"Der auf die 'institutionelle Steuerung von Wirtschaft' gerichtete Governance-Ansatz geht davon aus, dass nationale Ökonomien in ein Bündel nichtmarktförmiger Koordinationstypen (wie Firmenhierarchien, Netzwerke, Verbände und Staat) eingebettet sind. Die Governance-Forschung fragt nach der Konfiguration von Governance-Typen in sektoralen, regionalen oder nationalen Produktionszusammenhängen und nach deren komparativen Leistungsvorteilen. Die wachsende Integration von Märkten scheint jedoch Spielräume für kapitalistische Vielfalt zu reduzieren und Länder mit einer eher marktförmigen Organisation ihrer Wirtschaft zu begünstigen. Während die international vergleichende Governance-Forschung auch weiterhin von einer Stabilität nationaler Wirtschaftskontexte ausgeht, sieht eine jüngere, vorwiegend auf Deutschland bezogene Debatte nationale Ökonomien erheblichen Wandlungsprozessen unterworfen. Der vorliegende Beitrag vermittelt einen Überblick über den Verlauf der Governance-Diskussion und setzt sich kritisch mit den Vor- und Nachteilen des Varieties-of-Capitalism-Ansatzes auseinander. Abschließend wird für eine stärker prozess- und akteurorientierte Forschungsperspektive plädiert, die Antriebskräfte, Mechanismen und Dimensionen des Wandels kapitalistischer Institutionen in den Mittelpunkt stellt." (Autorenreferat)
Seit den letzten Jahrzehnten gibt es grundlegende Veränderungen in vielen Bereichen von Governance. Die Gründe für diese Veränderungen sind neue Themenbereiche in der Politik sowie neue Vorstellungen darüber, wie die Regierung regieren soll. Die neuen Aufgabengebiete betreffen Bereiche wie Klimaveränderung, Asyldiskussionen, die Globalisierung des sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Lebens, das organisierte Verbrechen und die soziale Sicherheit. Auf Grund dieser Tendenzen entsteht die Notwendigkeit der Anpassung von Governance an die gegebenen Umstände. Die Veränderung von Governance bringt neue Phänomene wie Deregulation, Dezentralisation, den Rückzug der Regierung, Privatisierung und die Reorganisation der Bürokratie mit sich. Eine der wichtigsten Neuerungen im politischen Leben ist der gegenwärtige Umbruch in der Art und Weise, wie Regeln, Programme und Prozesse für die Lenkung der Gesellschaft entwickelt werden. In der Vergangenheit spielte die Regierung bei der Lenkung der Gesellschaft eine vorherrschende Rolle. Doch Zeit und Umstände haben sich verändert. Die Politikformulierung und Implementation wird nicht länger von der Regierung dominiert. Vielmehr wird versucht, diese Lenkungsfunktion mit anderen Parteien/Organisationen zu teilen bzw. diese Funktion ganz zu übertragen. Das Entstehen neuer Arten von Governance ist die Konsequenz daraus. All diese Gegebenheiten führen zu neuen Standards in der Regierungsführung. Sowohl in den Entwicklungsländern, als auch in den Industrieländern erwarten die Bürger bessere Leistungen von Seiten der Regierung. Das Bewusstsein über die enormen Kosten von Missmanagement und Korruption ist erheblich gestiegen. Die Weltbank, wie auch andere internationale Organisationen haben die Aufgabe, die ohnehin schon knappen Mittel jenen Verwaltungen zuzuteilen, denen es gelingt, sie am effizientesten einzusetzen. Diese Entwicklung wirf ein neues Interessensfeld auf: die Messung der Qualität von Governance. Der steigende Wunsch nach Messung der Performance von Governance führt zu der Suche nach neuen Praktiken und dem unvermeidlichen Vergleich, ob das was in Land X funktioniert auch in Land Y erfolgreich ist. Durch die Messung wird das Handeln der Verwaltungen transparent und die Bürger bekommen ein Bild darüber, welche Leistungen ihre Verwaltung/Regierung vollbringt. Der durchschnittliche Bürger will wissen, in welchen Ausmaß die Regierung ihre vorgenommenen Ziele erreicht hat. Werden die Vorhaben der Regierung von den Bürgern unterstützt, ist es wichtig, dass die Bevölkerung die erzielten Ergebnisse auch sehen kann. Sind die Ergebnisse jedoch nicht sichtbar, kann es sein, dass sich die Wähler in der nächsten Wahlperiode für eine neue Regierung entscheiden. Des weiteren ist die Messung der Qualität der Regierung nicht nur für die Bürger des betreffenden Landes von Bedeutung. Auch Geschäftspersonen sind an diesem Themenbereich interessiert, um eine Entscheidungshilfe zu bekommen, wenn es um die Frage der Internationalisierung der Unternehmenstätigkeit geht. Regierungsbeschäftigte und öffentliche Beamte verlangen nach dieser Outputmessung um herauszufinden, wie effizient sie ihre Aufgabe erfüllen und in welchen Bereichen eventuelle Korrekturen notwendig sind. Internationale Spenderagenturen erwarten sich aus den Beurteilungen Entscheidungshilfen für zukünftige Investitionsentscheidungen. In der Vergangenheit wurden die Mittel der Entwicklungsorganisationen oft auf Grund der Bevölkerungszahl und dem Pro-Kopf Einkommen verteilt. Arme und große Länder erhielten auf Grund dieser Methode mehr als weniger arme und kleine Länder. Nicht zu selten erhielten die kleinsten Länder die größte Hilfe. Des weiteren wurden oft Länder unterstützt, deren Qualität von Governance zu Wünschen übrig lies. Durch den Rückgang der offiziellen Entwicklungshilfe und den Anstieg privater Investoren, Pensionsfonds etc., steigt das Interesse, besonders jene Länder zu unterstützen, die eine "gute Regierungsführung" nachweisen können. Folglich werden Indikatoren verwendet, um die Qualität der Regierungen bzw. der öffentlichen Verwaltungen eruieren zu können. In dieser Arbeit soll ein Überblick über verschiedene Ansätze gegeben werden, mit deren Hilfe es möglich ist, die Qualität von Governance zu messen. Nach der Vorstellung des Governance-Konzeptes und einigen Grundlagen zur Qualitätsmessung mit Hilfe von Indikatoren, werden im folgenden spezielle Ansätze erklärt. Es wird auf den Zweck der genannten Indikatoren eingegangen sowie auf die Methoden, derer sie sich bedienen. Des weiteren wird das Problem der Korruption und die daraus resultierenden Konsequenzen behandelt. Durch verschiedene Länderstudien wird die praktische Anwendung der Indikatoren dargestellt.
Der Forschungsbericht enthält Referate, die anlässlich des gleichnamigen Symposiums vom 29. bis 30. September 2000 am Forschungsinstitut für öffentlich Verwaltung in Speyer gehalten worden sind. Der Referentenkreis setzte sich unter anderem aus Mitgliedern des Arbeitskreises "Entwicklung und Verwaltung" zusammen, ein eher informaler Zusammenschluss von Persönlichkeiten aus der Verwaltungspraxis, von entwicklungspolitischen Vollzugsorganisationen, Stiftungen, Universitäten, Hochschulen, der die freie Diskussion einschlägiger Themen pflegt. Das Symposium zieht zugleich eine Zwischenbilanz zu dem von Univ.-Prof. Dr. Dr. Klaus König seit Beginn 1999 geleiteten Forschungsprojektes "Staat und Verwaltung aus globaler Sicht: Die Perzeption der Vereinten Nationen, der OECD und der Weltbank". Inhaltlich finden sich sowohl Beiträge zu den verschiedenen Governance-Ansätzen der Vereinten Nationen, der OECD und der Weltbank, als auch Referate zu der Governance-Programmatik verschiedener Durchführungsorganisationen wie der Hans-Seidel-Stiftung, der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung. Weiterhin werden Local Governance und die Erfahrungen mit Dezentralisierungsprojekten thematisiert.
Ende Mai des Jahres 2000 hat Bundeskanzler Schröder die Regierungskommission Corporate Governance eingesetzt. Der Auftrag der Kommission beschränkt sich nicht nur darauf, Vorschläge zur Verbesserung des gesetzlichen Modells der Unternehmensführung und -kontrolle zu erarbeiten. Die Kommission soll sich darüber hinaus auch mit anderen Bereichen des Aktienrechts, etwa der Unternehmensfinanzierung, befassen. Der Autor, Vorsitzender diese Ausschusses, präsentiert in dem Übersichtsartikel die Rahmenbedingungen der Gründung, die Aufgaben und die Ergebnisse der Corporate Governance-Kommission. Bei Corporate Governance geht es um die Steuerung der Großunternehmen, insbesondere der börsennotierten Aktiengesellschaft. Dabei vor allem um die Kontrolle und das Miteinander der Leitungsorgane, also im deutschen Modell von Vorstand und Aufsichtsrat. Das erste Kapitel umfasst die Anlässe und Ursachen für die Gründung der Regierungskommission, wozu (1) die Globalisierung der Kapitalmärkte, (2) die veränderte Aktienkultur in Deutschland, (3) die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie, (4) der Wettbewerb der Regelsysteme sowie (5) die Bedürfnisse von Venture Capital Unternehmen zählen. Das zweite Kapitel widmet sich der Zusammensetzung bzw. den Beratungen der Corporate Governance-Kommission. Das dritte Kapitel dokumentiert den Bericht der Regierungskommission Corporate Governance. Hier stehen die Aspekte (1) Rechte und Pflichten des Vorstands und des Aufsichtsrats, (2) Partizipation und Rechte der Aktionäre und Anleger, (3) Unternehmensfinanzierung, (4) Unternehmenspublizität, (5) Rechnungslegung und Abschlussprüfung sowie (6) die Entwicklung eines Corporate Governance-Kodex' im Mittelpunkt des Interesses. In einem abschließenden Ausblick äußert sich der Autor zu den zukünftigen Entwicklungen im Bereich Corporate Governance, wie beispielsweise dem Reformbedarf der Innen- und Außenhaftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder.