Auf der Basis einer Sekundärauswertung qualitativer Studien zu stadtregionalen Wanderungsprozessen in der Metropolregion Hamburg seit 1998 fokussiert dieser Beitrag Motive, Prozesse und Rahmenbedingungen städtischen Wohnens. Sie manifestieren sich in vergleichenden Bewertungen städtischen und suburbanen Wohnens sowie in Hintergründen der Präferenzen für urbane Wohnstandorte. Diese Informationen ergänzen das Spektrum möglicher Erklärungen für Reurbanisierung um Aspekte des sozialen Handelns von Wohnenden.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1671-1679
"Eine ausgeprägte Präferenz für männliche Nachkommen, mit zum Teil dramatischen Folgen für die Lebenssituation von Mädchen und Frauen, findet sich heute vor allem in einer Reihe asiatischer Länder, wie China, Indien oder Korea. Geschlechterpräferenzen für Kinder sind jedoch ein kulturelles und demographisches Phänomen, das auch in modernen westlichen Gesellschaften zunehmend beachtet wird. In den vergangenen Jahrzehnten sind nicht nur traditionelle Geschlechterrollen teilweise erodiert, sondern auch die Geburtenneigung ist deutlich zurückgegangen. Darüber hinaus erlauben es neue Verfahren der Reproduktionsmedizin (z.B. MicroSort), das Geschlecht eines Kindes vorzubestimmen. Wie hat sich vor diesem Hintergrund der spezifische Wunsch von Paaren nach einem Sohn oder nach einer Tochter verändert? Gibt es in Europa überhaupt (noch) Geschlechterpräferenzen, und falls ja: sind sie regional und über die Zeit stabil, oder lassen sich möglicherweise unterschiedliche Entwicklungen beobachten? Die Verfasser untersuchen die Existenz von Geschlechterpräferenzen und ihren Effekt auf Fertilitätsentscheidungen in Deutschland (auf Basis von Daten des ALLBUS 2000) sowie in Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden (unter Verwendung der jeweiligen Bevölkerungsregister seit 1961/71). Dabei zeigt sich, dass a) in allen Ländern verhaltensrelevante Geschlechterpräferenzen für Kinder existieren, b) dass es diesbezüglich - mutmaßlich kulturell bedingte - regionale Unterschiede gibt, und c) dass sich sogar 'neue' Präferenzen parallel zu gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen entwickeln können." (Autorenreferat)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1183-1197
"In seinem Beitrag argumentiert der Verfasser sowohl grundlagentheoretisch als auch inhaltlich. Der Kern der grundlagentheoretischen Argumentation besteht darin, dass sich mit dem vorhandenen soziologischen Denkinstrumentarium in Gestalt der Situationsanalyse eine Gegenposition zum Konstruktivismus beschreiben lässt, die die menschliche Natur einbezieht und gleichzeitig dem historisch und kulturell variablen soziologischen Gegenstand gerecht werden. Mit Hilfe des grundlegenden soziologischen Konzepts der Situation und ihrer Definition lassen sich äußere (u.a. Institutionen und kulturelle Symbolwelt) und innere Bedingungen (u.a. biologische Anlagen) der menschlichen Existenz miteinander verknüpfen. Durch Sozialisationsprozesse werden biologische Anlagen - vermittelt durch die 'Genotyp-Umwelt-Korrelation' - verstärkt oder auch abgeschwächt. Im Laufe der Biografie entwickeln sich so biosoziale Dispositionen, die sich in kulturell definierten (typischen) Situationen handlungswirksam manifestieren oder diese auch ändern können. Unter Verwendung der entwickelten Gegenposition vertritt er die inhaltliche These, dass im Verlauf der aktuellen innengerichteten Modernisierung bestimmte Aspekte des menschlichen Genoms (Glücksstreben, Vorlieben und Talente) soziokulturell an Bedeutung gewinnen und sich verstärkt in sozialen Strukturen niederschlagen. Besonders relevant ist das evolutionspsychologisch begründbare Streben nach Wohlbefinden und Glück, das unter den Bedingungen enorm gesteigerter materieller und sozialer Handlungsspielräume zum unmittelbaren Impulsgeber sozialer Strukturbildung wird. Neben dieser allen Menschen gemeinsamen Anlage treten auch interindividuelle Unterschiede des Genoms (Vorlieben und Talente) im Laufe der innengerichteten Modernisierung sozialstrukturell stärker hervor. Bei den genannten Prozessen hat man es mit einer globalen Entwicklung zu tun, die sich unabhängig von der 'westlichen' Kultur vollzieht." (Autorenreferat)
Die Studie zum Wahlverhalten der Bundesbürger beschäftigt sich mit den Parteipräferenzen (Erst- und Zweitpräferenz) bzw. mit der Umsetzung einer bestimmten Koalitionsneigung in die entsprechende Koalitionspräferenz. Dabei orientiert sich die Untersuchung an folgender Hypothese: Nur öffentlich diskutierte realistische Koalitionsoptionen führen zur Ausbildung einer konkreten Koalitionspräferenz aus der vorhandenen Koalitionsneigung. Die Analyse basiert auf zwei Vorwahluntersuchungen, die als mündliche Befragung vor den Bundestagswahlen 1998 und 2002 durchgeführt werden. Die Grundannahme wird zunächst für die Bundestagswahl 2002 untersucht, in der die SPD und Bündnis 90/Die Grünen als Regierungsparteien antreten. Eine Vorwahluntersuchung von 1998 wird zum Vergleich der Koalitionsneigungen in jener Regierungssituation herangezogen, als noch die Regierungskoalition zwischen CDU/CSU und FDP bestand. Auf dieser Grundlage werden die Folgen von im Aggregat nachgewiesenen Koalitionspräferenzen für die Kombination von Erst- und Zweitstimme bei der Bundestagswahl 2002 mit den Daten der repräsentativen Wahlstatistik überprüft. Die Untersuchung macht deutlich, dass Parteien durch klare Koalitionssignale das Wählerverhalten beeinflussen können. (ICG2)
"We begin by analysing gender differences in forms of work, working times and earnings over a long-term comparison on the basis of a large set of microdata, the Integrated Employment Biographies Sample (SIAB). After that, we turn to the economic effects of family-conditioned interruptions in gainful employment and carry out a cohort analysis on this subject. Following on from that, we examine, on the basis of the Socioeconomic Panel (SOEP), to what extent individual forms of working time, work preferences and measurements of flexibility connect up to the job and life satisfaction of (married) partners with children." (Text excerpt, IAB-Doku) ((en))
Die Autoren untersuchen die Bedeutung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für den Kinderwunsch in Ost- und Westdeutschland. Sie beziehen sich auf die beiden theoretischen Modelle der "lifestyle preferences" und des "Values of Children"-Ansatzes zur Erklärung von Kinderwünschen und nehmen eine sekundäranalytische Auswertung der Familiensurveys von 1988/1990, 1994 und 2000 in den alten und neuen Bundesländern vor. Die Ergebnisse lassen insgesamt keinen messbaren Einfluss der Lebensorientierung von Männern und Frauen auf den Kinderwunsch und die gewünschte Zahl an Kindern erkennen. Der Kinderwunsch variiert jedoch deutlich mit den Werten, welche die Befragten im allgemeinen Kindern zuschreiben. Insbesondere Männer und Frauen, die Kinder mit immateriellen Motiven (Lebenssinn) verbinden, haben einen stärkeren Kinderwunsch und geben auch eine etwas höhere Zahl gewünschter Kinder an. Die Autoren untersuchen ferner die bislang wenig beachtete Frage, wodurch eine adaptive, d.h. weniger berufszentrierte Lebensorientierung bei Männern beeinflusst wird. Hierbei zeigt sich, dass höher gebildete, urbane und beruflich erfolgreiche Männer mit einer höher gebildeten Partnerin häufiger einem solchen Lebensmodell folgen. (ICI2)
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 3035-3046
"Marktgesellschaften müssen sich zunehmend auf globaler, nationaler und lokaler Ebene der Herausforderung im Umgang mit und des Erhalts von Umweltressourcen stellen. In der Regel sind Umweltressourcen - ökonomisch gesprochen - öffentliche Güter. Bei der Bereitstellung solcher Güter liegt oft ein Marktversagen vor. Das liegt nicht zuletzt an fehlenden Preisen für Umweltressourcen, also an einem nicht vorhandenen Wertmaßstab, der für eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit verschiedener Maßnahmen im Umgang mit Umweltressourcen herangezogen werden kann. Der Beitrag stellt vor diesem Hintergrund die theoretischen Grundlagen sowie die Methodik der Kontingenten Bewertung zur Messung des ökonomischen Gesamtwertes eines Umweltgutes vor und diskutiert soziologische Anknüpfungspunkte an einem empirischen Fallbeispiel zur Bewertung der biologischen Vielfalt im Wald. Der ökonomische Gesamtwert eines Umweltgutes beinhaltet u.a. nutzungsunabhängige Werte, die nicht am Marktverhalten von Akteuren beobachtbar sind und direkt erfragt/ermittelt werden müssen (stated preferences). Deshalb wird im Rahmen Kontingenter Bewertungen in Umfragen ein hypothetischer Markt konstruiert. Dabei wird das Umweltgut möglichst genau beschrieben, es wird kenntlich gemacht, wer für die Bereitstellung des Gutes verantwortlich ist, und es wird vorgegeben, in welcher Form und wie lange Personen für die Bereitstellung etwas bezahlen müssten. Ziel einer solchen Bewertung ist die Ermittlung des Geldbetrages, der Personen auf demselben Nutzenniveau vor und nach der Umweltveränderung belässt (maximale Zahlungsbereitschaft). Bislang gibt es weltweit über 2.000 monetäre Bewertungsstudien, die zum Teil als Unterstützung für politische Entscheidungen dienen. Diese Studien werden mit einer Vielzahl an Kritikpunkten konfrontiert. In dem Vortrag soll gezeigt werden, dass soziologische Theorien und Methoden einen Beitrag zur Erklärung von in Umfragen geäußerten Zahlungsbereitschaften leisten können. Hier erschließt sich für SoziologInnen ein theoretisch wie praktisch bedeutsames Forschungs- und Anwendungsfeld im Spannungsverhältnis zwischen Umwelt und Wirtschaft." (Autorenreferat)
Eine Reduktion unseres Fleischkonsums ist nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, konfrontiert jedoch nicht alle sozialen Gruppen mit den gleichen Herausforderungen. In diesem Beitrag skizziere ich auf Basis quantitativer und qualitativer Daten, wie und vor allem warum sozioökonomische Positionen in Deutschland Unterschiede im Fleischkonsum abbilden, und diskutiere Implikationen für Verbraucher-, Umwelt- und Sozialpolitik.
"Important questions relating to the quality of employment are first discussed below. Here we show that changes in preferences relating to employment and life courses have up to now only play an insufficient role here. In addition, dynamic aspects such as the permeability of employment forms, the flexibility and also upward mobility must also be taken into account. We argue along with this that an evaluation of the quality of employment must also always be put into the context of the individual characteristics of persons or establishments. In this connection, research still has to answer a great many open questions. Nevertheless, from what has been gathered already, it is possible to deduct that even more instable forms of employment do not per se represent a cul-de-sac for employees. A prerequisite is however that employees, for whom this danger exists, are supported with offers of information such as, for instance those offered by the public advisory and placement services, in their efforts to look for more stable jobs and get the chance to develop their employability further." (Text excerpt, IAB-Doku)
Die vorliegende Analyse beschäftigt sich mit innerstädtischen Umzügen und überregionalen Zuwanderungen in Hamburg zwischen den Jahren 2006 und 2010. Ziel ist es, die Rolle, die unterschiedliche Teilgebiete der Stadt im stadtregionalen Reurbanisierungsprozess einnehmen, besser zu verstehen. Es wird herausgearbeitet, welche Stadtteile von innerstädtischen Zuzüglern und überregionalen Zuwanderern bevorzugt und welche seltener gewählt werden. Ausgehend von ähnlichen Zuzugs- und Zuwanderungsmustern wird eine Stadtteiltypisierung vorgenommen. Im Ergebnis kann gezeigt werden, dass sozioökonomisch benachteiligte Stadtteile mit verhältnismäßig hoher Einwohner- und Nahversorgungsdichte und niedrigem Mietniveau als "Auffangbecken" für Fernwanderer fungieren. Entgegen den Erwartungen sind aber die dichtesten und funktional am besten ausgestatteten Stadtteile ebenfalls besonders häufig Ziel von Fernwanderern, zugleich aber auch von innerstädtischen Zuzüglern. Diese Stadtteile nehmen trotz ihrer hohen Dichte besonders viel Bevölkerung auf und wachsen stark.
Am Beispiel Hamburgs werden der Verlauf der Suburbanisierung sowie der gegenwärtig zu beobachtende Reurbanisierungsprozess analysiert. Ziel des Beitrags ist es, zu einem möglichst umfassenden Verständnis der Rahmenbedingungen zu gelangen, die die demografischen Veränderungen in der Kernstadt sowie im suburbanen Umland beeinflussen. Hierzu ist neben der Betrachtung der räumlichen und gesellschaftlichen Strukturen (Makroebene) die Analyse der Veränderung von Wohnpräferenzen (Mikroebene) von Bedeutung. Um dem gesellschaftlichen Wandel Rechnung zu tragen, der eine "Renaissance des städtischen Wohnens" nahelegt, bedarf es planerischer sowie wohnungsbaupolitischer Anstrengungen, um urban orientierte Haushalte nicht zur Suburbanisierung zu zwingen.
In dem Beitrag wird von der Grundvorstellung ausgegangen, daß langfristiger Wohlstand tendenziell eine (zumeist generationsspezifische) Verschiebung von einem überwältigenden Vorrang wirtschaftlicher und materieller Sicherheit in Richtung auf eine größere Betonung nichtmaterieller Ziele begünstigt. In diesem Zusammenhang werden zwei Hauptthesen aufgestellt: (1) Die Mangelhypothese besagt, daß die Prioritäten eines Individuums Ausdruck seiner sozioökonomischen Umwelt sind. Der höchste subjektive Wert wird auf Dinge gelegt, die verhältnismäßig knapp sind. (2) Nach der Sozialisationshypothese paßt sich das Verhältnis zwischen sozioökonomischer Umwelt und Wertprioritäten nicht jeweils sofort an. Hier tritt eine beträchtliche zeitliche Verzögerung ein, denn die Grundwerte eines Menschen sind von den Bedingungen geprägt, die während seines Heranwachsens herrschten. Vor diesem Hintergrund werden die Links-Rechts-Gruppensympathien und Unterstützung oder Opposition gegenüber der vorhandenen Gesellschaftsordnung untersucht. Empirische Grundlage ist eine 1974 in der BRD, Niederlande, Großbritannien, Österreich und den USA durchgeführte Untersuchung mit repräsentativen Stichproben. Die Daten werden in zwölf Tabellen aufbereitet vorgestellt und interpretiert. Als Ergebnis wird zusammengefaßt, daß das Wahlverhalten jüngerer Befragter im allgemeinen stärker mit materialistischen/post-materialistischen Werten zusammenhängt, als das älterer Befragter. Dies scheint Teil eines umfassenderen Phänomens zu sein, innerhalb dessen eine neue Achse des politischen Konflikts, die auf der Opposition oder Unterstützung gegenüber nichtökonomischen Formen des gesellschaftlichen Wandels beruht, zunehmende Bedeutung erlangt. Diese Dimension der neuen Politik verläuft quer über die traditionelle sozioökonomische Links-Rechts-Dimension. (RW)
Der Beitrag untersucht die Bedeutung von Themenorientierungen für das Wahlverhalten bei der Bundestagswahl 2009. Zunächst erfolgt ein kurzer Überblick über den bisherigen Forschungsstand zu sachfrageorientiertem Wählen, nachdem die Autoren darlegen, in welchen Bevölkerungsgruppen sie differenzielle Effekte von Themenorientierungen erwarten. Der daran anschließende Analyseteil ist in zwei Abschnitte gegliedert. Der erste Teil bietet einen deskriptiven Überblick über die wichtigsten Probleme bei der Bundestagswahl 2009, die Lösungskompetenz der Parteien für diese Probleme sowie die wahrgenommenen Positionen der Parteien und der Wähler zu politischen Streitfragen. Der zweite, größere Teil konzentriert sich auf die Bedeutung von Themenorientierungen für die Wahlentscheidung in verschiedenen Teilgruppen des Elektorats. Der letzte Abschnitt fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen, diskutiert diese und zeigt Möglichkeiten für weitere Arbeiten auf. (ICA2)