Vor dem Hintergrund der Erfolge und Niederlagen der Tea Party-Bewegung in der amerikanischen Politik während der letzten Jahre stellt sich die Frage, welcher Voraussetzungen es bedarf, in den USA konservative Politik auf nationaler Ebene durchzusetzen. Um dies zu beantworten, wird in der Dissertation Präsident George W. Bushs Versuch analysiert, Social Security durch eine (Teil-)Privatisierung der in dem Programm beinhalteten staatlichen Rentenversicherung zu reformieren. Bush kündigte den Reformplan direkt nach seiner Wiederwahl 2004 an, die Umsetzung scheiterte jedoch im 109. U.S. Kongress. Anlass für die Reformpläne waren Prognosen, nach denen aufgrund des demografischen Wandels Social Security ohne Anpassungen ab dem Jahr 2018 mehr an Bezügen auszahlen müsste, als es an Beiträgen durch Steuern einnehmen würde. Eine (Teil-)Privatisierung des Programms wäre eine weitreichende und symbolträchtige Reform zugunsten konservativer Politikziele gewesen. Social Security ist nicht nur ein fundamentaler Bestandteil der amerikanischen Sozialpolitik, es hat zudem als staatliches Programm eine Sonderstellung in dem zu großen Teilen auf Privatvorsorge ausgerichteten System sozialer Sicherungen inne. Für viele Konservative steht es seit seiner Einführung während der New DealÄra für staatliche Bevormundung und gehört zugunsten individueller Privatvorsorge abgeschafft. Social Security ist trotz derartiger Kritik nicht nur über die Jahrzehnte gewachsen, sondern verfügt neben der entschiedenen Unterstützung durch Liberale auch über eine mehrheitliche Zustimmung in der Bevölkerung. Von zentraler Bedeutung für die Bewertung der Chancen konservativer Politikumsetzung ist die Tatsache, dass der moderne amerikanische Konservatismus eine Koalition verschiedener Gruppierungen darstellt. Innenpolitisch wird er vor allem durch libertäre und sozialkonservative Ideale geprägt. Geeint werden die verschiedenen konservativen Ansätze unter anderem durch die Ablehnung des modernen amerikanischen Liberalismus. Neben vielen Gemeinsamkeiten besteht jedoch auch Konfliktpotenzial zwischen den jeweiligen Hauptanliegen der unterschiedlichen konservativen Fraktionen. Für die Analyse der Reformdebatte greift die Dissertation auf John W. Kingdons Multiple Streams- Theorie zurück. Nach dieser müssen die Entwicklungen in drei verschiedenen streams günstig sein, damit sich ein Zeitfenster für eine mögliche Reform öffnet (opportunity window). Dazu zählen der problem-, der policy- und der politics stream. Die Analyse zeigt, dass zum Zeitpunkt der Reformdebatte die Voraussetzungen für ein opportunity window in keinem der drei streams eindeutig gegeben waren. Ein Problembewusstsein in Hinblick auf die Zukunft von Social Security war zwar in weiten Teilen der Öffentlichkeit vorhanden, es gab aber Uneinigkeit über Gewichtung und Dringlichkeit des Problems. Große ideologische Differenzen zwischen amerikanischen Liberalen und Konservativen bestanden sowohl bei der Bewertung des Problemgrades als auch bei der Frage der grundsätzlichen Aufgaben und Gestaltung von Sozialpolitik. Zudem gab es ganz konkret Zweifel, ob die Reformvorschläge die Probleme überhaupt lösen könnten. Experten übten unter anderem Kritik an den Umstellungskosten und äußerten Skepsis gegenüber der seitens des Weißen Hauses angenommenen Höhe der Rendite von Privatkonten. Auch in der Gesamtbevölkerung existierten große Bedenken gegenüber den Reformplänen. Innerhalb der republikanischen Wählerschaft fehlte zudem eine eindeutige Mehrheit für die Reformen - gerade die für die Republikaner wichtige Wählergruppe der Rentner stand einer Teilprivatisierung in weiten Teilen ablehnend gegenüber und für sozialkonservative Wähler standen eher Wertefragen im Mittelpunkt. Die Unterstützung durch konservative Interessengruppen fiel ebenfalls eher verhalten aus, wohingegen liberale Interessengruppen in entschiedene Opposition gingen. Angesichts einer fehlenden einheitlichen Position innerhalb der republikanischen Fraktionen im Abgeordnetenhaus und Senat sowie einer Sperrminorität der Demokraten im Senat reichten letztendlich auch die republikanischen Mehrheiten im Kongress nicht für eine Reform aus. Neben den schwierigen Bedingungen innerhalb der streams wurden seitens des Weißen Hauses außerdem Fehler beim Zusammenbringen der streams, dem coupling, begangen. Am schwersten wogen dabei die mangelnde Koordination der Reformpläne mit Interessengruppen und insbesondere dem Kongress. Die gescheiterte Social Security-Reform verdeutlicht, dass der Konservatismus in den USA eine Koalition verschiedener Interessen ist. Um diese intern auszugleichen und extern durchzusetzen, braucht es Debatten und Kompromisse, sowohl innerhalb der konservativen Koalition als auch außerhalb mit den nicht konservativen politischen Akteuren. ; The successes and setbacks of the Tea Party movement in American national politics over the last few years raise the question under which conditions it is possible to enact conservative policies on the national level in the United States. To answer that question, the thesis analyzes President George W. Bush's attempt to reform Social Security. Immediately after his reelection in 2004 he proposed partially privatizing the old-age insurance portion of the program, but the reform failed in the 109th U.S. Congress. The plans for reform were spurred by projections that starting in 2018 the Social Security program will have to payout more through benefits than it will earn through taxes, due to demographic change. A (partial) privatization of the Social Security program would have been a far reaching and symbolic reform, also advancing conservative policy goals. Not only is Social Security a fundamental part of American social policy, it also is special, given the fact that it is a government run program in a system based in huge parts on private insurance. Since its introduction during the New Deal era Social Security has been a prime example of paternalism for many conservatives. In their opinion the program should be abolished and replaced by private insurance. Despite conservative criticism Social Security has constantly grown over the decades, and not only do liberals vehemently defend it, it is also seen positively by a majority of the American people. Central to the question of whether conservative policies can be enacted is the fact that modern American conservatism is based on a coalition of different groups. Its domestic policy is shaped by libertarian and social conservative ideals. The conservative factions share, among other things, a rejection of modern American liberalism. But while they have a lot of things in common, there is room for conflict between the primary concerns of the different conservative groups. The thesis utilizes John W. Kingdon's multiple streams theory for the analysis of the reform debate. According to the model, a successful reform would have needed positive developments in three different streams – the problem stream, the policy stream and the politics stream – at the same time. Only in that case an opportunity window for a reform would have existed. The analysis shows, that at the time of the push for Social Security reform in none of the streams the conditions were entirely positive for reform, which means an opportunity window was not open. While there was an awareness in the general public of the problems Social Security faces, there was disagreement about their severity and the urgency needed to find a solution for them. Huge ideological differences existed between American conservatives and liberals about the size of the problems and about the function and form of social policy in general. With regard to the reform itself, there was skepticism that the proposed introduction of private accounts would solve the problem. For example, experts criticized the transition costs and were questioning whether the private accounts could provide the returns projected by the White House. The general public was also skeptical of the reform proposal. Even within the Republican constituency there was no clear majority for the reform, especially retirees – an important bloc of voters for Republicans – opposed a partial privatization and social conservative voters were driven more by social issues. Without a unified position on the reform within the Republican caucuses in the House of Representatives and in the Senate and with the threat of a filibuster by the Democratic minority in the Senate, the Republican majorities in both houses of the 109th U.S. Congress were not large enough to pass the reform. Apart from the difficult conditions within the streams, the White House also made errors while trying to couple them. The biggest mistake was the lack of coordination with interest groups and especially with the Congress. The failed Social Security reform shows that conservatism in the United States is a coalition of different interests. To bring those together and to make sure they prevail, there have to be debates and compromises, both within the conservative coalition and with the non-conservative political actors outside of it.
Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich mit der Information und Kommunikation in den forstlichen Organisationen des Landes Baden-Württemberg. Um Informationen zu erhalten und die Organisation mittels Kommunikation zielorientiert führen zu können, werden in den Baden-Württembergischen Forstorganisationen eine Vielzahl von Führungsinstru¬menten eingesetzt. Eines davon sind die internen forstlichen Berichte. Diese haben den Zweck, die Entscheidungsträger bei ihren Managementaufgaben zu unterstützen. Interne Berichte werden bezüglich ihrer Nützlichkeit häufig kritisiert. Bislang ist nicht bekannt, inwiefern die internen forstlichen Berichte die Entscheidungsträger tatsächlich bei ihren Managementaufgaben unterstützen können. Unbekannt ist auch, welche Schwierigkeiten ggf. dazu führen, dass die internen forstlichen Berichte ihren Zweck nicht oder nur eingeschränkt erreichen und inwiefern Möglichkeiten bestehen, etwaige Probleme zu beheben. Hieraus ergeben sich folgende Forschungsziele: Am Beispiel der internen forstlichen Berichte soll beschrieben und erklärt werden, welche Probleme bei der betrieblichen Information und Kommunikation der forstlichen Organisationen des Landes Baden-Württemberg vorliegen. Auch soll beschrieben und erklärt werden, inwieweit die internen forstlichen Berichte ihren Berichtszweck erfüllen können. Darauf aufbauend soll erarbeitet werden, welche Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung bestehen, um die aufgezeigten Probleme zu beheben oder zumindest zu mildern. Der theoretische Bezugsrahmen besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil des Bezugsrahmens basiert auf konventionellen betriebswirtschaftlichen Theorien zu Schwierigkeiten im Informationssystem. Dieser beschreibt den Realitätsausschnitt, der untersucht werden soll, allerdings nicht in ausreichendem Maße. Deshalb wird in einem zweiten Teil des theoretischen Bezugsrahmens die informelle Seite einer Organisation – basierend auf den Theorien zur Organisationskultur - beleuchtet. Die zwei Teile des Bezugsrahmens unterscheiden sich in ihren Aussagen, z. T. widersprechen sie sich. Mittels zweier qualitativer empirischer Studien mit explorativem Charakter wurde geprüft, inwiefern die internen forstlichen Berichte den an sie gestellten Anforderungen als Führungsinstrument gerecht werden können. Ziel der ersten Teilstudie war, die Probleme bei der Erreichung des Berichtszwecks zu ermitteln, die erkennbar werden, wenn diese aus der Perspektive des ersten Teils des Bezugsrahmens untersucht werden. Hierzu wurden sieben Leitfadeninterviews und vier Gruppendiskussionen mit Realgruppen durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach MAYRING (2003). Die zweite Teilstudie bezweckte einen Einblick in die Organisationskultur von ForstBW (Bezeichnung der derzeitigen Organisationsform der forstlichen Organisationen des Landes Baden-Württemberg). Es wurden vier Gruppendiskussionen mit Realgruppen durchgeführt, die nach der dokumentarischen Methode der Interpretation nach BOHNSACK (2008), einer wissenssoziologisch-hermeneutischen Methode, gedeutet wurden. Die erste Teilstudie ermittelte mehrere Störungen im Informationsprozess, den die Berichte durchlaufen, sowie zahlreiche Störungsursachen, die die Störungen auslösen und deren Störungswirkungen. Auf der Grundlage der empirischen Ergebnisse der zweiten Teilstudie und anhand der im Bezugsrahmen beschriebenen Kriterien kann ermittelt werden, dass ForstBW durch eine starke Organisationskultur charakterisiert ist. Aus den Theorien werden für starke Organisationskulturen folgende Thesen, die betriebliche Information und Kommunikation betreffend, abgeleitet: Es besteht die Tendenz, sich gegenüber dem Umfeld abzuschotten. Auch werden eher nur kleinere Veränderungen akzeptiert. Hiervon sind wesentliche Teile der Organisationsmitglieder betroffen, denn je stärker die Organisationskultur ist, desto mehr neigen die Beschäftigten dazu, Konformität zu erzwingen. Auf der Basis der Zusammenführung dieser beiden Studien wird folgenden Fragen nachgegangen: Welche für die Praxis relevanten Aussagen zur Erreichung des Berichtszwecks bzw. zur betrieblichen Information und Kommunikation in ForstBW können aus den beiden Studien abgeleitet werden? Welche Ansatzpunkte für Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung der betrieblichen Information und Kommunikation können aus den beiden Studien abgeleitet werden? Welche Beiträge zur Beschreibung und Erklärung von Problemen bei der betrieblichen Information und Kommunikation gründen auf welchen der beiden herangezogenen Theoriestränge? ; The present thesis deals with the information and communication in the forestry organizations of Baden-Wuerttemberg. In order to obtain information and to be able to manage the organization via communication in a target-oriented manner the forestry organizations in Baden-Wuerttemberg use a variety of management tools. One of these tools are the internal forestry reports. The purpose of these reports is to support the decision-makers in their management tasks. Internal reports are often criticized with regard to their utility. The problem is that it is not yet known to what extent internal forestry reports can really support the decision-makers in their management tasks. It is also unknown which difficulties could possibly lead to the fact that internal forestry reports partly or completely miss their purpose and whether there are possibilities to solve potential problems. This leads to the following research objectives: Using the example of the internal forestry reports it will be described and explained what kind of problems there are in the operational information and communication of the forestry organizations of Baden-Wuerttemberg. Further it will be described and explained to what extent the internal forestry reports can fulfill their reporting purpose. On this basis it will be elaborated what range of possibilities there are to alleviate the indicated problems respectively to demonstrate the limitations of operational information and communication. The theoretical framework consists of two parts. The first part is based on conventional operational theories regarding difficulties in the information system. However, this part of the theory is not considered to be sufficient for obtaining the research's objectives. This is why in the second part of the theoretical framework the informal side of the organization is reviewed - based on the theories of the organizational culture. The two parts of the theoretical framework differ in their statements, they are sometimes even contradictory. Two qualitative empirical studies of explorative character should investigate whether the internal forestry reports can fulfill their own requirements. The objective of the first sub study was to define the problems in the achievement of the purpose of the reports which become obvious when they are investigated from the perspective of the first part of the theoretical framework. The author conducted in the forestry organizations of Baden-Wuerttemberg seven guideline interviews and four group discussions with groups that also existed in every day working practice. The directly recordable statements of the respondents were analyzed via qualitative content analysis according to MAYRING (2003). The objective of the second sub study was to get an insight into the organizational culture of ForstBW (name of the current organizational form of the forestry organizations of Baden-Wuerttemberg). Four group discussions were carried out. They were analyzed with the documentary method according to BOHNSACK (2008), which is a hermeneutical method. The content analysis of the first sub study revealed that for the internal forestry reports there are disturbances as well as numerous causes of the disturbances and their effects. Based on the results of the second sub study and the criteria described in the framework it is established instead, that ForstBW has a strong organizational culture. For strong organizational cultures disadvantages for the information and communication can be deducted from the theories. Accordingly, the following assumptions are stated for ForstBW: There is a tendency towards isolation from the environment as often information which is contradictory to the orientation pattern of the organizational culture gets blocked. There is also a tendency to only accept minor changes. A great part of the organization's members are concerned because the stronger the organizational culture the more the employees tend to force conformity. Based on the combination of the two sub studies, following questions will be answered: Which statements can be deducted from the two studies that can be relevant for the achievement of the reporting purposes or the operational information and communication in ForstBW? What kind of approaches can be deducted from both studies in order to alleviate the described problems and where are the limitations? Which contributions to the description and explanation of problems with operational information and communication are based on which of the two consulted theories?
Aus der Einleitung: Menschen nehmen täglich eine Vielzahl von Informationen über ihre Umwelt auf. Sie beobachten Geschehnisse, Mitmenschen und Entwicklungen, verarbeiten diese kognitiv und gewinnen auf diese Weise neue Erkenntnisse und Erfahrungen. Auf Basis dieser Erkenntnisse erklären Menschen Phänomene ihrer Umgebung und sind in der Lage von einer Gegebenheit auf eine andere Rückschlüsse zu ziehen. Schlussfolgern und logisches Denken allgemein sind bei Menschen gut entwickelte Fähigkeiten. Das Erklären von Ursachen, das Beantworten der Frage nach dem Warum, mag zunächst als trivial betrachtet werden. Ursachenerklärungen, die auch als Attributionen bezeichnet werden können, zeigen sich jedoch nach kurzer Überlegung als wichtiger und differenzierter Teil der Kommunikation: Schüler, die eine schlechte Note bekommen, mögen dies gegenüber ihren Eltern einem ungerechten Lehrer zuschreiben. Ein Sportler, der eine Goldmedaille errungen hat, mag seine Leistung im Interview auf seine herausragende Vorbereitung zurückführen. Zeugen eines Autounfalls können den Zusammenstoß aus völlig unterschiedlichen Perspektiven erklären – der eine könnte das hohe Alter eines der Fahrer, ein anderer die schwierigen Fahrbahnverhältnisse als Grund für den Unfall nennen. Die korrekte Beurteilung eines Ereignisses ist zwingend mit der Kenntnis aller Fakten und Informationen dieser Situation verbunden, deren Beschaffung und Verfügbarkeit in den meisten Situationen aber schwierig bis unmöglich erscheint. Es zeigt sich anhand dieser Beispiele, dass Ursachenerklärungen ein wichtiger Bestandteil des Alltags sind, die sowohl bei Bewertungen eigener Handlungen als auch beim Beobachten anderer eine wichtige Rolle spielt. Auch die politische Kommunikation wird entscheidend von Ursachenerklärungen geprägt. 'Politische Kommunikation macht Politik publik und öffnet auf diesem Wege die Möglichkeit, geprüft, unterstützt, verworfen oder abgelehnt zu werden.' Politiker stehen Medienvertretern im täglichen Politikbetrieb Rede und Antwort zu bestimmten Sachverhalten. Regelmäßig geht es darum, das eigene Vorgehen beziehungsweise die Handlungen der eigenen Partei zu begründen und Ursachen für bestimmte selbst- oder fremdgesteuerte Ereignisse zu erklären – zum Beispiel das Opponieren gegen eine Reform oder veröffentlichte Umfrageergebnisse eines Meinungsforschungsinstituts. Besonders auffällig ist eine Verdichtung von Ursachenerklärungen an Wahlabenden: Kurz nach Bekanntgabe der offiziellen ersten Wahlprognosen befragen Journalisten Vertreter der Parteien zu den möglichen Gründen für Erfolg oder Misserfolg derer Parteien. 'Wahlen produzieren Gewinner und Verlierer, die sich als solche definieren oder dazu erklärt werden. Solche Situationen verlangen nach Kausalattributionen.' Die Aufmerksamkeit und mediale Konzentration, die insbesondere bei Wahlen in hohem Maße vorhanden sind, verstärken die Wichtigkeit und Reichweite dieser Attributionen. Die vorliegende Arbeit untersucht die Attributionsprozesse politischer Akteure bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2010. Als Akteure gelten 'Personen oder Personengruppen, die nicht vorrangig individuell und privat agieren, sondern stellvertretend handeln – zumeist im Auftrag von sozialen Gruppen, einzelnen Organisationen oder für ganze Organisationseinheiten'. Dabei steht im Fokus, welche Ursachenerklärungen von den sich äußernden Akteuren vorgenommen werden und inwieweit diese gängigen Attributionsmustern entsprechen. Es ergeben sich nachstehende Forschungsfragen: 1. In welchem Zeitraum werden die meisten Ursachenerklärungen zum Wahlergebnis vorgenommen? 2. Wie unterscheiden sich die Attributionen der einzelnen Parteien, insbesondere im Hinblick auf Wahlverlierer und –gewinner? 3. Ist ein Self-serving Bias zu beobachten (werden Wahlerfolge intern und Wahlniederlagen extern attribuiert)? Die folgenden Hypothesen sind bei der Untersuchung zu prüfen: 1. Die größte Anzahl von Ursachenerklärungen wird in den beiden Tagen nach der Wahl am 09. Mai 2010 in den untersuchten Zeitungen abgedruckt. 2. Die geäußerten Ursachenerklärungen lassen sich den Dimensionen internal/stabil (Fähigkeit), internal/variabel (eigene Anstrengung), external/stabil (Schwierigkeit der Aufgabe) und external/variabel (Zufall/Glück/Pech) aus Weiners Vierfelder-Schema zu Attributionen in Leistungssituationen zuordnen. 3. Der Erfolg der eigenen Partei wird überwiegend internal, der Misserfolg der eigenen Partei überwiegend external attribuiert. Der Erfolg einer anderen Partei wird überwiegend external, der Misserfolg einer anderen Partei überwiegend internal attribuiert. Diese Landtagswahl bietet sich unter anderem deswegen als Forschungsobjekt an, weil Nordrhein-Westfalen nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands und eine der bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich wichtigsten Regionen Europas ist, sondern auch, weil die Politik in diesem Bundesland 'oftmals Trendsetter für Koalitionsbildungen, Regierungsstile und Grundströmungen des Parteienwettbewerbs' war. Das politische Gewicht jener Wahl macht diese zu einem veritablen Untersuchungsgegenstand für die Forschung zu Attributionen in der politischen Kommunikation. Die Ursachenerklärungen wurden im Rahmen einer empirischen Untersuchung erfasst. Mittels einer Inhaltsanalyse wurde ein Ausschnitt der Medienberichterstattung im Zeitraum der Landtagswahl untersucht. Die Durchführung der Analyse erfolgte unter Berücksichtigung etablierter Attributionstheorien. Konkrete Anwendung fand Weiners Ansatz zu Attributionen in Leistungssituationen. Relevanz der Arbeit: Das bearbeitete Thema verknüpft die Sozialpsychologie mit den Kommunikationswissenschaften und stellt die Anwendung theoretischer psychologischer Erkenntnisse anhand eines praktischen Beispiels der Medienkommunikation dar. Damit berührt die Arbeit wichtige Gebiete der Wirtschaftskommunikation, die wesentliche Merkmale der Kommunikationswissenschaften und der Sozialpsychologie berücksichtigt. Die Relevanz dieser Arbeit ergibt sich einerseits daraus, dass die Anwendung von Attributionstheorien auf politische Wahlen nach wie vor ein relativ wenig beleuchtetes Forschungsfeld ist. Untersuchungen dazu wurden unter anderem von Försterling und Groeneveld sowie Tennert und Stiehler durchgeführt. Von einer breiten Untersuchungsbasis kann allerdings kaum gesprochen werden. Daher erscheint es sinnvoll, mit einer weiteren Analyse die Anwendbarkeit eines etablierten Attributionsmodells auf Ursachenerklärungen politischer Akteure zu prüfen und Attributionstendenzen der sich äußernden Personen zu systematisieren. Andererseits ergibt sich die Relevanz daraus, dass der Einfluss von Thematisierungen und Darstellungen in Massenmedien auf Entscheidungsfindungen in der Politik als hoch eingeschätzt wird, zum Beispiel bei politischen Wahlen. Informationen zu den zentralen Themen der Presseberichterstattung, der Beurteilung von Parteien oder Politikern in den Medien sind deshalb immer wieder von Interesse. Aufbau der Arbeit: Der Aufbau der Arbeit gestaltet sich wie folgt: Zunächst sollen in Kapitel 2.1 die theoretischen Grundüberlegungen, die Attributionstheorien zugrunde liegen, aufgezeigt werden. Dabei wird auf die Überlegungen Fritz Heiders eingegangen, der als Begründer der Attributionstheorie gilt. Danach erfolgt eine Darstellung ausgewählter Ansätze zur Systematisierung von Ursachenerklärungen. Es werden in der Folge Kelleys Prinzip der Konfiguration und Kovariation sowie ein Ansatz zur Intergruppenattribution von Hewstone und Klink beleuchtet. Es wird dann auf Faktoren eingegangen, die den Attributionsprozess verzerren können. In Kapitel 2.2 soll genauer auf das Modell zu Attributionen in Leistungssituationen von Weiner eingegangen werden, welches als Ansatz in der Untersuchung der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010 verwendet wurde. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der empirischen Untersuchung, die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführt wurde. In Kapitel 3.1 wird die Anlage der durchgeführten Untersuchung und das methodische Instrument der Inhaltsanalyse vorgestellt. Kapitel 3.2 enthält die Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Abschließend werden die relevanten Erkenntnisse dieser Arbeit dargestellt und die Anwendbarkeit des verwendeten Modells in der politischen Kommunikation reflektiert. Im Anhang findet sich das Codebuch der durchgeführten Inhaltsanalyse inklusive der operationalisierten Kategorien und der verwendeten Variablen.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: AbstractII InhaltsverzeichnisIII AbbildungsverzeichnisIV TabellenverzeichnisV 1.Einleitung1 2.Attributionen und Attributionstheorien5 2.1Definitionen und Grundlagen5 2.2Attributionen in Leistungssituationen nach Weiner14 3.Beispiel der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 201021 3.1Methodik der Untersuchung22 3.2Ergebnisse der Untersuchung der Landtagswahl in NRW 201031 4.Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse39 Literatur- und Quellenverzeichnis42 Anhang45Textprobe:Textprobe: Kapitel 2, Attributionen und Attributionstheorien: 2.1, Definitionen und Grundlagen: Dieses Kapitel stellt die Grundlagen von Attributionen und Attributionstheorien sowie die zentralen Begriffe, Annahmen und Modelle dieses Forschungsgebiets dar und erläutert sie. Der Abschnitt dient als theoretische Fundierung dessen, was in Kapitel 2 praktische Anwendung findet. Im Rahmen dieser Arbeit führte eine erschöpfende Vorstellung der etablierten Attributionstheorien zu weit und wäre für das Untersuchungsziel nur von eingeschränkter Bedeutung. Für die etablierten Ansätze von Heider, Kelley sowie Hewstone und Klink soll eine überblickhafte Darstellung genügen. Es werden mit Self-serving Bias und Actor-Observer-Differences zwei zentrale Attributionsverzerrungen kurz dargestellt, welche den Prozess der Ursachenerklärung beeinflussen können. Auf Weiners Modell der Attribution in Leistungssituationen, welches im Rahmen der empirischen Untersuchung für diese Forschungsarbeit verwendet wurde, wird unter 2.2 ausführlicher eingegangen. Attributionstheoretische Grundannahmen: Im Berufs- und im Privatleben, als Handelnde oder Beobachter stehen Menschen immer wieder vor der Herausforderung, bestimmte Wahrnehmungen, Handlungen und Ereignisse zu erklären und zu begründen – kurz, Antworten auf die Frage nach dem Warum zu finden. Es ist evident, dass diese Antworten je nach Person und je nach Perspektive völlig unterschiedlich ausfallen können. Ein Passant, der im Vorbeigehen einen Bettler erblickt, könnte dessen Situation auf einen unsoliden Lebensstil zurückführen und würde damit ein Selbstverschulden vermuten. Der Bettler selbst könnte seine Lage auf mangelnde Sozialleistungen attribuieren. Für einen unparteiischen Dritten wäre dabei zunächst völlig offen, welche Erklärung näher an der objektiven Wahrheit ist. Attributionstheorien beschreiben, wie Menschen Ursachenerklärungen vornehmen, welche Schlüsse aus wahrgenommenen Informationen gezogen werden und welche Ursachen damit identifiziert werden. Dass häufig unterschiedliche Kausalitäten ausgemacht werden, liegt darin begründet, dass Ursachen an sich nicht direkt beobachtbar sind, sondern Beobachter aus ihrer Betrachtung Ursachen unterstellen. Unterschiedliche Informationen können zu unterschiedlichen Erklärungen führen, verschiedene Faktoren können den Attributionsprozess beeinflussen und verändern, 'Verantwortungszuweisungen (werden) im Alltag häufig von offensichtlich irrationalen Erwägungen beeinflusst.' Nach Weiner organisieren Menschen 'Ursachen in breiten Kategorien (...), die über spezifische Situationen und psychologische Kontexte hinausgehen'. Diese Überlegungen zeigen, weshalb sich Attributionstheorien aus der Sozialpsychologie entwickelt haben, welche sich mit dem Verstehen und Interpretieren des Verhaltens von Individuen beschäftigt. Die Theorien der Ursachenerklärung sind aber auch für andere Bereiche der Psychologie relevant, besonders jene, die sich mit Selbsteinschätzungen befassen. '(A)s a general conception of the way people think about and analyze cause-effect data, attribution theory might have emerged from any of the classical fields of psychology concerned with perception, judgment, and thinking.'. Forscher, die sich mit Ursachenerklärungen auseinandersetzen, berühren demnach unterschiedliche Bereiche der Psychologie. Attributionstheoretiker beschäftigen sich mit der Frage, wann jemand für eine Handlung verantwortlich ist, welche Informationen für den Prozess der Ursachenerklärung verwendet werden, wieso unterschiedliche Menschen in derselben Situation verschiedene Ursachen erkennen und welche inneren und äußeren Faktoren einen Einfluss auf den Attributionsprozess an sich haben. 'Attribution theorists are concerned with perceptions of causality, or the perceived reasons for a particular event's occurence.' Schon Kelley merkt allerdings an, dass man aus dem Begriff der Attributionstheorie möglicherweise falsche Vorstellungen gewinnen könne. Für ihn beziehe sich der Begriff eher auf eine Sammlung mehr oder weniger nachvollziehbarer allgemeiner Grundsätze zur Erklärung beobachteter Phänomene. Auf die Schwierigkeit, menschliche Ursachenerklärungen zu systematisieren und zu schematisieren, wird im Laufe dieses Kapitels noch eingegangen. Anzumerken ist, dass Attributionstheorien bereits seit mehr als drei Jahrzehnten ein wichtiges Konzept der Sozialpsychologie darstellen. Dies ist zum einen durch eine umfassende empirische Fundierung zu begründen und hängt zum anderen damit zusammen, dass sich die Theorie fortwährend auf Basis von empirischen Ergebnissen sowie festgestellten Problemen und Schwierigkeiten verändert hat.
Die Dissertation beschäftigt sich mit der Frage nach der Rolle des Bürgers im Prozess der Risikobewertung. In der sozialwissenschaftlichen Risikokommunikationsforschung wird diese Rolle unter dem Begriff der Risikomündigkeit diskutiert. Das Leitbild der Risikomündigkeit zielt auf ein reflektiertes Urteil unter Einbezug von Fakten, Unsicherheiten und Werten der Bürgerinnen und Bürger ab. Im Fokus steht die Frage, welche empirische Relevanz Risikomündigkeit (spezieller: kognitive Kompetenz als Vorbedingung von Risikomündigkeit, kurz: KKR) im Hinblick auf die Risikokommunikation zwischen den Gruppen von Laien und Experten bei unterschiedlichen, technischen Risiken (Atomkraft und Mobilfunk) hat: Wie weit trägt das Konzept der Risikomündigkeit bei verschiedenen Risiken? Diese Forschungsfrage wird sowohl mit quantitativen als auch mit qualitativen Methoden untersucht. Es werden folgende Hypothesen getestet. Die Kognitionshypothese besagt, dass mit steigendem Grad der kognitiven Faktoren der Risikobewertung als Vorbedingung von Risikomündigkeit bei Laien sich die Risikobewertungen von Laien und Experten tendenziell annähern. Aus der Kognitionshypothese lassen sich zwei weitere Hypothesen ableiten: Laien mit hoher kognitiver Kompetenz (hoher Wissensstand, großes Interesse am Thema etc.) kommen zu ähnlichen Risikobewertungen wie Experten (Konsenshypothese) bzw. Laien mit niedriger kognitiver Kompetenz (niedriger Wissensstand, geringes Interesse am Thema etc.) kommen zu unterschiedlichen Risikobewertungen wie Experten (Dissenshypothese). Dies impliziert wiederum eine weitere Hypothese: Laien mit hoher kognitiver Kompetenz kommen zu unterschiedlichen Risikobewertungen wie Laien mit niedriger kognitiver Kompetenz (Laienkompetenzhypothese). Die Hypothesen werden anhand eines repräsentativen Datensatzes getestet. Der Risikomündigkeitssurvey 2006 ist eine quantitative, deutschlandweite Repräsentativbefragung mit einer Fallzahl von n = 868 (gewichteter Datensatz). Die Befragten werden anhand ihrer Antworten zu mehreren Items auf einem Index der KKR verortet. Theoretische Grundlage für die Messung von KKR ist das Elaboration Likelihood Modell (ELM) von John Petty und Richard Cacioppo. Der Hypothesentest bestätigt für die Atomkraft die Kognitionshypothese, Konsenshypothese und Dissenshypothese. Im Falle des Mobilfunks (Sender und Handys) müssen die Hypothesen jedoch zurück gewiesen werden. Die Laienkompetenzhypothese kann für beide Technologien als bestätigt angesehen werden. Des Weiteren wurde die Güte der Operationalisierung der KKR anhand von knapp 60 qualitativen Leitfadeninterviews zu Mobilfunk und Atomkraft überprüft. Eine Einordnung der Befragten nach zentralen Kategorien des ELM müsste ungefähr dasselbe Muster produzieren wie es sich in der quantitativen Studie gezeigt hat. Das qualitativ gewonnene Muster gleicht in der Tat der quantitativen Verteilung im Risikomündigkeitssurvey 2006. Der KKR-Index scheint damit tauglich zu sein, um eine Teilkomponente der Risikomündigkeit zu erfassen. Wie sind diese Ergebnisse zu interpretieren? Zunächst einmal scheint KKR nur bei Atomkraft die vermutete Wirkung zu haben, da beim Mobilfunk die Kognitionshypothese, Konsenshypothese und Dissenshypothese nicht bestätigt werden konnten. Eine mögliche Erklärung hierfür könnte die Tatsache sein, dass im Fall der Kernenergie bedingt durch einen längeren Erfahrungszeitraum mehr belastbares Wissen vorhanden ist, welches Eingang in die Köpfte der Menschen finden konnte. Erst wenn sich der Grad an KKR beim Mobilfunk erhöht, können Wissen und Motivation ihre vermutete Wirkung (Konsens zwischen Experten und Laien oder zumindest Konsens über Dissens) entfalten. Jedoch besteht zur Absicherung dieser Interpretation noch weiterer Forschungsbedarf. Die geschilderten Ergebnisse haben eventuell weit reichende politische Implikationen: Wenn bei Atomkraft Risikomündigkeit "funktioniert", können Bürger in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden, ohne das es gleich zu Missverständnissen mit Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kommen muss. Konflikte auf Grund von Wertedifferenzen kann es natürlich nach wie vor geben. Laien und Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft können entweder zu einem klaren Konsens oder zumindest einem rational begründeten Konsens über bestehende Differenzen (Konsens über Dissens) gelangen. Beim Mobilfunk ist dies (noch) nicht der Fall. Für die Risikowahrnehmungsforschung bedeutet die Risikomündigkeit eine Erweiterung der bekannten Perspektiven (Psychometrie, normative Kulturtheorie, Vertrauensforschung). In Bezug auf die Rolle der KKR für die Risikokommunikation hat sich gezeigt, dass eine Differenzierung nach Technologien auch eine entsprechende Differenzierung in den Kommunikationsstrategien sinnvoll erscheinen lässt. ; The dissertation focuses on the citizen's role in the risk evaluation process. This role is being discussed in the current social science risk research under the concept of "risk maturity". Risk maturity means that citizens evaluate risks under consideration of the facts, uncertainties and their own values. The main research question refers to the empirical relevance of risk maturity for risk communication between laypeople and experts in the case of two different, technological risks (nuclear energy, mobile telephony): What constitutes risk maturity, in particular its cognitive component (Cognitive Competence as a precondition for risk maturity, in short: CCR) in case of two different yet physically related risks? Quantitative as well as qualitative methods are used in the research design. Several empirical hypotheses were tested using quantitative methods. The cognition hypothesis states that risk evaluations of laypersons and experts will become more congruent with the increasing level of layperson's cognitive competence. Two other hypotheses can be derived from the first one: Laypersons with high cognitive competence (high knowledge level, great interest in the topic etc.) will arrive at similar risk evaluations to the expert judgments in this case (consensus hypothesis) and laypersons with low cognitive competence (low knowledge level, little interest in the topic etc.) will arrive at different risk evaluations compared with the expert judgments (dissent hypothesis), respectively. This in turn implies another hypothesis: Laypersons with high cognitive competence and laypersons with low cognitive competence will significantly differ in their risk evaluations (layperson competence hypothesis). The hypotheses were tested using a quantitative, empirical survey. The Risk Maturity Survey 2006 was conducted as a representative telephone survey in Germany (n = 868, weighted data). Respondents were classified by using an index for characterising different degrees of CCR. The theoretical basis for measuring CCR is the Elaboration Likelihood Model (in short: ELM) from John Petty and Richard Cacioppo. The test confirms the cognitive hypothesis, the consensus hypothesis and the dissent hypothesis for nuclear energy. However, all three hypotheses could not be confirmed for mobile telephony (both base stations and mobiles). The layperson competence hypothesis was confirmed for both technologies. Further more, the validity of the measurement of CCR was checked by 60 qualitative, open-ended interviews focussing on nuclear energy and mobile telephony. It was assumed that a classification of the respondents using the main categories of the ELM would produce a similar pattern of peripheral and central groups compared to the quantitative distribution in the survey. Indeed, the qualitative pattern is similar to the quantitative distribution found in the Risk Maturity Survey 2006. This can be interpreted as an indication that the operationalisation of the ELM is indeed valid. How can these findings be interpreted? CCR seems to work only for nuclear energy, not for mobile telephony. One aspect could be time. On the one hand, nuclear energy has been investigated and deployed for a very long time span, at least compared to mobile telephony. There has been more scientific evidence communicated via the mass media which may found its way into the memory of the public. Only with an increasing degree of CCR will knowledge and motivation produce the expected effect which is more consensus between experts and laypersons or at least consensus about dissent. This interpretation however needs more research to confirm it. The research findings may have some important political implications. Risk maturity seems to work for nuclear energy, so participation of laypersons in processes of risk management are less likely to experience conflicts that are based on misunderstanding rather than differences in values. Laypersons and experts from science, politics and industry can reach either a substantive consensus or a consensus on why they dissent on conclusions based on a rational discourse. However, this is (still) not the case for mobile telephony. Risk maturity expands the perspectives of risk perception research (psychometric approach, cultural theory of risk, organisational studies on confidence and trust in risk perception). The study about CCR also showed that the distinction between technologies is relevant for risk communication: Differentiation between technologies or risks may assist risk communicators to design the most appropriate risk communication strategies.
Aus der Einleitung: 'Viele der größten wirtschaftlichen Übel unserer Zeit sind die Früchte von Risiko, Unsicherheit und Ignoranz.' John Maynard Keynes. Dieses Zitat bietet einen passenden Einstieg in die aktuell herrschende Unsicherheitssituation an den Finanzmärkten. Die so genannte Finanzkrise führte nicht nur zu massiven Kurseinbrüchen am Aktiemarkt und Abschreibungen in schwindelerregenden Höhen, sondern auch zu einem Vertrauensverlust im Interbankensektor, was kombiniert zu weltweiten Liquiditätsengpässen im internationalen Finanzsystem geführt hat. Längst hat eine Ausweitung auf die Realwirtschaft stattgefunden, was an der Notlage der weltweiten Automobilwirtschaft deutlich wird. Massive Rettungspakete der Regierungen sollen das Finanzsystem wieder stabilisieren und Liquidität gewährleisten. Ein Ende der Folgen dieser Krise ist nicht in Sicht. Die Wurzeln der Krise sind im ehemals boomenden US-Immobilienmarkt, den Hypothekenkrediten und der Niedrigzinspolitik der US-Notenbank Fed zu suchen. Zudem transportierten Verbriefungsmechanismen die Hypothekenkredite in Form von komplizierten Finanzprodukten in den weltweiten Anleihenmarkt. Ferner trugen Ratingagenturen mit ihren Fehleinschätzungen in der Risikobewertung zu einer raschen Ausbreitung dieser Finanzinstrumente bei. Aufgrund der Vorkommnisse wird die Leistungsfähigkeit der Finanzmärkte angezweifelt. Vor allem die Effizienz in der Informationsverarbeitung wird in Frage gestellt. Der Forschungsansatz der Noise-Trader-Modelle beschäftigt sich dabei intensiv mit eingepreisten Unsicherheiten, Risiken und ignorierten Informationen. Diese drei Komponenten wurden auch im Zitat von Keynes genannt. Das wirtschaftliche Übel ist somit die Finanzkrise, genauer gesagt, deren Ursachen als 'Frucht' von Noise-Trading. In dieser Arbeit wird untersucht, ob Noise-Trader-Modelle den genannten Komponenten eine Relevanz in der Finanzkrise geben können und ob sie dabei im Einklang mit den beiden vorherrschenden Theorierichtungen, der Neoklassischen Kapitalmarkttheorie und der Neueren Finanzierungstheorie stehen. Dabei liegt die Konzentration auf den Ursachen und deren Erklärungsversuche und nicht auf den Auswirkungen der Finanzkrise. Die meisten Ursachen zeigen ihre Auswirkungen auf den Wertpapiermarkt. Um den Umfang dieser Arbeit zu wahren wird dieser in den Untersuchungsschwerpunkt gestellt. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die theoretische Analyse eines praxisorientierten und greifbaren Beitrages der Noise-Trader-Modelle im Rahmen der Ursachen der so genannten Finanzkrise und deren Erklärungsversuche. Das Adjektiv 'so genannt' wurde gewählt, da diese Krise auch als Interbankenkrise, (Welt-)Wirtschaftskrise oder anfänglich auch als Hypothekenkrise bezeichnen werden kann, sich jedoch die Bezeichnung Finanzkrise weitgehend etabliert hat. Die genannte Zielsetzung wird durch vier Untersuchungspunkte verfolgt: Theoretische Analyse des systematischen Einflusses von Noise-Trading in der Preisbildung und dessen Rahmenbedingungen; Theoretische Analyse der Eignung von Noise-Trader-Modellen für die Erklärung realer Sachverhalte; Theoretischer Bezug von Noise-Trader-Modellen zu den Ursachen der Finanzkrise und deren Erklärungsversuche; Theoretische Überlegungen zu Anwendungspotenzialen von Noise-Trader-Modellen im Rahmen der Ursachenklärung der Finanzkrise. Gang der Untersuchung: Die vorliegende Arbeit ist in vier Kapitel unterteilt. Neben dem Einführungsteil in Kapitel 1 werden in Kapitel 2 theoretische und begriffliche Fundamente für den Analyseteil in Kapitel 3 gelegt. Kapitel 2.1.1 beschäftigt sich mit den Annahmen, Prinzipien und Modellvorstellungen der Neoklassik. Diese sind für den weiteren Verlauf der Arbeit und insbesondere für die Bedeutung von Noise-Trader-Modellen auf Kapitalmärkten und daraus resultierend für das Verständnis der Zusammenhänge mit dem Hergang der Finanzkrise unverzichtbar. Vor allem die Effizienzmarkthypothese bildet ein theoretisches Fundament für ein grundlegendes Verständnis der Funktionsfähigkeit von Kapitalmärkten, wirtschaftspolitischer Empfehlungen und realer Wirtschaftspolitik. Diese wird in Kapitel 2.1.1.2 näher betrachtet. Darauf folgend wird die Neuere Finanzierungstheorie aufgeführt (Kapitel 2.1.2). Diese stellt durch ihre realitätsnahen Annahmen einen wichtigen Bezugsrahmen für den Analyseteil dieser Arbeit dar. In Kapitel 2.1.3 erfolgt eine Grundlagenvermittlung zur Funktionsweise des Finanzsystems. Da dieses durch die Ursachen der Finanzkrise kompromittiert wurde, liegt eine Auseinandersetzung nahe. Insbesondere der Wertpapiermarkt als Teil des Finanzsystems, deren Akteure und Handelsobjekte sind im Hinblick auf die bevorstehende Auseinandersetzung mit den Ursachen der Finanzkrise von Bedeutung (Kapitel 2.1.3.2). Dem folgt in Kapitel 2.3 der zusammengefasste Hergang der Finanzkrise. Im dritten Kapitel werden einleitend die Vorgehensweise des Analyseteils erläutert und geeignete Analysekriterien aufgestellt (Kapitel 3.1). Anschließend wird eine kontextbezogene Bewertung der Greifbarkeit und Praxisorientierung von Noise-Trader-Modellen als Hilfsmittel zur Erklärung der Ursachen der Finanzkrise durch eine kriteriengeleitete Analyse versucht. Die Einteilung des Analyseteils erfolgt dabei thematisch anhand der Kriterien. Zunächst wird die Persistenz systematischer Auswirkungen von Noise-Trading am Wertpapiermarkt untersucht (Kapitel 3.2). Darauf aufbauend erfolgt die Bewertung der Systematik der Noise-Trader-Modelle für die Erklärung realer Sachverhalte anhand des Bezugsrahmens der Neueren Finanzierungstheorie (Kapitel 3.3). Abschließend wird Noise-Trading in den Ursachen der Finanzkrise identifiziert und durch den Ansatz der Noise-Trader-Modelle erklärt (Kapitel 3.4). Auf dieser Thematik aufbauend werden abschließend Überlegungen zu Potenzialen in der Anwendung von Noise-Trader-Modellen aufgestellt (Kapitel 3.5). Das Fazit in Kapitel 4 fasst die Untersuchungspunkte zusammen und zeigt die daraus resultierenden Ergebnisse auf.Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis: InhaltsverzeichnisI AbbildungsverzeichnisIII TabellenverzeichnisIV AbkürzungsverzeichnisV 1Einleitung1 1.1Problemstellung1 1.2Gang der Untersuchung2 2Theoretische und begriffliche Grundlagen4 2.1Finanzierungstheoretische Grundlagen4 2.1.1Neoklassische Kapitalmarkttheorie4 2.1.1.1Überblick und Prämissen4 2.1.1.2Effizienzmarkthypothese6 2.1.2Neuere Finanzierungstheorie9 2.1.2.1Neue Institutionenökonomik9 2.1.2.2Marktmikrostrukturtheorie14 2.1.2.3Behavioral Finance15 2.1.3Finanzsystem19 2.1.3.1Begriff und Funktionsweise19 2.1.3.2Wertpapiermarkt im Fokus20 2.2Ansatz der Noise-Trader-Modelle23 2.2.1Terminologie23 2.2.2Abgrenzungsmerkmale25 2.2.3Systematisierung nach RÖCKEMANN25 2.2.3.1Individuelles Verhalten26 2.2.3.2Gruppeninteraktive Verhalten26 2.2.4Handelsmotive und Typologisierung nach VAN HEYL27 2.2.4.1Ökonomisch-rationale Handelsmotive27 2.2.4.2Psychologische Handelsmotive28 2.2.5Zwischenfazit29 2.3Finanzkrise30 2.3.1Ausgangssituation30 2.3.2Ataraxie des Vertrauens in den US-Hypothekenmarkt31 2.3.3Verbriefung als Instrument zum Risikotransfer und zur Einspeisung von Hypothekenforderungen in das internationale Finanzsystem32 2.3.4Zusammenbruch als Kettenreaktion33 3Kriteriengeleitete Analyse zur Überprüfung eines praxisorientierten und greifbaren Beitrages von Noise-Trader-Modellen für die Ursachen der so genannten Finanzkrise und deren Erklärungsversuche35 3.1Vorüberlegung und Kriterien35 3.2Persistenz systematischer Auswirkungen von Noise-Trading am Wertpapiermarkt36 3.2.1Relevanzproblematik der Effizienzmarkthypothese36 3.2.1.1Defizite am theoretischen Modell38 3.2.1.2Divergierende empirische Untersuchungen40 3.2.1.3Zwischenfazit42 3.2.2Systematischer Einfluss durch Noise-Trader43 3.2.3Fragestellung der Notwendigkeit für langfristiges Bestehen von Noise-Tradern45 3.2.4Implikationen und Zwischenfazit46 3.3Angemessenheit der Systematik von Noise-Trader-Modellen für die Erklärung realer Sachverhalte am Wertpapiermarkt49 3.3.1Kohärenz beobachtbarer Anomalien49 3.3.2Aggregationsmechanismus von Noise-Trader-Modellen51 3.3.3Implikationen und Zwischenfazit53 3.4Noise-Trading in den Ursachen der Finanzkrise und deren Erklärung aus der Perspektive des Ansatzes der Noise-Trader-Modelle54 3.4.1Indirekt den Wertpapiermarkt betreffende Ursachen54 3.4.2Direkt den Wertpapiermarkt betreffende Ursachen57 3.4.3Implikationen und Zwischenfazit60 3.5Potenziale in der Anwendung von Noise-Trader-Modellen61 3.5.1Identifikation von Krisenindikatoren61 3.5.2Antizyklische Strategien62 3.5.3Implikationen und Zwischenfazit62 4Fazit64 Anhang68 Literaturverzeichnis73Textprobe:Textprobe: Kapitel 3.2.2, Systematischer Einfluss durch Noise-Trader: Wie in den Kritiken zur EMH ersichtlich wurde, lässt sich der Einfluss von Noise auf die Preisbildung am Wertpapiermarkt erahnen. Nun ist die Frage zu klären, ob dieser Einfluss systematisch ist und ob Noise-Trader langfristig auf dem Markt existieren oder ob sie durch Verdrängungsmechanismen oder Kompensationsmethoden nicht überleben können. Ein wichtiger Vertreter für Noise-Trader-Modelle ist das Modell von SHILLER, welches den Grundstein für den systematischen Einbezug von rationalem und quasi-rationalem Verhalten in einem Preisbildungsmodell legt. SHILLER führt in seinem Modell zwei Anlegertypen ein, den Ordinary Investor (Noise-Trader) und den Smart Money Investor (rationale Anleger). Dem ersten Typ wird keine bestimmte Verhaltensweise unterstellt, er hat keine bzw. eine unvollständige Vorstellung über das Verhalten der Preise, Dividenden und Renditen von Wertpapieren am Markt. Die Begründung legt SHILLER dabei auf verschiedene Annahmen zur Verzerrung, welche auf sozial-psychologische Handelsmotive zurückgeführt werden und stellt zugleich die Beeinflussung des Preises dar. Im Gegensatz dazu passt der Smart Money Investor seine Erwartungen an öffentliche, fundamentale Informationen an, im Genaueren entspricht seine Erwartungsbildung hier dem gewichteten Durchschnitt zukünftiger Dividendenausschüttungen. Der Autor stellt in einer ersten Untersuchung fest, dass Noise-Trader Moden (Fads) folgen und sich deren Nachfrage und damit der Aktienpreis vorhersagen lässt. Er belegt den Einfluss der Noise-Trader mit empirischen Untersuchungen in den USA zwischen den Jahren 1972 und 1982, in denen er feststellt, dass die systematischen Schwankungen auf eine Überbewertung durch Noise-Trader Einschätzungen zurückzuführen sind. In einer zweiten Untersuchung stellt SHILLER die Überreaktionshypothese auf. In ihr heißt es, dass Dividendenzahlungen als Vorhersageinstrument für zukünftige Unternehmenszahlungen überschätzt werden und damit eine hohe Nachfrage von Noise-Tradern nach Aktien mit hohen Dividenden in einem Überschießen des Kurses mündet. Empirisch weist er dies mit Hilfe von Regressionsanalysen vergangener Dividenden nach. Zudem beweist er, dass Noise-Trader als Positive-Feedback-Trader trendverstärkend wirken. In Konklusion seines Modells erhöhen verstärkte Unterschiede in den Informationsverarbeitungsmodellen die Schwankungsbreite von Aktienkursen (excess volatility). Außerdem münden Stimmungsschwankungen der Noise-Trader in nicht-diversifizierbarem Marktrisiko. De LONG/SHLEIFER/SUMMERS/WALDMANN (DSSW 1990a) bilden in ihrem 'Overlapping Generations Model' ebenfalls zwei Anlegergruppen, die Sophisitcated Investors, welche rational handeln und die Noise-Trader, welche quasi-rational handeln. Diese Anleger können zudem in zwei Anlageformen investieren. Dabei handelt es sich um eine risikolose Anlage (z.B. Anleihe) und um eineAnlage mit behafteten Risiko (z.B. Aktientitel). DSSW 1990a weisen nach, dass Sophisitcated Investors mit kurzen Anlagehorizonten nicht in der Lage sind, durch Arbitragehandlungen Kurskorrekturen herbeizuführen, was auf das von Noise-Tradern generierte zusätzliche nicht-diversifizierbare Risiko zurückgeht. Eine stabilisierende Spekulation ist somit nicht zu erwarten und Noise-Trader werden nicht vom Markt gedrängt. Damit können Noise-Trader massive Kursschwankungen verursachen, auch wenn kein fundamentales Risiko vorliegt. In einer weiteren Untersuchung von 1991 kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass sich Noise-Trader auch langfristig im Markt behaupten können. Dabei können sie höhere Renditen erzielen als die rationalen Investoren. SHEFRIN/STATMAN erarbeiteten ein Modell, in welchem auch nicht-systematischer Einfluss von Noise-Trading zum Ausdruck kommt. Sie untersuchen dazu zwei Anlegertypen von Noise-Tradern, die einem effizienten Markt bestehend aus rationalen Akteuren mit unverzerrten Erwartungen gegenübergestellt werden. Eine Gruppe der Noise-Trader unterliegt dabei der Gamblers Fallacy und bildet regressive Erwartungen, was in fehlerhaften Wahrscheinlichkeitseinschätzungen resultiert. Aufgrund der regressiven Einstellung werden trendkonträre Bewegungen erwartet. Somit führt dieser Noise-Tader-Typ zu Negative-Feedback-Trading, also zu trandabschwächendem Verhalten. Die andere Gruppe gewichtet vergangene Informationen zu niedrig, reagiert also entsprechend De BONDT/THALER über. Dieser Typ führt zu Positive-Feedback-Trading und wirkt damit trendverstärkend. Beide Verhaltensannahmen implizieren zwei Ergebnisse. Solange die Fehlerwartungen nicht in Korrelation mit dem Vermögen stehen, können sich die von den Noise-Tradern produzierten Fehler im Mittel ausgleichen. Somit ergibt sich kein Einfluss auf die Wertpapierpreise, weil eine Gruppe weder systematisch gewinnen oder verlieren kann. Wenn jedoch die Fehler der Noise-Trader gleichgerichtet sind, kommen Fehlbewertungen in den Kursen zustande. Zudem wird der systematische Einfluss auf die Zinsstrukturkurve übertragen, da risikofreie festverzinsliche Wertpapiere (Anleihen) gehandelt werden. Eine Erweiterung wurde 1994 mit der Behavioral Capital Asset Pricing Theory aufgestellt, in der Noise-Trader in Interaktion zu rationalen Anleger gebracht wurden. Die Ergebnisse decken sich mit denen der gleichgerichteten Noise-Trader-Fehler aus der 1993 aufgestellten Studie.
Die Forstwirtschaft Bulgariens befindet sich in einem tief greifenden Wandel. Nach dem Übergang von einer zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft hat die Rückgabe der verstaatlichten Wälder an die ehemaligen Eigentümer oder deren Erben zu einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse geführt. Zudem erscheinen neue Akteure auf der politischen Bühne, die die bisherige alleinig staatliche Zuständigkeit für die Forstpolitik und die Bewirtschaftung der Wälder in Frage stellen. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen die Analyse der Umsetzung der staatlichen Konzeption für die Beratung und Ausbildung nicht-staatlicher Waldeigentümer in Bulgarien und die damit verbundenen institutionellen Veränderungen auf den verschiedenen Ebenen der staatlichen Forstverwaltung Bulgariens (NFV). Die Arbeit konzentrierte sich zum einen auf die Ermittlung des Einflusses endogener Faktoren, wie z.B. Einfluss informeller Strukturen in der Verwaltung, auf die verschiedenen Strukturen der NFV. Zum anderen wird die Rolle externer Faktoren wie z.B. die Rolle externer Verteilungskonflikte oder die Wirkung internationaler Prozesse auf den Implementationsprozess des Beratungs- und Ausbildungskonzepts untersucht. Einleitend liefert die Arbeit eine Darstellung des Transformationsprozesses in Mittel- und Osteuropa als Hintergrund für die Darstellung verschiedener, neu erschaffener oder umgewandelter (bzw. noch im Wandel befindlicher) formeller Institutionen. Es wird auch konkret auf die Forstwirtschaft und Privatwaldpolitik in Bulgarien eingegangen. Im zweiten Kapitel wird der Untersuchungsansatz dieser Arbeit vorgestellt, welcher sich in zwei inhaltliche Teile untergliedern lässt. Der erste Teil befasst sich mit einer theoretischen Einführung in die Problemstellung dieser Arbeit. Im zweiten Teil wird die Methodik der Arbeit vorgestellt. Um die Einstellungen und Handlungen der forstpolitischen Akteure zu erfassen und die Bedeutung ihres Handelns zu rekonstruieren und zu interpretieren, werden qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung angewandt. Der dritte Abschnitt widmet sich der Darstellung der Ergebnisse dieser Arbeit. - Der erste Teil der Ergebnisdarstellung befasst sich mit der Implementation der Konzeption für die Beratung und Ausbildung nicht-staatlicher Waldeigentümer in Bulgarien. Ergebnisse zeigen zum einen ein umfassendes Bild der Rahmenbedingungen in der bulgarischen Forstpolitik. Darauf aufbauend lassen sich externe Einflüsse auf die Politikformulierung und Politikdurchführung in Bulgarien erfassen: Die Rolle der internationalen Politik und internationaler Forstprojekte, der Einfluss der Politiker ebenso wie die Rolle der Nichtregierungsorganisationen und Verbände auf nationaler forstpolitischer Ebene. Schwerpunkt dieses Kapitels bilden aber die Einstellungen der Befragten zu den neuen Privatwaldeigentümern und zur Bewirtschaftung der Privatwälder sowie die Wahrnehmungen und Bewertungen der Befragten bezüglich der Bedeutung und Qualität der Beratung und Ausbildung von Privatwaldeigentümern. - Der zweite Teil der Ergebnisdarstellung beinhaltet eine kommunikative Validierung der Ergebnisse des ersten Untersuchungsteils. - Der dritte Ergebnisteil befasst sich schwerpunktmäßig mit den Wahrnehmungen, Meinungen und Bewertungen der befragten Akteure in Bezug auf die Zielsetzung bezüglich der Bewirtschaftung und Verwaltung von Staats- und Privatwald. Es werden Meinungsbilder der Interviewpartner zur heutigen Situation bei der Verwaltung bzw. Bewirtschaftung der Staats- und Privatwälder festgehalten und deren Empfehlungen für die zukünftige Verwaltung und Bewirtschaftung des Staats- und Privatwaldes dargestellt. Dadurch werden auch die Interessen, Überzeugungen und Ideologien der Befragten wiedergegeben. Im vierten Abschnitt dieser Arbeit werden die Methoden und die Ergebnisse diskutiert. Der Schwerpunkt dieses Kapitels liegt aber auf der Diskussion der gewonnenen Ergebnisse. Ganz grundsätzlich wird aufgezeigt, dass der Implementationsprozess des Beratungskonzeptes in Bulgarien nicht vollständig steuerbar ist. Die Ergebnisse weisen deutlich darauf hin, dass es zu Verzögerungen in der Durchführung und zu Veränderungen in der Zielsetzung seitens der beteiligten Akteure kommt und dass diese sogar das Beratungskonzept als Ganzes in Frage stellen. Auch die Policy-Transfer-Forschung bietet eine Erklärung für die Verzögerungen oder das Versagen bei der Umsetzung von Lösungsmöglichkeiten, welche in einem anderen Land entwickelt worden sind. Dieses Konzept besagt, dass ein mehr oder weniger erzwungener Politiktransfer tendenziell einen unvollständigen Transfer darstellt, da die Idee oder Intention, die dieser Politik im Herkunftsland zu Grunde liegt, nicht mittransferiert wird. So wurde sich mit dem Problem des Beratungs- und Ausbildungsbedarfs in Bulgarien nicht auseinandergesetzt, was zu Implementationsdefiziten und sogar zum Scheitern des Beratungs- und Ausbildungskonzeptes führen kann. ; Bulgarian forestry is changing substantially at the moment. After the transformation from centrally planned to market economy, the nationalised forests were returned to the former owners or their heirs. This led to a change of the ownership structure. Furthermore, new actors have appeared, who question the state's absolute control over the country's forest policy and the forest management. The focus of the study presented in this thesis is the analysis of the implementation of the state concept for the consulting and training of non-state forest owners in Bulgaria, and the associated institutional changes at the various levels of Bulgaria's state forest administration (NFV). The study was concentrated on the determination of the influence of endogenous factors such as the influence of informal structures within the administration or internal resource distribution conflicts on the different structures of the state forest administration. The role of external factors was also investigated, for example, the role of external distribution conflicts (activities of other actors) and the effect of international processes on implementation of the consulting and training concept. In the introduction to the study the transformation processes occurring in Central and Eastern Europe are highlighted as a background to the presentation of various newly created or altered (or currently evolving) formal institutions. The influence of the transformation on the actions and habits of people and the informal institutions of a society were investigated. The forestry sector in Bulgaria, currently undergoing profound changes, is discussed. In the second chapter the research approach adopted in this study is presented, subdivided according to two parts on the basis of their content. The first part concerns an introduction to the theoretical framework supporting this study. The methodology employed is presented in the second part of the second chapter. Qualitative methods derived from the empirical social sciences were employed to determine the attitudes and actions of the forest policy actors, and to reconstruct and interpret the significance of their actions. In the third section of the study the results are presented. - The first part of the results section concerns the implementation of the concept for the consultation and training of non-state forest owners in Bulgaria. The results provided a comprehensive picture of the framework conditions in Bulgarian forest policy. From this, external influences on policy formulation and implementation in Bulgaria could be ascertained: the role of international policy and international forestry projects, the influence of politicians and the role of non-governmental organisations and associations on the national forest policy level. The focus of this chapter, however, lies with the attitudes of the interviewees in relation to the new private forest owners and the management of the private forests, as well as their perceptions and assessment of the significance and the quality of the consultancy and training provided to private forest owners. - The second part of the results chapter contains a communicative validation of the results of the first research part. - The third part of the results section focuses on the perceptions, opinions and assessments of the interviewees in relation to the management and administration of state and private forest. Their recommendations for the future administration and management of the state and private forests are presented. These reflected the interests, convictions and ideologies of the interviewees. The methods and the results are discussed in the fourth section of the study. This revealed that overall the application of the methods chosen was justified. The focus of the chapter, however, concerns the discussion of the results obtained. Essentially, it was revealed that the process of implementation of the consultation concept in Bulgaria cannot be steered conclusively. The results clearly suggested that there will be delays in the implementation and alterations to the objectives on the part of the actors involved, and that these will call into question the consultation concept as a whole. Policy transfer research also provided an explanation for delays or even failure in the implementation of solutions developed in a different country. This theory states that a largely forced policy transfer generally represents an incomplete transfer as the idea or intention forming the basis of this policy in its country of origin is not also transferred. The problems associated with the need for consultation and training in Bulgaria were not sufficiently considered, potentially leading to deficits in the implementation and even the failure of the consultation and training concept.
Psychotherapie befasst sich nicht nur mit individuellem Leiden, sondern auch mit den Leiden der Gesellschaft. Ich zeige auf, wie individuelles Leiden und gesellschaftliche Verhältnisse in Beziehung stehen und wie erfolgreiche Psychotherapie in die Gesellschaft hineinwirkt und somit eine politische Relevanz hat. Ich zeige Parallelen zwischen Zielen und Strukturen in den Bereichen Politik und Psychotherapie auf, aber auch Brüche. Als Psychotherapeut, der zugleich in einem Kantonsparlament parteipolitisch tätig ist, verweise ich auf die Bedeutung der Kommunikation zwischen Psychotherapie und Politik und ermuntere zu vermehrter Öffentlichkeitsarbeit und damit politischer Betätigung.Schlüsselwörter Psychotherapie; Politik; Gesellschaft; Gestalttherapie; Psychoanalyse; Sozialpolitische Verantwortung; Demokratie; Feldtheorie; System ; Psychotherapy does not only care about individual suffering, it also deals with the suffering of societies. I show how individual suffering and social background are related and how successful psychotherapy has an impact on society and in this way has a political dimension. I show parallelities between the aims and structures in the fields of politics and psychotherapy, but also frictions. As a psychotherapist who is also active as a member of a regional parliament, I point out the importance of communication between psychotherapy and politics and encourage efforts in public relations and political engagement.Keywords Psychotherapy; Politics; Gestalt therapy; Society; Psychoanalysis; Social responsibilty; Democracy; Field theory; System ; Lore Perls, l'une des fondatrices de la thérapie gestalt, dit dans un film de C. Weber et W. Lindner («An der Grenze -Lore Perls und die Gestalttherapie » ; Deutsche Vereinigung für Gestalttherapie, 2005) consacré à sa vie et à sa contribution à la thérapie que « la psychothérapie, c'est un travail politique. » Tous les thérapeutes seront d'accord avec cette phrase, du moins s'ils appartiennent à l'un des courants au sein desquels on trouve une visée émancipatrice, le désir de promouvoir l'autonomie des clients, de les percevoir avec tous leurs besoins et de s'engager pour eux au niveau individuel mais aussi collectif. Lorsque quelqu'un dispose d'une meilleure compétence sociale, celle-ci influe sur son environnement social et a des conséquences concrètes pour ce dernier, ce qui contribue à le faire évoluer. Dans ce sens, la psychothérapie a des effets politiques. Elle les a d'ailleurs même lorsque les thérapeutes s'efforcent d'aider l'individu à mieux fonctionner dans une situation donnée, à s'y adapter et à l'accepter. Dans ce cas, c'est moins un changement qui se produit qu'une stabilisation des conditions sociétales - ce qui représente aussi un acte politique. Sa dimension politique ne peut pas être enlevée à la psychothérapie. Cette dernière n'est jamais apolitique. C'est pourquoi il faut mener une réflexion critique et un débat public à ce sujet. Le présent article doit être considéré comme une contribution à la discussion.Mon intention est de chercher à rendre ceux qui pratiquent une profession sociale, et en particulier les psychothérapeutes, conscients du fait que ce qu'ils font n'est pas seulement un traitement et que leur travail est aussi politique. On sépare trop souvent psychothérapie et politique. Il est faux de penser que ce sont uniquement les partis politiques et leurs représentants qui font de la politique alors que la pratique psychothérapeutique est apolitique. C'est méconnaître l'impact politique du travail du thérapeute et succomber à un mécanisme de projection permettant de refuser toute responsabilité politique et de la déléguer aux partis et aux politiques.Dans la déclaration rédigée par la Charte Suisse pour la psychothérapie, il est indiqué qu'en plus de sa dimension curative, la psychothérapie a également un aspect émancipa-teur. Il y est dit que la guérison ou le soulagement de la souffrance psychique n'est possible que si des ressources personnelles sont développées (émancipation) et sur la base d'une image complète du monde et de l'homme - ainsi d'ailleurs que si l'on se réfère aux travaux de recherche pertinents. C'est ainsi que la psychothérapie a aussi un objectif d'ordre éthique puisqu'elle soutient l'épanouissement des potentiels individuels, mais aussi culturels et sociaux et qu'elle tente de faire naître des rapports équilibrés entre autonomie et adaptation (Charte, version 1991). La psychothérapie doit contribuer à mieux comprendre les phénomènes culturels, sociaux et politiques. Lorsqu'elle ne refuse pas toute prise de conscience au niveau sociétal, socio-économique, sociologique et écologique, elle ne tente plus de simplement de soulager les souffrances individuelles dont la société est responsable et vise aussi à changer le système social auquel le patient appartient ; c'est sa dimension politico-culturelle et émancipatrice. Dans ce sens, la psychothérapie ne s'occupe pas uniquement de la souffrance individuelle mais aussi de la souffrance de la société. Elle ne se contente pas de soulager ou d'éliminer la souffrance individuelle, car elle soutient la capacité qu'a l'individu souffrant à s'engager sur le plan social et donc à influer sur son propre environnement social - ce qui modifie le contexte social à la source de la souffrance individuelle. Ce type de psychothérapie mérite le qualificatif de «durable» et il se situe à l'oppposé d'une démarche psychothérapeutique visant seulement à faire des clients des personnes bien adaptées à la société. En tant que citoyens d'une société, les psychothérapeutes ont le devoir de s'exprimer souvent en public, dans les quotidiens et dans les hebdomadaires, au lieu de se contenter de contribuer à des revues spécialisées et à des congrès réservés aux professionnels. Ils doivent chercher à établir des contacts avec les politiques de leur pays pour leur montrer que leur discipline leur donne la possibilité d'offrir des choses utiles au niveau politique ; ce qui ne veut pas dire qu'ils doivent laisser les politiques les monopoliser. La nature même de la psychothérapie fait d'elle un moteur de changement social. Ceci s'applique autant à son aspect curatif qu'à son aspect émancipateur. Il est clair que c'est ce qui fait que politique et psychothérapie entretiennent des rapports ambivalents.Dans mon article, je développe les idées ci-dessus en me fondant sur mon expérience en tant que psychothérapeute, formateur et membre du Parlement cantonal zurichois. Je traite des parallèles qui existent dans les objectifs que se fixent les thérapeutes et les politiques, mais aussi des conflits qui en résultent. J'indique quelles sont les structures (parallèles) du pouvoir dans le monde de la psychothérapie et dans celui de la politique et demande que les psychothérapeutes ne se contentent pas, comme c'est souvent le cas, de projeter des idées sur les politiciens en pensant, par exemple, que l'univers de la psychothérapie est fondamentalement bon alors que celui de la politique est par nature mauvais. Je montre aussi comment il est possible d'associer travail psychothérapeutique et travail politique.Un de mes articles sur ce thème a déjà été publié en français ; il contient également un exemple de la manière dont la pertinence sociale et politique de la psychothérapie pourrait être cernée dans le cadre de la formation (Schulthess 2005).
In sprachlichen Beiträgen zur Architektur des 20. Jahrhunderts tauchen immer wieder Formulierungen auf, in denen ein "bescheidenes Haus" oder eine "einfache Architektur" gefordert werden. Reduktion bildet eine Kategorie der Moderne, und es stellt sich die Frage, ob Reduktion nicht sogar ein Schlüssel für das Verständnis der Architektur in der Moderne ist. Eine Antwort auf diese Frage zielt in der vorliegenden Arbeit darauf, dass sich am Leitbild der Reduktion die Spaltung zwischen einer dominanten Rationalität, einem aufklärerischen Geist, einer wachsenden Bedeutung von Technik und den Naturwissenschaften als einem Kennzeichen der Moderne, und einem zunehmend verdrängten und dann doch wieder kompensierten Bedürfnis nach dem "Geistigen" festmacht. Das Streben nach Reduktion in der modernen Architektur könnte daher so etwas wie eine Versöhnungsgeste sein. Mittels Reduktion sollen dialektische Spannungen in der Moderne, soll das menschliche Vermögen der Aufklärung und Rationalität mit dem menschlichen Bedürfnis nach Religiosität und Spiritualität überbrückt werden. Um den Umfang der Arbeit nicht zu sprengen, wird exemplarisch die Bauaufgabe des Kirchenbaus in einer kurzen Phase der Nachkriegszeit in Deutschland betrachtet, da sich hier unterschiedliche Dimensionen des formulierten Anspruchs aufzeigen lassen. Der Kirchenbau wurde vor allem deshalb gewählt, weil die Kirchen und die Kirchenbauten in dieser Phase als Leitinstitutionen bzw. Leitbauten für ein sich konstituierendes Deutschland wirksam waren. Denn Reduktion stand weniger in Relation zur materiellen und ökonomischen Not. Noch stärker wurde nämlich eine geistige Not beklagt, aus der sich weitere Dimensionen der Reduktion betrachten lassen. Insbesondere sind die ethischen und ästhetischen Dimensionen interessant, da, wie auch in den Jahrzehnten zuvor, eine asymmetrische Verlagerung der Argumentation zugunsten ethischer Erklärungen zu attestieren ist. Waren es Anfang des 20. Jahrhunderts allerdings starke soziale Motivationen und Intentionen, für die Reduktion ins Feld geführt wurde, gab es durch die Nähe zu religiösen Inhalten und einer Dominanz der Kirche für eine kurze Phase nach dem Krieg eine moralische Argumentationslinie, mit der die jeweilige architektonische Arbeit untermauert wurde. Daraus läßt sich Reduktion für diese Zeitspanne als Reaktion und Legitimation verstehen. Durch die moralische Dimension der Reduktion, - die Katharsis, Reinigung, Demut und Bescheidenheit - konnte die Situation überwunden werden und zugleich wurde damit eine Antwort auf Schuldfragen gegeben. Diese Erklärungsmuster waren die naheliegende und einzige Chance, um überhaupt aus der geistigen Misere herauszukommen und eine Berechtigung zu schaffen, mit der ein Neubeginn möglich werden konnte. Obendrein konnte es als Reaktion auf Pathos und Verlogenheit des Nationalsozialismus interpretiert werden. Diese originär religiöse Legitimationsebene für einen geistigen Neuanfang wurde auch von Architekten übernommen und auf die Architektur übertragen. Reduktion legitimierte den Einsatz von Architektur, ohne vertiefend eine retrospektive Verantwortung der Architekten zu thematisieren, die stattdessen mit einer prospektiven Verantwortung überblendet wurde. In diese Sichtweise fügte sich mit den Werten der Reduktion (Einfachheit, Nüchternheit, Sachlichkeit, .) ein umfassendes Leitbild für die Menschen und die Umweltgestaltung, das eine adäquate Perspektive bieten konnte. In dieser kurzen Zeitspanne, die sich auf den Zeitraum von 1945 bis ungefähr 1950 zuweisen läßt, ergab sich folglich eine allgemeingültige Frage: Wie lassen sich in einer Phase der Neuorientierung die formulierten Werte in eine architektonische Praxis überführen? Von daher versteht sich diese Arbeit neben ihrem architekturhistorischen Schwerpunkt auch als der Versuch, einer grundsätzlichen architekturtheoretischen Fragestellung nachzugehen. Mit der spezifischen Betrachtung des Kirchenbaus verbindet sich eine architekturhistorische Einordnung der Beiträge für die Entwicklungen im Kirchenbau des 20. Jahrhunderts. Denn die aufgeführten Beiträge gaben Impulse für zwei wesentliche Aspekte der jüngeren Kirchenbaugeschichte, die in dieser Form bislang kaum Beachtung fanden und damit eine historische Lücke füllen. Zum einen fügen sich die Beiträge in die liturgischen Erneuerungsansätze beider Konfessionen in der Moderne ein und eröffnen dadurch eine etwas andersartige Sichtweise auf die Entwicklungen im Kirchenbauten in den nachfolgenden Dekaden. Zum anderen geben sie Antworten auf die stete Frage, wodurch ein Kirchenbau in der Moderne seine notwendige Sakralität erhält. Beide Aspekte werden durch die grundsätzliche Frage verbunden, wie die Menschen einer sich neu konstituierenden Gesellschaft, gegen die durch Säkularisierung gekennzeichneten Moderne, wieder von der christlichen Religiosität erfasst werden können und die Lebenswelt wieder von ihr durchdrungen werden kann. ; Frequently, in the theoretical contributions to C20th architecture, phrases recur which seek a modest house or a simple architecture. Reduction constitutes one category of modernity and begs the question whether reduction is, in fact, a key to the understanding of modern architecture. The paper to hand aims to providing an answer to this question, that within the model of reduction the divide is demonstrated between a dominant rationality, a progressive intellect and mind, a growing significance of technology and science as a characteristic feature of the modern age, and an increasingly repressed yet conversely compensated desire for the spiritual. Striving towards reduction in modern architecture, could in fact be understood as a gesture of atonement. By means of reduction the dialectic tensions in the modern age, the human capacity resulting from enlightenment and rationality should be reconciled with the human desire for religiousness and spirituality. In order not to overload the scope of this work, an exemplary phase of post-war church architecture in Germany will be considered, because it is here that the various aspects of defined standards are demonstrated. Above all church architecture was chosen because churches and ecclesiastical architecture during this period were effectively model institutions, that is to say, model buildings for a Germany that was reconstituting itself. Reduction had less of a relationship to material or economic want. More important was the bemoaned spiritual want, which allowed further aspects of reduction to be addressed. In particular, the ethical and aesthetic dimensions are of interest, because, similar to previous decades, an asymmetrical shift of argumentation in favour of ethical explanation is established. Although at the beginning of the C20th strong social motivations and intentions existed for reduction to become topical, there was a moral line of argument resulting from the proximity to religious content and a dominance of the church for a short phase after the war, with which the prevailing architectural works were underpinned. Consequently, reduction during this period of time, may be understood as reaction and legitimation. Through the moral dimension of reduction - catharsis, purification, humility, modesty - the situation could be surmounted and simultaneously deliver answers to the question of guilt. These patterns of explanation were the obvious and only chance to extract oneself from a spiritual misery and to create a justification within which a new beginning would be made possible. Furthermore, it could be interpreted as a reaction to the pathos and hypocrisy of National Socialism. The original, religious plane of identification for a spiritual new beginning was adopted by architects and transposed to architecture. Reduction legitimizes the use of architecture, without intensively selecting as a central theme a retrospective responsibility of architects, which instead became superimposed with a prospective responsibility. From this viewpoint, a comprehensive model for mankind and the shaping of the environment marries itself to the values of reduction (simplicity, sobriety, objectivity.), anticipating a befitting prospect. In this short time span, between 1945 and circa 1950, a universal question therefore arose: in a phase of reorientation, how do the heretofore defined values allow themselves to be transferred into architectural practice. Apart from the emphasis on architectural history this work may also be understood as an attempt to investigate a fundamental issue of architectural theory. Associated with the specific reflection on ecclesiastical architecture, is the historical architectural classification of contributions to the development of church architecture in the C20th. Because the cited contributions gave the impetus for two fundamental aspects of the more recent history of church architecture which hitherto, in this form, had scarcely received recognition, thereby filling an historical void. On the one hand the contributions become adapted to the initial stages of the liturgical revival of both denominations in the modern age and thereby reveal a somewhat different perspective on the development of ecclesiastical architecture in the subsequent decades. On the other hand, answers are provided to the eternal question of how modern church architecture obtains its essential sacredness. Both aspects become associated with each other through the fundamental question of how humankind, in a newly established society against a modernity characterized by secularization, could be enthused again by christian religiousness and how to imbue daily life with religious values.
In: Journal of European integration history: Revue d'histoire de l'intégration européenne = Zeitschrift für Geschichte der europäischen Integration, Band 21, Heft 2, S. 203-216
Eine nachhaltige Entwicklung bedeutet eine dauerhaft mögliche Entwicklung innerhalb des ökologischen Erdsystems. Durch das weltweite Bevölkerungswachstum, den ansteigenden Wohlstand und nicht-nachhaltige Lebensweisen drohen die ökologischen Belastungsgrenzen unsere Erde jedoch überschritten zu werden bzw. wurden teilweise bereits überschritten. Dies hat zur Folge, dass nachfolgende wie auch parallel existierende Generationen nicht die gleichen Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer Bedürfnisse haben, wie die heute in den Industriestaaten lebenden. Die landwirtschaftliche Erzeugung trägt dabei einen bedeutenden Teil zu dieser Bedrohung und Überschreitung der planetaren Grenzen bei, denn insbesondere der hohe und weiter ansteigende Konsum von tierischen Produkten weltweit hat zahlreiche ökologisch, jedoch auch sozial und gesundheitlich nachteilige Folgen. Einer der grundlegenden problematischen Aspekte tierischer Produkte ist der hohe Energieverlust im Laufe des Veredlungsprozesses von pflanzlichen Futtermitteln zu Fleisch- und Milchprodukten. Die Folge sind große intensiv genutzte Landwirtschaftsflächen, die notwendig sind, um jene Futtermittel zu produzieren. Dies führt zu Biodiversitätsverlusten, Treibhausgasemissionen, Landraub und gesundheitlichen Problemen aufgrund des Pestizidgebrauchs. Weitere Konsequenzen eines hohen Konsums tierischer Produkte umfassen einen hohen Wasserbedarf, Flächenkonkurrenzen zwischen dem direkten Lebensmittel- und dem Futtermittelanbau, aber auch den ethisch bedenklichen Umgang mit Tieren sowie Gefahren für die menschliche Gesundheit, z. B. koronare Herzerkrankungen und Antibiotikaresistenzen. Begründet liegt dieser hohe und weiter wachsende Konsum tierischer Produkte in persönlichen, sozialen, ökonomischen und politischen sowie strukturellen Faktoren, wobei in vorliegender Arbeit auf den durch die westeuropäische Kultur geprägten Menschen fokussiert wird. Persönliche und soziale Hindernisse für einen reduzierten Konsum tierischer Lebensmittel liegen insbesondere in einem fehlenden Wissen, dem psychologischen Phänomen der kognitiven Dissonanz, mangelnder Achtsamkeit sowie dem Druck sozialer Normen. Wirtschaftspolitische und strukturelle Hindernisse umfassen eine wachstumsorientierte Ökonomie, fehlende Preisanreize für einen nachhaltigen Konsum sowie eine Infrastruktur, die den Konsum tierischer Produkte begünstigt. Nichtregierungsorganisationen (NRO) als Teil des sog. Dritten Sektors, neben der Wirtschaft und der Politik, und als Vertreterinnen der Gesellschaft sind essentielle Akteurinnen in nationalen und internationalen Gestaltungsprozessen. Sie werden zumeist von der Gesellschaft oder zumindest Teilen der Gesellschaft unterstützt und können durch Öffentlichkeitsarbeit und andere Maßnahmen auf politische und ökonomische Protagonisten Druck ausüben. Somit sind NRO als potentielle Schnittstelle zwischen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft vielversprechende Einrichtungen um den Konsum tierischer Produkte zu senken. Aufgrund der o. g. multidimensionalen Auswirkungen des hohen Konsums tierischer Produkte, haben insbesondere NRO, die die Ziele Umweltschutz, Ernährungssicherung, Tierschutz und Gesundheitsförderung verfolgen, potentiell Interesse an einer Reduktion des Fleisch-, Milch- und Eikonsums. Studien über NRO in Schweden, Kanada und den USA weisen jedoch darauf hin, dass Umweltorganisationen sich in ihrer Arbeit für eine Begrenzung des Klimawandels nur in begrenztem Umfang für eine pflanzenbetonte Ernährungsweise einsetzen. Aufgrund der o. g. mehrdimensionalen Folgen eines hohen Konsums tierischer Lebensmittel weitet vorliegende Arbeit den Erhebungsumfang aus und umfasst die Untersuchung von deutschen Umwelt-, Welternährungs-, Gesundheits- und Tierschutzorganisationen in Hinblick auf deren Einsatz für eine Reduktion des Fleisch-, Milch- und Eikonsums. Die Erhebung umfasst die Untersuchung von 34 der wichtigsten deutschen NRO mittels Material- und Internetseitenanalyse, vertiefende leitfadengestützte Expert*inneninterviews mit 24 NRO sowie eine Fokusgruppendiskussion zur Ergebniskontrolle, wobei das zentrale Element dabei die Expert*inneninterviews darstellen. Insgesamt entspricht der Forschungsprozess der Grounded Theory Methodologie (GTM), einem ergebnisoffenen, induktiven Vorgehen. Die Forschungsfragen umfassen neben der Analyse des aktuellen Umfangs des Einsatzes für eine pflanzenbetonte Ernährungsweise insbesondere die Einflussfaktoren auf diesen Umfang sowie die umgesetzten Handlungsstrategien für eine Reduktion des Konsums tierischer Lebensmittel. Entsprechend der GTM steht am Ende des Forschungsprozesses vorliegender Arbeit ein Modell, das die Erkenntnisse in einer verdichteten Kernkategorie zusammenfasst. Als zentrales Ergebnis der Erhebung kann das 'Modell der abwägenden Bestandssicherung' gesehen werden. Es weist, in Übereinstimmung mit der Literatur, darauf hin, dass NRO als Teil der Gesellschaft von der Außenwelt abhängig sind, d. h. von ihren Mitgliedern und staatlichen wie privaten Geldgeber*innen, aber auch von parallel agierenden NRO, Medien und gesellschaftlichen Entwicklungen. Dies kann unter der Überschrift der 'Einstellung relevanter Interessensgruppen' zur Thematik der tierischen Lebensmittel gefasst werden. Auf der anderen Seite steht die 'Einstellung der Mitarbeitenden' einer NRO, da die Themenaufnahme der Problematik eines hohen Fleisch-, Milch- und Eikonsums auch davon abhängt, welche Bedeutung die Mitarbeitenden dieser Thematik zusprechen und inwiefern sie bereit sind sie in das Maßnahmenportfolio aufzunehmen. Wenn sowohl die Interessensgruppen als auch die Mitarbeitenden einer NRO der Themenaufnahme befürwortend gegenüber gestellt sind, so ist ein umfassender Einsatz für eine Reduktion des Konsums tierischer Lebensmittel von dieser NRO zu erwarten. Dies trifft in vorliegender Erhebung vorwiegend auf Tierschutzorganisationen und einige Umweltorganisationen zu. Der gegenteilige Fall einer fehlenden Thematisierung tierischer Produkte tritt ein, wenn weder relevante Interessensgruppen, noch die Mitarbeitenden einer NRO die Themenaufnahme befürworten oder als dringlich erachten. Dies kann insbesondere bei Welternährungs- und Gesundheitsorganisationen beobachtet werden. Wenn die Mitarbeitenden einer NRO die Thematisierung der Problematik tierischer Lebensmittel befürworten, die relevanten Interessensgruppen jedoch ablehnend gegenüber derartigen Maßnahmen stehen, ist eine zurückhaltende Thematisierung zu erwarten, die sich auf Informationstexte bspw. auf den Internetseitenauftritten der NRO beschränkt. Dies ist v. a. bei Umwelt- und Welternährungsorganisationen erkennbar. Der vierte Fall, dass die Interessensgruppen einer NRO für eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte eintreten würden, nicht jedoch die Mitarbeitenden der NRO, konnte in vorliegender Erhebung nur in Ansätzen bei Umweltorganisationen beobachtet werden. Der Hauptgrund, warum NRO, insbesondere Welternährungs- und Gesundheitsorganisationen, die Problematik des hohen Konsums tierischer Produkte nicht oder nur in geringem Umfang aufnehmen, liegt in der o. g. Abhängigkeit der NRO von öffentlichen Geldgeber*innen, wie auch von privaten Spender*innen und Mitgliedern ('Einstellung relevanter Interessensgruppen'). Weitere Faktoren umfassen bspw. die Arbeitsteilung wie auch den Wettbewerb zwischen NRO, insofern dass auf andere NRO verwiesen wird und Nischen für eigene Themen gesucht werden. Neben den Gründen für den Umfang der Thematisierung des hohen Konsums tierischer Lebensmittel wurden auch Strategien erfragt, die die NRO anwenden um denselben zu senken. Hierbei wurde insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit in verschiedenen Ausrichtungen genannt und als sehr wirksam eingeschätzt. Vor allem emotional ausgerichtete, positiv formulierte, zielgruppenspezifische und anschaulich dargestellte Kampagnen können als effektiv eingeschätzt werden. Auch politische oder juristische Maßnahmen, wie Lobbyismus oder Verbandsklagen werden von den NRO durchgeführt, wobei die befragten NRO auf der bundespolitischen Ebene derzeit kaum Potential sehen Änderungen herbeizuführen; auf Regionen- oder Länderebene jedoch realistischere Einflussmöglichkeiten sehen. Als nächste Schritte für NRO im Sinne einer (verstärkten) Thematisierung der Problematik tierischer Lebensmittel können folgende Maßnahmen geraten werden: • Eine Erhebung der Meinung von Mitgliedern und Spender*innen zu der o. g. Themenaufnahme in das Maßnahmenportfolio der jeweiligen NRO. Dies ist insbesondere bei NRO sinnvoll, die unsicher über die Reaktion ihrer Mitglieder und Spender*innen auf einen Einsatz für eine Reduktion des Konsums tierischer Produkte sind. • Eine Prüfung von alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, die eine Abhängigkeit von staatlichen Geldern verringern. Hierdurch würde der Bedeutung von NRO als Teil des Dritten Sektors neben Politik und Wirtschaft gerecht und die Einflussmöglichkeiten auf dieselben erhöht. • Eine vermehrte Kooperation zwischen NRO innerhalb einer Disziplin und zwischen Disziplinen, sodass bspw. im Rahmen eines Netzwerkes aufeinander verwiesen werden kann. Dies ermöglicht die Einhaltung der jeweiligen Organisationsphilosophien und Kernkompetenzen trotz Zusammenarbeit mit NRO, die andere Herangehensweisen an die Förderung einer pflanzenbetonten Ernährungsweise verfolgen. Zudem ermöglicht diese Netzwerkbildung eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit mit dem ökonomischen und politischen Sektor. • Die Anerkennung der Handlungsfähigkeit von NRO als Pionierinnen des Wandels. Als Dritter Sektor neben der Politik und Wirtschaft kommt NRO eine große Bedeutung in der Beeinflussung gesellschaftlicher Prozesse, insbesondere auf zwischenstaatlicher Ebene zu. Auch komplexe Themen und, angesichts der Überschreitung der planetaren Grenzen, dringliche weltumfassende Themen können von kleinen, regionalen NRO aufgegriffen werden. • Die Fortführung von bewährten Maßnahmen zur Reduktion des Konsums tierischer Produkte, wie verschiedene Formen der Öffentlichkeitsarbeit, kann als sinnvoll erachtet werden. Hinzu können neue Inhalte genommen werden, wie bspw. die Förderung eines achtsamen Konsumstils durch naturnahe Lernorte. Für eine Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu Verhaltensänderungen hinsichtlich nachhaltiger Konsumstile ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen sinnvoll. Diese Erkenntnisse hinsichtlich der Gründe für eine Thematisierung der Problematik tierischer Produkte durch NRO lassen sich evtl. auch auf andere Themen übertragen, die von NRO aufgegriffen werden können, wie bspw. die Kritik an Flugreisen. Zudem ist es denkbar, dass die auf Deutschland beschränkte Analyse auch auf weitere, insbesondere westlich geprägte Länder übertragen werden kann. ; Sustainable development facilitates a permanently pursuable development which is within the ecological earth system. Through the worldwide population growth, the increasing wealth and unsustainable lifestyles the ecological limits are about to be or are already exceeded, so that future generations as well as parallel living generations haven't got the same possibilities to meet their needs as those living in current developed nations. Agricultural production contributes a high share to this threat to and exceedance of planetary boundaries, as in particular the high and further increasing consumption of animal source products has numerous ecological but also social and health consequences. One of the basic problematic aspects of animal source products is the high energy loss during the processing from plant animal feed to meat and dairy products. As a result large intensively used agricultural areas are necessary to feed animals leading to biodiversity loss, greenhouse gas emissions, land grabbing and health problems due to pesticide usage. Furthermore, high water usage, competition between food and fodder, as well as inhumane treatment of animals, and threats to human health by e.g. coronary heart diseases and antibiotic resistance are consequences of a meat-rich diet. Reasons for this high and increasing animal product consumption include personal, social, economic and political as well as structural factors, whereby in the thesis at hand the focus lies on people which are shaped by a Western European culture. Personal and social barriers to a reduced consumption of animal source food mainly include a lack of knowledge, the psychological phenomenon of cognitive dissonance, a lack of consciousness as well as the pressure of social norms. Political and economic barriers comprise the growth-oriented economy, a lack of price incentives for a sustainable consumption as well as an infrastructure which facilitates the consumption of animal source products. Non-governmental organizations (NGOs) as part of the so called Third Sector, besides politics and economy, and representatives of the society are a vital player in national and international governance. They are mostly supported by the society or at least by parts of it and can put pressure on political and economical protagonists through public relations activities and other means. Thus, NGOs as potential interface between society, politics and economy are one promising player for reducing animal product consumption. Due to the above named multidimensional consequences of a high consumption of animal source products especially NGOs targeting to protect the environment, improve the world nutrition situation, care for animal ethics and enhance the health status are potentially interested to reduce the consumption of meat, dairy and eggs. However, according to previous studies in Sweden, Canada and the U.S., there is a limited degree of engagement in encouraging reduced meat consumption of environmental NGOs in light of climate change. Due to the multidimensional consequences of animal source products in the thesis at hand the coverage of analysis is extended and includes the investigation of German environmental, food security, health and animal welfare organizations regarding their commitment to a reduced consumption of animal products. Research consists of a material analysis of 34 NGOs, 24 expert interviews with NGO staff and a focus group discussion testing the preliminary results of the interviews, whereby the central element is the expert interviews. Overall the research process complies with the Grounded Theory Methodology (GTM), which is an inductive procedure without fixed expectations regarding the results. In particular, the research questions include, besides the analysis of the current scope of the commitment to a plant-based nutrition, the influencing factors on this scope as well as the kind of strategies of action for a reduced consumption of animal source products. In accordance to the GTM a new model has been developed as final result of the research process which summarizes the findings in a compact core category. As central result of the research the 'model of the weighing of existence-securing' can be presented. In compliance with previous literature it indicates that NGOs as part of the society are dependent on their environment, i. e. on their members as well as public and private funders, but also on parallel existing NGOs, the media and societal developments. This can be summarized under the headline 'attitude of relevant stakeholders' to the theme of animal source products. On the other side, the 'attitude of the staff' of a NGO can be named as influencing factor, as the thematisation of the problematic of the high animal product consumption is also dependent on the importance which is awarded to this topic by the staff members and in how far they are ready to include the topic in their portfolio of action. In case of the support of the topic by both the stakeholders and the staff members of a NGO, a comprehensive thematisation of the problematic of animal source products can be expected from the respective NGO. In the investigation at hand, this is mainly true for animal welfare and environmental organisations. The contradictory case of no thematisation occurs if neither relevant stakeholders nor the staff members of a NGO support the urgency and thematisation of the reduced animal product consumption. This case can be observed mainly for food security and health organisations. If staff members of a NGO are in favour of the thematisation of the problematic of animal source products, but the stakeholders reject such measures, a restrained thematisation can be expected, which is limited to information texts e. g. on the website of the respective NGO. This is mainly for some environmental and food security organization observable. The fourth case, in which stakeholders are in favour of the thematisation, but staff members aren't, is merely true for some environmental organisation in the analysis at hand. The main reason for a restrained plaid for a reduced consumption of animal source products, mainly by food security and environmental organisations, can be detected in the dependence on financial means from the government, donors and members ('attitude of relevant stakeholders'). But there are also factors like the division of responsibility and the competition between NGOs which impede an engagement in reducing animal product consumption, as NGOs refer to other NGOs or are search for own thematic niches. Besides the reasons for the scope of animal product thematisation by NGOs, strategies of the NGOs advocating a reduced animal product consumption has been analysed. These strategies include mainly public relations work in different variants, which is estimated by the NGOs to be highly effective. In particular emotionally created, positively formulated, target group specific and vividly presented campaigns can be rated as effective. In addition political and legal measures like lobbying or representative actions are named by the interviewed NGOs, whereby they don't see any potential for change on the federal level but on regional or provincial level. As next steps for NGOs according to the reduction of the consumption of animal source products, the following measures can be advised: • A survey about the opinions of the members and donators about the inclusion of the above named topic into to portfolio of measures. Particularly this is relevant for NGOs which are not sure about the reaction of their members and donators to their commitment to a reduced consumption of animal product consumption. An analysis of alternative possibilities of the origin of financial means, which minimize the dependence on public funds. Through this change of the origin of financial means NGOs would satisfy their meaning as part of the Third Sector besides politics and the economy and would increase their possibilities of influencing them. • An increased cooperation between NGOs of the same discipline as well as between different disciplines, so that they can e.g. refer to each other within a network. This enables NGOs to follow their respective organisational philosophy and core competences while at the same time allows cooperating with NGOs following a different approach to foster a plant-based way of nutrition. In addition, this creation of networks facilitates an increased competitiveness with the economic and political sector. • The acknowledgement of NGOs possibilities for action as agents of change. As part of the Third Sector besides politics and the economy, NGOs have a high importance in the influencing of social developments, especially on the interstate level. Complex topics as well as – due to the exceedance of planetary boundaries – urgent global topics can be thematised both by small, regional and large, international NGOs. • The continuation of proven measures aiming to reduce the consumption of animal source products, like different kinds of public relations work, is reasonable. In addition, new contents can be included, like e. g. the fostering of a conscious style of consumption through learning facilities close to nature. For an implementation of scientific findings about behaviour change regarding sustainable styles of consumption an improved cooperation of NGOs and research institutions is recommendable. These findings regarding the reasons for the thematisation of the problematic of animal source products through NGOs might be able to be transferred to other topics, which are thematised by NGOs, like e. g. the criticism on air travels. Furthermore, it is conceivable to transfer the findings about German NGOs to other countries, especially Western characterised countries.
Mit den steigenden Anteilen der Wind- und Solarstromerzeugung als fluktuierenden erneuerbaren Energien (FEE) wurden in den vergangenen Jahren aus der Energiewirtschaft, der Wissenschaft und Politik Forderungen laut, die FEE im Interesse einer effizienteren Förderung "besser" in die liberalisierten Strommärkte zu integrieren (sog. Marktintegration der EE). Gefordert wird u. a., dass die FEE in Zukunft ähnlich wie die thermischen Kraftwerke ihre Stromproduktion an den Preissignalen der Großhandels-Strommärkte ausrichten, um somit zum besseren Ausgleich von Angebot und Nachfrage beizutragen. In die Diskussion zur grundlegenden Reform des EEG 2014 wurde u. a. die Einführung einer fixen statt variablen Marktprämie, einer kapazitiven Vergütung sowie die wettbewerbliche Ausschreibung anstatt administrativer Förderhöhen eingebracht. Investitionen in FEE-Anlagen als kapitalintensive Technologien sehen sich jedoch bei verstärkter Marktintegration unter den heute vorherrschenden Marktbedingungen – die primär auf einen thermischen Kraftwerkspark ausgelegt sind - zunehmenden Investitions- und Betriebsrisiken ausgesetzt, die durch Risikoaufschläge bei Eigen- und Fremdkapital in die Investitionskosten eingepreist werden. Neben steigenden Preisrisiken durch stärkere Preisvolatilitäten bei höheren FEE-Anteilen ergeben sich in Abhängigkeit der Förderinstrumente jedoch auch neue Mengenrisiken, da mit der Einführung der FEE-Direktvermarktung diese bei entsprechend niedrigen Preisen marktgetrieben abgeregelt werden. Durch den bereits in der Vergangenheit nachgewiesenen Merit-Order-Effekt und den Marktwertverlust der FEE durch den sog. Gleichzeitigkeitseffekt, stellt sich damit die Frage, ob sich ein System mit hohen Anteilen an FEE zukünftig rein marktendogen auf Basis eines Grenzkostenmarktes refinanzieren lässt. Mit Hilfe des im Rahmen der Dissertation weiterentwickelten agentenbasierten Strommarktmodells AMIRIS wurden zur Beantwortung der Fragestellung unterschiedliche Szenarioanalysen durchgeführt und auf der Akteurs- und Systemebene ausgewertet. Die stündlich aufgelösten Simulationsläufe von 2015-2035 zur Entwicklung der Refinanzierungsbedingungen der FEE, der FEE-Marktwerte sowie der assoziierten Fördereffizienz zur Erreichung der FEE-Ziele bei Anwendung einer variablen oder fixen Markt- sowie Kapazitätsprämie kommen dabei zu dem Ergebnis, dass die Refinanzierung eines allein marktendogenen Ausbaus von FEE-Anlagen unter den Bedingungen eines grenzkostenbasierten Strommarktes nicht möglich ist. Dies liegt primär an den zunehmend marktgetrieben abgeregelten Strommengen sowie den Marktwertverlusten durch den Gleichzeitigkeitseffekt. Problem ist hierbei, dass keiner der Anlagenbetreiber zum Zeitpunkt der Investition realistisch abschätzen kann, welcher Anteil der meteorologisch erzeugbaren Strommenge sich letztendlich am Markt absetzen lässt. Denn die vermarktbaren Strommengen hängen nicht nur vom Förderinstrument, sondern vor allem von der zukünftigen Flexibilität im System ab. Hinzu kommt, dass sich im Referenzszenario mit keinem der diskutierten Instrumente auch nur annäherungsweise die EE-Ausbauziele bis 2035 erreichen lassen. Zusätzlich kommt es beim derzeit implementierten EE-Direktvermarktungssystem über die Strombörse mit Wettbewerb zwischen den dezentralen Direktvermarktern bei der variablen Marktprämie zu ineffizienten Abregelungsentscheidungen, da in diesem Förderregime der Anreiz besteht, die stromgestehungskostentechnisch günstigsten FEE-Anlagen als erstes abzuregeln. Mit zunehmendem Anteil der FEE-Einspeisung wird es zukünftig bei einem dezentralen Direktvermarktungssystem außerdem zu hohen Informationsasymmetrien und damit einer ineffizienten Preisbildung im Stromgroßhandel kommen. Dies liegt an der Unkenntnis anderer Marktteilnehmer über die dezentrale Entscheidung abzuregelnder FEE-Mengen. Ein zentrales Direktvermarktungssystem mit einem sog. 'Single-Buyer'-Konzept könnte hier Abhilfe schaffen. Entgegen der vorherrschenden ökonomischen Theorie erweist sich die variable Marktprämie jedoch in allen untersuchten Szenarien als dynamisch effizienter als eine fixe Marktprämie, die wiederum effizienter wirkt als eine variable und fixe Kapazitätsprämie. Den größten Einfluss auf die absoluten als auch relativen Marktwerte der FEE; haben neben den Förderinstrumenten in absteigender Reihenfolge vor allem neue Stromverbraucher (P2X), ein zentrales statt dezentrales Direktvermarktungssystem, ein gleichmäßigeres Ausbauverhältnis zwischen Wind- und PV-Anlagen, eine gleichmäßigere Verteilung der Windanlagen zwischen Nord- und Süddeutschland, der flexible Einsatz von Biomasseanlagen, der Einsatz von Strom-zu-Strom-Speichern und zu relativ kleinen Anteilen auch eine systemdienlichere Auslegung der Anlagen (Schwachwindanlagen). Bessere Anreize zur Hebung der Flexibilitätspotentiale und damit bessere Integrationsmöglichkeiten der FEE bietet die Integration über die Stromvertriebe statt über den Stromgroßhandel. ; With the increasing shares of wind and solar power generation as variable renewable energies (VRE), demands have been made in recent years from the energy industry, science and politics to integrate the VRE 'better' into the liberalised electricity markets in the interest of more efficient promotion (so-called market integration of renewables). One of the demands is that the VRE, like thermal power plants, should in future align its electricity production with the price signals of the wholesale electricity markets in order to contribute to a better balance between supply and demand. The discussion on the fundamental reform of the EEG 2014 included the introduction of a fixed instead of a variable market premium, a capacitive remuneration and a competitive tendering procedure instead of administrative subsidy amounts. Investments in VRE plants as capital-intensive technologies, however, are exposed to increasing investment and operating risks under today's prevailing market conditions - which are primarily designed for a thermal power plant park - as a result of increased market integration. In addition to rising price risks due to greater price volatility in the case of higher VRE shares, there are also new volume risks, depending on the support instruments used, as the introduction of VRE direct-marketing means that the power can be curtailed on a market-driven basis at correspondingly low prices. The merit order effect already proven in the past and the loss in market value of VRE due to the so-called simultaneity effect raise the question of whether a system with a high shares of VRE can be refinanced purely marketendogenously on the basis of a marginal cost market in the future. With the help of the agent-based electricity market model AMIRIS, which was further developed within the framework of the dissertation, different scenario analyses were carried out to answer the question and evaluated at the actor and system level. The hourly resolved simulation runs of 2015-2035 for the development of the refinancing conditions of the VRE, the VRE market values as well as the associated support efficiency in order to achieve the VRE targets with the application of a variable or fixed market and capacity premium come to the conclusion that the refinancing of a market endogenous expansion of VRE plants is not possible under the conditions of a marginal cost based electricity market. This is primarily due to the increasingly market-driven curtailment of VRE electricity volumes and the loss of market value due to the simultaneity effect. The problem here is that none of the plant operators can realistically estimate at the time of the investment what share of the meteorologically producible quantity of electricity can ultimately be sold on the market. This is because the quantities of electricity that can be marketed depend not only on the funding instrument, but above all on the future flexibility of the system. In addition, none of the instruments discussed in the reference scenario can even come close to achieving the renewable energy expansion targets by 2035. In addition, the currently implemented direct marketing system for renewables via the power exchange with competition between the decentralised direct marketers leads to inefficient curtailment decisions with regard to the variable market premium, since in this support regime there is an incentive to curtail the VRE plants with the lowest levelized-cost of electricity (LCOE) first. As the share of VRE increases, a decentralised direct marketing system will in future also lead to high information asymmetries and thus inefficient pricing in electricity wholesale. This is due to the unawareness of other market participants about the decentralised decision to curtailment VRE volumes. A central direct marketing system with a so-called 'single buyer' concept could remedy this situation. Contrary to the prevailing economic theory, the variable market premium proves to be dynamically more efficient than a fixed market premium in all scenarios examined, which in turn is more efficient than a variable and fixed capacity premium. The greatest influence on the absolute as well as relative market values of the VRE is exerted in descending order by new electricity consumers (P2X), a central instead of decentralised direct marketing system, a more even expansion ratio between wind and PV plants, a more even distribution of wind plants between northern and southern Germany, the flexible use of biomass plants, the use of electricity to electricity storage units and to relatively small proportions also a more system-oriented design of the plants (weakwind turbines). Better incentives to increase the flexibility potentials and thus better integration possibilities of the VRE are offered by the integration via the electricity utilities instead of the wholesale market.
In der Diskussion um Bedingungen des schulischen Lernerfolgs von Kindern konnte v.a. der Familie als primärer Sozialisationsinstanz eine entscheidende Rolle nachgewiesen werden. Die enge Kopplung von sozialer Herkunft und Schulerfolg hat weitreichende Folgen: Wie anhand der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung wiederholt gezeigt werden konnte, liegen Viertklässlerinnen und Viertklässler aus Elternhäusern der untersten Sozialschicht im Leseverständnis etwa eine halbe Standardabweichung hinter ihren Mitschülerinnen und Mitschülern der obersten Sozialschicht, was in etwa dem Leistungszuwachs eines Schuljahres entspricht. Dies wurde zum Anlass genommen zu analysieren, ob und wie Schule diesem Herkunftseffekt ausgleichend begegnen kann. Dabei wurde der Fokus auf das Konzept der individuellen Förderung gelegt, welches spätestens seit der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse 2001 starke Popularität erfährt und als Schlüssel zur Lösung bildungspolitischer und pädagogischer Probleme Eingang in fast alle Schulgesetze der Bundesländer erfuhr. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass der heterogenen Zusammensetzung der Schülerschaft durch die Anpassung der Lernsituationen an ihre individuellen Lernvoraussetzungen, Leistungsniveaus, aber auch an ihre Interessen und Begabungen, wie sie die individuelle Förderung charakterisieren, angemessen begegnet werden kann. In den wenigen bisher zu diesem Themengebiet vorliegenden Forschungsarbeiten zeigt sich ein uneinheitliches Bild der Wirkung individueller Förderung, welches v.a. darauf zurückgeführt werden kann, dass ihr unterschiedliche Definitionen unterliegen. Eine Tendenz zeichnet sich dahingehend ab, dass vor allem die affektiv-motivationale Entwicklung der Lernenden von adaptivem Unterricht profitiert, für kognitive Charakteristika des Schulerfolgs konnte dies weniger deutlich festgestellt werden. Offen bleibt bisher, ob individuelle Förderung ebenfalls eine Möglichkeit darstellt, dem Herkunftseffekt ausgleichend zu begegnen. Dabei wird hier auf Grundlage insbesondere von lernpsychologischen und neurowissenschaftlichen Befunden argumentiert, dass neu zu Lernendes an bestehende Wissensbestände anknüpfen und für den Lernenden von Bedeutung sein sollte, damit eine aktive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand initiiert und Lernprozesse aufrechterhalten werden. Erreicht werden könnte dies durch die Anpassung des Unterrichts an die Lernvoraussetzungen, Fähigkeiten und Interessen der Schülerinnen und Schüler, wie es in individualisierten Settings der Fall ist. Dann – so die Annahme – könnte herkunftsbezogenen Lernbedingungen von Schülerinnen und Schülern weniger prognostische Relevanz für das Lernen und mit ihnen den Schulerfolg beikommen als dies bisher der Fall ist. Ziel dieser Untersuchung war es demzufolge, in einem Mehrebenenstrukturgleichungsmodell die Moderation des Herkunftseffekts durch individuelle Förderung im Unterricht, ebenso wie ihr direkter Einfluss auf Merkmale des Schulerfolgs zu untersuchen. Herangezogen wurden hierfür die Daten der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung aus 2011. Insbesondere hinsichtlich des Herkunftseffekts ergab sich ein unerwarteter Befund: Dieser variiert – zumindest hinsichtlich des Einflusses der sozioökonomischen Stellung der Eltern und der häuslichen Lesesozialisation auf die Leseleistung und das Leseselbstkonzept – nicht zwischen den Klassen, kann also durch Merkmale, die sich wie die individuelle Förderung zwischen den Klassen unterscheiden, nicht moderiert werden. Mit der Leseleistung der Schülerinnen und Schüler steht das adaptive Unterrichten in einem leicht negativen Zusammenhang, alle anderen diesbezüglichen Effekte unterschieden sich nicht bedeutend von Null. Interpretiert wurde dieser negative Effekt unter anderem dahingehend, dass Maßnahmen der individuellen Förderung möglicherweise gerade dann ergriffen werden, wenn das durchschnittliche Leistungsniveau einer Klasse gering ist. Allerdings können solche Ursache-Wirk-Zuschreibungen anhand von Querschnittdaten nicht überprüft werden. Abgeleitet wurde daraus ein deutlicher Bedarf an vertiefenden Untersuchungen auf Basis von Längsschnittdaten. Darüber hinaus zeigte sich in den theoretischen wie empirischen Betrachtungen dieser Arbeit, dass individuelle Förderung bislang kaum im Unterricht implementiert ist, was vor allem auf das Fehlen eines entsprechenden Konzepts sowie Förderinstrumenten zurückgeführt wurde. Entsprechende bildungsadministrative wie schulpraktische Implikationen dieser Arbeit beziehen sich daher auf die Entwicklung eines solchen Konzepts und entsprechender didaktischer Handlungsrahmen für deren Implementation im Unterricht. Diesen müsste eine empirische Überprüfung ihrer Wirksamkeit und eine dahingehende Anpassung der Lehreraus- und -fortbildung folgen, um den berichteten Unsicherheiten der Lehrenden, Maßnahmen individueller Förderung zu ergreifen, zu begegnen und der bildungspolitischen Forderung nach adaptivem Unterricht nachzukommen. ; In the discussion on conditions of school achievement it is evident that in Germany, achievement and achievement-related attitudes of students are highly influenced by family characteristics such as their socio-economic situation. One predominant finding shows that, in reading literacy, fourth graders with the lowest social background rank about half a standard deviation below children with the highest social background – which equals the learning and achievement gains of one whole year of schooling. Such findings elucidate the significance of the so-called effect of social origin. Hence, the focus of this analysis was put on if and how schools can compensate this effect. With regards to recent discussions that derived from the publication of the PISA results in 2001, the focal point was put on adapted teaching. This didactical approach has gained strong popularity as the key for the solution of educational as well as pedagogical problems and was implemented into nearly all of the sixteen federal school laws in Germany. It is based on the assumption that by adapting the teaching to the learning dispositions, abilities, learning conditions as well as interests and talents of the individual learner, the heterogeneous learning conditions and skill levels that teachers face in classrooms can be met. Research studies that focus on the effects of adapted teaching are scarcely available and show a mixed picture, which can be explained by the varying definitions that underlie the didactical setting. Two tendencies show: Adapted teaching seems to have a slight positive effect on affective-motivational student characteristics; for cognitive aspects, the effect does not show as clearly. Whether adapted teaching can also influence the effect of social origin remained open so far and was subject to the work presented here. Based on psychological and neuroscientific research findings it is argued that the matters to be learned need to be linked to already existing knowledge and of importance to the individual learner for them to actively engage with the matter and to sustain learning processes. This can be achieved by adapting the teaching to the individual learning dispositions, abilities and interests of the students. In theory, such settings might then reduce the prognostic relevance that the social origin has for learning and school achievements of children and young adults. The aim of this study was to analyse the moderating influence of adapted teaching on the effect of social origin as well as its direct influence on characteristics of academic success. Such relationships were tested by multilevel structural equation models on the basis of data from the Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS) and its national extension (IGLU-E). Since established frame models of school achievement show that teaching does not directly result in learning outcomes among students, two facets of the perception of the school learning environment were also added to the model. Particularly regarding the effect of social origin, the analysis resulted in unexpected findings: The effect does not differ between classes (at least not for the influence of the socio-economic status and the home literacy environment of families on reading literacy and the self-concept in reading of fourth graders) and as a consequence can't be moderated by school-related characteristics that vary between classes, such as adapted teaching. In addition, adapted teaching shows a negative relationship with the reading achievement of the students; all other related effects do not differ significantly from zero. The negative regression coefficient was (amongst other possible explanations) inversely interpreted: Measures of adapted teaching might be taken especially when the average reading ability of a class is low. However, such cause- and outcome-attributions can't be tested on the basis of cross-sectional data as they are used in the analysis presented in this work; further in-depth studies, especially with longitudinal data are needed. In the theoretical framework as well as in the empirical analysis it furthermore showed that adapted teaching is not yet fully implemented in the classroom. This was attributed mainly to the lack of a corresponding concept and instruments of adapted teaching. Therefore, administrative and practical implications of this study focus on the development of such a concept and related didactical frameworks for its implementation in the classroom. This needs to be followed by an empirical evaluation of its effectiveness and – after its verification – its inclusion in teacher education and training. This, in turn, could not only help to meet the call by educational policy makers but could also support teachers in reducing the insecurity they report when applying measures of adapted teaching.