"Gegenstand dieses Papiers ist die Entwicklung des mit dem Leitbegriff "Governance" verbundenen analytischen Ansatzes und sein Zusammenhang mit dem steuerungstheoretischen Paradigma. "Governance" ist, so wird argumentiert, keine einfache Weiterentwicklung von "Steuerung", sondern lenkt die Aufmerksamkeit auf andere Aspekte der politischen Wirklichkeit. Während die Steuerungstheorie einem akteurzentrierten Ansatz folgt, ist die sich entwickelnde Governance-Theorie institutionalistisch und fragt nach der Beschaffenheit von Regelungsstrukturen, in denen öffentliche und private, hierarchische und netzwerkartige Formen der Regelung zusammenwirken." [Autorenreferat]
"In dem Beitrag wird Hartmut Essers Anspruch, eine 'general theory of action' vorgelegt zu haben, kritisch untersucht. Im Ergebnis zeigt sich, dass Essers Handlungstheorie behebbare Inkonsistenzen aufweist, die sich auf die Modellierung der theoretischen Aussagen beziehen. An dieser Stelle wird der Einsatz von Fuzzy-Logic für eine angemessenere und einfachere Modellierung vorgeschlagen. Grundsätzlich wird in Frage gestellt, ob die mit dem Framing-Konzept einhergehende 'Psychologisierung der Soziologie' der richtige Weg für eine Soziologie ist, die an der Erklärung sozialer Aggregationen interessiert ist." (Autorenreferat)
"Ziel der Methodik der Grounded Theory (GT) ist es, zu 'grounded', also im Gegenstand verankerten, aus den Daten entwickelten Theorien zu kommen. Ohne das Vorgehen im Einzelnen vorzuschreiben, bietet GT insbesondere für die Auswertung nichtstandardisiert erhobener Daten erstens ein Gerüst an, das diesen im Kern verstehenden (hermeneutischen) und schöpferischen (theoriebildenden) Prozess leichter handhabbar macht, das die Daten effizienter erheben und ihren Informationsgehalt besser ausschöpfen lässt sowie dabei hilft, intersubjektiv nachvollziehbare Analyseergebnisse zu produzieren. Zweitens liefert GT systematische Anregungen für den auswertenden Schritt der Datenanalyse, auf dem der Schwerpunkt der folgenden Ausführungen liegen soll. In der GT werden, anders als bei vielen anderen Methodiken, die Forschungsphasen miteinander 'verwoben', es wird also iterierend vorgegangen: Je nach Forschungsziel und bereits erreichtem Kenntnisstand kann etwa auf eine Phase der Datenauswertung oder der Theoriebildung eine erneute Datenerhebung folgen und damit verbunden eine Veränderung des Samples etc. So soll sukzessive abstrahiert und eine empirisch reichhaltige Theorie geringer oder mittlerer Reichweite gebildet werden. GT arbeitet vorwiegend mit nichtstandardisierten Daten, die qualitativ und kategorienbildend analysiert werden sollen, und eignet sich insbesondere zu einer ersten Orientierung im Forschungsfeld, wenn also wenig oder sehr wenig Wissen über den Untersuchungsgegenstand vorhanden ist oder wenn vorhandenes Wissen grundlegend überprüft werden soll." (Autorenreferat)
In: Differenz und Integration: die Zukunft moderner Gesellschaften ; Verhandlungen des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie im Oktober 1996 in Dresden ; Band 2: Sektionen, Arbeitsgruppen, Foren, Fedor-Stepun-Tagung, S. 239-244
Der "Grounded Theory Reader" bietet einen Überblick über die Entwicklung und den aktuellen Stand der Grounded-Theory-Methodologie, die international am weitesten verbreitete qualitative Forschungsstrategie. Die Verfahrensbegründer, Barney Glaser und Anselm Strauss, sowie Kathy Charmaz, Adele Clarke und Juliet Corbin als deren "Schülerinnen" und zentrale Repräsentantinnender "zweiten Generation" stellen in Originalbeiträgen und Interviews - erstmals in deutscher Übersetzung - ihre jeweiligen Standpunkte und Arbeitsweisen vor. Zusätzlich erörtern renommierte deutschsprachige Experten und Expertinnen, neben den beiden Herausgebenden u.a. Franz Breuer, Udo Kelle, Jo Reichertz, Gerhard Riemann und Jörg Strübing, Herausforderungen derGrounded-Theory-Methodologie mit Blick sowohl auf epistemologische Voraussetzungen als auch auf deren Nutzung in der Forschungspraxis.
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Der vorliegende 'Kursus Textinterpretation: Grounded Theory' entstand im Rahmen des Interdisziplinären Forschungsprojekts ATLAS (Technischen Universität Berlin 1990-1993) als Begleitmaterial für ein Seminar zur Einführung in die Qualitative Datenanalyse und speziell der Grounded Theory. Hauptziel des Forschungsprojektes war die Entwicklung und Erprobung eines Prototyps des Softwaresystems ATLAS.ti zur Unterstützung der Textinterpretation, insbesondere als Werkzeug für die Datenanalyse und Theoriegenerierung nach der Methodik der Grounded Theory. Die Veröffentlichung von 1992 als Bericht aus dem Interdisziplinären Forschungsprojekt ATLAS ist seit langem vergriffen, wird aber bis heute nachgefragt von Forscherinnen und Forschern, die sich mit ihrer ersten qualitativen Qualifikations- oder Forschungsarbeit plagen, weil der Kurs das Vorgehen Schritt für Schritt anhand von Beispieltexten nachvollziehbar macht. Als Autoren können wir uns heute mit dem Text, insbesondere mit den theoretischen Einführungspassagen, nicht mehr voll identifizieren (s. statt dessen die Internet-Vorlesungen von Heiner Legewie www.ztg.tuberlin.de/download/legewie/Dokumente/Vorlesung_11.pdf). Die rasanteste Weiterentwicklung hat jedoch seit den 90er Jahren in der computerunterstützten Datenanalyse stattgefunden, einem Thema, das im Anhang des Kurses kurz behandelt wird. Seinerzeit stellte der Prototyp von ATLAS.ti – noch in einer MS-DOS-Version – eine Pionierleistung dar. Basierend auf der ursprünglichen Entwicklungskonzeption ist daraus inzwischen ein flexibles Handwerkzeug zur qualitativen Datenanalyse nicht nur für die Methodik der Grounded Theory sondern für das Wissensmanagement im Umgang mit nicht-numerischen Daten geworden (Text, Bild, Multimedia, s. www.atlasti.com). Wir freuen uns, dass der Einführungskurs durch die Initiative des Social Science Open Access Repository (SSOAR) jetzt wieder für Interessenten zugänglich ist und wünschen jungen Forscherinnen und Forschern, die sich auch heute noch daraus Anregungen holen möchten, vor allem Freude und Erfolg bei ihrer Arbeit. Berlin im September 2008, Andreas Böhm, Heiner Legewie und Thomas Muhr
Mit Hilfe der Methode der Grounded Theory soll versucht werden, den Anforderungen an eine transdisziplinäre Forschung gerecht zu werden. Die Verfasserinnen beschreiben zunächst die spezifischen Herausforderungen, denen sich transdisziplinäre Forschung stellen muss. Dann werden die Grundzüge der Methode der Grounded Theory skizziert sowie Unterschiede zu klassischen Forschungsprozessen aufgezeigt und Bezüge zwischen der Grounded Theory und partizipativen Forschungsmethoden hergestellt. Dann werden Grundlagen und Forschungsdesign der Gruppe "Zeilenumbruch" behandelt. Ein Überblick über die durchgeführten Datenerhebungs- und Analysemethoden (qualitatives Interview, Expertenbefragung, Analysetechniken der Grounded Theory, computergestützte Analyse, Fotostudie, partizipatives Vorgehen) schließt den Beitrag ab. (ICE2)
In "Constructing Grounded Theory" begleitet Kathy CHARMAZ die Leser(innen) durch den Forschungsprozess. Ausgehend von einem historischen Rückblick auf die Entwicklung der Grounded Theory Methodologie führt sie die Lesenden von der Datenerfassung über das Kodieren zum Schreiben von Memos und schließlich zum ersten Entwurf der eigenen Grounded Theory. Durch die zahlreichen Beispiele aus ihrer eigenen Forschung erhalten Lesende jedoch mehr als einen theoretischen Überblick; sie haben vielmehr die Chance zu verfolgen, wie zentrale Konzepte entwickelt werden, sich weitere Fragen im Laufe der Analyse auftun und eine neue Theorie entsteht. Durch das Hervorheben zentraler Konzepte, Definitionen und hilfreicher Fragen an die eigenen Daten bietet CHARMAZ den Lesenden flexible Richtlinien, nach denen ein Forschungsprojekt entworfen und durchgeführt werden kann. Das Buch ist ein Muss für alle, die mit (konstruktivistischer) Grounded Theory Methodologie arbeiten bzw. arbeiten möchten. Es ist sowohl für Studierende als auch für (fortgeschrittene) Forschende geeignet.
Menschen sind Meister der sozialen Interaktion: Wir kommunizieren und kooperieren mit Leichtigkeit und schaffen gemeinsam, was alleine unmöglich wäre. Dafür ist es unabdingbar, sich in andere hineinzuversetzen. Was denkt, weiß, will unser Gegenüber? Dieses Erschließen der mentalen Zustände anderer Menschen wird als Theory of Mind bezeichnet. Doch wie entwickelt sich diese Fähigkeit vom Säuglings- bis ins Seniorenalter? Welche psychischen Störungen gehen mit einer Beeinträchtigung der Theory of Mind einher? Kann diese Fähigkeit trainiert werden und existiert sie auch bei Tieren? Antworten auf diese und weitere Fragen zu diesem Kernkonzept der Entwicklungspsychologie erhalten Studierende in diesem Einstiegswerk.
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In dem Beitrag wird das Spezifikum des Bourdieuschen Zugangs zur Klassenanalyse als eine dreifache kulturtheoretische Brechung der traditionellen Klassentheorie bestimmt: Sie bricht (1) mit der Trennung von Basis und Überbau in der Klassenanalyse; sie integriert (2) die Analyse des Klassenhandelns in eine Theorie klassenspezifischer kultureller Praktiken; und sie analysiert (3) die theoretische Beschreibung einer Klassenstruktur selbst noch als ein Moment dieser Klassenstruktur. Diese dreifache Brechung wird diskutiert, um dann das damit verbundene Neue genauer zu bestimmen. Die erste kulturtheoretische Brechung der traditionellen Klassentheorie ist mit dem Versuch verbunden, die berufsförmige Konstitution von Klassenlagen zum Schlüssel der Klassenstruktur moderner Gesellschaften zu machen. Die empirische Annahme, die diese Brechung ermöglicht, lautet: Das Heben eines Berufs wird zunehmend über kulturelle Ressourcen gesteuert. Die zweite kulturtheoretische Brechung der traditionellen Klassenanalyse hat mit dem Problem zu tun, wie objektive Klassenlagen, die zunehmend über kulturelles Kapital konstituiert werden, reproduziert werden. Die dritte kulturtheoretische Brechung besteht darin, den Diskurs über soziale Klassen selbst als einen Teil der Klassenrealität zu interpretieren. Es wird herausgearbeitet, daß die kulturtheoretische Brechung des Klassenbegriffs es Bourdieu erlaubt, an die Stelle des traditionellen substantialistischen Klassenbegriffs einen konstruktivistischen Begriff zu setzen und damit die Klassenstruktur moderner Gesellschaften sichtbar zu machen. (RW2)
"Analyzing empirical data in order to develop a new theory is often based on the search for so called categories. In seeking to discover such categories, it is as if the researcher is asking, what is the main story in this data? However proper attention needs to be paid to what a category is, because different methods and techniques for discovering categories, based on different understandings of the term 'category', have been developed within different research traditions. For example Qualitative Content Analysis (Mayring) and the methodology of Grounded Theory (Glaser; Strauss and Corbin) work with different, partly implicit, notions of what constitutes a category. In this article, defining the term of a (scientific) 'category' with regard to Wittgenstein, searching for scientific categories in empirical gathered data and determining powerful categories within Grounded Theory methodology are reflected upon and demonstrated." (author's abstract)
'Da die Anfänge der Soziologie auf mehrere Autoren zurückgehen, ist es nicht verwunderlich, dass unterschiedliche Vorstellungen über ihren Gegenstandsbereich, ihr methodisches Vorgehen und ihre praktischen Aufgaben entwickelt wurden. Nicht selbstverständlich ist es aber, dass die Soziologie heute in mehrere Richtungen zerfällt, die jeweils den Anspruch erheben, die zentralen Merkmale sozialer Phänomene zu definieren und die angemessene Perspektive vorzugeben, wie diese zu analysieren sind. In diesem Aufsatz wird die Berechtigung dieses pluralistischen Herangehens in Frage gestellt. Von den 'Klassikern' bis zu den gegenwärtigen Theorien werden soziale Phänomene, also das 'Material' der soziologischen Beschreibung und Erklärung, explizit oder zumindest stillschweigend als Handlungszusammenhänge aufgefasst. Aus dieser Sicht sind die einzelnen 'Ansätze' verkürzte Sichtweisen, die partikulare Aspekte von Handlungszusammenhängen verabsolutieren und damit auch die Bedingungen oder Faktoren einschränken, die man zu ihrer Erklärung heranziehen kann.' (Autorenreferat)