Befürchtungen hinsichtlich zunehmender ökonomischer Einflüsse im Gesundheitswesen werden meist plakativ mit dem Schlagwort der Ökonomisierung zum Ausdruck gebracht. Während sich der ärztliche Behandlungsauftrag jedoch medizinethisch begründen lässt, ergibt sich die ökonomische Wirklichkeit aus einem komplexen Zusammenspiel von gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und Ressourcenzuteilungen sowie den entsprechenden Reaktionen der Akteur*innen auf diese Vorgaben. Zur Beantwortung der Forschungsfragen, wie sich strukturell angelegte Spannungsfelder im Klinikalltag niederschlagen und wie Akteur*innen diese handhaben, griffen die Autor*innen auf Einzelinterviews und ein Fokusgruppeninterview mit jeweils inhaltsanalytischer Auswertung sowie auf die phänomenologische Analyse zurück. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollten einen Beitrag leisten für ein besseres Verständnis zwischen Medizin und Ökonomie im Klinikalltag.
In: Das Gesundheitswesen: Sozialmedizin, Gesundheits-System-Forschung, public health, öffentlicher Gesundheitsdienst, medizinischer Dienst, Band 85, Heft 8/09, S. 706-711
ZusammenfassungMit den Studienplätzen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), die im Rahmen einer gesetzlich verankerten Quote vergeben werden, zielen die Bundesländer Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt darauf ab, den Fachkräftemangel im ÖGD zu bekämpfen. Der Vergleich der Auswahlverfahren zeigt, dass drei von vier Bundesländern (Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz) ein 2-stufiges Verfahren nutzen, dessen zweiter Schritt auf Interviews zum Testen der sozialen und kommunikativen Fähigkeiten sowie der persönlichen Eignung der Bewerber*innen zum Studium und zur Tätigkeit im ÖGD basiert. Um zu eruieren, ob die Rolle des ÖGD sowie die öffentliche Gesundheitsversorgung durch die Quoten gestärkt wird, ist ein deutschlandweiter Vergleich der Auswahlverfahren inklusive Evaluation elementar.
In: Das Gesundheitswesen: Sozialmedizin, Gesundheits-System-Forschung, public health, öffentlicher Gesundheitsdienst, medizinischer Dienst, Band 85, Heft 11, S. 1027-1036
Zusammenfassung Hintergrund Multimorbidität, zunehmend chronisch-erkrankte Patient*innen sowie der demografische Wandel führen in Deutschland zu einem erhöhten Versorgungsaufwand bei zunehmender Personalknappheit in der Kranken- und Altenpflege. Vor dem Hintergrund des bestehenden Fachkräftemangels in der Kranken- und Altenpflege werden zunehmend Pflegende mit Migrationshintergrund der 1. und 2. Generation (PmMH) rekrutiert und in bestehende (Unternehmens-) Kulturen integriert. Dies stellt einen wichtigen Ansatzpunkt für eine dauerhafte und bedarfsgerechte Versorgungslandschaft dar. Ziel der Studie Ziel der Studie ist die Identifikation und Analyse von spezifischen Belastungen von PmMH am Arbeitsplatz der Kranken- und Altenpflege. Material und Methoden Es wurde eine systematische Literaturrecherche in relevanten Fachdatenbanken (Pubmed, PsychInfo, Web of Science, Cochrane) durchgeführt, ergänzt durch eine erweiternde Schneeball- und Handsuche. Im Anschluss erfolgte eine deskriptive Ergebnisdarstellung der Studieninhalte, welche in einem darauffolgenden Schritt durch mehrere Personen iterativ in thematische Kategorien zusammengeführt und konsolidiert wurden. Ergebnisse Es wurden 15 Publikationen als relevant identifiziert und in die Analyse eingeschlossen. Es konnten spezifische, migrationsassoziierte Belastungsfaktoren identifiziert werden. Insbesondere die Kategorien: "Diskriminierung und Rassismus", "Sprach- und Kommunikationsprobleme" sowie "Kulturelle Anpassung" prägen die (Zusammen-) Arbeit in der Kranken- und Altenpflege und führen zu zusätzlichen Belastungen bei den Mitarbeitenden sowie den Patient*innen und bilden konkrete Handlungsfelder für betriebliche Akteur*innen. Diskussion Die vorliegende Übersichtsarbeit konnte spezifische Belastungen von PmMH identifizieren und zusammenfassen. Es ist an dieser Stelle davon auszugehen, dass diese nicht einseitig, ausschließlich auf PmMH wirken, sondern dass vielmehr bilaterale Verflechtungen bestehen. Betriebliche Konzepte scheinen die bestehenden Herausforderungen bisher nicht adäquat lösen zu können, sodass wirksame, nachhaltige Ansätze zu finden sind. Inwiefern die benannten spezifischen Belastungen ausschließlich PmMH beeinflussen, bleibt in diesem Kontext unberücksichtigt, sodass sich hieraus obligater Forschungsbedarf ergibt.
In: Das Gesundheitswesen: Sozialmedizin, Gesundheits-System-Forschung, public health, öffentlicher Gesundheitsdienst, medizinischer Dienst, Band 85, Heft 7, S. 626-629
Zusammenfassung Zielsetzung Es besteht die Herausforderung, der im ländlichen Raum in Bayern existierenden Unterversorgung entgegenzuwirken. Als eine Möglichkeit sieht die Maßnahme "Landarztquote" die Vergabe dezidierter Medizinstudienplätze für angehende Fachärzt*innen mit hausärztlicher Tätigkeit vor. Ein spezifisches Auswahlverfahren für zukünftige Medizin-Studierende wurde unter den Sicherheits- und Hygienebedingungen der Corona-Pandemie etabliert und sicher umgesetzt werden. Methode In Bayern wurde ein zweistufiges Auswahlverfahren entwickelt und 2021 erstmals vollständig für die Auswahl der Studierenden angewandt. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden im Vorjahr lediglich die Ergebnisse aus Stufe 1, zur Auswahl angehender Studierenden, berücksichtigt. Kognitive und nicht-kognitive Kriterien wurden in einem 2-stufigen Auswahlverfahren einbezogen. In der zweiten Stufe wurden arztrelevante Kompetenzen (z. B. Resilienz, Problemlösefähigkeit, Empathie und Mitgefühl, Kommunikationsfähigkeit, ethische Entscheidungsfindung sowie Beratungs- und Sozialkompetenz) durch vier Multiple Mini Interviews sowie einem 10-minütigen, semi-strukturierten Einzelinterview durch bayerische Hausärzt*innen bewertet. Es konnten maximal 100 Punkte erreicht werden. Ein digital-kontaktfreies Auswahlverfahren wurde zur Sicherstellung der Schutz- und Hygienebedingungen im Kontext der Interviews etabliert und erfolgreich umgesetzt. Ergebnisse Insgesamt haben sich 436 Personen im Rahmen der bayerischen Landarztquote für das Wintersemester 2021/2022 beworben. 226 Bewerber*innen wurden zu den Auswahlgesprächen auf der zweiten Stufe eingeladen, wovon 115 Bewerber*innen einen Studienplatz erhalten haben. 64% der Teilnehmenden verfügten bereits über eine abgeschlossene medizinische Berufsausbildung, der Abiturdurchschnitt lag bei 2,4. Schlussfolgerung Durch das entwickelte Auswahlverfahren wurden im Rahmen der bayerischen Landarztquote Bewerber*innen identifiziert und anhand objektiver Kriterien ausgewählt. Mit den 115 final ausgewählten Bewerber*innen wurden alle zur Verfügung stehenden Medizinstudienplätze besetzt. Es ist zu evaluieren, inwiefern die ausgewählten Bewerber*innen perspektivisch dem drohenden Mangel an angehenden Fachärzt*innen mit hausärztlicher Tätigkeit entgegenwirken (können).
Background: Evidence that home telemonitoring for patients with chronic heart failure (CHF) offers clinical benefit over usual care is controversial as is evidence of a health economic advantage. Methods: Between January 2010 and June 2013, patients with a confirmed diagnosis of CHF were enrolled and randomly assigned to 2 study groups comprising usual care with and without an interactive bi-directional remote monitoring system (Motiva\(^{®}\)). The primary endpoint in CardioBBEAT is the Incremental Cost-Effectiveness Ratio (ICER) established by the groups' difference in total cost and in the combined clinical endpoint "days alive and not in hospital nor inpatient care per potential days in study" within the follow-up of 12 months. Results: A total of 621 predominantly male patients were enrolled, whereof 302 patients were assigned to the intervention group and 319 to the control group. Ischemic cardiomyopathy was the leading cause of heart failure. Despite randomization, subjects of the control group were more often in NYHA functional class III-IV, and exhibited peripheral edema and renal dysfunction more often. Additionally, the control and intervention groups differed in heart rhythm disorders. No differences existed regarding risk factor profile, comorbidities, echocardiographic parameters, especially left ventricular and diastolic diameter and ejection fraction, as well as functional test results, medication and quality of life. While the observed baseline differences may well be a play of chance, they are of clinical relevance. Therefore, the statistical analysis plan was extended to include adjusted analyses with respect to the baseline imbalances. Conclusions: CardioBBEAT provides prospective outcome data on both, clinical and health economic impact of home telemonitoring in CHF. The study differs by the use of a high evidence level randomized controlled trial (RCT) design along with actual cost data obtained from health insurance companies. Its results are conducive to informed political and economic decision-making with regard to home telemonitoring solutions as an option for health care. Overall, it contributes to developing advanced health economic evaluation instruments to be deployed within the specific context of the German Health Care System.
Dieses Buch untersucht das chronisch kranke Gesundheitssystem mit Blick auf seine Bringschuld den Menschen gegenüber. Denn viele Beteiligte haben das Gefühl, dass genau dieser Fokus auf den Menschen auf der Strecke geblieben ist. Zeit für einen Sichtwechsel, der das gesamte System neu ordnet. Zeit für ein neues Denken. Zeit für Neue Menschlichkeit. Was könnte man verbessern, wo gibt es konstruktive Lösungen für mehr Autonomie und Selbststeuerung der Akteure und wie kann man nicht nur Symptome bekämpfen, sondern das Gesundheitssystem insgesamt in Richtung Neue Menschlichkeit weiterentwickeln?