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"Im Jahr 2000 haben die Innung des Berliner Gebäudereiniger-Handwerks und die IG BAU mit der Prüf- und Beratungsstelle des Berliner Gebäudereiniger-Handwerks (PBSt) eine tarifpolitische Innovation realisiert. Diese Stelle ist befugt, die Einhaltung tariflicher Vorschriften zu prüfen und ggf. durchzusetzen. Ihr kommt im Geflecht der allgemeinverbindlichen Tarifverträge als Garant eine wesentliche Bedeutung zu, wie auch mit ihrem Wegfall die massive Deregulierung des bisherigen Tarifsystems mit erheblichen Auswirkungen für die Beteiligten zu erwarten ist. Bezüglich der Übertragbarkeit dieser interessanten Innovation ist angesichts der tarifpolitischen Verhältnisse in den relevanten Branchen Vorsicht angebracht, zumal ihre Entstehungsgeschichte auf einer speziellen Berliner Konstellation beruht." (Autorenreferat)

Blüm, N.: FORUM: Gewerkschaften. - S. 274-279

"Der Autor dieses Beitrags untersucht die Rolle der Gewerkschaften im arbeitsmarktbezogenen Politikprozess bei der Bewältigung von Problemlagen im Beschäftigungssystem. Er operiert dabei mit der These, dass die Gewerkschaften kaum noch die Rolle als 'Anwalt in Sachen Arbeit' einnehmen können, da sich die Gewerkschaftspolitik eindeutig gegen Arbeitslose richte. Zentral steht die Frage im Vordergrund, welche 'Minderheitsrechte' gegenüber dem Einfluss der von Gewerkschaften dominierten Politik die täglich wachsende Schar der Arbeitslosen eigentlich hat? Es wird dabei ein enger Zusammenhang zwischen der stetig wachsenden Massenarbeitslosigkeit und Gewerkschaften als verursachende Reformblockierer hergestellt." (JA)

Transnationale Konzerne verfügen über eine Flexibilität und Steuerungsfähigkeit, die sie in die Lage versetzen, den Akteuren auf nationaler und betrieblicher Ebene Handlungsmacht zu entziehen und Beschäftigte, Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaften Zugeständnisse abzuhandeln. Diese Erkenntnis ist zwar mittlerweile weitgehend anerkannt und anhand einer Vielzahl von Beispielen belegt, hat aber nicht dazu geführt, der globalen Konzernebene als Ort der Regulierung von Arbeitsbedingungen die erforderliche (wissenschaftliche, öffentliche und gewerkschaftliche) Beachtung zu schenken. Vorfindbar ist ein Flickenteppich unterschiedlicher Einzelaktionen, die aber bisher weder hinreichend dokumentiert noch systematisiert wurden. Der folgende Beitrag möchte dazu ermuntern und zugleich damit beginnen, diese Lücke zu schließen. (WSI-Mitteilungen / FUB)

"Seit Anfang Juli 2001 ist der politische Zusammenschluss von DAG, DPG, HBV, IG Medien und ÖTV zur vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auch juristisch vollzogen. Mit der neuen Multibranchengewerkschaft ver.di besteht die Chance einer weitreichenden Veränderung der Tariflandschaft in Deutschland. Wenn es ver.di gelingt, sich mit einem eigenständigen tarifpolitischen Profil zu etablieren, wird nicht nur die Tarifkonkurrenz in den Bereichen der öffentlichen und privaten Dienstleistungen aufgehoben werden können, sondern daraus auch Impulse für das gesamte Tarifsystem ausgehen. Der Organisationsaufbau von ver.di verbindet die tarifpolitischen Eigenständigkeit der Fachbereiche mit der Entwicklung einheitlicher tarifpolitischer Zielsetzungen in Grundsatzfragen. Damit können sowohl die differenzierten Interessen der Mitglieder in den Branchen und Sektoren zur Geltung gebracht werden, als auch - bei gemeinsamen Interessen - die Vorteile einer 3-Millionen-Gewerkschaft in die Waagschale geworfen werden. ver.di wird sich dieser tarifpolitischen Herausforderung stellen - auch durch die Entwicklung tarifpolitischer Schwerpunktprojekte z.B. zur Arbeitszeitpolitik und zur sozialen und tariflichen Absicherung existenzsichernder Löhne und Gehälter im gesamten Dienstleistungssektor. Das tarifpolitische Profil von ver.di wird weder die Summe der tarifpolitischen Programme der Gründerinnen noch die Addition der tarifpolitischen Interessen der neuen 13 Fachbereiche sein können. Es wird sich in einem Prozess inhaltlicher Diskussion und praktischer Tarifauseinandersetzungen herausbilden. Voraussetzung ist jedoch, dass die politischen Führungsgremien der Gesamtorganisation die Aufgaben der Tarifkoordination als politische Führungsaufgabe wahrnehmen." (Autorenreferat)

"Die Gewerkschaften des DGB schlossen in der Tarifrunde 2001 im ersten Halbjahr Einkommenstarifverträge für rund 3,7 Mio. Beschäftigte ab, darunter 0,28 Mio. in den neuen Bundesländern. Das entspricht rund 17 % der von Tarifverträgen überhaupt erfassten ArbeitnehmerInnen. Für viele Wirtschaftszweige enthielten bereits die Tarifvereinbarungen im Jahr 2000 Erhöhungen für das Jahr 2001. Diese zumeist bescheidenen Tariferhöhungen bildeten gewissermaßen die 'Erblast' für die diesjährigen Lohn- und Gehaltsverhandlungen. Auch wenn es den Gewerkschaften in diesem Jahr in aller Regel gelang, Abschlüsse oberhalb dieser Vorgaben durchzusetzen, so ist doch zu konstatieren, dass die Tarifanhebungen des ersten Halbjahres nur mit Mühe die laufende Preissteigerung ausgleichen konnten. Die jahresbezogene Steigerung der Tarifverdienste beträgt für dieses Jahr durchschnittlich 2,1 % und damit deutlich unter der prognostizierten Preissteigerungsrate von mindestens 2,5 % und dem Anstieg der Arbeitsproduktivität von etwa 2 %." (Autorenreferat)

"In der Globalisierungs- und Standortdebatte wird zunehmend postuliert, daß es nationale Sonderwege in Wahl von Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik und der Institutionalisierung der Arbeits- und Tarifsysteme nicht mehr gebe - die Mobilität insbesondere des Kapitals führe letztendlich zur globalen Durchsetzung flexibler Arbeits- und Tarifsysteme a la USA, wenn nicht eine breite Abwanderung von Produktionsstätten und Arbeitsplätzen in Kauf genommen werden soll. Die Ergebnisse dieser Studie widersprechen dieser neoliberalen Interpretation der Globalisierung anhand der Untersuchung deutscher Direktinvestitionen in Nordwestengland: Sie haben die Beschäftigung in Deutschland mit hoher Wahrscheinlichkeit gesichert oder sogar erhöht und es zeigt sich zudem eine klare Prägung der Arbeits- und Tarifbeziehungen in den deutschen Tochterunternehmen, die Merkmale des 'deutschen Modells' widerspiegeln." (Autorenreferat)

"In der Diskussion um Deregulierung oder Reregulierung der Arbeitsbeziehungen spielt der Topos des 'Normalarbeitsverhältnisses' eine entscheidende Rolle. Die unterschiedlichen Analysen über sein Dahinschwinden oder Bestehenbleiben, seine Dysfunktionalität oder prägende Bedeutung sind gesellschaftspolitischen Bewertungen und Zukunftsvorstellungen eng verbunden. Obwohl das 'Normalarbeitsverhältnis' die Realität nie vollständig beschrieben hat und immer weniger beschreiben kann, bleibt der mit ihm verbundene Sinn weiterhin unverzichtbar: der Schutz derjenigen, die ihre Arbeitskraft verkaufen, vor struktureller Ungleichheit beim Abschluss des Vertrages - der in der neueren Entwicklung nicht unbedingt ein Arbeitsvertrag sein wird. Wer Flexibilität will, muss die Normen des Arbeits- und Tarifrechts wie auch des Sozialrechts reformieren und Teile reregulieren. 'Flexicurity' ist eine angemessene und notwendige Antwort." (Autorenreferat)

"Das Tarifjahr 1996 begann hoffungsvoll mit der Diskussion um ein 'Bündnis für Arbeit' und endete mit den harten Auseinandersetzungen um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. (Tarif-)Politisch haben die Gewerkschaften diesen Kampf (zunächst) zweifellos für sich entscheiden können; materiell haben sie allerdings einen hohen Preis entrichtet. Die Lohnrunde West endete mit bescheidenen Tarifabschlüssen, die mehrheitlich zwischen 1,3 und 2 Prozent lagen. Nur aufgrund der höheren Vorjahresabschlüsse erreichte die kalenderjährliche Erhöhung 1996 gegenüber 1995 2,3 vH. In den neuen Ländern betrug die jahresdurchschnittliche Erhöhung in 21 ausgewählten Tarifbereichen 5 vH, das Tarifniveau Ost/West lag zum Jahresende bei 88,7 vH. Die Angleichung kam also nur langsam voran. Überlagert wurde das gesamte Tarifjahr 1996 von der Grundsatzdebatte über die Zukunft des Flächentarifvertrags." (Autorenreferat, IAB-Doku)

In dem Beitrag wird untersucht, welche Rolle dem westdeutschen Verbändesystem in einer neo -institutionalistischen Forschungsperspektive zukommt. In der Untersuchung der Rolle der Spitzenverbände im Transformationsprozeß werden sowohl moralisierende Bewertungen wie auch stark dem Rational-Choice-Ansatz verpflichtete Analysen zur Politik der Verbände kritisiert. Es wird gezeigt, daß nach der präferierten neo -institutionalistischen Perspektive die Modernisierungskoalition von Spitzenverbänden und Staat auf Bundesebene in der ersten Transformationsphase auf ein eingeübtes Politikrepertoire zurückgriff, was sowohl Problemvereinfachung mit den bekannten Folgen bedeutete, aber auch Effizienz der Entscheidungen beinhaltete. Insofern wird die Politik dieser Koalition durchaus positiv bewertet. Insgesamt wird festgestellt, daß das korporatistische Strategierepertoire der alten Bundesländer dazu beigetragen hat, krisenhafte Belastungen des Vereinigungsprozesses abzufedern und den institutionellen Rahmen der Marktwirtschaft zu festigen. (ICA)