Das vorliegende Papier setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich von Governance geprägte Räume theoretisch-konzeptionell erfassen lassen. Auf der Grundlage einer Differenzierung zentraler Governance-Elemente (Akteure, Strukturen und Prozesse) und anknüpfend an geographische Raumkonzepte schlagen wir drei Anwendungsstrategien zur Analyse vor: Lokalisierung, Relationierung und Regionalisierung. Mit Hilfe dieser Anwendungen lassen sich schließlich Governance-Räume auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus identifizieren, analysieren und theoretisieren. Der vorliegende Beitrag geht erstens davon aus, dass es zur empirischen Erfassung von Governance neuer analytischer Konzepte bedarf, die sich vom methodologischen Nationalismus lösen und mit alternativen Analyseeinheiten arbeiten. Zweitens kommt die Governance- Forschung jenseits und unterhalb des Staates langfristig nicht darum herum, die räumliche Dimension des eigenen Untersuchungsgegenstandes theoretisch und konzeptionell zu reflektieren.
Das vorliegende Papier definiert und diskutiert das Konzept der Economic Governance. Die Kernfrage des Papiers ist, in welcher Form wirtschaftliche Akteure Governance-Leistungen – wie etwa Vertragssicherheit oder Eigentumsrechte – bereitstellen können. Außerdem werden Beispiele aufgeführt, wie der Marktmechanismus gezielt bei politischer Steuerung eingesetzt wird. Dabei wird die aktuelle ökonomische Literatur zu Governance und Institutionen gezielt für die deutsche Governance-Debatte zusammengefasst. Das Papier zeigt, dass private Akteure gerade in Entwicklungsländern fehlende Staatlichkeit durch eigene Governance-Formen ersetzen. Sie schaffen sich selbst die nötigen Rahmenbedingungen ihrer wirtschaftlichen Transaktionen. Auch in entwickelten Ländern gibt es eine Vielzahl solch privater Steuerungsformen wirtschaftlicher Akteure. Diese können als Economic Governance verstanden werden, allerdings nur, wenn sie intentional auf die Ordnungsbildung der Wirtschaft Einfluss nehmen. Die "spontane" Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen durch Märkte kann nicht zu Governance gezählt werden.
Gegenstand dieser kumulativen Habilitationsschrift sind teils publizierte, teils zur Publikation vorgesehen Beiträge zur wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Theoriebildung im Bereich Governance und Public Policy. Die Beiträge befassen sich insgesamt mit theoretischen Grundfragen der Evolution von Staatlichkeit und den institutionellen Bedingungen der Steuerung politisch-ökonomischer Prozesse. Hierbei wird ein theoretisches Feld abgedeckt, dass von der ökonomischen Theorie der Wirtschaftspolitik über die politikwissenschaftliche Theorie des Wohlfahrtsstaates bis hin zur politischen Ökonomie der europäischen Integration reicht. Gemeinsam ist all diesen theoretischen Perspektiven die Zugehörigkeit zum Diskussionszusammenhang des neuen Institutionalismus in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Er wird in der vorliegenden Arbeit vor allem hinsichtlich seiner Erklärungskraft für volkswirtschaftliche und politologische Fragestellungen zu Rate gezogen. Mit den Bezügen zur den Konzepten der Governance und der Public Policy lässt sich die Arbeit daher insgesamt als Beitrag zur aktuellen staats- und steuerungstheoretischen Debatte im ökonomischen und politikwissenschaftlichen Institutionalismus werten. Beide Bereiche sind dann als Pfeiler eines gemeinsamen staatswissenschaftlichen Paradigmas zu verstehen. Die Arbeit setzt sich aus zehn Einzeltexten zusammen. Sieben liegen in englischer Sprache vor, drei in deutscher Sprache. In der vorliegenden kumulativen Habilitationsschrift sind diese Einzelbeiträge systematisch in fünf Teilen mit jeweils zwei Kapiteln angeordnet.
Public well-being is directed to the welfare of all. The state is traditionally the solicitor of this noble good. Its mission is to balance out the different interests of the different social groups. Within this framework, the activities of the different economic actors are of special significance. In times of globalization, economic actors have been enormously dynamised, not always to the benefit of the individual. The much quoted primacy of economy threatens to become far too powerful, influencing all areas of life rather unfavourably. If public well-being is considered a significant social factor, the question of how the different economic agents can contribute to it on an economic level, stands in the foreground. The microeconomic actors can indeed - also because of their different objectives - contribute essentially and in very different ways to public well-being as well as to a prospering economy and society, in spite of all current deficits. There is also a demand for reaction on the political level. More than ever, the state is stipulated to provide ethic bases and to act accordingly in an assortative, long sighted and in the most positive sense of the word regulating way, as well as with social and ecological responsibility.
Seit einigen Jahren stehen Universitäten erneut unter großem Veränderungsdruck – so auch in Deutschland. Das Management von Universitäten verschiebt sich in Richtung unternehmensähnlicher Steuerungsinstrumente (managerial governance). Dieser Veränderungsprozess ist auf der Ebene zwischen Staat und Universitäten sowie innerhalb der Universitäten schon hinlänglich untersucht worden. Der eigentliche "Produktionsprozess" der Wissenschaft findet aber auf der personalen Ebene der Wissenschaftler/innen statt. Deshalb ist zu fragen, ob die neuen Steuerungsformen und Anreize der managerial governance auch handlungswirksam auf der personalen Ebene sind. Für den Bereich der Forschung liegen erste Untersuchungen vor. Der Bereich der Lehre ist aber noch vollständig unerforscht. In diesem Artikel soll deshalb der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen neue Steuerungsinstrumente für die Aufgabenerfüllung im Bereich der Lehre ausüben. Gefragt wird nach den intendierten und nicht intendierten Effekten von managerial gover-nance und academic self-governance auf der individuellen Handlungsebene der Lehrenden. Sind Ziele in der Lehre auf der individuellen Ebene handlungswirksamer, wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intrinsisch motiviert in "Einsamkeit und Freiheit" ihre persönlichen Ziele verfolgen (bei academic self-governance) oder wenn sie qua Zielvereinbarung oder Geldzuweisung für Sachmittel oder im individuellen Gehalt für Zielerreichung belohnt bzw. Zielverfehlung bestraft werden (bei managerial governance)? Macht es also auf der "Produktionsebene" der Lehre einen Unterschied, ob Universitäten in ihrer internen Steuerung eine stärkere Ausprägung bei der managerial governance oder bei der academic self-governance haben? In diesem Artikel wird das theoretische Gerüst zur Beantwortung der Frage gelegt. Empirisch muss es noch durch eine repräsentative Befragung unter deutschen Hochschullehrern/innen abgesichert werden.
Im Unterschied zu einigen anderen Regionen deutet der langfristige Trend für Südasien – die Gesamtheit der Länder Afghanistan, Bangladesch, Bhutan, Indien, Malediven, Nepal, Pakistan und Sri Lanka – nach 1991 nicht in Richtung mehr Demokratie. Die bedeutsame Ausnahme ist Indien, wo sich demokratische Strukturen behaupten. Politische Instabilität und gewaltsame Konflikte sind häufig; die vollständige Durchsetzung des Gewaltmonopols bereitet fast allen Ländern Probleme. Demokratische Legitimation wird von vielen Menschen eingefordert, faktisch existieren demokratische, religiöse und ideologische Formen der Legitimität sowie Klientelismus nebeneinander. Während Kompetenz für makroökonomische Regulierung fast überall zunimmt, gibt es in den Bereichen Sicherheit, Rechtswesen und soziale Wohlfahrt in den meisten Ländern große Defizite. Wirtschaftliches Wachstum bietet Spielräume für Politiken des sozialen Ausgleichs und nachhaltiger Entwicklung, die noch unzureichend genutzt werden.
Während die jungen Demokratien Südostasiens allesamt durch schwere Legitimitätskrisen gekennzeichnet bzw. bereits kollabiert sind, ist das Stabilitätsniveau zumindest einiger Autokratien der Region anhaltend hoch. Gleichwohl ist das staatliche Gewaltmonopol in den meisten Staaten Südostasiens aber lediglich partiell durchgesetzt. Das Potential für breitenwirksame, sozioökonomische Gestaltungsleistungen durch den Staat wird zudem im Gros der südostasiatischen Länder durch die enge, unkontrollierte und intransparente Verflechtung politischer und wirtschaftlicher Eliten gehemmt. Doch angesichts der strategischen Bedeutung Südostasiens und der Heterogenität außenpolitischer Interessen von bedeutenden Drittstaaten in der Region ist ein struktureller Beitrag der Entwicklungspolitik zur Etablierung bzw. Konsolidierung von Demokratie und Rechtsstaat in der Region insgesamt zumindest kurz bis mittelfristig wenig realistisch.
The concept of the globalisation has experienced an astonishing career in the 1990s. By the resolution of the Soviet block and the breakdown of the Berlin Wall the planet seemed to become all together from uniform principles of western-modern life creation interlace. If one wants to bring the spirit of the times of the last turn of the century on the concept, one can say that we have entered into the epoch of the globalisation. There remains to us no other alternative. The concept of the globalisation controls furthermore the headlines, without always becomes clear what is meant with it. Therefore, this present thesis offers an introduction to the topic. Globalisation is a many-faceted process which stamps the societies today radically. A network of growing density has broken open the Partikularismus in all life forms and speeds up in rapid tempo worldwide exchange, adaptation processes and mutual influencing in the area of economy, policy and society. The globalisation has hardened to a Kohärenz which presents itself not only to the focused field of vision of social-scientific analysis, but to the everyday object of experience of the individuals in all parts of the world asserts itself. If these are the technically ingenious possibilities of the globalized transfer of information and flow of communication, the worldwide exchange of persons, goods, services and money, the cultural-covering adjustment and Transfers of consumption customs or the global standardization of perception patterns and values – in all life connections becomes the globalisation immediately perceptible. However, with precise investigation of the globalisation process another picture will appear. Of a globalisation can be spoken only in several times limited sense. While more than 70 percent of the good exports move between the triad (the EU, Japan and the USA), less than 20 percent of the commercial volume are cancelled to nearly three quarters of the world population. The number of the trans-nationwide operating enterprises has risen ...
Obwohl Lateinamerika die demokratischste Entwicklungsländerregion weltweit ist und auch dort die demokratische Herrschaft eine Entwicklungsdividende gebracht hat, ist die Legitimationsbasis vieler der dortigen Demokratien prekär. Zwar ist das Gewaltmonopol nicht in dem Maße eingeschränkt oder repressiv wie in anderen Regionen. Doch gleichwohl existieren auch in etlichen lateinamerikanischen Ländern staatsfreie Räume, der Rechtsstaat ist meist defekt, und staatliche Strukturen sind vielfach dysfunktional mit Blick auf die Überwindung von Entwicklungsbarrieren. Eine maßgebliche Ursache für die verschiedenen Formen von Staatsversagen ist, dass es in vielen Demokratien Lateinamerikas nicht gelungen ist, stabile und demokratische Parteiensysteme zu etablieren. Die Fragmentierung dieses "Mittelbaus" zwischen Bürger und Staat hat nicht nur kohärente Reformen erschwert, sondern auch populistisches Regieren mit autoritären Zügen begünstigt. Die Förderung von Good Governance sollte daher, gerade aufgrund der im internationalen Vergleich immer noch günstigen Rahmenbedingungen, Schwerpunkt der Entwicklungszusammenarbeit bleiben.
Das vorliegende Working Paper versteht unter Governance eine Perspektive auf Regieren: Governance dient der intentionalen Handlungskoordination unter einer Mehrzahl von Akteuren durch kollektiv bindende Entscheidungen. Der Mehrwert des Governance-Begriff s liegt in der Betonung der Kontingenz der Modi des Regierens und der beteiligten Akteure. Wir argumentieren, dass der Governance- Begriff schwach normativ ist. Der "dichte Begriff " des Regierens meint stets eine regelgeleitete Verteilung von Gütern im Unterschied zu Übeln. Jedes Regieren, das diesen Namen verdient, garantiert ein Mindestmaß an Erwartungssicherheit hinsichtlich überlebenswichtiger und Sozialität überhaupt ermöglichender Sachverhalte für eine defi nierte Gesamtheit von Regelungsadressaten. Die Übertragbarkeit dieses Governance- Begriff s auf Räume zerfallen(d)er Staatlichkeit ist aus zwei Gründen fraglich. Zum einen fehlt hier eine Instanz, die die Inklusion aller Betroff enen in die Governance-Leistungen letztverantwortlich garantieren kann, zum anderen ist in fragmentierten Gesellschaften umstritten, wer überhaupt dem Kreis der Regelungsadressaten angehört. Hieraus erwachsen normative und handlungstheoretische Probleme.
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) entfaltet trotz seiner rechtlichen Unverbindlichkeit als sog. "Weiches Recht" oder "Soft Law" erhebliche tatsächliche Wirkungen. Für Vorstände und Aufsichtsräte bestehen starke Anreize zur Befolgung, vor allem, um damit einen positiven Signalling-Effekt zu erzielen. Umgekehrt kann die Nichtbefolgung insbesondere des Empfehlungsteils negative Konsequenzen haben, die restriktiv wirken. Die vom DCGK ausgehenden Anreize und Restriktionen fallen je stärker aus, desto mehr ein Unternehmen für die Kapitalbeschaffung auf die Kapitalmärkte angewiesen ist. Die Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung nach § 161 AktG führt zu einer allgemeinen Bekanntheit des DCGK und verhilft zu dessen breiter Durchsetzung. Ferner kommt es durch sie zu einer Verstärkung der Regulierungswirkungen des Empfehlungsteils. Die Funktion von Corporate Governance Kodizes ist es, Standards zu setzen, an denen sich die Akteure des Kapitalmarkts orientieren können. Zur Regulierung durch Corporate Governance Kodizes sind drei Regelungsalternativen erkennbar: Regulierung durch Parlamentsgesetz, Listings Rules oder eine völlige Freigabe der entsprechenden Regelungsbereiche. Bei der schrittweisen Analyse von Soft Law, Corporate Governance Kodizes im Allgemeinen und dem DCGK als konkretem Anwendungsfall werden im Lichte der Regelungsalternativen einige Argumente herausgearbeitet, die für diese Regulierungstechnik sprechen. Dies sind mögliche Einsparungen von Transaktionskosten, Flexibilität und eine hohe Qualität des Normsetzungsprozesses. Regulierung durch Corporate Governance Kodizes erweist sich insofern den übrigen Regelungsvarianten als überlegen. Dies gilt insbesondere, wenn die Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung nicht auf einen einzelnen Kodex beschränkt wird, so dass die Regelungsadressaten zwischen verschiedenen Kodizes wählen können ("Wettbewerb der Institutionen"). Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gesetzes- oder Parlamentsvorbehalt durch § 161 AktG ist nicht feststellbar. Bei der Anwendung des Instrumentariums der Konstitutionenökonomik zeigt sich jedoch, dass eine Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung nur dann legitimiert ist, wenn diese hinsichtlich des in Bezug genommenen Kodex offen und nicht auf einen einzelnen Kodex beschränkt ist. ; Despite its unbinding legal character as "Soft Law", the German Corporate Governance Code has significant actual effects. There are strong incentives for members of the board of management and members of the supervisory board to comply with the code, mainly based on the opportunity to utilize a positive signalling-effect. Incentives and restrictions based on the code become the more significant, the more a company relies on capital markets for raising capital. Empiric studies confirm this hypothesis. The obligation to "comply-or-explain" in § 161 AktG generates a broad publicity and facilitates the general acceptance of the code. The regulatory effects of the code are being aggravated. Codes of Corporate Governance contribute to improving corporate governance structures by setting standards that capital market players can use for guidance and orientation. There are three alternatives to regulation by codes of corporate governance: regulation by law, regulation by listing rules and non-regulation. A step-by-step analysis of soft law, codes of corporate governance in general and the German Corporate Governance Code in particular brings upon a number of arguments in favour of this regulatory technique. These arguments are: savings in transaction costs, increased flexibility and a high quality of the standard-setting process. In this respect, regulation by Codes of Corporate Governance is superior to its regulatory alternatives. This is even more valid for an institutional setup where the obligation to "comply-or-explain" is not limited to a single Code of Corporate Governance, but leaves the addressees the choice among various competing codes. In such an institutional setup of "regulatory competition", companies are free to choose the regulatory regime that best fits their specific needs. Regarding German constitutional law, a breach of the rules of provision of legality ("Gesetzesvorbehalt") and provision of parliament ("Parlamentsvorbehalt") by § 161 AktG can not be proven. Applying constitutional economics, a legitimating consensus can be shown in respect to the actual compliance with a Code of Corporate Governance. However, the obligation to "comply-or-explain" can only be legitimated, if the obligation does not refer to a specific Code of Corporate Governance.
Corporate Governance und ihre Verankerung in entsprechenden Codizes sind zu einem viel und kontrovers diskutierten Thema in der betriebswirtschaftlichen Theorie, in der unternehmerischen Praxis, aber auch in der Politik geworden. Die Anreize formeller Verhaltensregeln für die am Unternehmensgeschehen beteiligten Akteure sollen einzelwirtschaftlichen Fehlentwicklungen vorbeugen, die auch negative Wohlfahrtseffekte mit sich bringen können. Entsprechende Aktivitäten finden derzeit auf nationaler und supranationaler Ebene statt. Dieses IfG-Arbeitspapier enthält die schriftliche Fassung eines Vortrages, den Dr. Carl-Friedrich Leuschner, Vorstandsvorsitzender des DGRV, im Rahmen der Internationalen enossenschaftswissenschaftlichen Tagung im September 2004 in Münster präsentiert hat. Leuschner setzt sich mit der Frage auseinander, ob Genossenschaften mit ihrem spezifischen Geschäftsmodell einen Corporate Governance Kodex benötigen und welche genossenschaftsadäquaten Elemente ein solcher beinhalten müsste. Er stellt den Corporate Governance für Genossenschaften vor, der vom DGRV zur Anwendung auf freiwilliger Basis entwickelt wurde und vergleicht seine Inhalte mit dem Deutschen Corporate Governance Index. Genossenschaftsspezifische Argumente können in diesem Zusammenhang in die europäischen Erörterungen und in die Diskussion in Deutschland eingebracht werden. Mit diesem Arbeitspapier Nr. 47 setzt das IfG seine Berichterstattung über die IGT 2004 fort und lädt zur Diskussion der vorgestellten Überlegungen ein.
Der folgende Beitrag diskutiert den Stellenwert von Bildungsstandards im Kontext der neuen Steuerungsmodelle, die unter «Educational Governance» firmieren. Educational Governance unterscheidet sich von linearen Steuerungsmodellen durch eine bessere Abbildung der tatsächlichen, akteurorientierten Gestaltungsweisen des Bildungswesens auf mehreren Handlungsebenen. Bildungsstandards repräsentieren dabei das Bemühen, den Akteuren klar zu machen, was die zu erreichenden Ergebnisse ihrer Arbeit sein müssen. In der Gestalt von Lernzielen war dies immer schon Teil der schulischen Angebotsplanung. Welche Unterschiede dazu heute in der Diskussion sind, wird herausgearbeitet. Dabei zeigt sich, dass Bildungsstandards im Verbund mit einer entfalteten Testpraxis zu einem Paradigmenwechsel von der «Systemsteuerung» hin zu einer neuen «Governance» führen können. Deren Implikationen wollen gut überlegt sein.
Autoritäre Herrschaft, schlecht funktionierende Rechtssysteme und eine verfallene Bildungs- und Gesundheitsinfrastruktur dominieren das Bild in den ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens und des Südkaukasus. Allerdings hat sich die Region seit der Unabhängigkeit uneinheitlich entwickelt. Im Südkaukasus konnten zwei leidlich funktionierende Demokratien entstehen, während in Zentralasien teils repressivere, teils liberalere autoritäre Regime vorherrschen. Autoritäre Herrschaft wird dabei von traditionellen gesellschaftlichen Beziehungsmustern, korrupten Herrschaftspraktiken und zum Teil sehr repressiven Machtapparaten gestützt, gegen die sich Elemente demokratischer Machtkontrolle schwer tun. Das Engagement externer Akteure in der Region richtet sich auf die Themen Sicherheit, Energie und Demokratieförderung. Zwischen den Interessen der Mächte Russland, USA und China in der Region könnte Europa in Zukunft eine wichtige Rolle als moderierende Kraft mit einer Agenda einnehmen, die Kooperation, Integration und Multilateralismus in den Vordergrund stellt und auf Demokratisierung als langfristiges Projekt setzt.
Afrika südlich der Sahara umfasst 48 Staaten in unterschiedlichen Phasen der sozialen, ökonomischen und politischen Entwicklung. Trotz der Heterogenität dieser Länder kann man in den letzten 15 Jahren zumindest folgende allgemeine Entwicklungen im Bereich von Staatlichkeit und Governance erkennen: Pan-Afrikanische Initiativen wie die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) und die Afrikanische Union (AU) haben das politische Tabu der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten aufgehoben; es ist keine akzeptierte Begründung für Untätigkeit mehr. Seit Beginn der 1990er Jahre haben in vielen Ländern Subsahara-Afrikas politische Transformationen eingesetzt; oftmals fand ein Regimewechsel statt. Afrika ist insgesamt – trotz Rückschritten wie etwa in Simbabwe oder Äthiopien – in seiner Gesamtheit politisch offener geworden; die Teilnahme der Bevölkerung an politischen Prozessen durch Wahlen hat zugenommen. Trotz der politischen Transformation sind die Wirkungen auf die Rechenschaftspflicht der Regime eher begrenzt; politische Systeme sind vielfach weiterhin durch Neopatrimonialismus geprägt. Die Gestaltungsleistungen afrikanischer Staaten sind unzureichend. Dies gilt für soziale und ökonomische Grunddienstleistungen ebenso wie für Governance - Leistungen im Bereich Sicherheit. Das Gewaltmonopol des Staates ist vielfach nicht gesichert. Große Governance -Defizite bestehen trotz positiver Veränderungen weiterhin in fast allen Teilen des Kontinents und bedürfen zusätzlicher afrikanischer Eigenanstrengungen. Die erwarteten ökonomischen Ergebnisse einer verbesserten Governance lassen für viele Bürger auf sich warten; dies bedeutet langfristig ein Risiko für die Stabilität des Kontinents. Das Ausmaß externer Unterstützung durch Entwicklungshilfe beeinflusst wesentlich die politischen Strukturen und Inhalte der geförderten Länder. Vielfach werden Governance -Strukturen durch externe Akteure zusätzlich geschwächt.