Das Werk des polnischen Soziologen Zygmunt Bauman wird zusammenfassend dargestellt. Geprägt durch die Erfahrungen des nationalsozialistischen und kommunistischen Totalitarismus, des Krieges und des Exils, steht für Bauman die Förderung von Verantwortung, Freiheit und Autonomie des Individuums im Zentrum seiner Arbeit. Um Aufklärung mit dem Ziel der menschlichen Einsicht zu erreichen, ist eine soziologische Auseinandersetzung mit der Kultur unverzichtbar. In der postmodernen Kultur verlieren nach Bauman die traditionellen und lokalen Bindungen an Bedeutung. Wenn Mobilität zur vorherrschenden Lebensform wird, schrumpfen auch die Möglichkeiten des kollektiven Handelns. Bauman ist der Überzeugung, dass in der Postmoderne die menschlichen Beziehungen ihre moralische Bedeutsamkeit verlieren, wobei die Adiaphorisierung durch neue Mechanismen verstärkt wird. (GB)
Was hat der Ökologiediskurs mit Frauen bzw. dem Diskurs über das Geschlechterverhältnis zu tun? Zur Beantwortung dieser Frage(n) werden verschiedene feministische Positionen aus den wissenschaftlichen Disziplinen der Philosophie, Naturwissenschaft und Wissenschaftstheorie vorgestellt. Als Ausgangsbedingungen für die Argumentation wird zudem kurz auf die Unterscheidung positionaler und relationaler Denkmuster sowie auf die Definition von Patriarchalismus eingegangen. Die Hauptargumentation widmet sich den impliziten Vorstellungen, die mit der Verwendung der Begriffe Natur (einschließlich Naturwissenschaft) und Ökologie mittransportiert werden und die für ein Handeln in Bezug auf Natur und das Geschlechterverhältnis wirksam werden. Weiter wird auf Hauptströmungen der deutschen wie internationalen Frauenforschung und Frauenbewegung eingegangen, die sich mit Problemen der Ökologie beschäftigen.
Umweltschutz, Umweltzerstörung, Ökologiebewegung, Öko-Aktivisten ... der Schlagworte sind viele in einem Problemfeld, das zunehmend auch zu einem öffentlichen Diskurs, zu einem Alltagsthema geworden ist. Der Beitrag diskutiert die Begriffe Umwelt - Natur - Ökologie, um den implizit transportierten Inhalten und ihren Wirkungen auf die Spur zu kommen. Vor allem die feministischen Philosophinnen und Wissenschaftskritikerinnen weisen bereits seit Mitte der 1980er Jahre darauf hin, dass bereits seit der griechischen Antike mit diesen Begriffen auch Geschlechterkonstruktionen verbreitet werden, die in der Regel ein hierarchisches Geschlechterverhältnis und einen Natur-Kultur-Dualismus proklamieren. In Abwägung der derzeitigen Verwendungszusammenhänge erscheint im Hinblick auf zukunftsfähiges verantwortungsvolles Handeln eine Rückbesinnung auf ein vielfältiges Natur-Konzept, das den Menschen als Teil derselben einbindet, am sinnvollsten.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 1754-1764
"Wenn sich in der Adoleszenz die Geschlechtsreife allmählich vollendet, beginnen Jugendliche sich zu dem Ergebnis dieses Reifungsprozesses zu positionieren. Der Prozess der permanenten Selbstbeobachtung, Selbstpräsentation und Selbstbefragung trägt dazu bei, 'den Körper bewohnen' (Fend 2001) zu lernen. Etwa bis zum 17. Lebensjahr beschäftigen sich Jugendliche mit der physiobiologischen Reifung und den Konsequenzen für ihr Körperselbstkonzept. Mit dem Ergebnis des Reifungsprozesses erklären sich Jugendliche entweder einverstanden oder aber sie versuchen sich damit zu arrangieren. Die Einschätzung und Bewertung des eigenen Körpers ist im 21. Jahrhundert stark kultur- und gesellschaftsabhängig, denn physische Attraktivität wird in sozialen Kontexten vorgegeben und vor allem auch medial vermittelt. Die Auseinandersetzung mit dem körperlichen Selbstbild ist aber zudem auch von Idealen geprägt, die Jugendliche sich selbst aussuchen und auferlegen. Die (potentiellen) Vorstellungen und Überzeugungen der unmittelbaren Anderen bestimmen die eigenen Erwartungshaltungen und den Maßstab an sich selbst. Somit ist die Beziehung zum Körper heute immer eine soziosexuelle (Lautmann 2002). In der Alltagspraxis gleichen nun Mädchen und Jungen ihr Aussehen mit ihren eigenen und den Vorstellungen der Anderen sowie den allgemein vorgegebenen Schönheitsidealen ab. Fällt das so genannte body image nicht positiv aus, führt das mitunter zu Dissonanzen, zu Gefühlen von Minderwertigkeit und vielleicht zu harter Körperarbeit. Dies hat mitunter Folgen für den Umgang mit Anderen, denn die äußeren Zeichen verweisen nicht nur auf körperliche Reife und Vollkommenheit, sondern auch auf die Geschlechtsidentität und sexuelle Attraktivität. Physische Attraktivität gewährleistet mitunter auch erotische, die gewollt und angestrebt wird, denn das Leben sexualisiert sich zunehmend für die Heranwachsenden. Gefragt wird hier nun, inwieweit Jugendliche von medialen Bildern bei der Ausbildung eines Körperkonzepts und einer Geschlechtsidentität geprägt werden, wie sie diese Bilder nutzen und sich aneignen. Es stehen drei verschiedene Datensorten zur Verfügung, die im Zeitraum von 2004-2006 erhoben worden sind: 1.400 inhaltsanalytisch ausgewertete Emails von Jugendlichen an ein Online-Beratungsportal zur Sexuellen Aufklärung; 2. qualitative, themenfokussierte Einzelinterviews mit 30 Jugendlichen; 3. quantitative Daten von 300 Brandenburger Jugendlichen zu den Themen 'Nudität, Sexualität, Erotik in Film und Fernsehen'." (Autorenreferat)
Politikwissenschaft richtet ihr disziplinäres Augenmerk auf gesellschaftliche Akteure und politische Institutionen sowie deren Beziehungen zueinander, durch die Macht- und Herrschaftsverhältnisse Gestalt annehmen. Die Zweigeschlechtlichkeit von Politik wird allerdings in der Fachdisziplin kaum rezipiert. Dabei ist sie grundlegend für Wissenschaftslogik und Wissenschaftsgeschichte. Der Beitrag startet mit einer Positionierung, was in der derzeitigen Wissenschaft "feministisch" bedeutet. Weiter geht es mit der Diskussion von zwei Begriffen, die in der Wissenschaftsgeschichte als Kernvorstellungen zum Tragen gekommen sind: Zum einen geht es um Naturvorstellungen und zum anderen um Identitätslogik. Abschließend werden Thesen formuliert, die feministische Theoriebildung auch in der Politikwissenschaft befruchten könnten.
In: Die Natur der Gesellschaft: Verhandlungen des 33. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Kassel 2006. Teilbd. 1 u. 2, S. 2018-2027
"Diskriminierung auf der Grundlage von Rasse, Ethnie, Geschlecht, Herkunft, körperlicher Verfassung oder Bildungsniveau ist ein Kennzeichen der westlichen Moderne. Das für moderne Nationalstaaten charakteristische Gewaltmonopol übte nicht nur eine Schutzfunktion in Bezug auf das Leben und Eigentum der Staatsbürger aus, sondern verfügte darüber hinaus über die Definitionsmacht, die Kriterien der Zugehörigkeit zur nationalen Gemeinschaft festlegte und dabei Gewalt gegenüber Nicht-Staatsbürgern legitimierte. Das Versprechen der Vollinklusion wurde damit auf paradoxe Weise 'eingelöst': Teilhabe an der durch den Staat vergebenen, homogenen kulturellen Identität hatte das Staatsmandat zur Befriedung sozialer Binnenräume, das jedoch häufig mit dem gewaltsamen Ausschluss der kulturell 'Anderen' einherging, zur Voraussetzung. Vor dem Hintergrund der systematischen 'Erfindung des Anderen' im Zuge der Produktion und Aufrechterhaltung der rationalen gesellschaftlichen Ordnung, die sich die Moderne zur Aufgabe gesetzt hatte, erscheinen Diskriminierungsstrategien als Kehrseite der 'Projektes der Moderne' und deshalb für diese historische Epoche nicht minder konstitutiv als ihre erklärten Ziele. Im Beitrag wird die These vertreten, dass die Diskriminierung von Migranten und ethnischen Minderheiten der gleichen Inklusion/ Exklusions-Logik folgt, die das Identitätsbildungsprojekt moderner Nationalstaaten an die Pathologisierung der (Rechts)Subjekte in den außereuropäischen Kolonien koppelte, und als solche ein strukturelles Problem des modernen Weltsystems mit unterschiedlichen kontextuellen Ausprägungen darstellt. Die unterschiedliche historische Kontextualisierung von Diskriminierungspraktiken wird am Beispiel der soziokulturell und programmpolitisch divergierenden Besetzung des nationalen Selbstverständnisses als 'Einwanderungsland' in Deutschland und den USA und deren Auswirkungen für den Umgang mit Migranten und ethnischen Minderheiten diskutiert." (Autorenreferat)
In: The Europeanisation of Everyday Life: Cross-Border Practices and Transnational Identifications among EU and Third-Country Citizens - Final Report, S. 169-237
The chapter "First trip abroad: expectations, experiences and stories of transnational Romanians" analyses transnational Romanians' stories about their first trip abroad using the EUMEAN dataset. The concept of physical mobility is seen as a broader framework for understanding transnational and cosmopolitan behaviours as well as international migration. In order to distinguish between different types of travelling for the first trip abroad, the chapter is constructed keeping in mind the structural changes and constraints regarding physical mobility for Romanian citizens. During the transition from a communist country to a EU member state, Romanian citizens' stories about travelling abroad for the first time fundamentally changed. Labour migrants, asylum seekers, business travellers, students or tourists left the country with different expectations and faced different problems at destination. Their attitudes toward origin and destination framed their images about the first trip abroad. Using a qualitative approach and samples of Romanians who live in Denmark, Germany, Italy, Romania, Spain and the United Kingdom, the analysis emphasizes certain differences between different types of travelling for the first time abroad and reconstructs how Romanians started their transnational careers.