sich im deutschsprachigen Raum seit etwa der Jahrtausendwende formiert, setzen die Herausgeber/-innen dabei immerhin eine grundlegende Prämisse voraus: Wissenschaft wird als Kultur und Praxis begriffen, die sich in vielschichtigen Wechselwirkungen mit anderen gesellschaftlichen wie internationalen Wissens- und Handlungsfeldern konstituiert und entwickelt. Damit ist für eine Bildungsgeschichte der Bundesrepublik ein weites Forschungsfeld eröffnet, das hinausgeht über die bisher dominante Beschränkung des Blicks auf die universitäre Wissensproduktion und deren vorgeblich rein inhärente Dynamiken programmatisch. Im Band wird zum Beispiel die bislang vernachlässigte außeruniversitäre Forschung systematisch - auch als Kontrastfolie zum universitären Raum - thematisiert und damit dem Gedächtnis der Disziplin zugänglich gemacht, so z.B., wenn Organisation und Wissensproduktion am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) oder am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPIB) in ihren sozialen Kontexten untersucht werden. (DIPF/Orig.)
Sustainable societal development has become a subject of increased and widespread societal attention especially during the last two decades. The tremendous economic development of former developing nations such as China and India and the general impact of globalization have put even larger pressures on our limited natural resources and fragile environment. Faced with an ever increasing amount of evidence that the activities of our own generation might actually impair the possibilities for future generations to meet their needs, it has become a major political concern that societal development must be sustainable. The issuing of the famous Brundtland report "Our Common Future" (1987) formed a political milestone. This important event has enhanced the public awareness that substantial changes of consumption patterns are called for and has further significantly influenced research agendas worldwide. The realization of a sustainable development of society necessitates that a holistic perspective is taken in operational and strategic societal decision-making. In principle, a joint consideration of the preferences, needs and capabilities of the present and future generations across all nations, industrial and public sectors is required if we are to fully succeed in achieving sustainable societal development. It may be realized that decisions made to enhance sustainability of societal development not only concern reduced emissions of pollutants but also directly and indirectly involve a redistribution of globally available resources and not least a reassessment of the societal affordability of lifestyle and quality of life. So far, the available research literature in this field has mainly reported on results relating to individual aspects of sustainable development; as of yet a general framework that facilitates the joint consideration of the many dimensions of sustainability in supporting decision-making for sustainable societal development is still missing. Whereas the development of a general framework for sustainable decision-making is one of the most relevant tasks in the research agenda, it is unlikely that this task could be accomplished in the foreseeable future. However, at the same time, there is an urgent need for methods that enable societal decision-makers to identify "sustainable" policies in different sectors of society. Here, the "sustainable" policies imply policies that conform to current preventive measures, regulations, principles, ethics and whatever else is regarded as best practice for the realization of the sustainable development of society. Motivated by this and focusing on the civil engineering sector, the present thesis has two aims. The first aim is to reformulate the classical life-cycle cost optimization concept, which has been advocated in civil engineering as the decision principle, in such a way that relevant aspects of sustainability can be incorporated into engineering decision-making. The aspects of sustainability considered in depth in this reformulation are intergenerational equity and allocation of limited resources. Furthermore, for the purpose of facilitating the applications in practical decision situations, a platform is proposed for the modelling and optimization of decision problems based on Bayesian probabilistic networks. Thereby, it is possible with the proposed platform to consider the constraints relating to societal sustainability posed by present society in the decision problems. The second aim is to present a fundamental approach for incorporating the reliability of civil infrastructure in general economic models so that the sustainable policies on design and maintenance of civil infrastructure can be identified from a macroeconomic perspective. In the present thesis, two types of engineering decision analyses are differentiated in order to clarify the extent of the consequence of decisions; marginal engineering decision analysis and non-marginal engineering decision analysis. In marginal engineering decision analysis, it is assumed that the economic growth path is exogenously given and the consequence of decisions does not affect the economic growth; the life-cycle cost optimization concept corresponds to the marginal engineering decision analysis; the first aim of the present thesis can be regarded as the formulation of engineering decision problems from a sustainability perspective in the context of the marginal decision analysis. In contrast, non-marginal decision analysis considers the change of economic growth as a consequence of decisions; the second aim of the present thesis can be regarded as a proposal for a decision framework for the non-marginal engineering decision analysis. The present thesis consists of eight chapters. Chapter 1 introduces the background, aim, scope and outline of the thesis. A literature survey is also provided in the fields of economics and civil engineering, where the formulation and optimization of sustainable decision making in civil engineering is dealt with. The core of the present thesis consists of six chapters (Chapters 2 to 7). Each of the chapters, except Chapter 7, represents a part of my research work published during the PhD study. Chapter 2 considers the general treatment of uncertainties in engineering decision analysis, which is the philosophical basis for decision-making subject to uncertainties. Chapters 3 to 5, respectively, investigate the modelling and optimization of sustainable decision problems, the issue of intergenerational equity and the issue of allocation of limited resources in the context of marginal engineering decision analysis. In Chapter 6 the approach for incorporating the reliability of civil infrastructure in general economic models is proposed based on economic growth theory. This approach corresponds to non-marginal engineering decision analysis. The proposed approach is then applied to a simplistic economic model in Chapter 7 in order to show how the optimal reliability of civil infrastructure can be identified and the sustainable policy on the design and maintenance of civil infrastructure can be examined. Thereby, an objective function is derived in the context of non-marginal decision analysis that is different from the objective function employed in the classical life-cycle cost optimization concept. The reason for this is provided by looking at the differences in the formulation of the decision problems in marginal and non-marginal decision analysis. In this chapter the assumptions of the derivation of the classical life-cycle cost optimization and its limitations are also introduced in order to emphasize the difference between non-marginal decision analysis and marginal decision analysis. Chapter 8 concludes the present work. In the reformulation of the classical life-cycle cost optimization, its practical applicability is emphasized. Hence, the proposed methods in the corresponding chapters (Chapters 3 to 5) can be readily applied to practical decision situations. Practical examples are provided in these chapters. On the other hand, the approach presented in Chapters 6 and 7 serves as a relevant building block for further development of the general framework for sustainable decision-making, whereby scientific insights are provided on how sustainable design and maintenance policies on infrastructure can be investigated in a macroeconomic context. Die Frage nach einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung hat insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Im Fokus stehen dabei die begrenzten natürlichen Ressourcen und die fragile Umwelt, die durch die enorme wirtschaftliche Entwicklung von Schwellenländern wie China und Indien noch stärker unter Druck geraten. Da es immer offensichtlicher wird, dass die Aktivitäten unserer eigenen Generation die Entwicklungsmöglichkeiten der folgenden Generationen beeinträchtigen könnten, wurde die Forderung nach einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung ein wesentliches politisches Ziel. Ein politischer Meilenstein wurde 1987 durch den Brundtland Report "Unsere gemeinsame Zukunft" gesetzt. Dieses entscheidende Ereignis verstärkte das öffentliche Bewusstsein, dass substantielle Änderungen im Konsumverhalten zukünftig notwendig sind. Seit der Veröffentlichung des Brundlandt Reports beeinflusst das Thema der Nachhaltigkeit weltweit viele Agenden von Forschergruppen. Die Umsetzung einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung erfordert eine Einnahme einer holistischen Perspektive sowohl für die operationelle als auch für die strategische Entscheidungsfindung in der Gesellschaft. Prinzipiell ist eine integrale Berücksichtigung der Präferenzen, Bedürfnisse und Fähigkeiten der heutigen und der zukünftigen Generationen über alle Nationen und alle Sektoren hinweg notwendig, wenn eine Steuerung hin zu einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung erfolgreich sein will. Es muss erreicht werden, dass Entscheidungen zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung einer Gesellschaft nicht nur unter Berücksichtigung monokausaler Zusammenhängegetroffen werden, z.B. die Verringerung von schädlichen Emissionen, sondern auch unter Berücksichtigung der direkten und indirekten Umverteilung globaler Ressourcen, der Neubewertung von Lebensstilen und nicht zuletzt der Qualität des Lebens in der globalen Welt. Der Grossteil der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur zum Thema Nachhaltigkeit fokussiert auf einzelne Aspekte, die für eine nachhaltige Entwicklung notwendig sind. Ein genereller Rahmen, der die gemeinsame Betrachtung des mehrdimensionalen Problems der Nachhaltigkeit erlaubt und gesellschaftliche Entscheidungsträger unterstützen kann, fehlt bisher noch. Die Entwicklung eines solchen Rahmens ist die relevanteste Aufgabe, die die Forscher im Bereich der nachhaltigen Entscheidungsfindung zu bewältigen haben. Es ist nicht abzusehen, dass in naher Zukunft in diesem Bereich eine Lösung gefunden wird. Dennoch ist derzeit der Druck gross, Methoden zur Verfügung zu haben, die es Entscheidungsträgern aus allen Bereichen ermöglicht, die "nachhaltigste" Handlungsalternative zu identifizieren. Der Ausdruck " nachhaltigste" impliziert, dass die Handlungsalternativen konform sind zu den Massnahmen, Regulierungen, Prinzipien, Ethiken und allen anderen Gegebenheiten in einer Gesellschaft, die als "beste Praxis" für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung in einer Gesellschaft gelten. Diese vielschichtigen Aspekte waren die Motivation für diese Arbeit, die sich auf den Bereich des Bauingenieurwesens bezieht. Zwei wesentliche Ziele werden in dieser Arbeit verfolgt. Das Erste ist, den klassischen Ansatz des Konzeptes zur Optimierung der Lebenszykluskosten, der im Bereich des Bauingenieurwesens als das Entscheidungsprinzip betrachtet wird, so umzuformulieren, dass Aspekte der Nachhaltigkeit im Entscheidungsprozess Berücksichtigung finden können. Die Aspekte der Nachhaltigkeit, die insbesondere Berücksichtigung in der Neuformulierung finden sind das Prinzip der intergenerationellen Gleichheit und der Allozierung von beschränkten Ressourcen. Für die Anwendbarkeit in realen Entscheidungssituationen wird eine Plattform für die Modellierung und Optimierung von Entscheidungsproblemen vorgeschlagen, die auf Bayes'schen Probabilistischen Netzen basiert. Dies ermöglicht es, die Einschränkungen, die durch die Aspekte der Nachhaltigkeit gegeben sind, im Entscheidungsprozess zu berücksichtigen. Das zweite Ziel ist, einen fundamentalen Ansatz vorzustellen, der es ermöglicht, strukturelle Zuverlässigkeit von baulichen Infrastrukturen in allgemeinen ökonomischen Modellen zu berücksichtigen, so dass nachhaltige Entscheidungen in Bezug auf den Entwurf und den Unterhalt solcher Anlagen von einer makroökonomischen Perspektive aus identifiziert werden können. Zwei Typen von Entscheidungsanalysen im Ingenieurwesen wurden in dieser Arbeit unterschieden, um das Ausmass der Konsequenzen aus Entscheidungen klar herauszustellen; es werden sowohl marginale Entscheidungsanalysen als auch nicht-marginale Entscheidungsanalysen beleuchtet. In der marginalen Entscheidungsanalyse im Ingenieurwesen wird angenommen, dass das wirtschaftliche Wachstum exogen gegeben ist und die Konsequenzen, die aus Entscheidungen resultieren, keinen Einfluss auf das wirtschaftliche Wachstum haben. Das Konzept der Optimierung der Lebenszykluskosten von baulichen Infrastrukturen ist ein Beispiel für eine marginale Entscheidungsanalyse. Damit kann das zuvor genannte erste Ziel dieser Arbeit als Formulierung von Entscheidungsproblemen im Hinblick auf Nachhaltigkeit im Kontext der marginalen Entscheidungsanalyse gesehen werden. Im Gegensatz dazu kann das zweite formulierte Ziel als ein Rahmen für Entscheidungen gesehen werden, die einen nicht-marginalen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in acht Kapitel. Kapitel 1 stellt die Ziele der Arbeit vor, grenzt die Arbeit ab und erläutert die Hintergründe zu dieser Arbeit. Im ersten Teil wird ein Überblick über die Literatur in den relevanten Gebieten der Wirtschaftswissenschaften und des Bauingenieurwesens, insbesondere in den Bereichen Formulierung und Optimierung von nachhaltigen Entscheidungsproblemen, gegeben. Der Kern dieser Arbeit besteht aus sechs Kapiteln (Kapitel 2 bis 7). Jedes dieser Kapitel (mit Ausnahme von Kapitel 7) repräsentiert einen Teil meiner Forschungsarbeiten während des Doktorats, die bereits veröffentlicht sind oder zur Veröffentlichung akzeptiert sind. Kapitel 2 behandelt den allgemeinen Umgang mit Unsicherheiten in der Entscheidungsanalyse im Ingenieurwesen und stellt die philosophische Basis für die Entscheidungsfindung im Ingenieurwesen unter Unsicherheit dar. Kapitel 3 bis 5 untersucht die Modellierung und Optimierung von Entscheidungsproblemen unter Berücksichtigung der zuvor genannten Aspekte der Nachhaltigkeit. Kapitel 6 stellt einen Ansatz vor, mit dem die strukturelle Zuverlässigkeit baulicher Infrastrukturen in allgemeinen wirtschaftswissenschaftlichen Modellen und Modellen zur Beschreibung des Wirtschaftswachstums berücksichtigt werden kann. Dieser Ansatz korrespondiert zu nicht-marginalen Entscheidungsanalysen. In Kapitel 7 wird dieser Ansatz an einem einfachen wirtschaftswissenschaftlichen Modell angewendet, um zu zeigen, wie die optimale Zuverlässigkeit baulicher Infrastrukturen identifiziert werden kann, und eine nachhaltige Strategie in Bezug auf den Entwurf und den Unterhalt verfolgt werden kann. Dazu wird eine Zielfunktion in einem nicht-marginalen Kontext hergeleitet, die grosse Unterschiede zur Zielfunktion aufweist, die im klassischen Ansatz zur Optimierung der Lebenszykluskosten verwendet wird. Der Grund für diese Unterschiede liegt in der Formulierung des Problems im marginalen und im nicht-marginalen Entscheidungsraum. In diesem Kapitel wird auch auf die klassischen Annahmen und Einschränkungen eingegangen, um die Unterschiede in diesen beiden Ansätzen beleuchten zu können. Kapitel 8 schliesst die Arbeit. In der Neuformulierung des klassischen Lebenszyklusansatzes wird die praktische Anwendbarkeit unterstrichen. Daher können die Methoden, die in den Kapiteln 3 bis 5 vorgestellt werden, direkt in praktischen Problemen angewendet werden. Hierzu werden in diesen Kapiteln praktische Beispiele gegeben. Auf der anderen Seite ist der Ansatz, der in Kapitel 6 und 7 vorgestellt wird, ein relevanter Baustein für die weitere Entwicklung eines allgemeinen Rahmenwerks für die nachhaltige Entscheidungsfindung, wobei wissenschaftliche Einblicke gegeben werden, wie nachhaltige Entwurfs- und Unterhaltsstrategien an baulichen Anlagen in einem makroökonomischen Kontext untersucht werden können.